Bernhard Peter
Die Medrese Abdullah Khan in Bukhara

Diese "westliche Hälfte" der Kosh-Medrese in Bukhara wurde von Abdullah Khan errichtet. Als Baujahr gilt 1590 AD, also nur 23 Jahre nach der gegenüberliegenden Medrese Madar-e Khan für seine Mutter. Insgesamt ist sie ca. 40 x 75 m groß.

Die Medrese Abdullah Khan folgt vom Typus her dem einer Hof-Medrese mit Studentenzellen und insgesamt vier mittig angeordneten Iwanen. Sie ist größer als ihr Pendant, hat einen wesentlich verzwickteren Grundriß und ist insgesamt komplexer strukturiert. Insbesondere der Verlauf der Außenwand ist sehr unregelmäßig, im Norden und Westen wurde durch großzügige Anbauten Platz für weitere Räume geschaffen. Das stört die Struktur aber nicht weiter, und auch nicht die Regelmäßigkeit der Wahrnehmung vom Innenhof aus. Als islamisches Bauwerk lebt diese Architektur von innen her, von ihrem Zentrum aus, und nicht von einer beliebigen Außenansicht vom Hinterhof her.

Und dieser Eindruck von innen ist in der Tat von einer großen Regelmäßigkeit. Der rechteckige Hof ist an seinen vier Ecken jeweils abgeschrägt. In jeder dieser Abschrägungen führt ein diagonal angelegter Gang zu den Eckräumen, im Westen sogar bis in die Ecktürme. Im 45°-Winkel zweigen von diesem "Hauptast" rechts und links weitere Studentenzellen wie "Nebenäste" ab. Alle vier Seiten haben einen mittig angeordneten Iwan. An der westlichen Schmalseite finden wir rechts und links des Iwans jeweils einen Portikus mit dahinterliegender Zelle, an der östlichen Schmalseite jeweils einen Durchgang. Die Längsseiten haben rechts und links des Iwans jeweils zwei Achsen. Interessant ist, daß sich hinter dem nördlichen und westlichen Iwan viele kleine Räume drängen. Im Norden zweigen die Zugänge zu den acht Nebenräumen wieder wie Nebenäste von einem Hauptast ab, die beiden vordersten im rechten Winkel, vier weitere im 45°-Winkel, die beiden in der Mitte liegen in der Fluchtlinie. Im Westrakt führen die seitlichen Durchgänge in der polygonalen Iwan-Rückwand wieder zusammen in einen großen Raum, der das Zentrum dieser Einheit bildet.

Im Nordostteil liegt eine seltsam gegenüber dem Rest verdrehte Raumeinheit, das ist die Moschee, die natürlich ihrer eigenen Ausrichtung zu folgen hat. In dieser Medrese wird nur die Moschee gedreht, im Ggegensatz zum älteren Pendent, das als Ganzes der Ausrichtung folgt.

Der Fassadenaufbau ist typisch für die Zeit: Die Fassade zur Straße ist der einzige Außenbereich mit streng in Szene gesetzter Symmetrie. Ein tiefer Eigangs-Iwan wird von einem vorspringenden Pishtaq überhöht. Rechts und links werden die zweistöckigen Bautrakte in jeweils drei Achsen gegliedert durch Blendarkaden, die beiden Ecken sind mit Türmen betont, deren stumpfer oberer Abschluß auf der gleichen Höhe wie die Fassade liegt.

Der Fassadenschmuck ist eher durchschnittlich zu bewerten, die Majolika ist eher schlecht verarbeitet. Wer diese Außenfassade hinsichtlich Qualität an timuridischen oder anderen Shaibanidischen Bauwerken mißt, wird enttäuscht sein. Auch das Mauerwerk ist nicht das, was es zu sein vorgibt. Es handel sich mitnichten um massives Ziegelmauerwerk, sonderm um eine Doppelschale aus zwei dünnen Ziegelwänden, deren Zwischenraum ausgefüllt ist mit dem, was man gerade so hatte.

Man kann spekulieren, inwiefern das schon Anzeichen eines beginnenden Verfalls sind. Knappheit finanzieller Ressourcen können eine Rolle gespielt haben, auch eine allgemeine Unsicherheit mangels innenpolitischer (Intrigen, Morde, Nachfolgestreitigkeiten) und außenpolitischer Stabilität, vor deren Hintergrund man sich lieber mit der Fertigstellung beeilte und dafür Qualitätseinbußen in Kauf nahm.

Ein Meisterwerk bukharischer Handwerkskunst ist dagegen die hölzerne Eingangstür.

Innen dagegen verdient die meisterliche Kuppelbauweise anerkennende Erwähnung. Die Dachkonstruktionen und Übergänge sind äußerst geschickt mit Zwickeln und Bögen ausgeführt, so daß diese Konstruktionen leicht wie ein Ornament wirken und ihre tragenden Eigenschaften erst auf den zweiten Blick klar werden.

Die Kosh- Medrese - Die Medrese Madar-e Khan - Das Kosh-Prinzip

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