Bernhard
Peter
Hindu-Feste
mit besonderem Rhythmus:
Kumbh Mela
Was
ist die Kumbh Mela?
Die Kumbh Mela ist ein
Pilgerfest mit besonderem Rhythmus. Vier Städte beteiligen sich
im Rotationssystem an der Ausrichtung derselben, 5 verschiedene
Arten gibt es, die Feste finden in einem 3-Jahres-, 6-Jahres-,
12-Jahres- bzw. 144-Jahres-Rhythms statt. Die eigentlichen Riten
sind eher unspektakulär. In der Durchführung besteht dieses
Fest hauptsächlich aus rituellen Bädern in heiligen Wassern,
besonders konzentriert an bestimmten als besonders
glückverheißend angesehenen Tagen. Danach wird den heiligen
Männern Respekt erwiesen, den Swamis (Asketen) und den Gurus
(Lehrern). Was die Kumbh Mela aber besonders macht, ist die
unglaubliche Anzahl an Pilgern. Kleinere Kumbh Melas ziehen 2-3
Mio Pilger an, richtig große wie die 2001 AD in Allahabad locker
75 Millionen! Vor allem sind die Kumbh Melas dadurch ein
Augenschmaus, da der Anteil an Sadhus (Asketen) und anderen
malerischen Gestalten sehr hoch ist:
Eine Kumbh Mela ist ein Treffpunkt von Swamis und Sadhus, Philosophen, Asketen und Bettlern und vor allem von Schaulustigen, die Darshan, die Begegnung mit den Heiligen suchen, sie sehen und berühren wollen.
Die Kumbh Mela ist ein uraltes Ritual. Die älteste Erwähnung geht zurück auf das 7. Jahrhundert AD. Seit mindestens 1300 Jahren steht sie im Dienst der religiösen Vereinigung Indiens.
Mythologischer
Hintergrund:
Die Legende, die dahinter
steht, ist folgende: Einst bekämpften sich Asuras (Dämonen) und
Devas (Götter). Dabei verlor Indra zeitweise seine Macht,
während der Dämon Bali sich erhob. Das geschah durch einen
Fluch, mit dem Durwas Rishi den Gott Indra belegte, weil er sich
darüber ärgerte, daß Indra ein Geschenk von ihm nicht annahm.
Und nicht nur Indra, sondern auch die anderen Götter verloren an
Macht. Auf Anraten Vishnus mußte sich Indra den Nektar Amrita
(Trank der Unsterblichkeit) besorgen, um wieder seine alte
Position einnehmen und seine Macht zurückerlangen zu können.
Die Götter waren aber zu schwach, um das alleine hinzukriegen.
Eigentlich sollten und wollten Götter und Dämonen zur Gewinnung
dieses Nektars zusammenarbeiten. Dämonen (Asuras) sind zwar die
Erzfeinde der Götter, aber gegen das Versprechen, eine Portion
Amrita abzubekommen, sagten sie ihre Hilfe zu. Gemeinsam quirlten
sie den Milchozean (Samudra Manthana), um den göttlichen Nektar
zu gewinnen. Aus dem Meer erhob sich Dhan Vantari, in den Händen
ein Gefäß (Kumbha) haltend, welches mit Nektar gefüllt war.
Die Asuras hielten sich jedoch nicht an die Vereinbarung und
wollten den Nektar für sich. Dämonen und Götter zankten sich
dann um den Besitz des Gefäßes, bis schließlich Garuda, das
Reittier Vishnus, mit dem göttlichen Trank davonflog. Dabei
fielen vier Tropfen des kostbaren Inhaltes auf eben jene vier
Städte, in denen das Fest gefeiert wird. 12 Tage lang zankten
sich Dämonen und Götter um den Besitz des Amrita. 12 Tage lang
weilten die Götter auf Mrutylok (Erde). 12 Tage der Götter
entsprechen 12 Menschenjahren, so kommt es zu dem 12er-Rhythmus.
Einer anderen Version zufolge entriß ein Vogel (Krähe) den
Dämonen den Trank und flog mit ihm davon, wobei er an den vier
Orten ausruhte. Er brauche 12 Tage, um vom Milchozean zum Himmel
zu gelangen.
Orte
der Kumbh Mela:
Viermal in 12 Jahren
stattfindend, also alle drei Jahre, rotierend in einer der vier
heiligen Städte, folglich alle 12 Jahre in der selben Stadt:
Von allen Orten gilt Allahabad als besonders ausgewählt und heilig.
Zur Bezeichnung der einzelnen Kumbh Melas:
Kumbh
Mela eine Uhr des Universums:
Der genaue Zeitpunkt der
jeweiligen Kumbh Mela richtet sich nach Stand von Sonne und
Jupiter bzw. ihrem Eintritt in bestimmte Rasis; die günstigen
Badetage zusätzlich nach dem Mond. In Zeiten ohne genaue Uhren
war der Himmel die Uhr man wußte aufgrund der
Konstellation von Planeten und anderen Himmelskörpern genau,
wann man in welchen Ort zur Pilgerreise aufbrechen mußte. Bei
den astrologischen Konstellationen beziehe ich mich auf die
Angaben von Dr. N. Rathnasree, Direktor der Nehru Planetariums in
Neu-Delhi.
Alle 144 Jahre ist die Konjunktion perfekt, das gibt Anlaß zu der größten Mela überhaupt.
Dadurch, daß der Jupiter eine wichtige Rolle bei der Festlegung der Daten spielt, kommt der 12-Jahres-Rhythmus zustande, denn seine Umlaufzeit um die Sonne (Jupiterjahr) beträgt 11.862 Jahre (siderische Umlaufzeit).
Daten für die Kumbh Mela:
Zur
Erklärung der Fachbegriffe:
Amrita: göttlicher Nektar,
Trank der Unsterblichkeit
Amrita Kumbh: mit Amrita gefülltes Gefäß
Ardha: Hälfte
Darshan: die Begegnung mit den Heiligen. Es bringt Segen, einen
heiligen Mann zu sehen oder zu berühren.
Guru: Jupiter
Kumbh, Kumbha: Gefäß
Magh: ein Monat im hinduistischen Mondkalender
Maha: Groß
Mela: Versammlung zum Fest
Purna: Vollständig, ganz
Rasi = Teil der Ekliptik. Die Bahn der Erde um die Sonne ist in
12 Rasis unterteilt, jeder Rasi deckt 30 Grad ab. Entspricht
einem Tierkreiszeichen. Der Name der Rasis lautet: Mesha(Aries),
Vrisha(Taurus), Mithuna (Gemini), Karkata (Cancer), Simha (Leo),
Kanya (Virgo), Tula (Libra), Vrischika (Scorpio), Dhanus
(Sagittarius), Makara (Capricorn), Kumbha (Aquarius), Mina
(Pisces). Ein Rasi deckt sich mit den Sonnenjahresmonaten und
überlappt mit den Mondjahresmonaten.
Rishi: Weiser aus vedischer Zeit
Samakranti, Sankranti, Samkranti = Erster Eintritt der Sonne in
ein Rasi. In einem Jahr gibt es also 12 Samkranti. Ein Samkranti
kann theoretisch zu jeder Tages- und Nachtzeit eintreten.
Samudra Manthana: Das Quirlen des Milchozeans
Sangam: Zusammenfluß
Siderisches Jahr: Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Durchgängen eines Himmelskörpers (Planeten, Sonne) in Bezug auf
die Fixsterne
Simhastha: abgeleitet von Simha Rasi, also ein am Zeitpunkt des
Eintritts von Himmelskörpern in das Simha Rasi (Leo)
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Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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