Bernhard Peter
Jantar Mantar - astronomische Geräte Indiens, Teil 15:
Die Shastansha Yantras in Jaipur

Konstruktion des Instrumentes:
Im Inneren der Flügelbauten des Samrat Yantra befinden sich weitere Instrumente. Hier im Innern des Steinturmes, der den Marmorquadranten des Samrat Yantra trägt, befindet sich paarweise jeweils ein doppelter Meridiansextant mit einem Radius von 8.66 m. In der Tat ist der Raum nicht zu besichtigen, aber man kann auf das Gebäude klettern, durch die kleine Toröffnung gehen und wieder ein paar Stufen auf eine kleine Plattform vor der Südfassade der Bauten. Hierhin verirren sich Touristen normalerweise überhaupt nicht, deshalb bleibt das Instrument meist unentdeckt. Eine schräggestellte Steinplatte unterhalb der Blendbogens hat zwei Aussparungen, in die zwei Metallplatten eingelegt sind, jede mit einem Loch von wenigen Millimetern in der Mitte. Im Prinzip funktioniert das Instrument wie eine Lochkamera.

Im östlichen Turm fehlt die linke Metallplatte, und man kann mit einer guten Taschenlampe hineinspähen. Dabei zeigt sich, daß das Instrument tatsächlich aus zwei Sextantenbahnen besteht, auf die zur Mittagszeit synchron zwei Lichtpunkte fallen. Im Westturm ist es analog, nur kann man nicht hineinschauen. Insgesamt hat man also 4 Bahnen und vier Lichtpunkte.

Dieser Meridiansextant hat als direktes Vorbild jenen von Ulug Begh in Samarkand, nur daß jener viel größer war (Radius 40.20m) und daß dem System in Jaipur wichtige Details fehlen, die den Nutzen gegenüber dem Instrument in Samarkand einschränken. Beim genaueren Hinsehen sind es keine Kreisviertel wie bei den anderen Instrumenten, sondern etwas kleinere Abschnitte, also ein Sextant. Die Bahnen laufen genau in Nord-Süd-Richtung. Im Mittelpunkt des Kreises, dessen Abschnitt die Skala bildet, ist eine Kupferplatte in die Wand eingelassen, durch deren Bohrung ein dünner Lichtstrahl fällt. Die Mauerlöcher von ca. 20x20 cm, in die diese Metallplatten eingepaßt wurden, wurden bei der Restaurierung 1901/1902 entdeckt.

Funktion des Shastansha Yantra
Während der Morgenstunden läuft der Lichtpunkt die Westwand des schmalen Raumes herab, zur Mittagszeit passiert der Lichtpunkt den Meridian, am Nachmittag läuft der Lichtpunkt an der Ostwand des Raumes wieder empor. Die entscheidende Information, die dieses Gerät liefert, ist der Zenith-Winkel der Sonne zur Mittagszeit, also ihre Höhe im horizontalen Koordinatensystem. Man kann mit diesem Instrument natürlich auch Sommer- und Wintersonnenwenden sowie das Erreichen der Tagundnachtgleichen anzeigen. Sternbeobachtung war nicht möglich.

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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