Bernhard Peter
Kyoto, Nanzen-ji (1): Beschreibung, Sanmon und weitere Tore


Lage und Erreichbarkeit
Der Zen-Tempel Nanzen-ji liegt im Stadtbezirk Sakyo, östlich des Zoos, wo die Hauptstraße Niomon-Dori von ihrem West-Ost-Verlauf nach Südosten abknickt. Die Adresse lautet: Nanzen-ji Fukuchi-cho, Sakyo-ku, Kyoto-shi. Am besten erreicht man den Tempel mit der U-Bahn: Die Tozai Line verfügt mit der Station "Keage" über einen Bahnhof, der nur 300 m vom Sanmon entfernt ist. Alternativ kann man die Keihan Line bis zum Bahnhof "Sanjo" nehmen, von dort sind es 20 min. zu Fuß, oder man steigt in die Buslinie 5. Mehrere Linien des Kyoto City Bus halten an der Haltestelle "Nanzenji Eikando-michi", von dort sind es 10 min. zu Fuß. Ab Kyoto Eki (Bahnhof) kann man die Linie 5 benutzen. Die Linie Raku 100 verkehrt ab Bahnhof Kyoto zur Haltestelle "Higashitennocho". Der Tempel ist sehr sehenswert, einer der schönsten Zen-Tempel der Stadt, und er liegt auf der "Perlenkette" der Tempel, die sich am Fuße der Higashiyama-Berge entlangzieht, wird also in der Regel als Teil einer mehr oder weniger ausgedehnten Tempeltour besucht. Das heißt, jeder Besucher der Stadt und der "östlichen Tempelmeile" kommt über kurz oder lang hier vorbei - es ist ein sehr gut besuchter Tempel, an dem aber andererseits kein Weg vorbei führt, den man also unbedingt besuchen, aber in Stoßzeiten (Wochenende, Goldene Woche etc.) vermeiden sollte. Da der Tempel einer der bekanntesten Hotspots der Herbstlaubfärbung ist, empfiehlt es sich da besonders, Wochenenden etc. zu vermeiden und ganz besonders früh da zu sein - ab 8.00 Uhr wird es unter der Woche schon voll mit Schulklassen und Touristen. Da der Bereich zwischen Sanmon und Hatto-Halle frei zugänglich ist, kann man hier schon in aller Frühe die wundervolle Ahorn-Allee genießen, die auf bemoostem Grund wächst. Es gibt mehrere separate Bereiche, die man gegen Eintritt besichtigen kann, das Sanmon, den Hojo mit dem Hojo-Garten, den separat gelegenen Nanzen-in und andere Subtempel. Für Photofreunde: Außenansichten der Gebäude und Photos der Gärten sind zulässig; innerhalb der historischen Räume des Hojo ist jedoch jegliches Photographieren verboten. Der Tempel ist mit seiner Hauptachse von Westen nach Osten aufgebaut; die Ausdehnung in dieser Richtung beträgt ca. 350 m. An der Stelle seiner größten Breite, im Osten, mißt die Anlage (ohne Subtempel) ca. 170 m.

Abb.: Überblick über das Gesamtensemble des Nanzen-ji mit Subtempeln


Ein Unikum: Suirokaku
Vorab zu einem interessanten Bauwerk auf dem Tempelgelände, das nicht zu den eigentlichen Tempelbauten zählt: Der Meiji-zeitliche Suirokaku ist eine 4 m breite, bis 9 m hohe und 93 m lange Aquäduktbrücke am Südrand des Tempelbezirks. Aus Ziegelsteinen erbaut, spannt sie sich in mehreren mächtigen Bögen über die Senke. Die Pfeiler haben jeweils noch einen Bogendurchgang senkrecht zum großen Bogen. Die einzelnen großen Bögen sind mit Kämpfergesimsen vom Pfeiler abgesetzt. Ebenso wird die wasserführende Rinne oben, die mit einem Blendbogenfries verziert ist, durch ein steinernes Gesims vom Unterbau abgesetzt. Es handelt sich um den Kanal, der Wasser des Biwa-Sees in die Stadt bringt, erbaut in den Jahren 1881-1888. Der Konstrukteur war Tanabe Sakuro (1861-1944). Das Bauwerk auf dem Tempelgelände bringt einen völlig unpassenden und daher skurril anmutenden Hauch vom alten Rom in die Nähe der Zen-Architektur der restlichen Gebäude. Für die japanischen Besucher ist dieses Stück "europäischer" Architektur eine höchst beliebte, exotische Photo-Kulisse.


Geschichte und Bedeutung
Der Nanzen-ji wurde von Kaiser Kameyama (1249-1305) im Jahr 1291 (japanische Zählung: Shoo 4) gegründet, also in der Kamakura-Zeit. Mit formalem Namen heißt er Zuiryusan Nanzen-ji oder auch Taiheikokoku-Nanzen-Zenji. Ganz früher hieß er Zenrinzen-ji oder Zenrin-ji. Cave - der nahe heutige Tempel des Namens Zenrin-ji (Eikando) ist ein anderer und gehört zur Jodo-shu, ist also kein Zen-Tempel. Der heutige Name Nanzen-ji setzt sich zusammen aus Nan = Süden, Zen und ji = Tempel, bedeutet also etwa "südlicher Zentempel" oder "südlicher Tempel der Erleuchtung". Vor der Gründung befand sich in dieser Gegend die separat gelegene kaiserliche Villa Zenrin-ji-dono (Zenrin-ji-den), 1264 durch Kaiser Go-Saga (Vater von Kameyama, 1220-1272) auf dem Gelände des älteren Zenrin-ji (Eikan-do) als Rückzugsort erbaut. Kaiser Kameyama, seit 1274 im 26. Lebensjahr offiziell zurückgetreten, wandelte diesen Palast, genauer gesagt nur den unteren Teil, 1291 in einen Tempel um. Der Gründungsabt war der Zen-Meister Mukan Fumon Zenji (1212-1291, postumer Name: Daimyo Kokushi). Eigentlich war er vom Kaiser aus dem Tofuku-ji gerufen worden, um Geister zu vertreiben, die den unteren Palast heimsuchten. Allein durch Sitz-Meditation (Zazen) befreite er den Palast von den Heimsuchungen. Der Kaiser war beeindruckt, gab ihm das Gebäude des unteren Palastes (Shimo-no-miya) = Winterpalast (Fuyu-no-miya) als Kloster und setzte ihn als Abt ein. Den oberen Palast (Kami-no miya) = Sommerpalast (Natsu-no-miya) behielt der Kaiser, der fortan ein Schüler des Abtes wurde, zunächst als Wohnsitz, gab ihn aber später hinzu. Der Kaiser ernannte sich selbst zum Ho-o, zum großen Priester und nahm 1289 die Tonsur. Zwei Dinge sind daran hervorhebenswert: Zum einen, daß sich die Kaiser jener Zeit sehr gerne vom politischen Geschäft zurückzogen, entweder in ihre an den Berghängen gelegenen Villen oder in ein Kloster, oder das eine zum anderen machten. Dort konnten sie zwar weiterhin die Fäden in der Hand halten, gleichzeitig das eigentliche Regieren Anderen überlassen. Zum anderen ist bedeutungsvoll, daß hier der noch jungen Strömung des Zen eine Chance gegeben wurde, in einer Zeit, als die Mönche vom Berg Hiei bestimmend waren. Mehr noch, der ein Jahrhundert zuvor aus China eingeführte und zunächst unter den Samurai populäre Zen-Buddhismus hielt mit Kaiser Kameyama und seinen Zuwendungen quasi Einzug in die kaiserliche Familie. Das hatte Vorbildfunktion, und auch die Shogune holten sich Berater aus den Zen-Klöstern. Als mehr und mehr Zen-Klöster entstanden, wurde der Nanzen-ji der oberste von ihnen, und alle anderen unterstanden seiner Aufsicht.

Der erste Abt starb allerdings innerhalb eines Jahres. Der Tempel wurde durch Kian Soen (1269-1313) errichtet, einem Schüler des Zen-Meisters Mugaku Sogen (1226-1286), der als zweiter Abt berufen wurde. 1297 wurde die erste Buddha-Halle (Butsu-den) erbaut. Der damalige Tempel war etwa 1305 vollendet und lag an der Stelle des heutigen Nanzen-in, der namengebend für den später entstandenen größeren Komplex wurde. Der Nanzen-ji entwickelte sich zu einem der führenden Zen-Tempel der Hauptstadt, der zum Haupttempel einer eigenen Gruppe (Unterschule) innerhalb der Rinzai-Schule wurde. Der Nanzen-ji gehörte einst zu den Gozan, den fünf großen Zen-Tempeln Japans. Im Jahre 1334 wurde der Tempel von Kaiser Go-Daigo in den ersten Rang erhoben. Dieses System der Rangliste innerhalb der Tempel wurde zum ersten Mal im Jahre 1341 explizit formuliert, und der Nanzen-ji stand zusammen mit dem Kencho-ji in Kamakura in der höchst eingestuften Gruppe, d. h. im ersten von insgesamt fünf Rängen. Auch Shogun Ashikaga Yoshimitsu (1358-1408) wurde zum Förderer des Tempels. Nachdem der Shokoku-ji in Kyoto 1386 unter Ashikaga Yoshimitsu fertiggestellt worden war, rutschte dieser in den zweiten Rang, der Tenryu-ji stieg dafür in den ersten Rang auf, und für den Nanzen-ji schuf man einen Sonderrang, über allen anderen fünf Rängen stehend, der ihn zum ersten und obersten Zen-Tempel in ganz Japan machte, der eine Art Aufsichtsfunktion über alle anderen Zen-Tempel hat. Die gleiche Rolle spielt der Nanzen-ji in Bezug auf die Kyoto Gozan, die fünf großen Zen-Tempel Kyotos. Von diesem alten Tempel ist jedoch nichts mehr erhalten, weil er durch mehrere Brände (1393 durch die Tendai-Kampfmönche des Enryaku-ji, die dem Erstarken des Zen-Buddhismus nicht tatenlos zuschauen konnten, 1447 durch Feuer, 1467 im Onin-Krieg) zerstört wurde. Im Jahr 1597 wurde er unter Toyotomi Hideyoshi und Abt Ishin Suden Zenji (Honko Kokushi) wiederaufgebaut, insbesondere gab es eine neue Halle Butsu-den; während der frühen Edo-Zeit wurde er weiter ausgebaut. Zu besten Zeiten lebten hier über 1000 Mönche im Haupt- und in den Subtempeln. In der Meiji-Zeit wurde der Grund durch Konfiskation auf ca. ein Drittel der ursprünglichen Flächenausdehnung beschnitten, und die sich ausdehnende Großstadt entwickelte sich auf ehemaligem Tempelgelände weiter. Heute ist die Zahl der Novizen einstellig.


Aufbau und Beschreibung des Haupttempels (1): Tore
Ungewöhnlicherweise geht die Hauptachse von Westen nach Osten, was daran liegt, daß man sich an die Berghänge anlehnt: Die "Rückendeckung" durch die Berge war offensichtlich wichtiger als die sonst bei Tempelanlagen nach Möglichkeit praktizierte Nord-Süd-Ausrichtung. Wenn man sich dem Tempel von Westen nähert, stößt man als erstes auf zwei Tore nebeneinander. Das südliche Tor ist dasjenige, welches der Tourist durchschreitet; es handelt sich um das schlichte, einstöckige Chu-mon. Es wurde 1601 erbaut; der Spender war Matsui Yasuyuki (1550-1612), ein militärischer Führer der Sengoku-Zeit. Das nördliche Tor, auf der Westseite der Straße Shishigatani Dori, ist das Chokushi-mon. Bei diesem handelt es sich um das Tor für die kaiserlichen Gesandten. Kaiserin Meisho (1624-1696) ließ dieses Tor in der gegenwärtigen Form im Jahre 1641 erbauen. Es stand früher als Nikka-Tor im Bereich des kaiserlichen Palastes. Zum Tor hin ist die angrenzende Mauer beiderseits ein bißchen erhöht und leitet mit den in diesem Bereich etwas aufwendiger gestalteten Mauerdächern geschickt zum Dach des Tores über. Das Tor ist besonders schon und aufwendig gestaltet und als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Im Westen vorgelagert liegt ein rechteckiger Teich, der in der Mitte von einer Brücke zwischen zwei in den See hineingebauten Plattformen überspannt wird, über die der gerade Zugangsweg auf der Hauptachse erfolgt. Heute mündet diese Brücke unspektakulär auf einem Parkplatz.

Folgt man der Hauptachse nach Osten, gelangt man 80 m hinter dem Chokushi-mon zum 1628 von Todo Takatora (ein Daimyo, der in der Schlacht von Sekigahara an der Seite von Tokugawa Ieyasu gekämpft hatte) aus Holz erbauten San-mon, das einen 1369 und erneut 1447 zerstörten Vorgängerbau aus dem 13. Jh. ersetzte. Ein anderer Name ist Tenka-no-Ryu-mon (Drachen-Tor). Seine Gesamtbreite mit den angrenzenden Seitenbauten und Treppenaufgängen beträgt fast 50 m. Die Höhe beträgt 22 m. Es sollte ein Erinnerungsbau an die Toten der Belagerung von Osaka 1615 sein, mit der Tokugawa Ieyasu endgültig das Ende des Toyotomi-Clans besiegelte und die Macht seiner eigenen Familie festigte. Auch dieses zweistöckige Tor ist als wichtiges Kulturgut eingestuft. Es kann gegen Eintrittsgebühr bestiegen werden und ist eines der großartigsten und größten Tempeltore der Stadt und eines der drei größten Tore in ganz Japan (die beiden anderen sind im Chion-in in Kyoto und am Kuon-ji in Minobu (Präfektur Yamanashi) zu finden. Von der Konstruktion her ist es ein Niju-mon, ein zweistöckiges oder doppeltes Tor, das sich von einem Romon durch ein echtes zweites Stockwerk und ein "unteres" Dach unterscheidet. Die tragenden Pfosten stehen in drei Reihen; die jeweils doppelten Torflügel sind an der mittleren Reihe angebracht, so daß beiderseits der eigentlich trennenden Ebene große, halboffene Räume entstehen. Diese Torbreite wird durch insgesamt fünf Interkolumnien mit drei Durchgängen erreicht. Der Name San-mon ist eine Kurzform, die vom buddhistischen Konzept des "San-gedatsu-mon" abgeleitet ist, die "drei Tore der Erleuchtung". Um Erleuchtung zu erlangen, muß man nämlich drei spirituelle Tore passieren, das Kugedatsumon (Kuu-gedatsu-mon) oder kurz Ku-mon (Kuu-mon), das Muso-gedatsu-mon (Musou-gedatsu-mon) oder kurz Muso-mon (Musou-mon) und schließlich das Mugan-gedatsu-mon oder kurz Musamon. An den Hölzern der Durchgangshalle kleben einige alte Pilgerzettelchen (Senjafuda). Im Obergeschoß befindet sich das Hauptkultbild, eine Figur des Shaka Nyorai, des historischen Buddha Shakyamuni, flankiert von 16 Rakan (Arhat). Unter den im Raum aufbewahrten Statuen befinden sich auch Darstellungen des Shoguns Tokugawa Ieyasu und seines Generals Todo Takatora. Vom Tor aus hat man einen guten Blick über die Stadt Kyoto. Im Kultraum befindet sich an der Decke ein Phönix-Gemälde von Kano Tanyu (1602-1674) und Tosa Tokuetsu; deshalb heißt der Raum im Obergeschoß auch Gohoro, fünf Vögel Hoo (= Phönixe).

Hier an diesem Tor wurde 1594 ein bekannter Dieb, Ishikawa Goemon, gefaßt und zum Tode verurteilt, was durch Kochen in einem eisernen Kessel vollstreckt wurde. Er sollte zusammen mit seinem kleinen Sohn am Ufer des Flusses Kamo gekocht werden. Selbst im kochenden Wasser steckend, hielt er bis zur letztmöglichen Minute seinen Sohn mit den Händen nach oben. Darüber, was letztendlich aus dem Sohn wurde, ob er gerettet wurde oder genauso elendiglich zugrunde ging, darüber gibt es verschiedene Varianten der Überlieferung. Sein Schicksal hat einen Widerhall gefunden in der Bezeichnung für durch offenes Feuer erhitztes Badewasser - die Vorrichtung dazu nannte man Goemon-buro. Der Dieb war legendär, weil er eine japanische Variante des Robin Hood war. Er ist Held mehrerer Stücke des Kabuki-Theaters.


Ein Dutzend Subtempel
Der Weg entlang der Hauptachse wird auf über 50 m Breite von Gartenanlagen flankiert. Außerhalb dieser verlaufen im Norden und im Süden breitere Wege, die an den Mauern und Toren der dort angrenzenden Subtempel entlang führen.

Der erste im Süden ist der Konchi-in, noch diesseits des Chumon im Südwesten des Tempelkomplexes. Es handelt sich um einen einst selbständigen Tempel, der im frühen 15. Jh. von Shogun Ashikaga Yoshimochi an anderem Ort im nördlichen Kyoto gegründet wurde. Der Gründungsabt war Daigo Tokuki Zenshi, der 68. Abt des Tempels Nanzen-ji. Im Onin-Krieg wurde der Tempel zerstört. 1605 wurde der Tempel verlegt und kam unter die Oberhoheit des Nanzen-ji. Der Wiederaufbau erfolgte durch Ishin Suden (1569-1633), den 3. Oberpriester des Konchi-in. Der Zugang zum Konchi-in erfolgt von Osten. Dort befinden sich zwei Tore, nördlicher das Daimon, welches der Besucher benutzt, und südlich das Romon, ein turmartiges Tor, das aber normalerweise geschlossen ist. Vom Besuchereingang kommt man geradeaus zum Kuri. Nach einer 90°-Wendung nach links kommt man zu einem sehr schönen zweiten Tor im eleganten Momoyama-Stil mit geschwungenem Dach. Dieses wird Akechi-mon genannt. Dahinter befindet sich eine sehr große und weitläufige Anlage mit großem Garten. Der Garten wurde zwischen 1611 und 1632 angelegt. Er macht sich das Prinzip der "geborgten Landschaft" (Shakkei) mit der Kulisse der im Süden und Osten liegenden Hügel zunutze. Im Konchi-in befindet sich ein Toshogu-Schrein. Das im Stil Gongen-zukuri errichtete Bauwerk ist von einer rechteckigen Mauer umgeben, die im Osten ein Tor (Onarimon) mit Karahafu und mit Schnitzereien und Tokugawa-Wappen besitzt. Dahinter kommt man zum eigentlichen Schrein. Er besteht aus zwei aneinandergebauten Teilen, dem Haiden vorne und dem Honden hinten. Ishin Suden ließ dieses Bauwerk zum Gedächtnis an Tokugawa Ieyasu im Jahr 1628 errichten. Der Kult um den Dynastiegründer wurde von dessen Enkel aktiv gefördert, um Autorität und Legitimitätsanspruch der Dynastie zu stärken. Man verläßt das Gelände durch ein kleines Tor (Mon) auf der Nordseite und schreitet den Hang hinunter. Nach dem Shinto-Bauwerk kommt man nun zu einem buddhistischen Gebäude (Kaizando) mit einer Figur des Gründers Ishin Suden in der Mitte, zwei Figuren seitlich hinter Gittern verborgen, noch einmal zwei Figuren in Nischen an der Stirnwand und je 8 weiteren Figuren heiliger Männer zu beiden Längsseiten. Dahinter liegt ein Friedhofsbereich.

Danach gelangt man zur Haupthalle (Hojo, Abtsquartier, wichtiges Kulturgut). Der Kranich-und-Schildkröte-Garten wird Kobori Enshu (1579-1647) zugeschrieben. Die sechsräumige Haupthalle und ein nicht mehr hier vorhandenes Karamon stammen von der auseinandergenommenen Burg Fushimi. Die Gebäude wurden 1627 hierhin versetzt. Besagtes Tor wurde in der Meiji-Zeit in den Hokoku-Schrein versetzt, Teil der Politik der Meiji-Herrschaft, die buddhistischen Tempel zu schwächen, und sei es durch Raub nicht nur ihres Grundbesitzes, sondern auch ihrer Kunstwerke, und die Shinto-Schreine zu stärken. So ändern sich die Präferenzen: Die Burg Fushimi wurde von Toyotomi Hideyoshi erbaut, um Kyotos Südostflanke zu schützen. Die Burg spielte eine wichtige Rolle bei der Machtergreifung durch Tokugawa Ieyasu. Und selbiger ließ sie abtragen, zum einen, weil er den Einwohnern keine Chance geben wollte, sich der Befestigung gegen ihn selber zu bedienen, zum anderen, weil die Erinnerung an Toyotomi Hideyoshi klein gehalten werden sollte. In der Meiji-Zeit war es umgekehrt: Toyotomi Hideyoshi wurde wieder aus der Geschichte als Held und zweiter der drei Reichseiniger hervorgeholt, und ihm wurde ein prächtiger Schrein erbaut, und man war glücklich, dafür ein Originalstück der von ihm einst errichteten Burg zu "bekommen". Zugleich war es ein politisches Instrument, den bis dahin mit höchster Achtung behandelten Tempelkomplex des Nanzen-ji im Prestige zu schmälern.

Innen sind hervorragende Gemälde der Momoyama-Zeit und der frühen Edo-Zeit zusehen (separater Eintritt wird erhoben). Die Bilder auf den Wänden stammen von Kano Tanyu und Kano Naonobu. Dahinter führt der Weg weiter zum Teehaus. Das 3 Daime (3/4 große Tatami-Matten) messende und 1627 erbaute Teehaus (Chashitsu) Hasso-no-seki mit seinen acht Fenstern (wichtiges Kulturgut) wird Kobori Enshu (1579-1647) zugeschrieben. Es gilt als das beste Teehaus der "drei größten Teehäuser von Kyoto". Im angrenzenden "Kleinen Shoin" befindet sich eines der berühmtesten Bilder, es stammt von Hasegawa Tohaku und zeigt einen Affen, der nach einem Spiegelbild des Mondes in einem Teich greift - eine Zen-Parabel für das Anhängen an Illusionen (wichtiges Kulturgut). Auch die Darstellung der "Alten Kiefer" stammt vom gleichen Künstler. Noch weiter nördlich ist ein Pavillon auf sechseckigem Grundriß angebaut (Rokkaku do).

Im Westen des Konchi-in befindet sich der Tairyu Sanso. Das ist kein Subtempel, sondern eine Meiji-zeitliche Villa, die 1896-1899 auf dem Gelände eines ehemaligen Subtempels errichtet worden ist. Der Bereich ist nicht für Publikumsverkehr geöffnet. Bauherr war der Architekt und Unternehmer Kanetsune Ijuin. Er war begeisterter Gärtner und ließ die Anlage entsprechend aufwendig gärtnerisch gestalten. Später wurde die weitläufige Villa an den Kimono-Großhändler Yaichiro Ichida verkauft und 1901-1905 renoviert. Die Gebäude wurden von einem der besten Zimmermänner seiner Zeit angefertigt, Toukichi Shimada (Shimato). Der Garten wurde von Jihei Ogawa (Ueji) neu angelegt, mit See, Bachlauf, Wasserfall, Teehaus und Wassermühle und ist ein Meisterwerk moderner japanischer Gartenkunst. Ein Raum namens "Tairyu-dai", der zum See hin vorspringt, bietet den besten Ausblick auf Park und landschaftlichen Hintergrund. Seit 1988 genießt die Anlage den Status einer "National Scenic Site".

Im Süden des Chumon folgen direkt nebeneinander der Nanyo-in und der Shinjo-in. Im Süden des Sanmon ist der 1336 von Abt Kokan Shiren unter der Schirmherrschaft von Kaiser Kogon gegründete Tenju-an zu finden. Er kann im Frühjahr und im Herbst besichtigt werden; in neuerer Zeit Öffnung unsicher. Der Name bedeutet soviel wie "Einsiedelei des himmlichen Geschenks". Der Tempel wurde zur Erinnerung an Mukan Fumon erbaut. Ein Feuer vernichtete 1447 den ursprünglichen Bau. Im Onin-Krieg wurde er erneut zerstört, aber 1602 durch den Daimyo Hosokawa Yusai wiederaufgebaut. Aus dieser Zeit stammen noch der Hondo (Haupthalle, mit Zedernrinde gedeckt), der Shoin (Lesehalle) und das Tor. Der Tempel besitzt zwei Gärten, einen Felsengarten (Trockengarten vor dem Hojo) und einen Teichgarten (Südgarten vor dem Shoin), beide mit sehr schöner Atmosphäre. Der bereits im 14. Jh. angelegte Teichgarten wurde 1605 von Kozan Kyose erneuert und im späten 19. Jh. noch einmal modifiziert, wobei die Insel mit der sie mit dem Ufer verbindenden Brücke entstand. Im späten November wird abends das Herbstlaub künstlich und etwas kitschig illuminiert. Der östliche Garten besitzt einen aus diagonal in einem Moosbett zwischen Randsteinen verlegten Platten gebildeten, im rechten Winkel abknickenden Weg, der zu einem Tor führt. Das Tor und der in sauber geharktem Kiesbett verlaufende Weg mit reichlich Abstand zu den nächsten Büschen und Bäumen sind für kaiserliche Gesandte reserviert, dienen also nur zum Anschauen und der Pflege der Hoffnung auf hohen Besuch. Im Hondo steht eine Figur von Fumon; mehrere Memorialtafeln erinnern an Mitglieder der Familie Hosokawa. Mehrere Landschaften sind auf die Fusuma gemalt (schwarz-weiß). Die Gemälde stammen aus dem frühen 17. Jh. und wurden von Hasegawa Tohaku ausgeführt. Unter den Motiven sind Kiefern, Kraniche und Zen-Lehr-Szenen. Auf dem Gelände des Subtempels liegt ein kleiner Friedhof mit dem Grab von Hosokawa Yusai. Nach Osten folgt der Shoin-an, der letzte Subtempel vor dem Aquädukt.

Jenseits des Aquädukts im Süden liegt der Nanzen-in mit einem bereits im 14. Jh. angelegten Garten rund um den verwunschenen Teich Sogen-ike (Sogenchi-Teich), der von einem Wasserfall gespeist wird und einige künstliche Inseln besitzt. Geschickt ist der Tempelgarten in eine Nische des Berghanges eingebettet. Auf dem Hügel, von dem der Wasserfall kommt, steht der Glockenturm des Subtempels. Der Garten wird geprägt von dem großen See und den vielfältigen Ausblicken beim Umschreiten, ein Weg führt um den ganzen See herum. Der untere Teil des Sees zeichnet die Form des chinesischen Schriftzeichens "Herz" (Kokoro) nach. Der obere Teil des Sees ist wie ein Drache geformt und enthält eine Insel Horai. Die ursprüngliche Gestaltung wird Muso Soseki (1275-1351) zugeschrieben, andererseits wurde seitdem so viel geändert, daß wohl nichts mehr von seinen Gestaltungen wirklich noch vorhanden ist. Besonders malerisch sind bei diesem Subtempel die moosbewachsenen Dächer der Gebäude und die wunderbare Ei8nheit von Architektur und Natur. Die Irimoya-Dächer einiger Gebäude sind mit Zypressenrinde gedeckt (Hinoki-zukuri), wofür lauter kleine Rinden-Stückchen nebeneinander plaziert werden, in mehreren Lagen übereinander, mit Holznägeln an Ort und Stelle gehalten (die Technik heißt Kokera-buki). Der Nanzen-in ist der älteste der Subtempel des Nanzen-ji. Die ursprüngliche kaiserliche Villa des 13. Jh. hatte sich etwa hier befunden. Kameyama war ein Anhänger des Zen-Buddhismus und verwandelte die 1264 erbaute Villa 1291 in einen Tempel um. Deshalb existiert hier auch ein ringsum von einer Mauer umgebene Mausoleum für Kaiser Kameyama; es wird ein bißchen Asche von ihm hier aufbewahrt, und eine Statue auf dem Altar stellt ihn in priesterlicher Gewandung dar (wichtiges Kulturgut). Im Jahre 1393 gingen die Originalgebäude verloren, der Ersatz (ebenfalls eine kaiserliche Stiftung) wurde erneut im Onin-Krieg vernichtet. Der Nanzen-in wurde 1703 von "Keisho-in", der Mutter des fünften Shoguns Tokugawa Tsunayoshi wiederaufgebaut. Die Fusuma innen im Tempel sind mit schwarz-weißen Gemälden von Kano Yohboku und seinem Sohn Nyokawa Zuisen bemalt. Zur Zeit der Herbstlaubfärbung ist dieser Subtempel einer der schönsten Orte. Der Garten vereint Komponenten von überall her, z. B. Kirschbäume aus Yoshino, Ahorne aus Tatsuta, Rohr aus Namba und Frösche aus Ide.

Östlich vom Nanzen-in liegt noch ein weiterer Subtempel neben der Austrittsstelle des Kanals aus dem Berg, der Saisho-in. Man geht den alleröstlichsten Weg kurz vor den Bauten des Haupttempels den Hang hoch und gelangt nach einem herrlich schattigen Weg aus dem Wald heraus zum Eingangstor. Das Gelände ist frei zugänglich, es kostet keinen Eintritt, allerdings kommt man auch nicht in die Gebäude hinein. Ein Blick in die offene Haupthalle ist Belohnung for den Anstieg. Der Subtempel ist quasi touristenfrei und kommt einem fast wie im Dornröschenschlaf liegend vor.

Am nördlichen Weg liegt ein weiterer größerer Komplex auf der Höhe zwischen Sanmon und Hatto, ein Lehrkloster. Im Norden etwas weiter abgesetzt jenseits der Shishigatani Dori liegen der Jishi-in und im Osten folgend der Chosho-in (wird auch Marishi-ten genannt nach einer Statue der gleichnamigen Himmelskönigin, mit vegetarischer Küche im Okutan-Restaurant), ehe die Straße zum Shoteki-in und dem Nomura Art Museum weiterführt. Die Anzahl der Subtempel schwankte im Lauf der Geschichte zwischen 9 und 62. Den größten Einschnitt gab es während der Meiji-Zeit, als man seitens der Regierung die buddhistischen Tempel beschnitt, wo man nur konnte; damals sank die Zahl der Subtempel von 25 auf 12. Einige der Untertempel (Konchi-in, Nanzen-in, Tenju-an, Saisho-in) kann man - und sollte man unbedingt - besichtigen; es wird aber jeweils separat Eintritt erhoben. Der größte Vorteil der Subtempel ist, daß sie auch in der Hochsaison von den Touristen gerne übersehen werden, es ist dort viel ruhiger als im Haupttempel, dabei ist die Qualität des zu Sehenden herausragend. Andere Subtempel sind für den Publikumsverkehr geschlossen, weil es aktive Zen-Tempel sind.


Aufbau und Beschreibung des Haupttempels (2): Hatto und Hojo
Entlang der Hauptachse gelangt man 90 m hinter dem San-mon zum freistehenden Hatto, der Lesungs-Halle oder Dharma-Halle. Sie wird auch Kongo-oho-den genannt, so steht es auch auf dem Sumigaki (in schwarzer Tinte geschriebene Worte) der Goshuin (Pilgerstempel) des Tempels. Sie ist nicht zur Gänze freistehend, weil sie auf der östlichen Rückseite mit einem gedeckten, zweimal gewinkelten Korridor an den inneren Bereich angebunden ist. Die gedeckte Galerie ruht auf einem steinernen Sockel mit Durchgangsöffnung. Sie hat an beiden Enden eine Treppe, am Hatto hinab ab Veranda-Niveau, am anderen Ende hinauf auf die nächsthöhere Ebene. Im Gegensatz zu allen anderen Gebäuden sind hier am Hatto die verputzten Flächen zwischen den Holzbalken ockergelb gestrichen. Das Gebäude wurde in der gegenwärtigen Form 1909 errichtet, nachdem ein von Toyotomi Hideyori gestifteter und 1606 erbauter Bau 1893/1895 einem Brand zum Opfer gefallen war. Das Kultbild im Hatto ist ein Buddha Shakyamuni, flankiert von Monju und Fugen. Im Jahr 1909 malte Imao Keinen auf die Decke einen riesigen Drachen.

Im Norden befindet sich zwischen San-mon und Hatto ein Komplex, der auf den ersten Blick wie ein Subtempel aussieht. Dabei handelt es sich um den Nanzen-ji Senmon Dojo (Doujou), ein Ausbildungstempel für die Mönche. Während die Touristen ein mönchisches Leben, Lehren und Lernen in den musealen Räumen quasi unmöglich machen, haben die Mönche und Novizen des nach wie vor aktiven Tempels hier ihren Lebensbereich. Der Nanzen-ji besitzt heute also 12 Subtempel, 1 Lehrtempel und weltweit 427 Zweigtempel.

Der innere Bereich bildet ein komplexes und schwer zu durchschauendes System aus Hallen, Trennmauern, Korridoren und einzelnen kleinen Gärten. Der Tempel ist im Stil Shinden-zukuri erbaut worden. Die südlichste Struktur ist der Honbo (gesprochen: Hombo, entspricht einem Kuri). Der Besucher betritt den Bereich über den Honbo direkt am Ende des Weges südlich der Hauptachse. Typisch für die Zen-Architektur ist die offene Konstruktion mit Sicht auf die Dachbalken (Fukinuke-zukuri). Im Kuri befindet sich ein sehr angenehmer Teeraum mit Blick auf einen kleinen Wasserfall. Eine Tasse Tee schlägt zwar mit 500 Yen zu Buche, dafür kann man hier unbeschränkte Zeit die Atmosphäre genießen. Nördlich angrenzend liegt am Ende eines aus groß zugehauenen Platten gepflasterten Weges, der beiderseits von Kiefern flankiert ist, zurückgesetzt der Genkan (O-Genkan) mit geschwungenem Vordach. Weiter nördlich, schon jenseits der ersten Mauer und angrenzend an den ersten Garten, befindet sich der Shoin, die Studierhalle.

Der mittlere Teil enthält den 1611 in der heutigen Form erbauten Hojo, das Wohnquartier des Abtes. Der Hojo (Houjou) wird auch Seiryo-den genannt. Das komplette, als Nationalschatz klassifizierte Gebäude ist mit Zedernrinde gedeckt. Es besteht aus zwei Teilstrukturen, dem großen und dem kleinen Abtsquartier, Dai-Hojo (südlicher Teil) und Sho-Hojo (nördlicher Teil). Der Dai-Hojo ist quasi ein "abgelegtes" Palastgebäude des Kaisers Go-Yozei (1571-1617) und eine Spende von Tokugawa Ieyasu an den Tempel. Im Grunde war es eine kleine Empfindlichkeit des Shoguns: Dieses Gebäude wurde einst unter Toyotomi Hideyoshi in den 1590er Jahren für den Kaiser gebaut. Doch Tokugawa Ieyasu war bemüht, positive Erinnerungen an diesen und seinen Clan und seine Hinterlassenschaften zu "ersetzen", und so spendierte er dem Kaiser ein neues Gebäude und gab das alte an den Tempel. Man hört ihn fast zum Kaiser Go-Yozei sagen: "Gib her, bekommst auch ein vieeel schöneres...". Deshalb heißt die Halle mit ihren acht Räumen auch in Erinnerung an ihre alte Funktion Seiryo-den. Die andere Partie des Hojo, der Sho-Hojo, stammt aus der abgetragenen Burg Fushimi und entstand damit ebenfalls an der Schwelle zur Edo-Zeit. Wenn man alle Teile, Bretter, Tore und Hallen zusammenrechnet, die aus der Burg Fushimi stammen und auf verschiedene Tempel verteilt wurden, und dann noch in Betracht zieht, daß die besagte Burg gewaltsam mit Feuer und Schwert erobert wurde, muß der einstige Reichtum an Bauwerken unermeßlich, um nicht zu sagen unglaublich unermeßlich gewesen sein (es wäre mal interessant, alles zusammenzutragen und zu schauen, ob das überhaupt realistisch ist, oder ob die Herkunft "aus der Burg Fushimi" nicht doch manchmal eine gern genutzte Bedeutungsaufwertung war). Die Innenräume besitzen sehr sehenswerte Malereien auf Goldgrund auf den Wänden und Schiebetüren, darunter zwei Tiger von Kano Tanyu (1602-1674), die das Tiger-Thema des Hojo-Gartens (s. u.) aufgreifen. Der Tiger wird als Motiv gerne mit Wasser oder Bambus kombiniert, was ein Spannungsfeld aus Stärke und Nachgiebigkeit, aus Yin und Yang aufbaut. Insgesamt gibt es 124 Gemälde der Kano-Schule auf den Fusuma und Wänden; sie sind als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Die Werke stammen außer von Kano Tanyu von Kano Motonobu (1476-1559) und Kano Eitoku (1543-1590). Reproduktionen der Originale erzeugen eine Leuchtkraft wie zu Zeiten der Entstehung.

Was die Bedeutung der Gebäude betrifft, so haben wir mit dem Chokushi-mon und dem San-mon zwei als wichtiges Kulturgut klassifizierte Bauwerke und mit dem Hojo (Dai-Hojo, Gebäude und Zimmerausstattung) ein als Nationalschatz eingestuftes Objekt.

Ganz im Norden der inneren Anlage steht der Ryoen-kaku, wo man am jeweils zweiten und vierten Sonntag eines Monats an einer kostenfreien Zazen-Meditation teilnehmen kann (April bis Oktober: 6-7 Uhr morgens, November bis März: 6,30-7,30 morgens).


Neun Gärten des inneren Bereiches:
An der Südseite des Hojo liegt ein ummauerter Garten, dessen größter (70%) Bereich eine säuberlich mit Mustern geharkte Kiesfläche ist, mit einer Komposition aus einzelnen Ahornen und Kiefern, geschnittenen Azaleen-Büschen, Felsen und Moosgrund an der Südostecke zur Begrenzungsmauer hin (Typ: Karesansui-Garten). Die weiß gestrichene Mauer im Hintergrund ist vom Typ Tsuiji, d. h. sie besteht aus einem mit einem Ziegeldach abgedeckten Erdwall. Im Hintergrund schweift der Blick auf den Berg Dainichi-san. Der Hojo Teien (Nr. 1), der Garten des Abtsquartiers, ist ein Bereich besonderer landschaftlicher Schönheit und seit 1951 als solcher klassifiziert. Der Garten, der "Toranoko-watashi-no-niwa" genannt wird, wurde während der Kanei-Ära (1624-1644) angelegt. Für die Gärten des Hojo wird eine Urheberschaft durch Kobori Masakazu (1579-1647), der bekannter ist unter dem Namen Kobori Enshu, reklamiert. Ob das tatsächlich der Fall, ist, ist nicht erwiesen, denn der berühmte Name wird ubiquitär mit Gärten in Kyoto in Verbindung gebracht. Eine Besonderheit ist die Konstruktion der Veranda zum Garten hin: Sie ist so gebaut, daß keinerlei tragende Säulen den Ausblick auf den Garten stören; das Dach trägt über die ganze Südseite frei. An der Südwestecke des Hojo führt ein Korridor zum Hatto.

Zwischen den ganzen Gebäuden befinden sich mehrere kleine Gärten von ausgesuchter Schönheit. Insgesamt zählt man - mit dem zuvor erwähnten Hojo-Garten - neun Gärten. So liegt im nordöstlichen Winkel zwischen den beiden Flügeln des Hojo und zwei gedeckten Korridoren der Narutaki-Garten (Narutaki-tei, Nr. 2). Er wirkt quasi wie ein Innenhof und enthält als charakteristisches Element einen Stein in Form eines gigantischen Tusche-Anreibe-Steins.

Der Bereich östlich der "mittleren" Korridore, mit Kiesflächen und Steinsetzungen in Moos, von einem Zaun charakteristischer Konstruktion eingefaßt, wird als Kegon-tei oder Kegon-Garten (Nr. 3) bezeichnet. Direkt neben diesem liegt ein Teeraum. Folgt man den Korridoren bis in den nördlichsten Teil des Tempels, liegt rechterhand im Osten des Ryoen-kaku der Ryugin-Garten (Nr. 4, Ryugin-tei), in dessen Tiefen ein weiteres Teehaus liegt. Die beiden Gebäude heißen Fushikian (das weiter weg im Norden liegende Teehaus) und Kishuntei (das neben den Korridoren). Die Anlage beider Gärten erfolgte 1984 durch Ueyakato Landscape Co., Ltd. Im Ryugin-tei fällt der riesige Stein Kurama-ishi auf, der sich früher westlich des Sanmon befand und hierher versetzt wurde. Um den kleinen Teich Kanryu-ike herum sind die Steine Totsukawa-ishi angeordnet.

Nordwestlich des Hojo befindet sich ein kleiner, L-förmiger Garten, der als Horai-Shinsen-tei (Nr. 5) bezeichnet wird, der künstlerisch einer der besten ist. Östlich von diesem, also im Norden des Hojo, aber noch westlich der Korridore, liegt der Rokudo-tei (Nr. 6, Rokudo bedeutet "sechs Wege" und bezeichnet die Übergänge zwischen den sechs Existenzebenen der Wiedergeburt, Rokudo Rinne). Dieser Garten wurde 1967 von der Firma Ueyakato Landscape angelegt. Hier gibt es außen entlang der Korridore eine Fläche aus weißem Kies und innen Felsen zwischen Moosflächen. Ursprünglich war der Garten auf den freien Seiten jeweils von einem Bambuszaun begrenzt, dem Nanzen-ji gaki und dem Ohtsu-gaki (Teppo-gaki). Der Nanzen-ji gaki wurde später in den Kegon-tei versetzt.

Westlich des Hojo und nördlich des Ganges zum Hatto liegt der Nyoshin-tei (Nr. 7), dessen von der Engawa aus zu betrachtenden Steine in Form des chinesischen Kanji für "Herz" (Kokoro) gesetzt sind (Nyoshin-tei bedeutet "Garten des Herzens"). Der Garten soll das befreite Herz symbolisieren. Er besteht nur aus geharkten Kiesflächen und Felsen und besitzt keinerlei Bewuchs außer einer im Norden abgesetzt gepflanzten Kiefer. Der Garten im Karesansui-Stil wurde 1966 unter Abt Zenkei Shibayama von der Firma Ueyakato Landscape angelegt. Garten Nr. 8 ist der Gengen-tei, der südlichste Bereich auf der Hangseite, an der Stirnseite des Shoin. Der letzte Garten liegt außerhalb vor dem O-Genkan (Nr. 9) und umfaßt die Beete rechts und links des Zuweges, rechterhand begrenzt vom Honbo, linkerhand von der Südmauer des Hojo-Gartens. Dieser Gartenbereich wurde 1967 von der Firma Ueyakato Landscape unter Jiro Kato angelegt. Der Zuweg selbst ist mit mosaikartig verlegten, abgeschliffenen, flachen Steinplatten rechteckigen Zuschnitts ausgelegt; diese stammen von dem aufgegebenen Gleisbett der Kyoto City Tram Fushimi Line und wurden bevorzugt an Schreine und Tempel per Los verkauft. Auch in einigen Subtempeln wurden diese Steine verlegt. Das Mosaik aus abwechselnd längs und quer verlegten Rechteckplatten mit breiten Moosritzen dazwischen wird Ishi-Tatami genannt: Ishi = Stein, Tatami = Reisstrohmatten zum Auslegen von Räumen, und die Granit-Platten gleichmäßigen Zuschnitts sind wie Tatami-Matten verlegt.

Ein kleines Juwel abseits von ausgetretenen Pfaden liegt in den Hügeln hinter dem Tempel, ca. 200m den Hang hinauf. Dort befindet sich der Oku-no-in, eine kleine Grotte mit Wasserfall. Man erreicht die Stelle, indem man unter der Aquäduktbrücke hindurchgeht, scharf nach links abbiegt und dem kleinen Bach folgt, dann kommt man kurz darauf zu den ersten Stufen des Weges. Über dem Wasserfall befinden sich einige buddhistische Kultbilder in einer kleinen Grotte hinter einem großen Felsen. Nichts Spektakuläres, aber ein schöner Ort, und die anderen Touristen sind ganz weit weg.


Chu-mon


Chokushi-mon

 

Chokushi-mon von Südwesten

Chokushi-mon von Südosten


Sanmon

Sanmon von Südosten

Erdgeschoßhalle des Sanmon, Westseite

Sanmon von Westen

Erdgeschoßhalle des Sanmon, Ostseite

Sanmon von Osten

Sanmon von Südosten

Erdgeschoßhalle des Sanmon, Ostseite


Suirokaku


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.011463,135.7937545,19.52z - https://www.google.de/maps/@35.011463,135.7937545,153m/data=!3m1!1e3
eigene Webseite:
http://www.nanzen.net/, englisch: http://www.nanzen.net/english/
John H. Martin, Phyllis G. Martin: Kyoto - 29 Walks in Japan's Ancient Capital, 376 S., Verlag: Tuttle Pub. 2011, ISBN-10: 4805309180, ISBN-13: 978-4805309186, S. 95-101
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Kenji Miyamoto: Sugu wakaru jiin betsu shouheki-ga no mikata - eine leicht verständliche Art, Wandmalereien nach Tempeln zu betrachten,  2008, ISBN-10: 4808708574, ISBN-13: 978-4808708573


Nanzen-ji (2): Hatto, Honbo und Hojo - Nanzen-ji (3): Gärten - Nanzen-ji (4): 3 Subtempel: Chosho-in, Jishi-in und Saisho-in - Nanzen-ji (5): Subtempel Nanzen-in - Nanzen-ji, Teil (6): Subtempel Tenju-an, Beschreibung und 1. Teil - Nanzen-ji, Teil (7): Subtempel Tenju-an, 2. Teil - Nanzen-ji, Teil (8): Subtempel Konchi-in, Beschreibung und 1. Teil - Nanzen-ji, Teil (9): Subtempel Konchi-in, 2. Teil

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