Bernhard Peter
Jantar Mantar - astronomische Geräte Indiens, Teil 1:
Hintergrund: Koordinaten von Himmelsobjekten

Genau wie man einen beliebigen Punkt auf der Erde durch Angabe seiner Koordinaten, der geographischen Länge und Breite, charakterisieren kann, so kann man einen beliebigen Punkt des Himmels durch Koordinaten definieren. Dafür gibt es drei verschiedene Methoden. Allen gemeinsam ist, daß wir irgendeinen Bezugspunkt benötigen, so daß wir die relative Lage eines Himmelskörpers zu diesem Bezugspunkt angeben können. Besonders geeignet hierzu ist der Frühlingspunkt, der ganz einfach selbst mit primitivsten Mitteln zu bestimmen ist:

Frühlingspunkt:
Das ist ein scheinbarer Punkt am Himmel, in welchem die Sonne am Frühlingsanfang steht, von einem auf der Erde stehenden Betrachter wahrgenommen. Der Frühlingspunkt ist derjenige Punkt am Himmel, in dem sich die Erdbahnebene und die Äquatorialebene schneiden, wo sich die Ekliptik und der Himmelsäquator schneiden. Der Sonnenaufgangspunkt im Osten und der Sonnenuntergangspunkt im Westen lassen sich durch eine gerade Linie verbinden, d. h. sie stehen sich genau 180° gegenüber. Hat man erst den Frühlingspunkt, kann man dann abgeleitete Markierungspunkte wie Süden und Norden bestimmen. Je nach Methode geht man bei der Bestimmung der Koordinaten unterschiedlich vor:

Horizontal-Koordinaten:
Der Frühlingspunkt wird als Punkt am Horizont wahrgenommen. Die beiden Koordinaten des Sterns z. B. sind die seitliche Abweichung (Azimut) von der Südrichtung oder Nordrichtung z. B. und die Höhe über dem Horizont. Bezugsebene ist nicht der Himmelsäquator, die Verlängerung des Äquatorialschnittes durch die Erde ins Unendliche, sondern der aktuelle Horizont. Vorteil der Methode ist ihre Einfachheit, Nachteil ist, daß die Daten immer nur für einen bestimmten Standort gelten. Navigation ist nach diesem System jedenfalls nicht möglich.

Azimut ist also die Längenangabe der sich drehenden Erde in Bezug auf den Beobachter in diesem Koordinatensystem. Azimut wird auf zwei verschiedene Weisen definiert:

Astronomische Definition: 0° Azimut befindet sich in Südrichtung des Beobachters. Gemessen wird im Uhrzeigersinn. Ein Objekt mit 0° Azimut (Nordhalbkugel) kulminiert gerade am Himmel, d. h. durchläuft gerade den höchsten Punkt seiner Bahn über dem Horizont. Auf der Südhalbkugel ist es umgekehrt: Ein Objekt kulminiert in Nordrichtung bei 180° Azimut.

Mathematische Definition: 0° Azimut befindet sich in Nordrichtung des Beobachters. Diese Definition wird aber so gut wie nicht verwendet.

Äquatorialkoordinaten:
Unsere Bezugsperson nimmt alles von ihrem Standpunkt auf der Erde aus wahr, und im folgenden wird alles aus der Perspektive des auf der Erdoberfläche Stehenden und Wahrnehmenden beschrieben.

Der Frühlingspunkt wird als Punkt der Sonnenbahn (Ekliptik) wahrgenommen. Hier ist der Himmelsäquator Bezugsebene, die Ebene, zu der die Verbindung zum Himmels-Nordpol senkrecht steht. Der Himmels-Nordpol ist die obere Verlängerung der Erdachse ins Unendliche, der Punkt, um den sich scheinbar alle Sterne im Laufe der Nacht drehen. Damit ist der Bezugspunkt unabhängig vom Standort des Beobachters. Aber die Betrachtung ist eine geozentrische.

Die seitliche Koordinate wird als Abstand vom Frühlingspunkt angegeben und Rektaszension genannt. Die Rektaszension ist also die Entsprechung der geographischen Länge auf der imaginären Himmelskugel. Die Rektaszension, die bei der Positionsangabe von Himmelsobjekten verwendet wird, wird von Norden aus betrachtet im Gegenuhrzeigersinn gemessen, Nullpunkt ist der Frühlingspunkt. Wegen der Kreiselbewegung der Erdachse dreht sich der Himmelspol um den Pol der Ekliptik, d. h. der Frühlingspunkt wandert durch die Tierkreiszeichen. Die Präzession der Erde findet aber in einem relativ langen Zeitmaßstab statt – in 25700 Jahren ist eine vollständige Rotation der Erdachsenlage vollzogen (Platonisches Jahr).

Die Höhe wird in diesem Koordinatensystem Deklination genannt. Das ist die Breite im äquatorialen Koordinatensystem und entspricht der Projektion der geographischen Breite auf den Himmel. Sinnvollerweise wird sie als Winkel angegeben.

Ekliptikale Koordinaten:
Ekliptik bezeichnet die Ebene der Erdbahn. Die Sonne läuft für den Betrachter auf der Erde im Laufe eines Jahres auf der Ekliptik scheinbar am Himmel entlang. Wenn wir das Ganze aber jetzt von der Sonne aus betrachten, ist der Frühlingspunkt ein Punkt auf der Erdbahn um die Sonne. Das Problem der Präzession ist damit gelöst. Innerhalb unseres Sonnensystems sind diese Koordinaten absolut, sie sind aber am schwersten zu bestimmen. Die Koordinaten werden als ekliptikale Länge und als ekliptikale Breite angegeben.

Ausrichtung der Geräte des Jantar Mantar:
Die Geräte des Jantar Mantar benutzen alle drei Koordinatensysteme:

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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