Bernhard
Peter
Kyoto,
Daitoku-ji (3): Subtempel Zuiho-in
Lage und
Erreichbarkeit
Der Subtempel (Tatchu) Zuiho-in (Zuihou-in) liegt in der
Südhälfte des Daitokuji-Komplexes (Adresse: 81, Murasakino
Daitokujicho, Kita-ku Kyoto-shi, Kyoto, 603-8231, Japan). Man
kommt zu ihm, indem man vom Hauptweg aus in Höhe des Chokushimon
des Haupttempels in südwestlicher Richtung einer Sackgasse
folgt. Das zweite Tor auf der rechten (westlichen) Seite führt
zum Zuiho-in, noch bevor die Sackgasse nach Westen abknickt. Der
Zuiho-in liegt damit zwischen dem ganz ähnlich konzipierten
Korin-in im Norden und dem Obai-in (Oubai-in) und dem Daiji-in.
Er gehört zu den wenigen Subtempeln des Daitoku-ji, die regelmäßig geöffnet sind. Dieser Subtempel ist - vor allem im Vergleich zum Negativbeispiel Daisen-in - eine nette und photofreundliche Einrichtung. Er ist einer der kleinsten Subtempel des Daitoku-ji-Komplexes, aber er hat viel zu bieten. Der Besuch ist sehr empfehlenswert. Im wesentlichen besteht die Perspektive aus der von der Veranda auf die Gärten, weil das Areal so klein ist, daß man nicht im Garten um die Gebäude herumgehen kann. Nur vom Eingang aus kann man Gebäude von außen betrachten. Die Gartenanlagen sind zwar neueren Datums, aber sehr qualitätvoll und unbedingt sehenswert. Wie die Photos zeigen, kann man es sich hier auch bei Regen gut auf der Veranda oder auf den Tatami-Matten bequem machen und den Tempel als besinnlichen Rückzugsort nehmen. Mit Voranmeldung ist Teilnahme an Zazen-Meditation oder an einer Tee-Zeremonie möglich, letzteres bei wenig Besuchern auch spontan.
Geschichte
und Bedeutung
Der Zuiho-in wurde in der Muromachi-Zeit 1546 im Namen von Otomo
Sorin (31.1.1530-11.6.1587) gegründet, der auch unter den Namen
Fujiwara no Yoshishige und Otomo Yoshishige bekannt ist. Als
Gründungsjahr findet sich auch 1535 in den Quellen, da war Otomo
Sorin aber gerade 5 Jahre alt. Dieser Daimyo aus der Familie
Otomo herrschte über Bungo und zeitweise über das Lehen Funai
auf Kyushu (heute Präfektur Oita) und war einer der mächtigsten
Daimyos der südlichen Hauptinsel. 1562 wurde Otomo Sorin unter
dem Namen Sanbisai Sorin buddhistischer Mönch, doch er trat 1578
aus politischen und strategischen Gründen im Alter von 48 Jahren
als Don Francisco zum Christentum über. In dieser Provinz gab es
engen und frühen Kontakt zu den Portugiesen und deren
Missionaren. Vorteile der Allianz mit den Katholiken waren der
Zugang zum Seehandel einerseits und zu modernen Waffensystemen
andererseits. Der Handel sollte Einnahmen bescheren, die er zur
Finanzierung seiner zahlreichen Kriege brauchte. Das Lehen Funai
wurde später dem Daimyo Otomo Yoshimune wieder entzogen und an
andere Familien als Lehen vergeben. Nach dem Tod von Otomo Sorin
wurde der Zuiho-in zum Familientempel (Bodai-ji) der Otomo. Der
Name ist abgeleitet vom postumen buddhistischen Namen des
Gründers, Zuihoin Denzuiho Sorin Kyoshi. Ganz im Westen des
Subtempelgeländes befinden sich etliche Gräber. Auch der
Gründer und seine Frau wurden in diesem Tempel beerdigt.
Der Zuiho-in gehört als Subtempel des Daitoku-ji natürlich zur Rinzai-Schule des Zen-Buddhismus. Als Hauptbild wird eine hölzerne Statue des Daiman Kokushi (Tesshu Sokyu) verehrt. Das war der Gründungsabt, dessen Schüler Otomo Sorin war und den er als ersten Leiter seiner Stiftung nominiert hatte. Der Name Zuiho-in bedeutet etwa Subtempel des Glückseligkeitsberges oder des Berges der Glückseligkeit.
Struktur
der Anlage und Beschreibung
Der Zugang liegt im Osten.
Hinter dem aus der Muromachi-Zeit stammenden, im Jahre 1546
erbauten Omote-mon führt der Weg durch einen halbformellen
Garten mit Kiefern und Zedern zweimal abknickend nach Westen am
zweistöckigen Kuri und Genkan vorbei zum zweiten Tor, dem
Kara-mon (Cave - das gleiche Kanji für "kara" wird oft
auch "to" gelesen). Letzteres stammt ebenfalls aus der
Zeit der Tempelgründung und wurde 1546 errichtet. Dieses Tor mit
geschwungenem Karahafu leitet über zu einem nach Norden
abknickenden gedeckten Korridor, der zum Hojo (Abtsresidenz)
führt. Nach Durchschreiten des Haupttores muß der Besucher also
jeweils um 90 Grad nach links, nach rechts, wieder nach rechts,
um dann wieder nach links auf die Veranda des Hojo zu kommen. Das
schafft Distanz zur Welt vor den Toren, und auf vergleichsweise
kurzer gemessener Strecke wird symbolisch Abstand aufgebaut. Auch
der im Shoin-Stil konzipierte Hojo ist gründungszeitlich und
stammt ebenfalls aus dem Jahr 1546. Die östliche Hälfte des
Tempelgeländes umfaßt Wohn-, Küchen- und Verwaltungsbauten.
Die drei Gebäude Omote-mon, Kara-mon und Hojo sind alle als
wichtige Kulturgüter klassifiziert. Alle drei sind mit
Zypressenrinde (Hinoki) gedeckt.
Westlich des Hojo steht ein Teehaus (Chashitsu) namens Yokei-an, das mit einem kurzen Korridor mit dem Nordwesteck des Hojo verbunden ist. Zwei weitere Teehäuser, das Ansho-ken (das südlichere von beiden) und das Heisei-tai-an (das nördlichere), stehen im Norden des Hojo jenseits einer Hecke, mit separatem Warteraum am Westrand des Bereiches und einem kleinen offenen Gelände (Roji) davor.
Rings um den Hojo gibt es insgesamt drei verschiedene Gärten, die alle 1961 vom modernen Gartenarchitekten Shigemori Mirei (1896-1975) angelegt worden sind, der auch 1964 am Ryogin-an gestaltete, 1939 am Hojo des Tofuku-ju und 1953 an der Burg Kishiwada. Der Beschluß zur Gartenneugestaltung fiel 1960 bei der Kyoto Garden Association, und man sammelte bei den Mitgliedern Spenden für das sorgfältig ausgewählte Projekt (angemessene Größe, Momoyama-zeitlicher Tempel, Gebäude noch gut in Schuß), mit dem man den 30. Gründungstag der Gesellschaft feiern wollte, der aber erst 1962 zu feiern war. Shigemori Mirei, der zu den Gründungsmitgliedern gehörte, war zu dieser Zeit Präsident der Gartengesellschaft und zog die Planung ehrenamtlich an sich. Die Arbeiten begannen am 16.4.1961 und waren am 11.5. beendet. Mit diesem Projekt konnte man auch gleichzeitig cum grano salis das über 400jährige Bestehen des Tempels feiern. Es wurde einer seiner besten Gärten, und der Druck war auch hoch, hier inmitten lauter guter Gestaltungen und für einen uralten Tempel etwas wirklich Herausragendes zu schaffen, und es ist ihm gelungen. Die vergleichsweise starke vertikale Dynamik der Steine und das ausgeprägte Relief des geharkten Kieses machen insbesondere den Südgarten einzigartig dynamisch.
Der Garten im Süden des Hojo ist der konventionellste der drei Gärten, heißt Dokuza-tei bzw. Dozuka-no-niwa und besitzt u. a. eine hohe Felsengruppe, der den mythischen Horaisan (Berg Horai) im bewegten Meer darstellt, was eine Anspielung auf den Namen des Tempels darstellt. Felsen und Moosflächen sind in lebhaft modellierten Kiesflächen plaziert, und der wilde Ozean des Kieses läuft im Westen in kleinen, geschützten Land-Buchten aus. Der Name des Gartens ist von dem Zen-Begriff Dokuza-daiyuho abgeleitet, der vordergründig das einsame Sitzen auf einem hohen Berg bezeichnet, während dessen man die eigene Existenz wahrnimmt, und im übertragenen Sinne die Grundzufriedenheit bezeichnet, jeden Tag zu leben und in einsamer Meditation dazusitzen und das Dasein wahrzunehmen. Der Garten ist also dafür da, vor dem Hojo in einsamer Meditation genossen zu werden. Ein einsam vorgezogener Stein, der die Wellen noch einmal extra bricht, symbolisiert diesen Zustand. Dieser Begriff "Dokuza-daiyuho" ist auch der Wortlaut der Schriftzeichen auf dem im Kuri für 300 Yen erhältlichen Pilgerstempel (Goshuin). Im Westbereich, der Zone des ruhigen Ufers, gibt es keine Steinsetzungen, abgesehen von den Trittsteinen des Weges zum Teehaus Yokei-an. Ein Teegarten besitzt normalerweise Bäume, aber hier markieren nur die Trittsteine, von denen einer direkt in den Kies gesetzt wurde, den Cha-niwa. Gegenüber den Nachbartempeln schirmt eine lange Karikomi die Küstenszene ab, teilweise als doppelte Hecke. Eine kleine Steinbrücke überquert das Kiesbett nahe der Südwestecke des Hojo, sehr zierlich und vor allem niedrig, um die perspektivische Assoziation großer Entfernung geschickt auszunutzen, um den Garten größer wirken zu lassen als er ist.
Im Westen liegt der rechteckige Tee-Garten (Cha-tei) mit einem steinernen Bassin. Anfangs legte der Gartenarchitekt hier einen streng geometrischen, nur aus Steinen bestehenden Garten an, der sich aber als zu extrem erwies und in den frühen 1970er Jahren durch die gegenwärtige Gestaltung ersetzt wurde, ein etwas konventionellerer Teegarten.
Im Norden befindet sich der kleine Kanmin-tei oder Kanmin-no-niwa, dessen Name sich vom Zen-Begriff Kanminkogashite-aoyamanitaisu ableitet und mit "ruhig schlafender Garten" übersetzt werden kann. In diesem Karesansui-Garten befinden sich die Juujika no ishi, Kreuzsteine, ein Hinweis auf den christlichen Glauben des Daimyo Otomo Sorin und eine Hommage des Gartenkünstlers an diesen. Das Arrangement aus insgesamt sieben Steinen muß in einem bestimmten Winkel im Eck zwischen Hojo und Korridor betrachtet werden, um ein Kreuz zu ergeben, fünf für den Längsarm und drei für den Querarm, nicht ganz 90° zueinander stehend - im Test muß man seine Phantasie etwas strapazieren, um das nachzuvollziehen, und bei der gegebenen Evidenz handelt es sich bei dem "verborgenen" Kreuz auch um eine äußerst subtile Anspielung des Gartengestalters auf die Unterdrückung des Christentums mit Beginn des Edo-Shogunates. Man kann es nur wahrnehmen, wenn man es weiß, ganz analog zur Situation der Christen im Japan des 17. Jh., oberflächlich scheinbar alles ruhig und friedvoll, nicht offen sichtbar und doch unter der Oberfläche vorhanden. Gerade weil hier buddhistische und christliche Aspekte gemeinsam gestalterisch verarbeitet wurden, ist dieser Garten sehr interessant. Es wurde z. B. auch eine Figur der Jungfrau Maria in dem Garten untergebracht, unter einer Steinlaterne eingegraben. So wird der Garten auch zum Symbol der integrativen Fähigkeiten des Zen. Im westlichen Teil des Gartens führen Trittsteine zu den dort befindlichen Teehäusern. Auch hier ist es ein ungewöhnlicher Zug, daß die Trittsteine in den Kies eingebettet sind, in eine quasi offene Fläche, sehr unüblich für einen Teegarten. Zwei unterschiedliche Arten von Bambuszäunen grenzen den Garten ab. Aufgrund seiner beengten Lage zwischen Hojo und den Teehäusern kann man den Nordgarten auch als Tsubo-niwa ansprechen. Das Wort kennzeichnet einen kleinen, typischerweise in einem Hof gelegenen Garten, und ist abgeleitet von der alten Maßeinheit Tsubo, ca. 3,3 m2 oder zwei Tatami-Matten groß; ein Tsubo-niwa bezeichnet einen "kleinen Garten" oder "Innenhofgarten".
Hojo im Shoin-Stil, gähnend leer im strömenden Regen. Teehaus im Hintergrund.
Garten im Süden des Hojo, Dokuza-tei bzw. Dozuka-no-niwa
Trittsteine, von denen einer direkt in den Kies gesetzt wurde, markieren den Cha-niwa.
Kanmin-tei oder Kanmin-no-niwa
Juujika no ishi, Kreuzsteine
Abb. links: Im westlichen Teil des Nord-Gartens führen Trittsteine zu den dort befindlichen Teehäusern.
Die Kreuzsteine sind ein Hinweis auf den christlichen Glauben des Daimyo Otomo Sorin. Blick auf den Längsarm.
Wasserbecken und Steinlaterne im Zwischenraum zwischen Hojo und Teehaus.
Hojo
Zwischen Omote-mon und Kara-mon
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@35.0421238,135.7453537,20.66z - https://www.google.de/maps/@35.0421505,135.7453978,45m/data=!3m1!1e3
Subtempel Zuiho-in auf JPManual: http://jpmanual.com/en/zuihoin
Subtempel Zuiho-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report627.html
Bei Asano Noboru: http://kyoto.asanoxn.com/places/murasakino/zuihoin.htm
auf Japanese Gardening: http://www.japanesegardening.org/site/zuiho-in/
bei Damien Douxchamps: https://damien.douxchamps.net/photo/japan/kansai/kyoto/north/daitokuji/zuiho-in/
auf Sharing Kyoto: http://sharing-kyoto.com/see_Zuihoin
auf Japangärten: http://www.japangaerten.de/zuiho-in.php
auf Japanese Gardens: http://www.japanesegardens.jp/gardens/famous/000042.php
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Daitoku-ji, Kyoto, Teil (1): Haupttempel - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (2): Korin-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (4): Ryogen-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (5): Daisen-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (6): Obai-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (7): Koto-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (8): Soken-in - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (9): Shinju-an - Daitoku-ji, Kyoto, Teil (10): Juko-in und weitere Subtempel
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