Bernhard Peter
Die
Hoysala-Kultur - Der Chennakeshava-Tempel in Belur
Belur ist das alte Velapur. Aus Anlaß seines Sieges (1116) über die Chola von Tanjore ließ König Vishnuvardhana (ehem. Bittiga oder Bittideva, regierte 1108-1142, änderte seinen Namen anläßlich seines Übertritts vom Jainismus zum Hinduismus) erbauen. Der Architekt ist Janaka Acharya. Im Jahre 1327 wurde der Tempel bei muslimischen Einfällen zerstört, aber 1397 von den Vijayanagara-Königen wieder aufgebaut.
In diesem frühen Beispiel sind die wesentlichen Züge der Hoysala-Architektur schon verwirklicht. Insbesondere der hohe, vielfach gezackte Sockel, die breite Umwandlungszone um den eigentlichen Tempel herum, der doppelt kreuzförmige Grundriß, die geometrisch durchkomponierte Grundrißgestaltung, alles typisch für die Hoysala-Architektur. Ein großer Tanz- und Versammlungssaal ist vor Garbhagriha und deren Vorhalle gebaut, insgesamt 48 Stützen tragen die Decke des Tanzsaales, die Wände sind aus durchbrochenem Gitterwerk, das aber offensichtlich nicht aus der Erbauungszeit stammt, sondern ca. 50 Jahre später unter Ballala II eingebaut wurde. Die Vorhalle der Garbhagriha ist ein Raum mit vier weiteren Säulen und bereitet auf das Dunkel der Cella vor. Insgesamt ist der Tempel in ein weitläufiges Areal eingebunden, dessen Umfassungsmauer Kolonnaden, verschiedene andere Gebäude und einen heiligen Teich enthält. Das monumentale Gopuram im Osten geht auf die Wiederherstellung durch die Vijayanagara-Könige zurück. Der Tempel ist Vishnu Keshava geweiht, "Vishnu mit den fließenden Locken". Der Turm des Shikhara fehlt.
Zum Grundriß in hoher Auflösung
Der Grundriß ist von hoher Geometrie. Bestimmende Form ist ein doppeltes Kreuz (dicke rote Linien im rechten Bild). Das eine Kreuz hat als Mittelpunkt die Garbhagriha oder Cella und verläuft durch die Vorhalle und die drei Anbauten des Shikhara-Unterbaus. Das andere Kreuz durchzieht die Versammlungshalle, die Achsen aller drei Eingänge und die Linie zur Garbhagriha vereinigen sich unter der zentralen Kuppel. Diese Struktur ist von Säulenstellungen umgeben, die es erlauben, das Kreuzmotiv in vielfacher geometrischer Realisierung wahrzunehmen. Über den gesamten Grundriß zieht sich weiterhin ein Netz von Linien, die konzentrische Quadrate wie bei einem Mandala ergeben (Bild links). Die Wahrnehmung des Raumes ist damit sowohl eine gerichtete, die Energieströme bündelt, in einem zentralen Punkt sammelt und auf das Allerheiligste zuführt, wo es wieder in alle Richtungen ausstrahlt, als auch eine zentrumsorientierte, konzentrisch den Gläubigen Stufe um Stufe hebende im Stile eines als Raum erlebbaren Mandalas.
Die sternartige Konzeption des Cella-Baus klingt hier schon an (gelbe Linien), ist aber nicht so schön und stilrein wie in Somnathpur und soll daher dort besprochen werden. Die drei Hauptvorsprünge des Cella-Baus öffnen sich zu zweistöckigen Balkonen in Form von Tempelwagen. Für die den Bereich auf dem erhöhten Sockel umschreitenden Gläubigen bringen sie symbolisch Abbilder des Göttlichen näher. Der Stern wird dadurch von der Kreuzform überlagert, so daß nur wenige Ecken gut sichtbar sind.
Die Hoysala-Kultur (1) -
Einführung
Die Hoysala-Kultur (2) -
Stilmerkmale der Tempel
Die Hoysala-Kultur (3) - Herrscher
der Dynastie
Die Hoysala-Kultur (4) - das
Konzept von Belur (mit Zeichnungen)
Die Hoysala-Kultur (4a) - Belur:
Grundriß hoher Auflösung
Die Hoysala-Kultur (5) - das
Konzept von Halebid (mit Zeichnungen)
Die Hoysala-Kultur (5a) - Halebid:
Grundriß hoher Auflösung
Die Hoysala-Kultur (6) - das
Konzept von Somnathpur (mit Zeichnungen)
Die Hoysala-Kultur (6a) -
Somnathpur: Grundriß hoher Auflösung
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Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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