Bernhard Peter
Aufstieg
und Abstieg -
Was aus den alten vedischen Göttern wurde
Neue religiöse Anschauungen traten in nachvedischer Zeit in den Vordergrund, neue Göttervorstellungen lösten die alten ab. Das Pantheon wandelt sich. Heute ist die Bedeutung der alten vedischen Götter verändert. Neben den Einzelschicksalen findet sich folgende Entwicklung:
Kurzüberblick über Schicksale vedischer Götter:
Aufsteiger, Winner | ||||
Surya |
Yama |
Vishnu |
Prajapati |
Rudra |
Absteiger, Looser |
||||
Vayu |
Soma |
Indra |
Agni: |
Varuna |
Agni:
Seine Bedeutung ist im späteren Hinduismus nicht mehr so groß.
Die Bilderverehrung kam hinzu und drängte den Kult der
Feueropfer an den Rand. Damit entfiel auch immer mehr seine
Aufgabe, die Opferspenden und Wünsche der Menschen an die
Adressaten unter den Göttern weiterzuleiten. Auch für Reichtum
und materiellen Wohlstand war Agni nicht mehr zuständig. Lakshmi
übernahm den Zuständigkeitsbereich "Reichtum". Shiva,
Brahmanaspati und Dattatreya übernahmen den Bereich
"Weisheit". Er behütet die südöstliche
Himmelsrichtung.
Indra:
Im Laufe der Zeit bröckelte
die Machtposition des vedischen Gottes Indra und Vishnu und Shiva
traten als machtvolle Hauptgötter in den Vordergrund.
Insbesondere an Vishnu verlor Indra seine Macht. Im Gegensatz zu
Prajapati-Brahma oder Rudra-Shiva findet aber keine Wandlung der
Identität statt. Indra fällt, und neben ihm beginnt der
kometenhafte Aufstieg von Vishnu, der viele Funktionen von Indra
übernahm, wie z. B. die Zuständigkeit für den Erhalt der
Schöpfung, wozu er mehrfach inkarnierte. Wenn jetzt die
Geschichte mit Vritra erzählt wird, ist Indra eher schwach und
feige und braucht die Hilfe der neuen Hochgötter Shiva und
Vishnu, um den Drachen zu erschlagen. Auch waren seine Stürme
nicht mehr so mächtig wie früher, z. B. war Krishna immun gegen
Indras Wetterleuchterei - Krishna hob einfach mit seinem kleinen
Finger einen ganzen Berg als Regenschirm an, worunter Tiere und
Menschen Schutz fanden. Indra wurde zusehens schwächer und
mußte immer öfter Vishnu um Hilfe bitten, wenn er von Dämonen
angegriffen wurde. Vielleicht lag das alles auch daran, daß
Indra ein begeisterter Soma-Trinker war, natürlich, um Kräfte
für seine Kämpfte zu erlangen, aber immer öfter nur, um
trunken zu werden. Im heutigen Hinduismus bekleidet Indra die
Rolle als Wächter über die östliche Himmelsrichtung.
Prajapati:
Brahma ist eine
Weiterentwicklung von Prajapati im späteren Hinduismus. Neu ist,
daß er nun allein für Schöpfung zuständig ist. In vedischer
Zeit teilten sich noch viele Götter in die Schöpfungsgewalt,
Prajapati war lediglich das erste Wesen. Macht zur Schöpfung
hatten dagegen mehrere Götter. Das ist jetzt anders. Brahma ist
allein für die Entstehung der Welt zuständig. Brahma erschafft
die Welt immer wieder neu, wenn sie zerstört wird.Seine
Darstellung ist jetzt die eines vierköpfigen und vierarmigen
Gottes, der auf einem großen, weißen Lotus sitzt, dessen
Stengel dem Nabel Vishnus entspringt. Er hält in den Händen ein
Palmblattmanuskript, das Symbol der Veden. Eine weiße Hamsa
(Brahmanengans) ist Brahmas Reittier. Seine Gemahlin ist
Sarasvati. Sarasvati ist eine Mischung aus der vedischen
Flußgöttin Vak und einer Flußgöttin, sie ist zuständig für
die schönen Künste und Gelehrsamkeit. Brahma ist einer der ganz
großen Aufsteiger der nachvedischen Zeit, hat er es doch zu
einem der drei Hochgötter und Teil des Trimurti geschafft.
Rudra:
Mit der Entstehung des
Hinduismus wandelte sich das Bild von Rudra nachhaltig. Im
späteren Hinduismus verband man die Angst vor Schaden so sehr
mit Rudra, daß die Zerstörung der Welt sein Aufgabenbereich
wurde. Er wurde zum Weltzerstörer schlechthin. Sein Reittier
bleibt der Stier Nandi. Seine Waffe neuerdings der Dreizack. Sene
Darstellungen zeigen ihn weiterhin dreiäugig, aber nicht mehr
mit Pfeil und Bogen, sondern mit Dreizack und Sanduhrtrommel. In
nachvedischer Zeit gilt er als Tanzmeister und als spiritueller
Lehrer von hohem Rang. Sogar seine ganze Identität wandelte
sich: Er wird zum Aspekt des Hochgottes Shiva und zunehmend auch
gänzlich Shiva genannt, und seitdem ist er einer der wichtigsten
Götter des Hinduismus. Auch Rudra ist ein großer Aufsteiger mit
der Entwicklung des Hinduismus.
Surya:
Surya hat den Übergang zum
Hinduismus erfolgreich geschafft, er ist sogar aufgestiegen.
Eigentlich gehört es zu den Pflichten des Hindus, dreimal
täglich Surya zu gedenken und auf ihn zu meditieren, zu drei
Stadien der Sonne (Trisandhya), mit Hilfe des Gayatrimantra. Der
Kult um Surya war in späterer Zeit sehr populär. Die
Zuständigkeitsbereiche des Sonnengottes sind vielfältig:
Gesundheit, hohe Lebenserwartung, Erfolg bei was auch immer,
Vernichtung der Gegner.
Soma:
Nach der vedischen Zeit kam die Kraft der Götter nicht länger
aus Soma, sondern von Opfern, die ihnen die Menschen brachten.
Damit wurde Soma immer mehr zum reinen Mondgott.
Varuna:
Mit dem Aufstieg der Hochgötter Shiva und Vishnu verblaßte die
Bedeutung Varunas noch mehr. Heute gehört er nicht zu den
Lieblingsgöttern der hindus. Von seinen ehemaligen Pflichten ist
er komplett entbunden. Er ist nur noch ein Wassergott und
"Hilfspförtner" der westlichen Himmelsrichtung.
Vayu:
Einer der Looser in nachvedischer Zeit: Jetzt paßt Vayu auf die
Nordwestecke der Welt auf und beschützt diese Himmelsrichtung.
Vishnu:
Im späteren Hinduismus kommt es zu einem unvergleichlichen
Aufstieg des Vishnu zum Erhalter der Welt, der sich immer wieder
als Avatara verkörpert, um die Welt zu retten und wieder ins
Gleichgewicht zu bringen. Als seine wichtigsten Inkarnationen als
Avatara gelten im Hinduismus Rama, Krishna und Buddha. Dadurch
wird der Buddhismus als Teil des Hinduismus gesehen. Darstellung
mit dunkelblauem oder schwarzem Körper und 4 Armen, in den
Händen seine Attribute Keule, Muschelhorn, Diskus bzw.
Lichtkranz als Symbol der Sonne und Lotusblüte. Mal sitzt er auf
einem Lotus, mal ruht er er im Milchozean auf der Schlange
Ananta, zu seinen Füßen Sri Lakshmi, während aus seinem Nabel
eine Lotusblume entsprießt, auf der Brahma sitzt. Vishnu half
den guten Göttern, den Suras, die schlechten Götter, die
Asuras, zu besiegen. Sein Reittier ist Garuda. Gemeinsam mit
Shiva gehört Vishnu zu den wichtigsten und meist verehrtesten
Göttern im Hinduismus. Vishnu ist einer der ganz großen
Gewinner der Wandlung vom Vedismus zum Hinduismus.
Yama:
Im nachvedischen Hinduismus
gewann Yama an Bedeutung. Er wird als Todesgott wichtiger. Im
heutigen Hinduismus bewacht Yama die südliche Himmelsrichtung
vor negativen Einflüssen.
Weitere
Entwicklungen:
Die Götterwelt des Hinduismus
ist nicht statisch. Sie expandiert ständig und variiert die
Stellung der einzelnen Götter. In nachvedischer Zeit kam es zu
weiteren wichtigen Änderungen im Pantheon, wie z. B.:
Lexikon
der hinduistischen Mythologie:
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Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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