Japanische Kunst und Kultur

Bernhard Peter
Onomichi (Präf. Hiroshima): Senko-ji

Tempel Senko-ji
Der Senko-ji (Senkou-ji, mit Berg-Namen Daihozan Senkoji) ist einer der bekanntesten Tempel von Onomichi (Adresse: 15-1, Higashitsuchidocho, Onomichi). Zu seiner Berühmtheit tragen die exponiert hohe und die äußerst beengte Lage der Gebäude bei, die quasi am Felsen zu kleben scheinen, 140 m über dem Meeresspiegel. Unglücklichweise lockt diese Berühmtheit die Touristen an, was es noch enger macht. Am Tempel beginnt der Senko-ji-Park (Senko-ji-koen, Senkou-ji-kou-en). Von hier oben hat man den besten Ausblick auf die Kaianlagen, Werften und Docks der Hafenstadt Onomichi und auf die Inseln der Inland-See bis hin zum Shimanami Kaido (60 km lange Straßenstrecke mit Brücken zwischen Honshu und Imabari auf Shikoku, die 6 kleine Inseln der Inland-See mitbenutzt, Mukaishima, Innoshima, Ikuchijima, Omishima, Hakatajima und Oshima, anderer Name: Nishiseto Expressway). Hier oben befindet sich auch das von Tadao Ando entworfene Onomichi City Art Museum für zeitgenössische Kunst. Im Frühling ist der Park ein berühmter Ort zum Genießen der Kirschblüte (Hanami).

Da der Senko-ji-Park einer der höchsten Punkte der Stadt ist, wurde hier eine Seilbahn hinaufgebaut (Senkoji Ropeway, Senkou-ji-yama Roupu-wei, 360 m Länge Seil, 115 m Höhenunterschied von Tal- und Bergstation), hin und zurück 430 Yen. Und dieses trägt dazu bei, daß hier am meisten Touristen von allen Onomichi-Tempeln anzutreffen sind, und das bei bei dem wenigsten Platz von allen Onomichi-Tempeln. Das ist also der berühmteste und bekannteste der Tempel, aber auch der vollste mit der geringsten Atmosphäre.

Wenn man den steilen Zickzack-Treppenweg hinaufgeht, kommt man an eine Weggabelung. Direkt in der Gabelung steht das kleine Gebäude Daisen-do. Links steht die Kannon-Halle (Kannon-do) mit einem kupfernen Pyaramidendach, das rechteckig nach Osten vorgezogen ist. Der Tempel gehört zur Shingon-Schule. Das Hauptkultbild des Tempels ist eine tausendarmige Kannon (Senju Kannon Bosatsu), angeblich ein Werk von Prinz Shotoku. Diese Kannon-Statue in der Haupthalle ist ein verborgenes Bildnis, das nur alle 33 Jahre der Öffentlichkeit gezeigt wird; das nächste Mal wird das 2046 stattfinden. Weitere Kannon-Figuren sind im Tempelgelände an verschiedenen Stellen zu finden.

Das Hauptgebäude (Haupthalle, Rote Halle = Aka-do) mit auf Stelzen vorgebauter Terrasse besitzt zinnoberrot gestrichene Holzelemente, ebenso der Glockenturm. Die Glocke hängt aus einem Loch der hölzernen Zwischendecke in den Unterbau mit vier trapezförmig schräg nach außen gestellten Beinen hinein. An der Decke befinden sich einige Pilger-Klebezettelchen. Dieser exponiert stehende Glockenturm wird jedes Neujahr dazu verwendet, das neue Jahr einzuklingen, deshalb ist es die berühmteste Glocke von ganz Onomichi. Nur - eine größere Menschenmenge hier an Neujahr unterzubringen, wird schwierig. In der Halle Gomado wird die Figur eines Fudo-Myo-o verehrt; weiter hin ist dort die Sitzfigur eines Jizo Bosatsu aufgestellt. Ein weiterer sehr alter Fudo-Myo-o befindet sich in der Haupthalle, wo auch eine Figur von Bishamonten aufgestellt ist. Das Geschäft mit Glücksbringern, Talismanen und Amuletten läuft an den Tempelbüros ganz ausgezeichnet und scheint der heutige Hauptzweck zu sein.

Der Senko-ji ist die 10. Station auf dem Chugoku-Kannon-Pilgerweg (Chugoku Sanjusan Kannon Reijo), der insgesamt 33 Kannon-Tempel in der Region Chugoku miteinander verbindet. Der Pilgerpfad ist relativ neu; die Route wurde erst 1981 festgelegt. In der üblichen Reihenfolge besucht man diesen Tempel nach dem Jodo-ji (9. Station) und dem Saigoku-ji (Sonderstation), und danach pilgert man zum Kojo-ji (Koujou-ji) weiter, der auf der Ikuchi-Insel liegt. Der Tempel gehört weiterhin zu den "Onomichi-shichi-butsu-meguri", den sieben Buddhas von Onomichi (Jiko-ji, Tenne-ji, Senko-ji, Taisan-ji, Saigoku-ji, Jodo-ji, Kairyu-ji).

Ein besonderer, 15 m hoher Felsen heißt Tama no Iwa, in ihn ist eine Replik eines Edelsteins über einem Loch eingesetzt worden. Früher soll hier ein echter Edelstein eingelassen gewesen sein, der der Legende nach nachts leutete. Heute ist es ein kugelförmiger Stein, der mit etwas Abstand vom Loch in einer Halterung mit drei Beinen verankert ist. Auch die Felsen sind mit Reliefs versehen; eines ist kreisförmig mit Sanskrit-Inschrift, dem Dainichi Nyorai gewidmet. Ein anderes Felsrelief zeigt eine Amida-Triade, drei Buddha-Figuren in flach ausgeschlagenen Nischen.

Es wird angenommen, daß dieser Tempel von Kobo Daishi Kukai im Jahr 806 gegründet wurde. Seine Bronzestatue ist auf dem Tempelgelände zu finden. Auch heute noch gehört der Tempel zur Richtung des Shingon-Buddhismus. Deshalb gibt es hier eine Halle zur Verehrung des Gründers, die Daishi-do, in der eine große Statue von ihm aufgestellt ist. Wenn man im Gegenuhrzeigersinn um den Berg herumgeht, kreuzt man erst die Route der Seilbahn, dann kommt man zu weiteren Gebäuden. Ganz im Norden liegt die Senko-ji Kagamiiwa.

Eine Besonderheit ist der Literaturpfad (Bungaku no komichi): Den Weg säumen 25 Werke von Autoren mit Bezug zu Onomichi, darunter Shiga Naoya (20.2.1883-21.10.1971) und Fumiko Hayashi (31.12.1903-28.6.1951).

Abb. links: erstes Goshuin des Senko-ji in Onomichi (Präfektur Hiroshima), roter Stempel oben links: Datum: 1.9.2019. Abb. rechts: zweites Goshuin des Senko-ji, Datum: 1.9.2019.