Bernhard Peter
Jantar Mantar - astronomische Geräte Indiens, Teil 14:
Das Dakshino Bhitti Yantra in Jaipur

Konstruktion des Instrumentes:
In direkter Verlängerung des Gnomons des Samrat Yantra nach Norden steht das Dakshino Bhitti Yantra (oder auch Dakshinodak Bhitti Yantra), genau in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Es ist ein kleines, zweigeschossiges, schmalrechteckiges Gebäude, dessen Dachterrasse man über insgesamt vier Treppen, von denen jeweils zwei symmetrisch angelegt sind, besteigen kann. Es steht heute nicht mehr an der ursprünglichen Stelle, sondern wurde Stein für Stein versetzt. Das Entscheidende sind die Skalen: An der Westwand befindet sich eine einzige, große, oben offene, halbkreisförmige Skala mit Zeiger in der Mitte der Oberkante. Von jeweils oben 0 Grad läuft die Skala bis 90 Grad am unteren Tiefpunkt. Jedes Gard ist nocheinmal in 10 Abschnitte zu 1 Pala und dann noch einmal in 3 Abschnitte zu je 2 Minuten unterteilt. Die Treppen an der Westwand laufen praktischerweise so unterhalb der Skala entlang, daß man gut ablesen kann. An der östlichen Wand (in der Zeichnung vorne) sind zwei viertelkreisförmige Skalen (Einteilung in 2’-Abschnitte) mit zwei Schattenpins jeweils am oberen Endpunkt der sich kreuzenden Skalen. Die Einteilung der Skalen ist die gleiche, sie verlaufen von 0 Grad am oberen Ende zu 90 Grad am unteren Ende, jeweils 10 Grad sind mit einer Zahl markiert, jedes Grad ist erst in 10 und dann noch einmal in 3 Abschnitte unterteilt. Die beiden Skalen schneiden sich bei 60 Grad. Die Treppen laufen aber an dieser Wand anders, so daß sie für das Ablesen ungünstiger sind.

Funktionsweise des Dakshino Bhitti Yantra:
Dieses Instrument liefert als primäre Daten nur Höhenwerte. Da die Wand genau in Nord-Süd-Richtung steht und der Schattenzeiger sehr kurz ist, ist das Instrument nur richtig zur Mittagszeit zu verwenden, wenn der Schatten am längsten ist. Dann zeigt der Schatten die Höhe der Sonne zur Mittagszeit auf der Skala an. Man kann mit diesem Instrument also auch Sommer- und Wintersonnenwenden sowie das Erreichen der Tagundnachtgleichen und damit auch den Verlauf der Jahreszeiten anzeigen.

Natürlich läßt sich dieses Instrument auch zur Höhenmessung von Sternen verwenden, dazu kann man an die Schattenpins einen Faden anbinden und entlang des Fadens den Stern anvisieren, während man das lose Ende des Fadens an die Skala anhält, dann ergeben auch die beiden Skalen auf der Ostwand einen Sinn, aber das gibt jeweils nur die Höhe von Sternen, wenn sie exakt in Nord- oder Südrichtung stehen, außerdem ist die Messung wegen der Eigendicke des Schattenzeigers relativ ungenau.

Da sich die erhaltenen Daten immer exakt auf Nord-Süd-Richtung beziehen, ist die Umrechnung der Horizontalkoordinaten in andere Systeme einfach. Zum Erhalten der Deklination muß die geographische Breite von Jaipur in Höhe von 27 Grad verrechnet werden. Zum Erhalten der ekliptikalen Breite müssen die geographische Breite von Jaipur und mit umgekehrten Vorzeichen der jeweilige Abstand der Ekliptik einberechnet werden. Beispiel: Die Sonne zur Sommersonnenwende hat eine ekliptikale Breite von Null, aber eine Deklination von 23.5 Grad und eine Höhe in Jaipur von 86,5 Grad (Zenith-Abstand beträgt 3.5 Grad). Die Sonne zur Wintersonnenwende hat eine ekliptikale Breite von Null, aber eine Deklination von -23.5 Grad und eine Höhe in Jaipur von 39,5 Grad (Zenith-Abstand beträgt 50,5 Grad).

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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