Bernhard Peter
Hikone (Präf. Shiga), Tempel Seiryo-ji (Seiryou-ji)


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Dieser Tempel gehört zu einer Gruppe von drei heiligen Stätten im Nordosten der Burganlage von Hikone, die alle am Westrand des Hügelzuges zu finden sind, zu dem auch der Sawayama mit den Resten der vorherigen, älteren Burg und der Ouhara-san gehören. Alle drei, der Seiryou-ji (Adresse: 1100 Furusawacho, Hikone, Shiga 522-0007), der Ryoutan-ji und der Chouju-in, liegen östlich der Bahntrasse der Tokaido Main Line und sind nur wenig voneinander entfernt, so daß man sie am günstigsten alle drei gemeinsam besichtigt. So kann man ein schönes Gesamtpaket für Hikone schnüren, erst die Burganlage Hikone-jou, dann zur Entspannung diese einsam gelegene Tempelgruppe, vielleicht noch ein Bummel durch die Altstadt westlich der Burganlage. Wer geschichtlich interessiert ist, kann noch zur Burgstelle auf dem Sawayama hochlaufen, bis auf einen Gedenkstein und einen schönen Blick ist da aber nicht mehr viel. Da macht es mehr Spaß, die beiden noch erhaltenen Burgtore der ehemaligen Burg Sawayama-jou in den Tempelanlagen der Altstadt aufzusuchen, im Souan-ji und im Myougen-ji. Wer noch nicht genug hat, kann das auch mit dem Besuch des Tennei-ji südlich des Einkaufszentrums Aeon-Town verbinden. Vom JR-Bahnhof als Bezugspunkt ausgehend (Anfahrt am besten über Kyoto mit der Biwako Line) schlägt man sich westlich oder östlich entlang der Gleise irgendwie nach Norden durch, es ist ca. 1 km bis zum Seiryou-ji als erstem Tempel dieser Gruppe. Dort, wo eine Straße die Gleise quert, biegt man östlich der Gleise sofort wieder nach Norden ab und steht nach wenigen Metern vor dem Tempeltor. Der Tempel ist kein Touristentempel, sondern ein nach wie vor aktiver Tempel, wo man auch nach Anmeldung an Zen-Meditationen teilnehmen kann. Das Gelände kann man frei durchstreifen, aber man kommt als Zufallsgast in keine einzige Halle hinein.


Geschichte und Bedeutung
Der Seiryou-ji ist ein Tempel der Soutou-Schule des Buddhismus, gehört also zur größten der drei Hauptrichtungen des Zen (die beiden anderen sind Rinzai und Oubaku). Seine Ursprünge liegen in einem Begräbnis von Ii Naomasa (4.3.1561-24.3.1602, Daimyo 1600-1602), dem ersten Daimyo des neuen Lehens Hikone, der aber noch auf der Burg Sawayama lebte, da Burg Hikone damals erst projektiert war. Als er 1602 (Keichou 7) starb, wurde diese Stelle für sein Begräbnis gewählt, und der Tempel wurde gebaut, um sein Andenken lebendig zu halten. Seitdem ist der Seiryo-ji de Familientempel der Familie Ii, und Ii Naotaka (16.3.1590-16.8.1659, Daimyo 1615-1659), der dritte Daimyo, trat als Gründer hervor und lud Gumyo Shosatsu als leitenden Priester des Tempels hierhin ein. Unter seiner Leitung entwickelte sich der Tempel gut. Eine besonders enge Beziehung zu diesem Tempel hatte Ii Naosuke (29.11.1815-24.3.1860), der 15. Daimyo (regierte 1846-1860). Er war in der Nachfolge zunächst weit abgeschlagen als 14. Sohn seines Vaters und Sohn einer Nebenfrau. Deshalb wurde er in den Tempel geschickt und mit einer kleinen Pension ausgestattet. Er praktizierte bereits als Dreizehnjähriger oft Zen-Meditation und asketische Praktiken zusammen mit dem leitenden Priester des Tempels. Das Schicksal wollte es aber, daß alle seine älteren Brüder entweder vor dem Vater starben oder von anderen Familien adoptiert wurden, die einen Erben brauchten, und so kam er doch noch an das Lehen und wurde Daimyo. Die Gräber der Familie Ii befinden sich im Osten der Tempelhallen hinter den Gebäuden; das Ensemble ist als nationale historische Stätte geschützt. Zeitweise war dieser Tempel eine landesweit bekannte und geschätzte Trainingsstätte für Zen; zu besten Zeiten waren hier mehr als 200 Mönche versammelt. Auch heute noch wird in diesem Tempel in der recht großen Meditationshalle Zen praktiziert; es werden auch Veranstaltungen für Interessierte am jeweils dritten Sonntag im Monat angeboten, mit Zazen (Sitz-Meditation), Predigt und Arbeit. Der Zen-Übungsraum liegt im Obergeschoß.


Rundgang und Beschreibung:
Noch vor Erreichen des Eingangstores passiert man rechterhand einen Shinto-Schrein (Nagabayashi-inari-daimyo-jin), vom Typ her ein Inari-Schrein. Ein 18 m langer Tunnel aus dicht aneinandergereihten zinnoberroten Torii führt zum Schreingebäude, vor dem zwei Statuen sitzender Füchse Wache halten. Das erste, zweite und letzte Torii sind höher als die anderen, die alle von gleicher Größe und Bauart sind. Wieder auf dem Hauptweg, wendet man sich nach dem Passieren der 20 m langen Hecke nach rechts, wo als erstes eine Jizou-Statue steht. Nach ca. 40 m ist man am Ziel. Das auf der Westseite der Anlage in einen Korridor eingebaute Haupttor wird Unari-mon (unari = knurren, brüllen, mon = Tor) genannt und stammt aus der ehemaligen Residenz von Shima Sakon (= Shima Kiyooki, 1543 - vermutlich 1600, Samurai, Gefolgsmann von Toyotomi Hideyoshi und Ishida Mitsunari, Kommandeur unter letzterem in der Schlacht von Sekigahara, dort verwundet oder gefallen), die sich vorher an dieser Stelle befand. Das Tor brannte aber in der späten Edo-Zeit ab und wurde wiederaufgebaut. Insgesamt gibt es aber auf der Westseite drei Durchgänge, südlich neben besagtem Tor gibt es noch ein sehr hohes und weites Tor, das auch für Fahrzeuge geeignet ist, und ganz rechts gibt es noch einen kleinen Genkan, durch den man direkt zum Kuri gelangt.

Dahinter liegt ein ca. 30 m breiter und ca. 40 m tiefer Hof, der von den drei wichtigen Hauptgebäuden umgeben ist, geradeaus im Osten liegt die einstöckige Haupthalle. Im Norden liegt die zweistöckige Zen-Trainingshalle (Zen-dou), im Süden liegt der Kuri, der persönliche Lebensbereich der Mönche, wo sich auch die Verwaltung befindet. Der Kuri wurde ebenfalls aus Material der einstigen Residenz errichtet. Vor dem Kuri ist ein Vordach mit mächtigem Karahafu weit vorgezogen. Das Hauptkultbild des Tempels ist Gautama Buddha (Buddha Shakyamuni, Shaka Nyorai). Die Zen-Trainingshalle besitzt in den seitlichsten Pfostenzwischenräumen jeweils ein kreisrundes Fenster mit radialer Verstäbung, das achtspeichige Rad der Lehre nachahmend. Im Obergeschoß sieht man an der gleichen Stelle glockenförmige Fenster. Vor der Zen-Trainingshalle stehen ein uralter Nandina-Baum und ein großer Machilus-Baum, ersterer rund 500 Jahre alt, letzterer sogar 750 Jahre alt. Im Eck zwischen Haupthalle und Kuri gibt es einen kleinen Trockengarten, in dem eine Swastika als Muster eingelegt ist. Viele der Tempelschätze werden in dem Anbau an der Rückseite der Haupthalle aufbewahrt, darunter auch Gemälde der aufeinander folgenden Daimyos des Lehens Hikone. In der Regel sind sie nicht zu besichtigen. Von dort kommt man zu den historischen Gräbern der Familie Ii auf den dahinter ansteigenden Terrassen am Hang. Der Tempel hält nicht nur die Erinnerungen an verstorbene Mitglieder der Familie Ii wach, sondern auch an Gefallene der Schlacht von Sekigahara (ca. 25 km entfernt im Nordosten). Ein ausgedehntes modernes Friedhofsareal befindet sich im Norden und Westen der Zen-Halle.


Inari-Schrein

 

Tempeltore


Kuri


Zendo


Hondo


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@35.2817811,136.2656387,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@35.2817811,136.2656387,205m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Das Lehen Hikone und seine Daimyos:
https://en.wikipedia.org/wiki/Hikone_Domain
Ii Naosuke:
https://en.wikipedia.org/wiki/Ii_Naosuke
Ii Naokatsu:
https://en.wikipedia.org/wiki/Ii_Naokatsu
Soutou-Zen-Buddhismus:
https://en.wikipedia.org/wiki/S%C5%8Dt%C5%8D
Webseite des Tempels:
https://www.soto-kinki.net/zazen/report/seiryoji.php
die drei Tempel auf Visitjapan-Vegetarian:
https://visitjapan-vegetarian.com/ryotan-ji-and-the-surrounding-temples-related-to-the-ii-clan/
Informationstafel der Stadt am Tempel


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