Bernhard Peter
Die Khanqah Abd-i-Birun in Samarqand

Eine Khanqah ist ein Sufi-Konvent, das Zentrum einer Sufi-Bruderschaft (Derwisch-Orden). Es wird von den Mitgliedern aufgesucht zum gemeinsamen Dhikr (Gedenken) oder für religiöse Studien. „Birun“ bedeutet „der Äußere“ und weist darauf hin, daß diese Khanqah außerhalb der alten Stadtmauern errichtet wurde, im Gegensatz zu „inneren“ Khanqah „Abd-i-Darun“. Die Anlage wurde zum Gedenken an einen Qadi des 9. oder 10. Jh. AD erbaut, aber erst im 17. Jh. durch den Minister Nadir Diwan Beg. Die Anlage umfaßt innerhalb einer Umfriedung (Hazira) ein schmuckloses massiges Grabmal unter freiem Himmel, auf einer Plinthe oder Plattform (Dakhma) errichtet, von offenen Arkaden entlang der Umfriedung gesäumt. Zur Anlage gehören ferner ein Raum zur Qur’an-Lesung (Qori Khana) in einer Ecke der Anlage und als markantestes Gebäude eben die Khanqah, den überkuppelten Versammlungsraum. Es handelt sich um ein Gebäude auf fast quadratischer Grundfläche, mit 14 m x 15 m Seitenlänge. Selbstverständlich wurde von der Sufi-Bruderschaft der Ort des Heiligengrabes mit Absicht als Bauplatz ihres Konventes gewählt, aber das Hauptgebäude ist kein Mausoleum, sondern ein Versammlungsraum.

Ein hoher Pishtaq rahmt einen tiefen Eingangs-Iwan. In die Seite des Iwans eingelassen ist eine reich verzierte Nische, von quadratischem Kufi innen in schwarz und außen gegenläufig in türkis umgeben. Darüber ist mit ziemlichem Abstand ein keramisches Thuluth-Feld.

Auf den drei anderen Seiten ist die mittlere seitliche Öffnung jeweils von einem kleinen, flachen Pishtaq eingerahmt, der sich aber nur wenige Dezimeter über den Kubus erhebt. An der linken Seitenwand wird der Bogen von zwei weiteren Blendbögen rechts und links davon begleitet, die fast auf der gleichen Höhe liegen wie der mittlere Bogen. Besonders hervorzuheben ist das keramische Mosaik in den Bogenfeldern mit Arabesken.

Die Rückwand der Iwane haben zwei Öffnungen übereinander, nur durch ein schmales Band voneinander getrennt: Über der Tür befindet sich eine Fensterfüllung aus durchbrochenem steinernen Gitterwerk.

Über der kubischen Basis befindet sich eine niedrigere Stufe, deren Ecken zum Achteck mit ungleicher Kantenlänge abgeschrägt sind. Die Verzierung ist ein Netz aus getreppten Maschen. Im Innern entspricht das der achteckigen Zone unter dem Kuppelansatz.

In timuridischer Tradition ausgeführt ist die doppelschalige Kuppel, wobei die Außenkuppel weniger stark melonenförmig ausgerundet ist als in der frühtimuridischen Architektur zum Vergleich. Beide Kuppelschalen sind gegeneinander verstrebt. Die Kuppel hat 6 m Durchmesser. Der Tambour ist mit umlaufenden Schriftbändern verziert, einem monumentalen auf gelbem Grund, davon durch ein geometrisches Band abgesetzt ein Band mit edlem Thuluth weiß auf blauem Grund, dann folgt ein weiteres geometrisches Band direkt unter der Kuppel.

Doch das allerbemerkenswerteste Detail ist eine Quarantänezelle in Form eines Brunnenschachtes, die zur Meditation benutzt wurde, direkt vor der Khanqah in den Boden eingelassen.

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© Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2006
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