Bernhard Peter
Special: Kufi-Ornamente der Bibi-Khanum-Moschee in Samarqand
(2. Teil)

Diese Kalligraphie in geometrischem Kufi stammt ebenfalls aus dem Eingangsbereich der Bibi Khanum, aus der Verkleidung des Iwans. Der Text ist wieder so einprägsam wie simpel - sämtliche Quadrate werden vom Namen "Muhammad" ausgefüllt, die kleinen einmal (in verminderter Linienbreite), die großen Quadrate doppelt. Die breit-kreuzförmigen Strukturen dazwischen enthalten jeweils doppelt "Allah, ja karim, ja 'azim". "Al-karim" ist "der Großzügige" und einer der 99 schönsten Namen Gottes. "Al-'azim" bedeutet "großartig, stark, wichtig, gewaltig", es ist ebenfalls einer der 99 schönsten Namen. Die 99 Namen Gottes (Asma'u-llahi-l-husna) werden als Synonym für Gott verwendet, wobei man sich auf folgendes Hadith (Ausspruch des Propheten Muhammad) beruft: "Wahrlich, Allah hat neunundneunzig Namen, einen weniger als hundert. Wer sie aufzählt geht ins Paradies ein." (Sahih Bukhari). Von den 99 Namen Gottes stehen 84 wörtlich im Koran und werden insgesamt 1.286 Mal erwähnt. Der hundertste Name ist den Menschen nicht bekannt.

Diese Vignetten stamen beide von den Minaretten der Bibi Khanum Moschee. Gemeinsam überziehen diese Elemente, abwechselnd zu einem Netzwerk vereint, die Minarette. Die linke Vignette lautet "ja Rahim" - Oh Gnädiger, die rechte Vignette liest sich "ja karim" - Oh Großzügiger. Bei der rechten Vignette ist "gemogelt" worden, damit sie genau in den gleichen Rahmen paßt - bei den beiden "m" in der Mitte ist insgesamt eine Linienbreite eingespart worden.

Hier ein Beispielmuster, das die Art der Verknüpfung beider oben vorgestellter Vignetten zeigt. "ja Rahim, ja karim" - Oh Gnädiger, oh Großzügiger.

Dieses flächige kalligraphische Muster befindet sich auf der Rückseite der Bibi Khanum Moschee auf der Wand der Hauptkuppelraumes. Es ist ebenfalls ein einziges Dhikr (Gedenken) Gottes: Die kleinen Quadrate wechseln sich ab mit "Allah" und "Akbar", zusammen "Allahu akbar" - Gott ist am größten. Die taillierten Rhomben, abwechselnd liegend oder stehend, lauten identisch "subhana-llah wa lillahi-l-hamd" (auch lesbar als "subhana-llah wa-l-hamdu-lillah" ) - Erhaben ist Gott und Gott sei gelobt. Auch diese Kalligraphie vereinigt damit die drei klassischen Elemente des Gottesgedenkens und hat den gleichen Inhalt wie eingangs am Haupteingang erklärt. Ein ganz ähnliches Motiv ist an der Außenwand der Sher Dor Medrese eingelegt.

Diese Kalligraphie mit C4-Symmetrie enthält zwei alternierende Elemente, die jedes für sich aus viermal jeweils um 90 Grad gedrehten identischen Wörtern bestehen, das eine "Allah", das andere "ahad", also zusammen "Allahu ahad" - Gott ist einer (alleine, ein einziger), das konsequente islamische Bekenntnis zum Monotheismus.

Dieses Motiv ist auch am Haupt-Pishtaq der Bibi Khanum zu finden: Die großen, kreuzförmigen Strukturen enthalten viermal jedesmal um 90 Grad gedreht den Ausruf "ja karim" - oh Du Großzügiger. Die Quadrate enthalten zweimal "ja 'aziz"- "Oh Allmächtiger". Die ganz kleinen Quadrate sind im Original mit Arabesken gefüllt. Das Motiv findet sich auch auf der Außenwand der Shir Dor Medrese.

Ein Detail vom Haupt-Pishtaq der Bibi Khanum, entstanden allein aus dem Wort "Allah".

Kalligraphien der Bibi-Khanum-Moschee - 2. Teil - Photos (1) - (2)
Kalligraphie - Samarqand
Andere Essays über Usbekistan lesen - Literatur
Andere Länderessays lesen
Home

© Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2006
Impressum