Bernhard
Peter
Kalender
und Zeitrechnung:
Der Khmer-Kalender: Eigenständigkeit zwischen indischer und
chinesischer Tradition
Zwei
Kalender
In Kambodscha sind zwei
Kalender nebeneinander in Gebrauch:
- internationaler Kalender
= gregorianischer Kalender: Staatliche, offizielle,
bürgerliche Verwendung. Staatliche Feiertage richten
sich nach diesem Kalender. Die Monate sind Sonnenmonate
(Suriya Gati)
- traditioneller
Chhankitek-Kalender für religiöse Zwecke.
Religiöse Feiertage werden nach diesem Kalender
berechnet. Wörtlich "Chhan-Kitek" =
"Mond-Kalender", aber in Wirklichkeit ein
lunisolarer Kalender, denn seine Monate (Chhanda Gati)
hängen vom Lauf des Mondes ab, die Jahre richten sich
aber nach den Jahreszeiten, so daß es erforderlich ist,
immer mal wieder ein Schaltjahr zu haben, um den Lauf der
Mondmonate mit dem Verlauf des Jahres wieder in
Übereinstimmung zu bringen. Aber dazu unten mehr.
Im
Spannungsfeld von indischen und chinesischen Einflüssen
Hier soll der
Chhankitek-Kalender erläutert werden, ein lunisolarer Kalender,
der die kulturelle und geographische Lage zwischen zwei großen
Kalendertraditionen wiederspiegelt, aber es dennoch geschafft
hat, eine eigenständige Identität zu entwickeln. Viele Elemente
aus indischer Kalendertradition einerseits und aus chinesischer
Kalendertradition andererseits werden uns hier wieder begegnen,
aber mit eigenem, eben kambodschanischem Gepräge. Wenn wir hier
den Ausdruck "Khmer-Kalender" benutzen, soll genau
diese Eigenständigkeit hervorgehoben werden. Übrigens:
"Khmer" wird im Land wie "K'maier"
ausgesprochen.
Einfluß des chinesischen
Kalenders:
- Zyklus der 12 Tiere, Namen der 12
Tiere, astrologische Zuordnung abgeleiteter Eigenschaften
zu den in diesen Jahren geborenen Menschen
- Prinzip des Sak-Systems als
10er-Zyklus
- Kombinierter 60er-Zyklus zur Zählung
von Jahren
Einfluß der indischen
Kalender:
- Moha Sakaraj, Saka-Zeitrechnung
- Verwendung von Mondmonaten
- die alten 6 Jahreszeiten
- Namen der Mondmonate lehnen sich an
die Sanskrit-Bezeichnungen an (deshalb werden hier zur
Vereinfachung auch die Sanskrit-Namen der Mondmonate
durchgehend verwendet)
- Neujahr an Mesha-Samkranti wie in
indischen Sonnenkalendern
Und
doch ist der Khmer-Kalender etwas Eigenständiges:
- Der Khmer-Kalender ist mehr ein
arithmetischer als ein astronomischer Kalender
- Schaltjahre korrelieren mit dem
metonischen Zyklus
- feste Monatslänge außer in
Schaltjahren
- feste Monate sind Schaltmonate, es
kann immer nur ein bestimmter Monat verlängert bzw.
verdoppelt werden. Der Schaltmonat betrifft immer den
Monat Ashadha, der Schalttag betrifft immer den Monat
Jyaishtha.
- In einem Schaltjahr kann es
immer nur einen Typ von Schaltjahr geben. Es gibt keine
Jahre mit Extra-Tag UND Extra-Monat.
- Keine Verwendung von Tithi,
Doppeltagen etc. wie in manchen indischen Kalendern,
sondern klar definierte Zählweise der Tage in einem
Monat von 1-15 "Keit" und 1-14 oder 1-15
"Roaj"
- Die 7-Tage -Woche mit der
Zuordnung zu Himmelskörpern ist bekannt
- den 7 Tagen einer Woche
werden Farben und Neujahrsengel zugeordnet
- Jeder Monat hat in jedem Jahr
die gleiche Anzahl von Tagen (außer in Schaltjahren)
- Die Schaltjahre korrelieren
weder mit dem indischen noch mit dem chinesischen System
- Neujahr wird nach dem Sonnenstand
gefeiert, das wichtigere Neujahrsfest richtet sich
ausschließlich nach dem Stand der Sonne
- Das wichtigere Neujahrsfest
verschiebt sich nicht in Relation zum Sonnenstand wie das
Neujahr eines lunisolaren Kalenders, aber es verschiebt sich in Relation zu den
Mondmonaten
- Khmer-Neujahr ist nicht immer
am gleichen Tag wie Hindu-Neujahr des selben Jahres
- Jolak-Sakaraj, eigene Zeitzählung
vorhanden
- kontinuierliche Zeitzählung hat eine
größere Bedeutung als die Zeitzählung in 60er-Zyklen
- Im Sak-System werden die Jahre einfach
nur von 1-10 durchgezählt, die komplexe Zuordnung zu
Himmelsstämmen und Elementen sowie Yin und Yang wie im
chinesischen Kalender fehlen.
- Es gibt zwei Systeme für die
Jahreszeiten nebeneinander, nach dem Mond und nach der
Sonne, die die alten 6 Jahreszeiten ablösen
Wie man sieht, gibt
es viele Gründe, warum der Khmer-Kalender als hochinteressante
Eigenentwicklung zwischen zwei bedeutenden Kalendertraditionen
das genauere Hinsehen lohnt! Umgekehrt fälllt auch sofort die
Verwandtschaft zu Kalendern in Thailand, Birma oder Laos auf,
obwohl im Detail Unterschiede bestehen.
Es ergeben sich beim
Khmer-Kalender aber viele praktische Schwierigkeiten: Das
Material ist dünn, vor Ort gesammeltes Material korreliert nicht
immer, die Jahreszählung wird nicht überall am selben Datum
inkrementiert, die Transliteration ist mangelhaft etc. Gute
Arbeiten gibt es nur wenige, sie sind im Literaturverzeichnis
erwähnt. Für jeden weiteren Hinweis bin ich daher dankbar!
Der Khmer-Kalender:
Eigenständigkeit zwischen indischer und chinesischer Tradition
Wann und warum genau dann ist
Neujahr im Khmer-Kalender?
Tage, Monate, Schalttage und
Schaltmonate im Khmer-Kalender
Beispieljahre für den
Khmer-Kalender
Jahreszeiten im Khmer-Kalender
Rhythmen und Zyklen im
Khmer-Kalender
Zählung von Jahren im
Khmer-Kalender
Feste in Kambodscha
andere Kalendersysteme, Literatur zu
Kalendersystemen
andere Essays über Kambodscha
Home
©
Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
Impressum