Bernhard Peter
Gyantse: Kumbum, Außenansichten

Der Kumbum ist eine architektonisch und kultisch einzigartige Struktur, die in dieser Größe nicht ihresgleichen in anderen Klöstern Tibets findet. Das zwischen den verbliebenen Klöstern der Klosterstadt stehende Gebäude hat die Form und Funktion einer Stupa, ist aber vollständig begehbar. Es ist ein vielfältig strukturierter Reliquienschrein, den man auf allen Ebenen entlang des gestuften Umganges begehen kann, mit regelmäßig angeordneten Kammern auf jeder Etage, die Kultbilder bergen. Es handelt sich um eines der großartigsten tibetischen Bauwerke, das in seinen Malereien stark von der Newari-Kunst Nepals beeinflußt ist. Innerhalb Tibets ist es der größte Tschörten. Der Name "Kumbum" bezieht sich auf die 100000 Götterdarstellungen (wörtlich: „hunderttausend heilige Bilder“), die hier zu sehen sind, tatsächlich sind es 27529. Errichtet wurde dieses einzigartige Monument im 15. Jh., Bauherr ist der Fürst von Gyantse, Chögyel Rabten Künzang Phag. Der untere Teil des Kumbum von Gyantse besteht aus fünf übereinander gestaffelten Mauern, ein Quadrat mit abgestuften Ecken bildend. Die unterste Mauer ist nur die Umfassungsmauer, und von den vier gestaffelten Umgängen aus kann man die einzelnen Kammern betreten. Darauf befindet sich eine letzte, kreisrunde Zone, mit vier Räumen, und darüber erhebt sich ein Abschluß wie bei einer Stupa. In der Mitte jeder Längsseite ist eine Hauptkapelle, die sich über zwei Stockwerke erstreckt mit konstruktionsbedingt niedrigerem Vorraum und höherem Hauptraum tiefer im Gebäude drin. Der hohe künstlerische Wert des Kumbum ergibt sich durch seine Wandmalereien und durch seine reichhaltige Ausstattung mit Statuen, auch wenn viele von diesen in der "Kulturrevolution" durch staatlichen Vandalismus zerstört und durch schlichtere Tonbilder ersetzt worden sind. Das gesamte Gebäude ist 35 m hoch und hat 9 Ebenen. Mit seiner Konstruktion und Thematik ist es ein dreidimensionales Mandala.

Andere Essays über Tibet lesen
Andere Länderessays lesen
Home

© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2009-2011
Impressum