Bernhard Peter
Altes
Silberbarrengeld aus Thailand
Mein erste Begegnung mit alten Silberbarren
in Thailand hatte ich in Chiang Mai auf dem Nachtmarkt. Der
Nachtmarkt bietet in einer überdachten Halle auf drei Etagen
eine riesige Anzahl von Geschäften für Kunsthandwerk, Nippes,
Kleidung und Antiquitäten. In einigen dieser Läden findet man
noch alte Silberbarren, Sycee-Geld. Besseres Anschauungsmaterial
findet sich in den Antiquitätengeschäften der Straßen zwischen
Altstadt und Nachtmarkt, nicht so touristenüberflutet, dafür
bessere Qualität und nettere Leute im Geschäft. Besonders wohl
habe ich mich in einem verstaubten Laden gefühlt, der den Charme
einer Garage hatte, der Besitzer sprach kein Wort Englisch, aber
er war der freundlichste Mann der Straße und zauberte nach
langem Suchen irgendwo aus chaotischen Papierstapeln Kopien einer
englischen Abhandlung über die thailändische Geldgeschichte -
fabelhafter Mensch und die Geduld dazu in Person, der jedes
gegenseitige Verstehen mit einen Bilderbuchlächeln begleitete.
Im Laufe der Geschichte ist das
thailändische Machtzentrum von Norden nach Süden gewandert.
Entsprechend jung ist die Münzgeschichte des Reiches von
Thonburi bzw. Bangkok, die im wesentlichen Kugelmünzen zu bieten
hat, und entsprechend alt ist die Münzgeschichte hier im Herzen
des alten Reiches von Lanna in Nordthailand. Insbesondere an der
Kontaktzone zu Laos, Birma und China war eine Vielzahl von
Wertbarren in Umlauf, so daß man in Chiang Mai in der
Antiquitätenszene die ganze Bandbreite von Tigerzungen,
Bootgeld, Packsattelgeld und Kugelgeld zu sehen bekommt.
1. Chiang-Sycees, Chiang-Geld,
Packsattelgeld
2. Sattelförmige Sycees
- Zeit und Verbreitung: Hat
seinen Ursprung außerhalb Thailands. Sycee wurde bereits
seit 2000 Jahren in China verwendet und war bis Mitte des
20. Jahrhunderts dort verbreitet. Die Benutzung als
Zahlungsmittel wurde in China erst 1935 verboten. Das
Sycee-Geld oder besser Sycee-Silber taucht erstmals in
der Lanna- und Lan Chang Periode in Thailand bzw. Laos
auf.
- Material: Sehr reines Silber
(ca. 98%)
- Verwendung: Es handelt sich
nicht um eine Währung definierter Abstufung, sondern um
Silberbarren, welche in verschiedenen Formen und
Gewichten zur Zahlung von größeren Beträgen und als
Sparanlage verwendet wurden.
- Standardisierung: Der Wert
bestimmte sich einzig durch das Gewicht. Somit gibt es
keine definierten Größenabstufungen. Es gibt gewichte
von wenigen Gramm bis zu mehreren hundert Gramm.
- Form: taillierte und an den
Schmalseiten zungenförmig ausgezogene Barren.
- Prägestempel: Prägungen und
Markierungen in Form chinesischer oder vietnamesischer
Zeichen dienten als Echtheits- und Feinheitsbeweis.
3. Seidenschuhförmige Sycees
- Form: Chinesische
Silberbarren in verschiedenen Formen (meist bootförmig
oder wie ein gestauchter und leicht flachgedrückter
Poller oder Zuckerhut, wobei die Ränder, die die einzig
flache Seite begrenzen, oft etwas hochgezogen sind).
- Name: Die Benennung Sycee
(ausgesprochen Saisi) leitet sich wohl vom chin. Si-tsu
(feine Seide) ab und bezieht sich auf die
seidenfadenähnlichen Linien, die sich nach dem Guß der
Barren auf der Oberfläche zeigten und den Jahresringen
eines Baumquerschnittes ähneln. Die Bezeichnung
Seidenschuh- oder Schuhgeld geht auf die Form der Stücke
mit hochgezogenen Rändern zurück, die wie die
Seidenschuhe aussehen, die die durch Binden
verkrüppelten kleinen Füße der vornehmen chinesischen
Damen schmückten.
- Verbreitung:
Seidenschuhbarren wurden zwar ursprünglich in China
entwickelt, doch sie waren nicht nur dort im Verkehr -
sie wurden auch in Burma und Thailand als Zahlungsmittel
eingesetzt.
- Verwendung: Da die Chinesen
nur wenig Vertrauen in Papiergeld hatten und die
damaligen Münzen nur einen geringen Wert hatten, zog man
für größere Käufe Silberbarren in verschiedenen
Formen und Größen vor. Sycee-Silber diente der
Bezahlung größerer Beträge im Handel und als
Geldanlage. Die kleineren Stücke von Teilgewichten bis
zu 5 Tael wurden oft als Geschenke verwendet.
- Alter: Die Verwendung von
Silberbarren soll in China bis weit in die vorchristliche
Zeit zurückgehen, ursprünglich dienten sie wohl als
Hortgeld. Das erste Auftreten der Sycee- oder
Seidenschuhform ist ungewiß, sie sollen aber schon im
13./14. Jh. gegossen worden sein. Die Verwendung dieser
Geldform reicht zurück bis in die frühe Han-Dynastie
(206 v. Chr.) Die Bedeutung von Silber im Zahlungsverkehr
nahm seit der Tang-Dynastie (618-906) immer mehr zu. Man
versuchte zwar zu Beginn der Ming-Dynastie (1368 - 1644)
das Silber zu verdrängen, jedoch wurde das Papiergeld
vom Volk nicht angenommen. Die Steuern wurden ab 1581 in
Silber eingefordert, statt in Form von Getreide. In der
Ming-Zeit wurde die Sycee-/Seidenschuhform die
dominierende Form, die seit den Zeiten Kublai Khans
(1260-1295) existierte. In der Neuzeit wurden sie immer
beliebter und kamen als Währung im 19. Jh. in Gebrauch.
In China waren sie bis um 1935 verbreitet (Verbot für
Sycee-Silber durch die chinesische Regierung)
- Gewicht, Standardisierung und
Einheiten: Anders als bei der Münzherstellung war die
Produktion von Sycee-Barren kein staatliches Monopol.
Deshalb konnte diese Form auch von Privatbanken
ausgegeben werden. Die Gewichtsgrundlage ist der Tael -
eine Einheit von etwa 36 Gramm. Man kennt sie in
Gewichten von 1/10 bis 100 Tael (das Gewicht des
Tael ist regional stark schwankend, meist werden 36 bis
37 g angegeben). Das Gewicht kann bis zu 2 Kilogramm
betragen. Sycees wurden von offizieller Seite auf gewicht
und Reinheit geprüft.
- Herstellung: Die Sycees
wurden sind Sandmulden gegossen. Daher kommt die typisch
breit-zungenförmige Form mit Rauhigkeiten am Rand und
Luftblaseneinschlüssen sowie der hochgezogene Rand sowie
die feine unregelmäßig ringförmige Textur der
Oberfläche
- Material: fast reines Silber
- Prägungen: Das Gewicht, ggf.
der Feinheitsgrad und auch der Name des Herstellers,
teilweise auch Wunschformeln wurden auf die Barren
aufgeprägt, und zwar auf die einzig flache Seite.
4. Kugelgeld, Tikal, Pod Duang
- Form: Münzen in Kugelform
oder vielmehr ein kurze kräftige elliptische
Silberstange, die in der Mitte zur Kugelgestalt gefaltet
wird, indem die Enden nach innen zusammengebogen werden,
und dann mit mehreren Prägungen versehen wird.
- Name: Wörtlich
Wurmgeld, die thailändische Bezeichnung
leitet sich von duang, Wurm, ab. Die Form
ähnelt dem Wurm Klom, deshalb nennen die
Thai es Ngoen Klom oder Ngoen Pod
Duang. Im Englischen heißt dieses Geld
bullet money, die Übersetzung desselben hat
sich auch im Deutschen durchgesetzt.
- Verbreitung: staatliches
thailändisches Silbergeld
- Alter: 14. Jahrhundert bis
zum Ende des 19. Jahrhunderts. Das Kugelgeld namens Pod
Duang war eine Erfindung im Königreich von Sukhothai,
die sich bis zur Einführung des modernen Baht behauptet
hat. Die Vorläuferformen des Kugelgeldes finden sich
bereits in Srivijaya und Lanna.
- Einheiten: Dieses Geld folgte
einer Normierung. Die Gewichtseinheit in Thailand war das
Tikal (oder Baht ) - ca. 15,2 Gramm. Hauptsächlich
erschienen die Stücke im Gewicht von einem Tikal. Es gab
zudem noch Werteinheiten zu 1/2, 1/4, 1/8, 1/16, 1/32 und
1/64 Tikal, wobei die beiden letzten Größen winzige
Kügelchen sind und entsprechend selten erhalten
geblieben sind. In Gebrauch waren auch Stücke größeren
Gewichts, wie z. B. Doppel- oder Vierbahtstücke, und in
Ausnahmefällen waren auch 10, 20, 40 oder gar 80 Baht-
Stücke in Umlauf.
- Prägungen: Pod Duang haben
immer mindestens zwei Prägungen. Die Kugeln wurden mit
den Zeichen der jeweiligen Herrscherdynastie und dem
persönlichen Symbol des jeweiligen Königs mittels
Punzeinschlägen versehen. Ein Wert ist nicht in das
Kugelgeld eingeprägt. In der Sukhothai-Zeit wurde meist
noch ein weiteres Symbol eingeschlagen, so etwa ein
Elefant, das Rad der Lehre oder das Ratchawat
(Punktepyramide), welches auch heute noch als
glückbringendes Symbol verwendet wird. Im der
Ayutthaya-Zeit wurden die Pod Duang weiterentwickelt. Das
Symbol Ayutthayas, das Dharmachakra wurde aufgestempelt.
Zusätzlich erhielten die Stücke den Stempel des
regierenden Monarchen (z. B. ein Lotus für König Narai)
und Symbole wie den Garuda, Elefanten oder Anker. In der
Ayutthaya- Zeit veränderte sich die Form des Pod Duang.
Die Stücke wurden runder, die eingefalteten Enden
kürzer, die Gesamtgestalt kugelförmiger. Von da an
wurden nur noch das Symbol der Dynastie oben und das
Symbol des Königs vorne eingeschlagen. So sind auf einer
späteren Kugelmünze (späte Ayutthaya-Zeit, Thon
Buri-Zeit, frühe Rattanakosin-Zeit) in der Regel zwei
Symbole zu finden. Kugelmünzen aus der Rattanakosin-Zeit
tragen alle das Chakra-Symbol der Dynastie und das
individuelle Symbol des jeweiligs herrschenden Königs.
Unter Rama IV und Rama V ging man zur Prägung flacher
Münzen über.
5. Tok-Geld
- Ort und Zeit: Stadtgeld, bis
Ende des 19. Jahrhunderts in den Städten Chiang Mai und
Nan im Norden Thailands
- Verwendung: vorwiegend zum
Landkauf und als Brautgeld. Offizielles Zahlungsmittel,
wurde oft auch als Geschenk des Bräutigams an die Eltern
seiner Braut übergeben.
- Aussehen: silberhaltige runde
Barren mit einer flachen Unterseite und einer mehr oder
weniger gewölbten Oberseite in unterschiedlichen
Größen. Manchmal haben sie einen bräunlich gelbroten
bis goldenen Belag auf einer Seite
- Material: Silber, Bronze und
Kupfer
- Varianten: Man unterscheidet
4 Arten:
- Tok Nan:
- aus der Stadt
Nan
- Material:
Bronze oder silberhaltige Legierungen
- Oberseite:
schwach gewölbt, oft mit Eigelb oder
Hühnerblut gefärbt.
- Unterseite:
Reste einer Gußblase erkennbar.
- Durchmesser:
ca. 35 - 45 mm.
- Tok Chiang Mai:
- aus der Stadt
Chiang Mai
- Oberseite:
hoch gewölbt, hohl
- Unterseite:
flach, mit Hühnerblut gefärbt
- Durchmesser:
12 - 50 mm
- Prägungen: 2
- 3 runde Stempel
- Pferdehufgeld:
- Oberseite:
Wölbung gering, Hohlraum klein,
Markierung ähnelt einem Pferdehuf
- Unterseite:
flach
- Durchmesser:
15 - 50 mm
- Schweineschnauzengeld:
- Oberseite:
hoch aufgewölbt
- Unterseite:
flach
- Durchmesser:
15 - 50 mm
- Material:
hochwertigere Silberlegierung als die
anderen Stücke
6. Lat-Geld, Tigerzungen
- Alter und Verbreitung:
Offiziell Ende des 16. Jahrhunderts bis Anfang 18.
Jahrhunderts, im Königreich Lan Chang (heute Laos),
entlang des Mekongs, in Ost-Thailand. Es war bis ins 19.
Jahrhundert in Laos und im Osten Thailands auf dem Land
in Umlauf.
- Form und Aussehen:
Zungenförmig gegossene Barren mit einem Gewicht zwischen
70 und 100 Gramm und einer Länge von 100 - 125 mm. Sie
sind abgerundet und haben eine warzenähnliche
Oberfläche und werden daher meist Tigerzungen genannt.
- Name: lat = Markt, also
Marktgeld
- Gewicht und Standardisierung:
Lat-Geld wurde in verschiedenen Größen herausgegeben.
Die Kombination aus Gewicht und Metall bestimmte den
Wert.
- Material: Die kleineren
Stückelungen des Lat-Geldes wurden in Bronze gegossen,
die hohen Werte in Silber. Der Silberanteil der Barren
war unterschiedlich groß.
Prägestempel:
Die Silber- oder Bronzebarren erhielten manchmal keine,
manchmal zwei oder mehr, üblicherweise jedoch drei
Prägestempel. Die Prägungen zeigen Elefanten oder das
Chakra-Symbol oder zusätzlich auch die Lotus-Blüte,
Blumensträuße oder die Blume Dok Pikul.
7. Bootgeld, Kanugeld, Bar money, Hoi
money
- Alter und Verbreitung: Gebiet
von Lan Chang, d. h. die Städte Luang Prabang und Vieng
Chan in Laos, Sakhon Nakhom, Udon Thani und Ratchathani
in Nordost-Thailand. Neben den Münzen waren die
Bronzebarren später noch länger im Zahlungsverkehr als
die Silberbarren.
- Form und Aussehen: Wie
Lat-Geld, in Form von flachen Booten oder Kanus mit
hochgezogenem Rand und mit einer glatten bis rauhen
Oberfläche, ohne die für Tigerzungen charakteristische
warzige Oberfläche. Diese Stücke werden in
Sammlerkreisen meist Boot- oder Kanugeld genannt.
- Gewicht und Standardisierung:
verschiedene Größen, große Stücke erreichen ein
Gewicht von nahezu 100 Gramm.
- Material: Kupfer, Bronze,
Messing oder Silber
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Text und Photos: Bernhard Peter 2004, Literatur beim Verfasser
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