Bernhard
Peter
Tempel:
Kyoto, Tenryu-ji (1)
Lage
und Erreichbarkeit
Der Tenryu-ji (Tenryuu-ji) ist
ein Tempelkomplex im Stadtbezirk Ukyo-ku, im Westen des
Stadtteils Sagano (Arashiyama), 700 m südwestlich des
JR-Bahnhofs Saga-Arashiyama (JR Sanin Main Line in Richtung
Kameoka) bzw. 400 m westlich des Bahnhofs Arashiyama der
Keifuku-Eisenbahn gelegen. Wer mit dem Bus (Nr. 28 ab Kyoto
Bahnhof, auch Nr. 11 und Nr. 93) kommt, steigt an der Haltestelle
Tenryuji-mae aus. Der Komplex liegt südlich des Bambuswaldes,
östlich des Parks Kameyama-koen und nördlich des Flusses Oi
(auch: Hozu, später Katsura). Die Adresse des Tenryu-ji lautet:
68 Susukinobaba-cho, Saga-Tenryuji, Ukyo-ku, Kyoto-shi, Kyoto-fu
616-8385.
Der Tenryu-ji bildet mit etlichen zu beiden Seiten nördlich und südlich der Ost-West-Achse angeordneten Subtempeln einen ganzen Komplex, in dem der Haupttempel am westlichen Ende der Achse liegt. Das Tempelgelände umfaßte zu besten und wohlhabendsten Zeiten fast vier Quadratkilometer Land (heute noch ca. 30 Hektar), und der Tempel besaß einst 150 Subtempel. Der Großteil des Landbesitzes wurde von der Meiji-Regierung im Laufe der religiösen Reformen enteignet, so daß er heute auf ein Zehntel seines Grundbesitzes geschrumpft ist. Heute besitzt der Tenryu-ji nur noch 13 Subtempel, davon neun auf dem Gelände des Tempels.
Der Tenryu-ji gehört seit 1994 zum Weltkulturerbe, wird zu den fünf großen Zen-Tempeln Kyotos (den Gozan) gerechnet und ist sowohl deshalb als auch wegen seines berühmten Sogenchi-Gartens und auch wegen seiner guten Erreichbarkeit ein Touristenmagnet und die größte Sehenswürdigkeit im Stadtteil. Deshalb wird dringend empfohlen, gleich frühmorgens (öffnet 8.30 Uhr) den Besuch einzuplanen, dann kann man Tempel und Garten noch ohne Menschenmassen genießen. Das Wochenende und andere Stoßzeiten sollten vermieden werden: Diese Anlage ist eine der großartigsten und sehenswertesten in Kyoto, nur wissen das eben auch alle anderen Kulturtouristen. Der Tempel selbst mit seinen ganzen Nebengebäuden wurde noch auf ebenem Grund erbaut; hinter dem See des Sogenchi-Gartens geht das Gelände in die Hänge des Berges über, so daß der Garten im westlichen Bereich steil ansteigt.
Geschichte
und Bedeutung
Der Tempel gehört zur Rinzai
Zen-Schule und ist der Haupttempel einer eigenen Richtung.
Insgesamt hat die Rinzai-Schule 14 Zweige, die jeweils von einem
Haupttempel geleitet werden. In Kyoto stehen allein sieben dieser
Haupttempel; neben dem Tenryu-ji sind das der Myoshin-ji
ebenfalls im Stadtteil Ukyo-ku, der Tofuku-ji und der Kennin-ji
im Stadtteil Higashiyama-ku, der Daitoku-ji im Stadtteil Kita-ku,
der Nanzen-ji im Stadtteil Sakyo-ku und der Shokoku-ji im
Stadtteil Kamigyo-ku. Als Gozan, also die Top Five in Kyoto,
werden die Tempel Tenryu-ji, Nanzen-ji, Shokoku-ji, Tofuku-ji and
Kennin-ji bezeichnet. Gosan ist eigentlich ein Begriff im
Tempelrangfolgesystem im japanischen Zen-Buddhismus und bedeutet
"Fünf Berge", denn "san" wird mit dem selben
Zeichen wie "yama" = Berg geschrieben. Hier ist Gozan
nicht schulübergreifend gemeint, sondern nur in Bezug auf die
Rinzai-Obaku-Schule und Kyoto. Da war der Tenryu-ji der
wichtigste Tempel der Kyoto Gozan und stand erst im zweiten, dann
ab 1386 im ersten Rang, den er nur 1401-1410 an den Shokoku-ji
abgeben mußte. Die restlichen Haupttempel sind der Kencho-ji und
der Engaku-ji in Kamakura (Präfektur Kanagawa), der Hoko-ji in
Hamamatsu (Präfektur Shizuoka), der Eigen-ji in Higashiohmi
(Präfektur Shiga), der Kogaku-ji in Enzan (Präfektur
Yamanashi), der Buttsu-ji in Mihara (Präfesktur Hiroshima)
und der Kokutai-ji in Takaoka (Präfektur Toyama). Dann gibt es
noch die Obaku-Schule mit nur einem einzigen Haupttempel, dem
Manpuku-ji in Uji, im Stadtteil Obaku (Präfektur Kyoto).
Die Geschichte des Tenryu-ji begann im Jahr 1339. Der Stifter war Ashikaga Takauji (1305-1358), der Gründer des Ashikaga-Shogunates und ab 1338 der erste Shogun der Muromachi-Zeit. Er widmete den neuen Tempel dem im selben Jahr zuvor verstorbenen Kaiser Go-Daigo (26.11.1288-19.9.1339). Ashikaga Takauji und Kaiser Dai-go hatten zusammen ein "schwierige" Geschichte. Ashikaga Takauji war ein General in der Kamakura-Zeit, als die übermächtige Familie Hojo (Houjou) das Land regierte. Kaiser Go-Daigo war zeitweise auf die Insel Oki (Präfektur Shimane) verbannt worden und scharte nun enttäuschte Militärs um sich. Als Ashikaga Takauji 1333 dienstlich nach Kyoto mußte, schloß er sich dem Kaiser und Kusunoki Masashige an und brachte Kyoto unter seine Kontrolle. Nitta Yoshisada brachte daraufhin das Kamakura-Shogunat zu Fall, und Kaiser Go-Daigo wurde wieder als tatsächlicher Herrscher eingesetzt. Es folgten drei Jahre (1333-1336), in der der Kaiser wieder Macht hatte; die Zeit wird Kenmu no Shinsei genannt, Kenmu-Restauration. Als der Kaiser jedoch seinen Sohn, Prinz Morinaga, zum Oberbefehlshaber des Militärs und Shogun einsetzte, entmachtete Ashikaga Takauji den Kaiser Go-Daigo, der damit ganze drei Jahre lang die Fäden in der Hand gehalten hatte. Ashikaga Tadayoshi, der jüngere Bruder von Ashikaga Takauji, brachte den mißliebigen Prinzen Moriyoshi einfach um. Der Kaiserhof spaltete sich nun in einen nördlichen und einen südlichen Hof. Ashikaga Takauji bekämpfte den Südhof auf dem Schlachtfeld; die entscheidende Schlacht war die am Minato-gawa im Jahr 1336, in deren Verlauf Kusunoki Masashige zu Tode kam, danach konnte Ashikaga Takauji Kyoto einnehmen, sich dort dauerhaft etablieren und Kaiser Koumyou einsetzen. Der nördliche Hof wurde fortan von den Ashikaga-Shogunen bestimmt, nachdem Ashikaga Takauji 1338 zum Shogun ernannt worden war. Hier widmete also eine der opportunistischsten Personen, die sich auf Kosten des Kaisers eine gute eigene Machtbasis geschaffen hatten, den Tempel postum dem Mann, dem er nur so lange gedient hatte, wie es nützlich war, um das Kamakura-Shogunat zu stürzen, und den er bei erster Gelegenheit seinem eigenen Machtstreben geopfert hatte. 1345 wurde der Erinnerungstempel fertiggestellt.
Der Name Tenryu-ji bedeutet "Tempel (-ji) des himmlischen bzw. göttlichen (ten) Drachen (ryuu)". Er bezieht sich darauf, daß der Stifter (oder genauer sein Bruder Tadayoshi) im Traum die Vision eines aus dem Oi-Fluß (= Katsura-Fluß) steigenden goldenen Drachen hatte, was sein schlechtes Gewissen mit der Vorstellung in Verbindung brachte, daß der in den Bergen von Yoshino verstorbene Kaiser Go-Daigo eventuell keinen Frieden gefunden hätte. Im chinesischen Glauben ist ein goldener Drache ein Symbol für den Kaiser. Vermutlich sollte der Tempelbau auf dem ehemaligen Residenzgelände den Geist des verstorbenen Kaisers Go-Saga besänftigen.
Hier stand vorher eine Villa des Kaisers Go-Saga (1220-1272) und seines Sohnes Kameyama (1249-1305) aus der Mitte des 13. Jh., in der auch der Enkel Go-Daigo (1288-1339) aufgewachsen ist. Die unter Leitung des Hofbeamten Tachibana Tomoshige erbaute Villa wurde Kameyama-dono genannt. Bereits Prinz Kaneakira (-987) hatte sich im 10. Jh. eine einfache Unterkunft aus Bambus und Schilf am Hang des Kameyama als Rückzugsort gebaut.
Noch früher befand sich an der Stelle ein Tempel aus dem 9. Jh. namens Danrin-ji (= Wald-Tempel), der erste Zen-Tempel Japans, gegründet von Kaiser Sagas (786-842) Frau, Kaiserin Tachibana no Kachiko (786-850). Sie berief einen chinesischen Mönch namens Gikuu Zenshi (chin.: I K'ung) nach Japan, und so faßte die Rinzai-Schule des Zen-Buddhismus hier Fuß. Es ging aber langsam, und Gikuu Zenshi kehrte desillusioniert nach China zurück. Die Kaiserinwitwe wurde nach dem Tod ihres Ehemannes Nonne und schor sich den Kopf; und der Tempelname Danrin wurde zu dem Namen, unter dem sie fortan bekannt war. Sie gründete eine Schule für die Zen-Lehren, zunächst gedacht für Mitglieder der Tachibana-Familie. Im 13. Jh. war der Danrin-ji baufällig und verschwand.
Bei der Wahl des Bauplatzes für die kaiserliche Villa durch Tachibana Tomoshige spielte sicherlich die Erinnerung an seine längst verstorbene Verwandte eine Rolle. Für den Kaiser, der seine Hauptresidenz in Kyoto unterhielt, war es eine abgetrennte Residenz, eine Villa (Rikyuu), eingerichtet für einen zeitweisen Rückzug und auch als Ruhesitz. Eine Bauweise im Stil des Shinden-zukuri darf angenommen werden, also aus mit erhöhten Korridoren verbundenen Einzelhallen, die U-förmig angeordnet sind, nach dem Vorbild der chinesischen Paläste der Tang-Zeit.
Nun wurde aus der Villa ein Tempel. Der traditionelle Name des nun neu gegründeten Tempels lautet "Tenryuu-shiseizen-ji". Finanziert wurde der neue Tempel im wesentlichen durch den streng reglementierten China-Handels, für das diese Zen-Schule und speziell dieser Tempel quasi ein Monopol hatten. Zwei Handelsschiffe wurden im Dienste dieses Tempels ausgeschickt. Dieses Privileg machte den Tempel unglaublich wohlhabend. Selbst noch im 19. Jh. koordinierten die Mönche dieses Tempels den Handel mit China und Okinawa.
Die Tempelgebäude sind im Gegensatz zum Garten, der über die Jahrhunderte seine ursprüngliche Form beibehalten hat, immer wieder durch Kriege oder Brände zerstört und erneuert worden. Im 14. und 15. Jh. brannte der Tempel allein sechsmal ab: 1358, 1367, 1373, 1380, 1447 und 1468; in dem letztgenannten Jahr zerstörte der Onin-Krieg am Ende der Macht der Ashikaga-Shogune die Anlage. Die Brände der Jahre 1447 und 1468 waren so schlimm, daß der Tempel sich erstmal nicht davon erholte und über ein Jahrhundert lang Ruine blieb. Erst unter Toyotomi Hideyoshi (1536-1598) wurde der Tempel nach 1585 wiederhergestellt. 1815 kam die nächste Zerstörung, und 1864 die letzte Vernichtung der Bausubstanz durch den Aufstand am Hamaguri-Tor (Hamaguri-gomon no Hen), als sich die Unzufriedenheit der prokaiserlichen und gegen die Öffnung des Landes eingestellten Bevölkerung vor einem Tor des Kaiserpalastes in Kyoto Bahn brach. Der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen von dem in den letzten Zügen liegenden Edo-Shogunat. Das war die achte Zerstörung des Tempels. Die heutigen Gebäude sind also fast alle Meiji-zeitlich (1868-1912). Deshalb sind es auch nicht die Tempelgebäude, die zur Aufnahme in das Weltkulturerbe ausschlaggebend waren, sondern der Garten und die Gesamtanlage.
Aufbau
und Beschreibung
Das Layout des Tempels folgt
einer Ost-West-Hauptachse. Das ist insofern ein Sonderfall, als
Zen-Tempel normalerweise in Süd-Nord-Richtung aufgebaut werden.
Hier haben wir eine Ausnahme von dem allgemein üblichen Prinzip.
Im Osten liegen drei Tore dicht beieinander: Direkt an der
Straße steht das äußere Tor (So-mon). Etwas nach Westen kommt
eine Mauer in Nord-Süd-Richtung mit zwei Toren nebeneinander.
Das genau in der Zentralachse befindliche Tor ist das
prächtigere Chokushi-mon Tor im Yotsuashi-mon-Stil, welches für
die Chokushi, die kaiserlichen Gesandten, reserviert war.
Nördlich davon ist das kleinere Chu-mon (mittleres Tor) in der
Mauer. In alten Karten wird dieses Tor Hon-mon genannt, was
Ursprungstor oder Tor zur Erleuchtung bedeuten kann. Das
Chokushi-mon ist das älteste Bauwerk des Tempels und ist im
flamboyanten Stil der Momoyama-Zeit gehalten. Hinter dem Tor
befindet sich ein Hanchi = quadratisches Becken am Eingang mit
Lotus. Über dieses Becken wird der mittlere Zugangsweg (heute
unbenutzt) mittels einer Brücke hinübergeführt; die
Brückenköpfe ragen von Westen und von Osten in das Becken
hinein. Am schönsten ist das Beken im Juli zur Blütezeit des
Lotus, der im Zen-Buddhismus wegen seiner Fähigkeit, im Schlamm
zu wurzeln und dennoch mit makellos reiner Oberfläche
hervorzukommen, als Symbol für Reinheit, Vollkommenheit und
Erleuchtung gesehen wird. Heute nähert man sich dem Tempel
entweder über den nördlichen Weg oder über die südliche
Straße.
Am Ende des durch die Allee der Subtempel führenden Zuweges befindet sich der Hatto (Hattou, Lehrhalle, Dharma-Halle). Auch das ist eine unübliche Anordnung für einen Zen-Tempel. Der alte Hatto wurde in den Wirren des Übergangs von der Edo-Zeit zur Meiji-Zeit im Jahr 1864 vernichtet und anschließend um 1900 wiederaufgebaut. Präziser: Statt dessen wurde die große Meditationshalle (Zendo) vom südlich gelegenen Yu-un-an genommen und hier hingestellt, um den verlorengegangenen Hatto zu ersetzen. Diese Halle Zendo war das einzige Gebäude im Westbereich, das den Brand des Jahres 1864 überlebt hat. Über dem östlichen Eingang hängt eine Schrifttafel mit dem Wort "Senbutsujo", Zen-Meditationshalle, die an die ursprüngliche Funktion erinnert. Ursprünglich diente eine solche Halle dem Unterricht, bei dem der Zen-Meister die Mönche unterwies. Heute wird die Halle für größere Zeremonien verwendet.
Sehenswert ist das 1997 entstandene Deckengemälde des Künstlers Kayama Matazo (1927-2004), das 10,60 m auf 12,60 m mißt und einen Wolkendrachen (Unryuu-zu, Un = Wolke, Ryuu = Drache, zu = Bild) darstellt. Er ist auf eine Decke aus 159 Zypressenbrettern gemalt. Durch geschickte Stellung der Augen einerseits und der Pupillen andererseits scheint der Drache jeden Punkt des Raumes im Auge zu behalten, weswegen er auch "Happo-nirami-ryu" genannt wird, "der in acht Richtungen schauende Drache (ryu)". Dieses Gemälde ersetzt ein zuvor dort vorhandenes, beschädigtes Gemälde des Künstlers Suzuki Shonen aus dem Jahr 1899. Das war eine der Verschönerungsmaßnahmen im Zuge des Gedenkens an den 650sten Todestag des Gründungsabtes Muso Soseki. Im Innern befindet sich eine Statue des historischen Gautama Buddha (Shakyamuni Buddha), die von zwei Figuren flankiert wird, die die Bodhisattvas Manjusri und Samantabhadra darstellen. Rückseitig befinden sich Statuen der Gründer Muso Soseki (Gründungsabt) und Ashikaga Takauji (Stifter) sowie Erinnerungstafeln für Kaiser Kogon und die vergangenen Äbte des Tenryu-ji.
Hinter der Lehrhalle trennt eine weitere Mauer in Nord-Südrichtung die nachfolgenden Gebäude ab. Von der Lehrhalle führt ein gedeckter Gang auf ein Tor in dieser Mauer zu. Nördlich der Lehrhalle ist der Glockenturm zu finden. Weitere Gebäude sind das große Abtsquartier (O-hojo, Ou-houjou, Dai-hojo, Dai-houjou, 1899), das kleine Abtsquartier (Ko-hojo, Ko-houjou, 1924) mit der Zeichenhalle (Shoin) nördlich davon mit West-Ost-Stellung der Halle, der Küchenbau (Kuri, 1899) mit seinem kleinen Türmchen - alles Meiji-zeitliche Rekonstruktionen.
Der Küchen- und Versorgungsbau (Kuri) gehört zu den traditionellen Shichido garan, den sieben Hallen, die ein funktionsfähiger Zen-Tempel haben muß. In dem 2013 renovierten Bau liegen der heutige Haupteingang und die Verwaltung. Die östliche Front unter dem hohen Dachgiebel besteht aus weiß gefülltem Fachwerk und prägt maßgeblich die Außenwahrnehmung des Tempels. Linkerhand vor dem Eingang in den Kuri ist eine dramatische Steinsetzung, die an den Weltenberg Meru erinnern soll. Innen empfängt den Besucher ein großes Gemälde von Bodhidharma, angefertigt von Abt Hirata Seiko. Das kleine Abtsquartier (Ko-hojo) dient heute als Gästebereich.
Das große Abtsquartier wird entweder O-hojo oder Dai-hojo genannt, wobei "Dai" einfach technisch "groß" bedeutet, "O" hingegen ein Präfix ist, das Größe und Ehrfurcht signalisiert, ein sogenanntes Honorativ-Präfix. Die Halle, das größte Gebäude des Tempels, steht in der Hauptachse der Gesamtanlage, ist der Länge nach in Nord-Süd-Stellung aufgestellt und befindet sich zwischen im Gartenteich im Westen und dem dritten Tor im Osten. Charakteristisch für das Gebäude ist die umlaufende breite Veranda mit einer zusätzlichen schmäleren Außenveranda um das gesamte Gebäude herum. Über dem Vordereingang hängt eine Schrifttafel mit dem Wort "Hojo", eine Kalligraphie des Abtes Seki Bokuo (1903-1991). Die Halle ist in sechs Räume aufgeteilt, je drei auf Vorder- und Rückseite. Auf der Vorderseite besitzt der mittlere Raum eine Größe von 48 Tatamis; die Seitenräume sind jeweils halb so groß. Alle Räume können nach Belieben durch Schiebewände (Fusuma) vereinigt oder abgetrennt werden. Auf dem Altar im Inneren des vorderen mittleren Kompartimentes steht eine Figur des Buddha Shakyamuni aus der späten Heian-Zeit, ein wichtiges Kulturgut. Diese Figur ist rund zwei Jahrhunderte älter als der ganze Tempel. Beachtlich, daß sie alle acht Brände des Tempels überlebt hat. Die Schiebetüren sind auf der Seite zum Gartenteich hin mit einem Wolkendrachen des Künstlers Wakasa Butsugai (1887-1957) bemalt. Vor dem Dai-hojo liegt im Osten ein rechteckiger Trockengarten aus geharktem Kies und Sand (Karesansui), eine relativ junge Zutat.
Der nordwestlich etwas höher am Hang liegende Taho-den (Tahou-den, "Halle der vielen Schätze"), mit einer Andachtshalle vorne, einem Zwischenraum in der Mitte und einem Schrein hinten, in dem eine hölzerne Figur des Kaisers Go-Daigo aufbewahrt wird, ist sogar erst 1934 unter dem Abt Seki Seisetsu erbaut worden, aber im Kamakura-zeitlichen Stil mit elegantem Irimoya-Dach. Vor der Andachtshalle zieht sich eine breite Veranda über die ganze Breite. Das Gebäude steht genau an der Stelle, wo Kaiser Go-Daigo als Kind in der väterlichen Villa gelebt hat. Die Architektur orientiert sich daran, wie der Shishinden (Halle für Staatsgeschäfte) des Kaisers in den Bergen von Yoshino ausgesehen haben könnte. Die Wände sind mit Malereien von Löwen, Tigern und Päonien geschmückt. Ein gedeckter hölzerner Korridor verbindet den Ko-Hojo (Shoin) mit dem Taho-den.
Im Garten befinden sich das Shou-un-kaku-Teehaus (shou = glückverheißend, un = Wolke, kaku = Pavillon, also Pavillon der glückverheißenden Wolke) und das Kan-u-tei-Teehaus; sie wurden beide im Jahr 1934 von Seki Seisetsu (1877-1945) erbaut. Man passiert sie rechterhand, wenn man den Korridor zum Taho-den hochläuft. Der größere Shou-un-kaku (12 + 2 Tatami-Matten) ist eine Nachbildung des berühmten Teehauses Zangetsu-tei (Dämmerung-Mond-Pavillon) der Omotesenke, welches von Sen no Rikyu erbaut worden ist. Der kleinere Kan-u-tei hat nur eine Standardgröße von 4,5 Tatami-Matten.
Noch weiter im Norden, in der Mitte des Bambuswaldes, liegen der 1983 angelegte Hyakka-en (Garten der hundert Blumen), der zum Nordausgang und zum Bambuswald überleitet, und der Sodo (Lehrkloster für angehende Zen-Priester); dieser klösterliche Bereich ist nicht für den Publikumsverkehr zugänglich. Im Süden des O-Hojo, jenseits des Trockengartens, liegen eine Zen-Meditationshalle, der Ryumontei, der Seiko-kan und der Yu-un-an, letzterer südlich des Hatto. Die Kaiser Go-saga und Kageyama sind beide auf dem Tempelareal begraben.
Im Süden des Hojo liegen noch weitere Gebäude. Ganz im Westen, südlich des Gartenteiches, steht der 2000 erbaute Ryumontai (Ryu = Drache, mon = Tor, tei = Pavillon, also Drachentorpavillon). Die Stelle hatte bereits Muso Soseki als besonders schön ausgemacht. Heute ist hier ein vegetarisches Restaurant ("Shigetsu", Shojin ryori = Zen-vegetarisch Küche) untergebracht. Östlich von diesem steht der Yu-un-an (Yu = schweben, un = Wolke, an = Klause, also Klause der schwebenden Wolke), mit dem 2000 errichteten Seiko-kan (Sitz des Hirata Seiko Forschungsinstitutes für Religion, Philosophie und Geschichte) an der Südwestecke. Bevor im ruhigeren Norden ein Kloster zum Unterricht der Mönche erbaut wurde, hatte das hier die Funktion bis in die 1990er Jahre. Heute werden die Räumlichkeiten für Veranstaltungen, Zusammenkünfte, öffentliche Meditationen und Workshops genutzt.
Subtempel
Hogon-in
Der Hogon-in ist ein Subtempel (Tatchu) des Tenryu-ji und liegt
ganz im Südwesten des Komplexes, noch südlich des Yu-un-an
(Adresse: 36, Sagatenryuji Susukinobabacho, Ukyo-ku, Kyoto-shi,
Kyoto-fu). Im Westen grenzt das Tempelgelände an den Park
Kameyama-koen. Meistens ist der Subtempel für den
Publikumsverkehr geschlossen, außer zu bestimmten
Sonderöffnungszeiten im Frühling und im Herbst.
Der Subtempel gehört wie der Haupttempel dem Rinzai-Buddhismus an; sein Hauptkultbild ist eine elfköpfige Kannon (Juichimen Kannon Bosatsu). Während der Muromachi-Zeit wurde dieser Tempel im Jahre 1461 gegründet mit einer Stiftung von Hosokowa Yoriyuki, damals Kanrei. Im Onin-Krieg (1467-1477) wurden alle Gebäude ein Raub der Flammen. Unter Toyotomi Hideyoshi fand der Wiederaufbau statt. Das Goshuin (Pilgerstempel des Tempels) trägt den Wortlaut "Nenpi-kannon-riki".
Der Zugang erfolgt von der vom Haupttempel zum Flußufer führenden Straße, das Tor, ein Sanmon mit malerisch moosbewachsenem Dach mit aufgrund unterschiedlich tiefer Gebäudeteile höhenversetzten Firstabschnitten, liegt etwa auf halber Strecke. Wenn man diese Straße vom Tenryu-ji ausgehend nach Süden läuft, kommt man an den Arashiyama Rakan (Arashiyama rakan no mori, Sanskrit: Arhat, Gefährten Buddhas) auf der linken Seite vorbei, einer Sammlung von Steinfiguren auf einer Wiese.
Vom Sanmon führt der Weg wieder nach Nordwesten zu den Hauptgebäuden. Nur wenige Meter hinter dem Tor passiert man das Teehaus (Chashitsu) des Namens Seisho-ken. Der Weg führt durch den Garten Shishiku-no-niwa, den Garten des brüllenden Löwen, ein Wandel-Garten, der geschickt die Landschaft im Hintergrund nach dem Prinzip der "geborgten Landschaft" einbezieht. Etliche der Steine und Felsen tragen Namen, z. B. Neko-ishi = Katzenstein oder Sanzon-seki = Triaden-Felsen. Ganz im Westen befindet sich mit dem Mui-an ein zweites Teehaus, aus zwei rechtwinklig aneinanderstoßenden Flügeln bestehend. Nördlich von diesem steht die Halle Mugeko-do, in dem sich einige Ihai befinden. Die Hauptgebäude bilden eine Gruppe im Norden, im Westen die Heisei-zeitliche, erst 2008 erbaute Haupthalle (Hondo) mit dem Hauptkultbild, rechts im Osten der Taisho-zeitliche, 1919 erbaute Shoin. Letzterer ist im Stil Sukiya-zukuri erbaut worden und besitzt viele Merkmale der sonst bei Teehäusern anzutreffenden Architektur. Weiter im Uhrzeigersinn im Tempelgelände liegt nahe der östlichen Außenmauer das Tempelbüro (Jimusho).
Hatto (Dharma-Halle) von Nordosten gesehen
Hatto (Dharma-Halle) von Osten gesehen
Das Schild verweist auf die frühere Funktion: "Senbutsujo", Zen-Meditationshalle.
Hatto (Dharma-Halle) von Südosten gesehen
Tor in der Mauer zum Hauptkomplex, Verbindungsgang zur Dharma-Halle
Kuri, ehemaliger Küchen- und Versorgungstrakt, heute Besuchereingang
Im Hintergrund das große Abtsquartier (O-Hojo), links der Eingang zum Garten.
Vor dem Kuri, ehemaliger Küchen- und Versorgungstrakt, befindet sich ein Trockengarten mit Moos.
großes Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo), von Nordosten gesehen
großes Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo), von Südosten gesehen
großes Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo), von Südosten gesehen
großes Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo), von Süden gesehen
Kleines Abtsquartier (Ko-Hojo), von Süden gesehen
Taho-den, Vorderseite
im großen Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo)
im großen Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo)
im großen Abtsquartier (O-Hojo oder Dai-Hojo)
im kleinen Abtsquartier (Ko-Hojo). Rechts eine zeitgenössische Darstellung von Bodhidharma.
im kleinen Abtsquartier (Ko-Hojo). Im Hintergrund beginnt die Holzgalerie zum Taho-den.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@35.0159498,135.6745727,18.75z - https://www.google.de/maps/@35.0156576,135.6736413,180m/data=!3m1!1e3
eigene Webseite http://www.tenryuji.com/en/ - Rundgang: http://www.tenryuji.com/en/precincts/index.html - Geschichte: http://www.tenryuji.com/en/about/index.html - Öffnungszeiten und Übersichtskarte: http://www.tenryuji.com/en/visit/index.html - Veranstaltungen: http://www.tenryuji.com/en/event/index.html
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auf Japanese Gardens: http://www.japanesegardens.jp/gardens/famous/000020.php
Liste der Zen-Haupttempel: http://zen.rinnou.net/head_temples/index.html
Ashikaga Takauji: https://de.wikipedia.org/wiki/Ashikaga_Takauji
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auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report441.html
Subtempel Jisai-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1524.html
Subtempel Kogen-ji auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report545.html
Subtempel Sanshu-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1523.html
Subtempel Myochi-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1529.html
Subtempel Junei-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1528.html
Subtempel Tokan-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1527.html
Subtempel Yomei-in, Youmei-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report1526.html
Subtempel Hogon-in auf Kyotofukoh: https://kyotofukoh.jp/report544.html
Subtempel Hogon-in auf Japan Travel Manual: http://jpmanual.com/en/hogonin
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