Bernhard
Peter
Kalender
und Zeitrechnung:
Iran (2): Der Achämeniden-Kalender
Name
der Zeitrechnung:
Altpersischer
Kalender, Achämeniden-Kalender
Verwendung
der Zeitrechnung:
Seit dem Ende des 5.
oder 6. Jh. v. Chr., löste in Persien den
alt-avestischen Kalender ab, wurde verwendet unter den Achämeniden,
Seleukiden und Parthern, bis
ca. ins 3. Jh. n. Chr.
Zählung
ab (Ereignis):
Inhomogen!
System unter den Achämeniden (559-331 v. Chr.): Diskontinuierlich. Mit dem Regierungsantritt eines neuen Herrschers beginnt eine neue Zählung der Regierungsjahre. Das Jahr der Thronbesteigung ist immer als solches hervorgehoben, das auf die Thronbesteigung folgende Jahr ist dann das Jahr 1.
Unter den Seleukiden (305-171 v. Chr.) wurde eine einheitliche Zeitrechnung eingeführt: Ausgangspunkt ist die Eroberung von Babylon durch Seleukos am 3. April 311 v. Chr. Diese Zeitrechnung wird als "Seleukidische Ära" bezeichnet.
Unter den Parthern (Arsakiden, 171 v. Chr. - 224 n. Chr.) gab es wiederum eine eigene Ära: Diese beginnt im Jahre 247 v. Chr., hatte also genau 64 Jahre weniger als die Seleukiden-Ära.
Unter den Sassaniden (224-651 n. Chr.) zählte man später wieder diskontinuierlich nach Herrschaftsjahren wie zu Zeiten der Achämeniden.
Typ
des Kalenders:
Reiner Sonnenkalender.
1 Jahr hat 365 Tage "ohne Wenn und Aber".
Keinerlei Zusammenhang mit den Mondphasen. Arithmetischer
Kalender. Da im Grunde die Anpassungen an das tatsächliche
Sonnenjahr durch Schaltungen fehlen, könnte man auch geneigt
sein, seinen Rhythmus als autonom zu betrachten. Dem ist jedoch
nicht ganz so, denn die Idee eines Jahres ist immer noch die des
Abstandes von Frühlingsäquinoktium zu Frühlingsäquinoktium,
egal wie unscharf.
Jahresbeginn
am:
Am 1. Farwardin.
Eigentlich ursprünglich am Frühlinganfang des
Sonnenjahres. Die Position dieses Tages in Relation zum
tatsächlichen Sonnenjahr verschiebt sich
tatsächlich aber rückwärts, ist also alle 4 Jahre einen Tag
früher. Der Jahresbeginn durchläuft in ca. 1500 Jahren einmal
alle Jahreszeiten.
Namen
der Monatstage:
Die 30 Tage der einzelnen
Monate werden mit jeweils eigenen Bezeichnungen benannt.
Dabei ist interessant, daß die Bezeichnungen für die einzelnen
Monate z. T. wiederkehren:
Nr. | Name | Nr. | Name |
Nr. | Name |
1 | Hormuz, Ohrmazd | 11 | Chur, Khwarshed | 21 | Ram |
2 | Bahman, Vohuman | 12 | Mah | 22 | Bad, Gowad |
3 | Ordibehescht, Ardwahisht | 1 | Tir, Tishtar | 23 | Dey be Din |
4 | Schahriwar | 14 | Gusch, Gosch | 24 | Din, Den |
5 | Esfandarmuz, Spandarmad | 15 | Dey be Mehr | 25 | Ird, Ashi |
6 | Chordad, Hordad | 16 | Mehr, Mihr | 26 | Aschtad |
7 | Mordad, Amurdad | 17 | Sarosch, Srosch | 27 | Asman |
8 | Dey be Azar, Dae-pe-Adar | 18 | Raschnu | 28 | Zamyad, Zam |
9 | Azar, Adar | 19 | Farwardin | 29 | Marisfand, Mahraspand |
10 | Aban | 20 | Bahram, Warharan | 30 | Aniran, Anagran |
Monate:
Anzahl und Länge
1 Jahr besteht aus 12 Monaten
zu je 30 Tagen und 5 Epagomenen (Zusatztagen).
Monatsnamen:
Die ersten Begriffe sind
verschiedene Lesarten des avestischen Namens, der letzte der
moderne persische Name:
1. Fravashi, Fravarti, Fravashinam,
Fravashis, Farwardin - 30 Tage
2. Asha Vahishta, Ashahe Vahistahe, Ardwahisht, Ordibehescht - 30
Tage
3. Haurvatat, Haurvatato, Hordad, Chordad - 30 Tage
4. Tishtrya, Tistryehe, Tir - 30 Tage
5. Amereta, Amerotato, Amurdad, Mordad - 30 Tage
6. Khshathra Vairya, Khshathrahe Vairyehe, Shahriwar - 30 Tage
7. Mithra, Mitrahe, Mihr, Mehr - 30 Tage
8. Ap, Apam, Aban - 30 Tage
9. Athra, Athro, Adar, Azar - 30 Tage
10. Dathusho, Dae, Dej - 30 Tage
11. Vohu Manah, Vanheus Mananho, Vohuman, Bahman - 30 Tage
12. Spenta Armaiti, Spentayao Armatois, Spandarmad, Esfand - 30
Tage
5 Tage als Ausgleich folgen auf den 12. Monat, um auf ein Sonnenjahr zu 365 Tagen zu kommen (Epagomenen = Zusatztage). Diese Zusatztage werden auch als Gatha-Tage oder als "die Fünf", "Pandscha" bezeichnet. Ein alternatives Wort dafür ist "al-mustaraqa", arab. für "die gestohlenen Tage", persifiziert "ruzha-ye duzdideh". Traditionell waren diese 5 Tage dem Andenken an die verstorbenen Seelen gewidmet. Diese Epagomenen haben jeweils einen eigenen Namen, welche von den Gathas (religiöse Gesänge der Zoroastrier) abgeleitet sind. Diese bilden eigene Unterabteilungen der Yasna genannten Hymnen-Sammlung und umfassen 17 dieser 72 Hymnen: 2834 Ahunavaiti Gatha, 4346 Ushtavaiti Gatha, 4750 Spentamainyush Gatha, 51 Vohukhshathra Gatha, 53 Vahishtoishti Gatha.
Nr. |
Name |
1 | Ahunavaiti, Ahunavad |
2 | Uschtavaiti, Ustavad |
3 | Spentamainyush, Spentomad |
4 | Vohukhschahthra, Vohuxsathra |
5 | Vahishtoishti, Vahistoist |
Ausgleich,
Schaltjahre, -Tage, Monate
Keine! Es gab
nur Gemeinjahre, also ein 365-Tage-Jahr ohne Zusatztage oder
Zusatzmonate. Bis zum Ende des Achmänidenreiches wurde keinerlei
Schaltung vorgenommen. Mangels einer Schaltregel kam es im Laufe
der Zeit zu einer nicht unerheblichen Abweichung des Kalenders
von den Jahreszeiten, denn das Kalenderjahr ist ca. 6 Stunden
kürzer als das tatsächliche Sonnenjahr.
Umrechnung
in christliche Zeitrechnung
Keine
allgemeine Formel, weil a) die Jahreszählung diskontinuierlich
ist und b) kein dem Gregorianischen Kalender vergleichbares
Schaltsystem benutzt wird.
Bemerkungen
und Bewertung:
Der ebenfalls verbreitete
babylonische Kalender, ein lunisolarer Kalender mit 12
Mondmonaten und einer Jahreslänge von 354 Tagen, wurde im
altpersischen Reich ebenfalls als offizieller Kalender benutzt,
es ist davon auszugehen, daß er auch parallel zum neuen
Solar-Kalender Anwendung fand.
Im Vergleich zu den Vorgängermodellen eines Sonnenkalenders im Iran fanden wesentliche Änderungen statt. Zuallererst ist die Abkehr vom Rundjahr mit 360 Tagen und die Einführung eines Wandeljahres mit 365 Tagen zu nennen.
Diese Reform fand irgendwann unter dem König Darius (522-486 v. Chr.) oder König Xerxes (486-465 v. Ch.) statt, ein genauer Termin ist nicht feststellbar, die Datenlage ist dürftig und zudem widersprüchlich. Rein rechnerisch könnte der Kalender-Wechsel ca. 480 v. Chr. plus minus 60 Jahre stattgefunden haben. Dabei kann der ägyptische Kalender als Vorbild gedient haben - übernommen wurde er jedoch nicht, wie ein Vergleich im Detail zeigt.
Das Resultat ist ein bürgerlicher Kalender, der im Detail weder eine brauchbare Jahreszählung noch mangels Schaltregel eine hinreichend genaue Kongruenz mit den tatsächlichen Jahreszeiten besitzt.
Aber erst unter des Sassaniden (224 - 651 n. Chr.), in deren Zeit eine Renaissance altiranischer Traditionen fiel, wurde der Kalender offizieller Staatskalender und ersetzte den babylonischen Lunisolarkalender gänzlich. Das paßt dazu, daß die Religion Zarathustras Staatsreligion wurde, somit wurde auch der zoroastrische Kalender Staatskalender.
Die Armenier, die Soghdier und die Khwarezmier (Khorazmier) benutzten als Nachbarvölker und nichtiranische Völker des persischen Großreiches einen identischen Kalender.
Interessant ist die persische Tradition, jedem Tag des Monats einen eigenen Namen zu geben. Diese Tradition besteht bis heute, und selbst im Baha'i-Kalender wird diese Tradition beibehalten.
Festtage:
Als Festtage werden im zoroastrischen
Kalender die Gahanbar gefeiert. Diese markieren
insgesamt 6 wichtige jahreszeitliche Punkte und teilen das Jahr
in 6 Jahreszeiten unterschiedlicher Länge (40 Tage - 60 Tage -
75 Tage - 30 Tage - 85 Tage - 75 Tage - 40 Tage) ein.
Ein Fest für sich außerhalb dieser Jahreszeiten ist das Neujahrsfest, Nauruz oder Nawruz. Das Fest ist zugleich Fest des Frühlingsbeginns. Es findet statt am 1. Farwardin, 40 Tage vor dem Maidhyozaremaya-Fest. Das Wort kommt von "Naw" - "neu" und "Ruz" - "Tag".
Problem: Diese Tage verschoben sich ebenfalls im Laufe der Zeit gegenüber den realen Jahreszeiten und verloren ihre Relevanz für das landwirtschaftliche Leben.
Iran (1): Die unterschiedlichen Ären
Iran (2): Der Achämeniden-Kalender
Iran (3): Zeit für Schaltungen
unter den Sassaniden
Iran (4): Der Kalender von Yazdegar
III
Iran (5): Vom Malik-Schah-Kalender
bis zum Gesetz von 1911
Iran (6): Der neuiranische Kalender
Iran (7): Shahanshahi Ära - Einer
der vielen Fehler von Schah Mohamed Reza Pahlevi
Iran (8): Literatur zu iranischen
Kalendersystemen
andere
Kalendersysteme, Literatur zu Kalendersystemen
andere Essays über Iran/Persien
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