Bernhard Peter
Die vedischen Götter

Die ältesten Götter der hinduistischen Kultur und Religion sind die vedischen Götter. Durch das Eindringen der Arier in den indischen Kulturraum vermischten sich nichtarischer einheimischer Drawidenglaube und die alte arische Religion. Den Kern des Pantheons bilden die alten indo-europäischen Götter. Die Arier hinterließen uns eine Sammlung von heiligen Texten, die Veden:

Die Veden begründen den frühen Hinduismus. Die heiligen Texte sind die Quelle allen Wissens. Sie liefern Techniken, um mit den höheren Mächten in Kontakt zu treten und stellen Regeln auf, mit denen man auf sie Einfluß nehmen kann. Die heiligen Werke wurden nur in mündlicher Überlieferung tradiert. Eine Niederschrift wurde früher als Sünde angesehen, selbst als sich erste Schriftsysteme entwickelten. Über ca. 3500 Jahre wurden die Veden mündlich bewahrt, eine mnemotechnische Meisterleistung. Zur vedischen Literatur aus dem 16.-7. Jh. v. Chr. im weiteren Sinne gehören auch die:

In vedischen Zeiten (ca. 1600 - 500 v. Chr.) wurden hauptsächlich Kräfte der Natur wie Mond, Sonne und Feuer als Inkarnation verschiedenster Götter verehrt. Verehrt wird vor allem eine Gruppe von 33 Gottheiten (Devas). Als Ursprung und oberster Schöpfer aller Wesen gilt die Gottheit Prajapati. Folgende Merkmale gelten allgemein für die vedischen Götter:

Mit dem Aufkommen des Buddhismus ca. 500 v. Chr. und des Jainismus im 4. Jahrhundert verloren die Veden an Einfluß und neue religiöse Anschauungen traten in den Vordergrund, neue Göttervorstellungen lösten die alten ab. Heute ist ihre Bedeutung bis auf wenige Ausnahmen verblaßt oder verändert und ihre Position eher die eine Nebenrolle, die alten Götter finden sich heute häufig in geringeren Stellungen wie als Wächter- oder Planetengottheiten.

Kurzüberblick über wichtige vedische Götter:

Prajapati
Schöpfer der Welt, Anfang der Schöpfung
Vater der Götter, erstes Wesen
Agni
Feuer
Reichtum, Schätze
Aryaman
Gastlichkeit
Ashvins
Zwillinge der Dämmerung
Helfer der Menschen in Not
Brihaspati
Gebet
Daksha
Schöpfungsmacht
Indra
Regen
Götterkönig
Mitra
Licht
Surya
Sonne
Himmelssphäre
Soma
Mond
Lebenssaft
Varuna
Gesetz
Ordnung
Vayu
Wind
Luft
Yama
Tod
Richter der Toten

Maruts
Windgötter

Rudra
Heilkräuter, Pflanzen
Tiere, Sturm, Wind

Vishnu
Gott mit kosmischer
Bedeutung

Parjanya
Wettergötter
Regen und Vegetation

Die Menschen fühlten sich von den Göttern abhängig, da diese die Kräfte der Natur regierten. Ziel der Gottesdienste in vedischer Zeit war es, das Gleichgewicht und die Harmonie zwischen Mensch und Naturgewalten zu wahren. Die Menschen stellten daher die Götter durch Opfer zufrieden – do ut das. Die Götter ihrerseits gaben den Menschen Regen, Nahrung und alles Andere, was sie für ihre Existenzsicherung und ein angenehmes Leben benötigten. Um die Beziehung zwischen Göttern und Natur einerseits und Menschen andererseits herzustellen, vollzog man Feuerrituale, die sog. Yajnas. Der Vedismus war damit ein Feuerkult - im Gegensatz zum späteren Hinduismus, der zum Bilderkult wurde. Unter Rezitation bestimmter sakraler Texte wurden Butterschmalz und Fleisch geopfert, d. h. verbrannt, um die Götter günstig zu stimmen. Dabei wurde auch ein berauschendes Getränk namens Soma konsumiert. Das Regelwerk für den Ablauf dieser Feuerrituale war sehr komplex.

Die folgende Liste beschreibt die wichtigeren Götter des vedischen Zeitalters und ist keineswegs vollständig. Insgesamt werden zu vedischer Zeit 33 Götter verehrt.

Agni:
"Feuer". Gott des Feuers. Alter vedischer Gott, geboren von der göttlichen Mutter Aditi. Einer der 12 Adityas. Agni herrscht über die Kraft des Feuers, den Lebensfunken, das Feuer der Sonne und den Saft in Pflanzen. Er ist selbst in trockenen Zweigen gegenwärtig und wartet nur auf die Reibung, die sein Feuer entzündet. Alles Licht kommt von Agni, jede Eingebung ist feurig, alles Leben ist Verbrennung. Agni hat zerstörerische Aspekte wie den des Verbrennens, aber auch Aspekte des Lebens, wie die Wärme oder das Licht, das das Feuer den Menschen schenkt, oder symbolisch den Lebensfunken. Agni bezeichnet den Gott und das physikalische Phänomen des Feuers und wird als eine göttliche Macht gesehen, die einerseits eine himmlische (verborgene) und andererseits auch eine irdische (offensichtliche) Existenz besitzt. Er symbolisiert abstrakt den göttlichen Willen oder Willenskraft in der Menschheit. Er gilt als Weiser und ihm wird von den Veden eine gewisse Intellektualität zugesprochen. Weiterhin ist Agni der Gott des Wohlstandes, des Reichtums und der materiellen Schätze. Eine weitere Funktion von Agni ist die eines Boten (duta) der Götter. Er war der Mund der Götter einerseits, andererseits vertrauten ihm die Menschen ihre Opfergaben an. Als Feuergott reichte er die ins Opferfeuer geworfenen Gaben weiter an die Empfänger unter den anderen Göttern. Als Mittler zwischen den Göttern und Menschen trägt er die Bitten der Opfernden als Bote zum Himmel. Wenn zu Beginn des Opfers der Ruf erklingt, sucht Agni die Götter und überbringt ihnen die Einladung der Menschen. Er bringt den Göttern die Opfergaben und die Wünsche der opfernden Menschen zu Gehör.Seine Gattin ist Svaha. Bildliche Darstellung mit 2 Gesichtern, 3 Beinen und 7 Armen. Aus dem einen Mund kommen 3, aus dem anderen Mund 4 strahlenförmige Zungen. In den Händen hält er eine Art Axt, ein Bündel Brennholz oder eine Fahne mit dem Bild eines Widders. Seine Farbe ist rot. Sein Reittier ist ein Widder.

Aryaman, Arjaman:
Vedischer Gott, geboren von der göttlichen Mutter Aditi. Einer der 12 Adityas. Der Vater ist Kashyapa. Aryaman verkörpert den Zusammenhalt und die Besonderheit der Beziehungen innerhalb der Klans, wie zum Beispiel die Gesetze, die den Empfang menschlicher und göttlicher Gäste regeln. Er ist eine Personifikation der Gastlichkeit und erscheint im Rigveda als Stifter des Ehebundes. Seine Attribute sind eine Keule, zwei Lotusse und ein Gebetsrad.

Ashvins:
Alte vedische Götter, Zwillinge der Dämmerung, als Götter der Morgen- und Abenddämmerung bringen sie die Nacht als Zeit der Ruhe und Erholung und sorgen dann wieder für die Morgendämmerung, in der die Energie wieder aufsteigt. Sie sind göttliche Ärzte. Sie sind den Menschen freundlich gesinnt und retten Menschen in Stürmen und vertreiben Dunkelheit, damit die Menschen die bösen Dämonen ihres Egos sehen und töten können. Sie wurden unsterblich durch das Trinken von Soma-Saft. Kinder der Saranyu und des Martanda (Vedischer Gott, geboren von der göttlichen Mutter Aditi, einer der 12 Adityas). Pferdegötter.

Brihaspati, Brahmanaspati:
Gott der Gebete. Spielte früher zu vedischen Zeiten eine größere Rolle als heute. Er ist der Herr über Opferfeuer und Meister des Schöpfungswortes, seine Gnade verleiht religiösen Riten den gewünschten Erfolg. Brihaspati manifestierte sich durch ein riesiges Licht. Auf bildlichen Darstellungen hält Brihaspati ein Buch und eine Mala.

Daksha:
Daksha ist ein uralter vor-vedischer Gott. Ursprünglich als Sohn Prajapatis angesehen. In vedischer Zeit und nach-vedischer Zeit durchläuft er viele unterschiedliche Gestalten. Entsprechend heterogen sind die Informationen über Daksha. In ältester Zeit einer der Herren der Schöpfung, ein Adityas, ein Sohn der Aditi. Mit seiner Gefährtin Prasuti hat Daksha viele Töchter, die Götter heirateten. 27 seiner Töchter wurden zu Mondhäusern. Sie waren mit dem Mondgott Soma vermählt. Soma bevorzugte die Rohini. Daksha war sehr erzürnt darüber, daß der Mondgott Soma seine anderen Töchter vernachlässigte, und er verfluchte Soma mit einem Fluch, der ihm langsame Auszehrung bescherte. Erst auf Bitten der Frauen Somas änderte Daksha seinen Fluch, so daß Soma ab da nur noch periodisch von der Auszehrung betroffen war und danach wieder wachsen konnte. Dies erklärt die Mondphasen. Ein anderer berühmter Schwiegersohn von Daksha ist Shiva, der Dakshas Tochter Sati gegen den Willen Dakshas ehelichte. Als er Shiva bei einer Feier durch Nichteinladung beleidigte, nahm sich Sati vor Scham das Leben, und der erzürnte Shiva riß Dakscha den Kopf ab. Nachdem Shiva sich wieder beruhigt hatte, setzte er Dakscha wieder einen Ziegenkopf auf, denn der alte Kopf ließ sich nicht mehr finden.

Indra:
höchster vedischer Gott, souverän und allmächtig, Hauptgottheit in der Rigveda, Held der Veden, König der Götter (Devas), Gott des Krieges, des Sturmes und des Donners, Herr des Himmelszeltes, des Regens sowie damit verbunden der Gott der Fruchtbarkeit. Er versammelt in sich alle lebenswichtigen und schöpferischen Energien. Er ist der Befreier der Rinder, die die Feinde der Nomaden der vedischen Frühzeit, die Dämonen, stahlen und entführten. Dem Glauben nach bekämpfte und vertrieb Indra die Dämonen der Dürre nach Einnahme des Saftes Soma mit seinem Donnerkeil Vajra bzw. Vajrayudha (Blitz) und Kriegsgebrüll (Donner). Der anschließende Regen war Zeichen des Sieges. Indra steht an der Spitze der späteren vedischen Göttergeneration der Devas. Er war Verteidiger der Götter und Menschen gegen die Mächte des Bösen. Auch die anderen Götter fragten gerne um seine Hilfe an, wenn es einen Kampf zu führen galt. Indra führte die nomadischen Arier zum Sieg über die Einheimischen im neuen Land. Indra war im vedischen Zeitalter der Gott der natürlichen Elemente wie Regen, Blitz und Donner. Der Legende nach stahl der Asura Vritra in Form eines mächtigen Drachens das Wasser der Welt. Indra besiegte erst dessen 99 Festungen, dann Vritra, den Drachen, selbst. Als Indra den Dämon aufschlitzte, fiel wieder Regen vom Himmel. Indra hat viele Titel wie Sakra ("der Mächtige"), Vajri ("der Donnerer"), Purandara ("der Städtezerstörer"), Meghavahana ("Der Wolkenreiter"), und Svargapati ("der Herr des Himmels"). Geboren von der göttlichen Mutter Aditi und Sohn des Kashjapa oder vom Himmelsgott Dyaus Pita und der Erdgöttin Prthivi. Gatte der Salshi oder der Indrani. Seine Söhne sind Arjuna, Jayanta, Midhusa, Rbhus, Rsabha und Sitragupta. Indras Reittier ist der Elefant Airavata. Alternativ fährt Indra auf einem von seinem Freund Matali gelenkten Wagen (mit (zehn)tausend Pferden bespannt) über den Himmel (beachte die Analogie zu einem Sonnengott). Indra, ist schnell - die Geschwindigkeit seines Gefährts geht über die der Gedanken hinaus. Er symbolisiert mentale Kraft und repräsentiert erleuchtetes Denken. Seine Waffe ist Vajra (der Schreckliche“), das sind Blitz und Donner, die er in seinen Händen hält. Im Kampf benutzt er aber auch Bogen und Keule als Waffen. Indra wird mit rötlichem Teint dargestellt sowie mit 2 oder vier langen Armen. Svarga ist Indras Himmel, in den Wolken, die den Gipfel des Weltenberges Meru umgeben. Auf Indras Befehl konnte sich dieser Himmel überall hinbewegen, wo er hin wollte. In Svarga ist eine riesige Halle für die im Kampf gefallenen Krieger. Indra und seine Gemahlin Indrani regierten dieses Krieger-Paradies, Apsaras tanzten, während die Gandharven die Musik dazu machten. Nach einer anderen Darstellung liegt auf dem Berg Mandara Indras Residenz: Die Stadt Amarvati birgt seinen von Nandana umgebenen Palast. Seine Diener sind die 180 Maruts, Götter der wilden Winde. Die Kriegerkaste der Kshattria verehrte Indra als Kriegsgott. In brahmanischer Zeit verlor Indra an Ansehen und Macht. Der Gott ist leicht angeberisch veranlagt und hört sich gerne reden, er ist recht gesellig, ein zünftiges Trinkgelage mit Soma lehnt er nie ab.

Marutas:
Niedrige Götter der wilden Winde, wilde und unbändige Sturmgötter, Söhne des Rudra, Gefährten Indras, sie begleiten Indra in den Kampf und dienen ihm bei Hofe. Ihre Zahl wird widersprüchlich angegeben, mal sind es 2, mal 27, mal 60 und manchmal 180 an der Zahl. Ihr Charakter ist aggressiv und wild. Sie treiben die Wolken über den Himmel, sie fällen Bäume verursachen Schaden. Ihre Mutter ist die Göttin Diti. Über die Geburt der Marutas wird berichtet, daß Indra seinen Donnerkeil in den Schoß der schwangeren Ditis jagte, worauf der Fetus in viele Einzelteile zerschmettert wurde. Weit davon entfernt, vernichtet worden zu sein, entstanden aus diesen Bruchstücken die vielen Marutas.

Mitra:
alter vor-vedischer und vedischer Gott. Ein Aditya. Lichtgott. Sonnengott. Auch Gott der Freundschaft und des Vertrages. In römischer Zeit auch in Europa unter dem Namen Mithras bekannt. Zwillingsbruder Varunas, viele Ähnlichkeiten in der Zuständigkeit. Aber er war von freundlicherem Gemüt als sein Bruder und hatte einen guten Draht zu den Menschen und vermittelte zwischen diesen und den Göttern. Mitra verkörpert die zwischen den Menschen und den Göttern am Anfang des kosmischen Zyklus geschlossene Allianz. Mitra steht für alles, was die Menschen eher miteinander verbindet als voneinander trennt. In vor-vedischer Zeit wesentlich mächtiger, dann wurde ihm mehr und mehr der Rang von anderen Göttern abgelaufen.

Prajapati:
"Herr der Wesen", Weltschöpfer, uranfänglicher Schöpfergott männlicher Gestalt. Als Ursprung und oberster Herr aller Wesen gilt in vedischer Zeit die Gottheit Prajapati. Er wird als das erste Wesen gedacht. Er ist der Herr der Geschöpfe sowie der Vater der Götter, Dämonen und aller anderen Geschöpfe. Die Silbe "Bhuh" aussprechend brachte er die Erde hervor, mit der Silbe "Bhuvah" erschuf er die Luft und "Svah" singend erschuf er den Himmel. Aus seinem Atem Asu schuf er zuerst die Asuras sowie die Suras, danach die Menschen und Tiere der Erde. Die Suras wurden zu den "Guten", die Asuras zu den "Mächtigen", die in Opposition zu den Devas gingen und schließlich von den Suras/Devas besiegt wurden, worauf die Asuras zu Dämonen wurden. Am Anfang opferten sich die Götter ihm selbst, aus diesem Opfer entstanden Mond, Sonne, Götter, Himmel, Erde und die Himmelsrichtungen. Aus seinem eigenen Körper erschuf er die Welt. Aus seinem Mund wurde die Priesterkaste, die Brahmanen, aus seinen Armen wurde die Kriegerkaste, die Kshatriyas, aus seinen Beinen wurde die Kaste der Bauern und Kaufleute, die Vesiyas, und aus seinen Füßen schließlich entstand die Arbeiterkaste, die Sudras. In einer anderen Variante der Schöpfungsgeschichte wird erzählt, daß aus seinem Atem ein Bulle entstand, aus seiner Seele ein Mensch, aus seinen Augen ein Pferd, aus seinen Ohren ein Schaf und aus seiner Stimme eine Ziege.

Rudra:
Rudra: "Der Rote", der Furchterregende, der Heulende. Gott des Sturmes und des Windes, wild böswillig in seinem Charakter. Er wurde als dreiäugig und blauhalsig dargestellt sowie mit verfilzter Haarmähne, er hauste in abgelegenen Gegenden. Sein Kopf wird von der Flußgöttin Ganga und einer Mondsichel geschmückt. Um seinen Hals kriechen Kobras, wie Halsketten hängen sie herab. Sein nackter Körper ist mit Asche beschmiert, gekleidet ist er nur mit einem Fell um die Lenden. Als Asket meditiert er auf Verbrennungsstätten. Sein Reittier ist ein Stier. Früher war er auch ein Gott des Todes. Er ist die Personifizierung der ungezähmten und wilden Natur. Herr der Heilkräuter und Herr über die Krankheiten. Er ist ein hervorragender Arzt. Gott der heiligen Rituale. Unter seiner Herrschaft stehen die Tiere der Erde. Er wurde zum Herrn der Tiere und Schutzpatron der Jäger. Seine Gattin ist Rudasi. Seine Söhne sind die 180 Marutas, Götter der Winde. Darstellung als schrecklicher Gott mit Pfeil und Bogen. Er feuert Pfeile des Verderbens auf Menschen, Tiere und selbst Götter.

Surya:
Sonnengott bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang (Wenn die Sonne im Zenit steht, ist ein anderer Gott zuständig: Savitar). Alter vedischer Gott, einer der 12 Adityas. Surya gilt als lebensspendende Kraft und symbolisiert die Unendlichkeit. Die Sonne geht für immer auf, überquert den Himmel auf ihrer Bahn und entschwindet schließlich der Sicht, um diesen Zyklus ewig zu wiederholen. Die Inder der vedischen Zeit hatten ein heliozentrisches Weltbild. Als Herr der Erleuchtung steht Surya für das aufgehende Licht der Wahrheit im menschlichen Geist. Surya wird dargestellt als dunkelroter Mann mit 3 Augen und 4 Armen. Häufig wurde der Gott auf den Flügeln eines Riesenvogels dargestellt oder als Lenker eines Wagens, der von sieben Pferden (für die Wochentage) gezogen wurde. Er ist berühmt dafür, daß er mit den Rädern des himmlischen Wagens einen Dämon zermalmte. Seine Frau ist Saranyu, seine Söhne sind Manu und Yama, seine Tochter ist Yamuna, beide Kinder sind Zwillinge. Beide Zwillinge sind die ersten Menschen und spielen die Rolle wie Adam und Eva im semitischen Monotheismus.

Soma:
ein wichtiger alter vedischer Gott, der Mondgott. Soma ist schwer zu verstehen, weil Soma ganz verschiedene Ebenen verbindet. Soma ist eine Pflanze, ein Trank, der aus dieser Pflanze gebraut wird, Lebensenergie, denn Soma ist das Blut der Menschen und Tiere und der Saft der Pflanzen, der Gott Soma ist die Apotheose des Trankes Soma. Soma repräsentiert auch den Mond, der den Ernteertrag regiert. Und Soma ist der Gott der Inspiration und damit der Gott der Poesie. Soma hat viele verschiedene Gestalten, mal ist er ein himmlischer Stier, dann wieder ein Vogel, oder auch ein Riese, der den Wassern entsteigt, mal ein Embryo, mal der Herr der Pflanzen. Am seltensten ist er als erwachsener Mensch dargestellt. Soma ist Göttertrank, das Wasser des Lebens, Wein, der aus einer Kletterpflanze namens Somalata gewonnen wird. Der Trank Soma ist Ambrosia für die Götter. Sie trinken Soma vor ihren Heldentaten, um riesige Kräfte zu erlangen. Die erneute Aufnahme des Soma regeneriert die Götter und läßt die Menschen auf ein neues, unsterbliches Leben an der Seite der Götter hoffen. Insbesondere Indra ist ein begeisterter Anhänger von Soma und gibt sich schließlich auch ohne Anlaß dem berauschenden Genuß hin. Die Zwillinge Aswins tranken Soma, um Unsterblichkeit zu gewinnen. Auch Agni schätzt den Trank Soma sehr. Soma verlieh den vedischen Göttern Unsterblichkeit. Symbolisch steht Soma für die Trunkenheit mit Ananda, der göttlichen Glückseligkeit des Seins. Vishvavasu stahl einst den Göttertrank. Für Sterbliche wird anregendes und halluzinogenes Soma aus Ephedra vulgaris gewonnen. Es half den Kriegern, die Ängste vor der Schlacht zu überwinden, es ließ den Poeten die Gedanken fließen. Sterbliche und Götter benutzten gleichermaßen ihr Soma, somit ist Soma ein verbindendes Element zwischen Göttern und Menschen. Als Mondgott ersetzte Soma den alten Gott Chandra. Der Mond war das Gefäß mit Soma für die Götter. Wenn sie tranken, wurde die Mondsichel schmaler. Wurde der Trank wieder aufgefüllt, wurde der Mond wieder voller. Soma hatte 27 Frauen, entsprechend den 27 Mondhäusern der indischen Astronomie, alle waren sie Töchter des Daksha. Soma bevorzugte die Rohini. Daksha war sehr erzürnt darüber, daß der Mondgott Soma seine anderen Töchter vernachlässigte, und er verfluchte Soma mit einem Fluch, der ihm langsame Auszehrung bescherte. Erst auf Bitten der Frauen Somas änderte Daksha seinen Fluch, so daß Soma ab da nur noch periodisch von der Auszehrung betroffen war und danach wieder wachsen konnte. Dies ist eine zweite Erklärung für die Mondphasen.

Varuna:
Vedischer Gott. Einer der zwölf Adityas. Seine Mutter ist Aditi. Steht an der Spitze der Asuras. Varuna taucht sehr früh in der vedischen Ära auf (Rigveda). In vorvedischer Zeit ist er der oberste Herr des Kosmos. Er erschafft Himmel und Erde und bestimmt die äußersten Grenzen, wie den Horizont. Er ist u. a. dafür verantwortlich, daß die Sonne über den Himmel zieht, daß Tag und Nacht sowie die Jahreszeiten aufeinander folgen. Varuna ist der strenge Wächter der universellen kosmischen Gesetze - der natürlichen, der moralischen und konkreten, der Aufrechterhalter der kosmischen Ordnung. Er ist die alles durchdringende Ausdehnung und die Reinheit des Göttlichen, der die Welt unterstützt und perfekter macht. Er ist allmächtig und allwissend. Seine Spione erspähen alles, was in der Welt vorgeht. Kein Geheimnis der Menschen bleibt ihm verborgen. Varuna ist ein strenger, ernsthafter Gott, der auch mal sehr zornig werden kann, wenn sich jemand über die Regeln hinwegsetzt. Varuna wird dargestellt als weißer Mann in goldener Rüstung. Sein Reittier ist Makara, ein Meeresungeheuer. In den Händen hält er ein Lasso, das aus einer Schlange geformt ist. Seine Verehrung hatte auch ein paar Züge der Furcht – immerhin ist Varuna ein Asura und hat damit auch dunkle Züge. Auch ist er der Gott des wahren Wortes und der Verträge. Er bestraft Menschen, die ihr Wort nicht halten. Varuna bestraft die Menschen für ihre Sünden, für Verletzung von Ritualen und für unmoralisches Reden oder Handeln. Er ist auch der Gott des Regens, der die Himmelsschleusen kontrolliert. Obwohl es auch den Todesgott Yama gibt, ist Varuna in vedischer Zeit auch der Richter über die Menschen, der entscheidet, ob die Menschen in den Himmel (Welt der Väter) oder in die Hölle (Welt der Erde) kommen.

Erst später, aber noch zu vedischer Zeit, wird er weniger wichtig und weniger universell. Seine Bedeutung wandelt sich. Indra läuft ihm den Rang ab, sowohl als Regengott als auch als oberster Herr der Götter. Das liegt daran, daß Varuna der Hüter des Wassers war, aber versagte, als Vritra das Wasser stahl und Dürre über die Welt kam. Erst Indra konnte Vritra besiegen und es wieder regnen lassen. Mangelnde Pflichterfüllung kostete Varuna wohl den Posten. Danach ist Varuna nur noch Gott des Wassers, Schutzgott der Ozeane. Seine Diener sind die Nagas, die Seelen der Ertrunkenen kommen zu Varuna. Er hat seinen Sitz in einem reinweißen Schloß. Seine Frau ist Varuni.

Vayu:
Windgott, Gott der Lüfte, alter vedischer Gott. Vayu repräsentiert die Lebenskräfte, symbolisiert durch die Lebensenergie Prana. Vayu symbolisiert den kosmischen Atem und die Seele der Welt. Seinem Wesen nach ist er ein destruktiver Gott mit unausgeglichenem Charakter, der seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat. Unzählige uneheliche Kinder werden ihm nachgesagt. In nachvedischer, brahmanischer Zeit verlor er an Bedeutung und Status. Er wird auch als König der Gandharven bezeichnet. Einst brach er die Spitze des Weltenberges Meru ab, als dessen Verteidiger Garuda einen Moment lang in seiner Aufmerksamkeit nachließ. Die Spitze fiel ins Meer und wurde zur Insel Sri Lanka. Jetzt paßt Vayu auf die Nordwestecke der Welt auf und beschützt diese Himmelsrichtung. Eigentlich verheiratet mit einer Tochter des Vishvakarma. Vayu ist der Vater des Hanuman (auch unehelich). Auch der Pandava Bhima aus der Mahabharata ist ein Sprößling von Vayu und Kunti.

Vishnu:
Vishnu ist im Vedismus ein Gott mit kosmischer Bedeutung, nicht bloß ein Held. Vishnu wurde schon um 1000 v. Chr. verehrt und mit der aufgehenden Sonne assoziiert. Vishnu ist ein Wesen, das sich in der ganzen Welt, Himmel und Erde, ausgebreitet hat. Vishnu erschuf die drei Welten. Er hat dreimal die Erde in ihrer ganzen Größe abgeschritten, um Dämonen zu vertreiben. Man vergleiche die spätere Story vom Dämonenkönig Bali, die hier schon vorbereitet wird.

Yama:
vedischer Gott, "der Bändiger", Yama schränkt ein, drosselt und reguliert. Todesgott und Richter der Verstorbenen. Yama führt über die guten und schlechten Taten eines jeden Menschen Buch. Ist die Lebenszeit abgelaufen, holt der Totengott den Menschen in sein Reich und urteilt anhand seiner guten und schlechten Taten über den zukünftigen Verbleib in Himmel, Hölle oder als Wiedergeburt auf der Erde. Er weist angemessene Belohnungen und Strafen zu. Yama ist ein Sohn des Sonnengottes Surya und seiner Gattin Saranyu. Seine Zwillingsschwester ist Yamuna. Beide spielen die Rolle der ersten menschen, ähnlich wie Adam und Eva. Yama wird als Totenrichter verehrt, weil er der erste Mensch auf der Erde war und somit als erster sterben mußte. Yama war der erste Mann, der den Tod fand und nahm dann die Stellung des Herrn des Todes und der Zeit (kala) ein. Dem Glauben nach dauert die Reise in das Reich der Toten viereinhalb Stunden, weshalb der Leichnam erst nach dem Verstreichen dieses Zeitraums verbrannt werden darf. Yamas Reittier ist ein Büffel.

Lexikon der hinduistischen Mythologie:
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