Bernhard
Peter
Historisches
Fort in Galle
Galle liegt an der Südwestküste von Sri Lanka. Eine Halbinsel ragt weit nach Süden in den Indischen Ozean hinein, und diese Halbinsel ist vollständig von den Wehranlagen des erhaltenen Forts umgeben. Am wuchtigsten sind die Verteidigungsanlagen im Norden, der einzigen Stelle, wo ein Angriff zu Land erfolgen konnte. Die Häuser der insgesamt ca. 52 ha großen Altstadt mit ihren beispiellos zahlreichen authentischen Bauten im Kolonialstil, die seit 1988 zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, befinden sich vollständig innerhalb der historischen Mauern, und die Altstadt ist heute eines der besterhaltenen Beispiele einer europäischen Kolonialfestung im südasiatischen Raum. Von der im Norden liegenden Neustadt Kaluwella ("Schwarze Stadt") ist die Halbinsel heute durch das Kricketstadion getrennt.
Nach Norden hin wachen drei Bastionen aus dem 17. Jh. über die Sicherheit der Stadt, von West nach Ost die Star Bastion, die Moon Bastion und die Sun Bastion, und die anderen Seiten des Forts werden von weiteren Bastionen bewacht, im Uhrzeigersinn sind das die Zwart Bastion, die Akersloot Bastion, die Aurora Bastion, die Point Utrecht Bastion mit dem von den Briten errichteten Leuchtturm, die Flag Bastion im äußersten Süden, die Triton Bastion, die Neptune Bastion, die Clippenberg Bastion und die Aeolus Bastion. Landseitig war die Festung noch einst durch einen tiefen Graben geschützt, der heute verfüllt ist.
In der Ostseite bildet die Umwallung eine Stufe, die den Hafen im Westen und Süden flankiert. Hier in dem Mauerabschnitt südlich des Hafens liegt das alte Festungstor, durch das auch heute noch eine Straße führt, und dieses Tor ist mit einem Wappenstein geschmückt. Das neue Tor hingegen brachen die Engländer 1873 in den nördlichen Mauerabschnitt zwischen Moon Bastion und Sun Bastion, es hat keinerlei Bauschmuck. Nicht mehr erhalten sind Graben und Zugbrücke in Richtung Hafen, die früher das Tor von außen schützten.
Die Geschichte des Forts reicht zurück bis in die Zeit der Portugiesen, welche Galle 1505 unter Lourenço de Almeida (Sohn des Vizekönigs Francisco de Almeida, gest. 1508) erreichten und besiedelten, aber fast das ganze 16. Jh. hindurch Colombo den Vorzug gaben. Das Landen in Galle war die ungeplante Folge eines Sturmes, der die Flotte weit von ihrem geplanten Kurs abbrachte. 1588 verlagerten die Portugiesen ihren Schwerpunkt nach Galle und befestigten den Isthmus mit einem Querriegel aus Mauern und drei Bastionen (genannt Sao Iago, Conceycao und Sao Antonio), damals noch nicht so stark wie heute, sondern weitgehend aus Erdwällen und hölzernen Palisaden bestehend (Fort "Santa Cruz"). Die Seeseite wurde noch nicht befestigt, man erwartete höchstens einen Landangriff. Noch war man im Indischen Ozean die beherrschende Seemacht. Doch bald schon wetteiferten mehrere Nationen, Dänen, Holländer, Briten und Franzosen mit ihnen um die Seehegemonie in Südasien. 1640 fiel die Festung an die Holländer, die sich mit König Rajasinhe II verbündet hatten, und die bauten die Festung ab 1649 massiv aus, und die Wälle wurden aus Granitsteinen gemauert, der z. T. als Ballast hierherkam, eine ungeheure Anstrengung im tropischen Klima. Die neuen Wälle umgaben nun auch die gesamte Anlage, hauptsächlich 1663 ff. errichtet. Die Seeseite wurde sogar erst 1729 mit einem Steinwall befestigt; die letzten Bastionen Triton und Neptun entstanden unter dem besonders unterdrückerisch herrschenden Gouverneur Petrus Vuyst (1726-1729). Als nächste Macht übernahmen nach den Holländern die Engländer das Fort, nur eine Woche nach der Übergabe von Colombo wurde am 23.2.1796 die Festung Galle übergeben. Dadurch, daß sie nicht gestürmt werden mußte, erklärt sich ihr guter Erhaltungszustand. Bis 1948 blieb das Fort Galle in britischer Hand und war südliches Hauptquartier der Kolonialmacht; seine Bedeutung als Stützpunkt und Hafen nahm jedoch zugunsten Colombos während des 19. Jh. ab.
Am alten Festungstor, das 1669-1873 der einzige Zugang zur Altstadt war, befindet sich außen ein Wappen von König George III (1760-1816) aus dem Haus Hannover, in ziemlich vermoostem, aber gutem Zustand. Das Wappen ist geviert: Feld 1 und 4: England, in Rot drei goldene, hersehende, schreitende Löwen (Leoparden) übereinander (eng.: Gules three lions passant guardant in pale Or armed and langued Azure), Feld 2: Schottland, in Gold innerhalb eines außen und innen mit Lilien besteckten Zwillingsinnenbordes ein roter Löwe (engl.: Or a lion rampant within a double tressure flory counter-flory Gules), Feld 3: Irland, in Blau eine goldene Harfe mit silbernen Saiten (engl.: Azure a harp Or stringed Argent). Ein mit einem Kurfürstenhut gekrönter Mittelschild zeigt die Herkunft des englischen Königs aus dem Hause Hannover: mit einer eingebogenen Spitze gespalten, Feld 1: in Rot zwei goldene, hersehende, schreitende Löwen (Leoparden) übereinander (Fürstentum Braunschweig), Feld 2: in goldenem, mit roten Herzen bestreutem Feld ein blauer Löwe (Fürstentum Lüneburg), Feld 3: in Rot ein silbernes, aufspringendes Pferd (Hannover, Welfenroß). Der Herzschild ist rot mit einer goldenen Kaiserkrone (sog. Krone Karls des Großen). Durch diese spezielle Form läßt sich das Wappen auf die Zeit 1801-1816 datieren.
Auf dem Helm ruht die "Imperial Crown", und darauf steht ein goldener, schreitender, hersehender Löwe (Leopard), der wiederum mit der "Imperial Crown" gekrönt ist. Die ursprüngliche Helmzier der britischen Könige, wie sie seit Edward III. geführt wurde, war ein roter, hermelingestulpter Turnierhut, und darauf der besagte gekrönte Leopard (lion passant guardant). Unter Heinrich VIII. wurde die Helmzier geändert, und statt auf dem Turnierhut stand nun der Löwe auf der königlichen Krone (the Royal Crown proper, thereon a lion statant guardant Or, royally crowned also proper). Die exakte Form der Krone veränderte sich dabei im Laufe der Geschichte immer mal wieder.
Prunkstücke: Um den ovalen Schild liegt das Band des Hosenbandordens mit der Aufschrift "Honni soit qui mal y pense" - "Ein Schelm, der Böses dabei denkt" (Garter), unten ist eine weitere Devise: "Dieu et mon droit" - "Gott und mein Recht". Zwei Schildhalter flankieren das Wappen, heraldisch rechts ein goldener, rotbewehrter, gekrönter, hersehender Löwe für England (engl.:a lion rampant guardant Or crowned), links ein silbernes, golden bewehrtes und bemähntes Einhorn für Schottland, um den Hals eine goldene Krone, heute meist mit daran hängender goldener Kette dargestellt, die hier aber fehlt (engl.: sinister a unicorn Argent armed, crined and unguled Proper, gorged with a coronet Or composed of crosses patée and fleurs de lys (a chain affixed thereto passing between the forelegs and reflexed over the back also Or)). Unter dem Schild befinden sich Rosen und Disteln, Symbole für England und Schottland. Ein Wappen identischen Aufbaus, aber schlechterer Erhaltung, befindet sich am historischen Fort in Trincomalee an der Nordostküste Sri Lankas.
Die tunnelartige Durchfahrt zeigt auch heute noch die Dicke der Wälle an. Auf der Innenseite der Festungsmauer befindet sich entlang der Queens Street ein langgezogenes ehemaliges Lager- und Warenhaus der Vereinigten Ostindischen Kompanie (VOC). Seit 1992 beherbergt der 1671 erbaute Bau das Maritime Museum Galle mit einer Ausstellung von Booten, Schiffsmodellen und Exponaten zum Seehandel.
Stadtseitig befindet sich über der Durchfahrt das Symbol der VOC (Vereenigde Oostindische Compagnie), ein Großbuchstabe "V", dessen beide Schenkel jeweils mit dem Buchstaben "O" und "C" verschränkt sind, ein Symbol, das die Kompanie auch in ihren Siegeln und auf ihren Münzen verwendete. Zwei Löwen halten die Kartusche zu beiden Seiten, unten ist der Stein auf 1669 datiert. Oben sehen wir einen Hahn, eine europäische Fehlinterpretation des Namens "Galle", welcher sich tatsächlich entweder von einem Wort für Ochsenkarren oder von einem singhalesischen Wort für einen Felsen ("Gala") ableitet, mit dem Gallus = Hahn jedoch etymologisch nichts zu tun hat. Das VOC-Symbol befindet sich übrigens auch auf der Außenseite des Tores, dazu die Jahreszahl 1668.
Den letzten Angriff, den die Bollwerke der Festung Galle abwehren mußten, waren übrigens die Tsunami-Wogen 2004, und die Altstadt hat diesen Angriff des Meeres dank der massiven Wälle unbeschadet überlebt, obwohl die Fluten bis zur Wallkrone reichten, während die Neustadt empfindlich gelitten hat und weite Teile derselben in den Sog der Zerstörung gerieten. Danach wurden die Altstadt und die Festungswälle renoviert.
Zurück zum Wappen auf der Außenseite des alten Tores: Genealogie des Hauses Hannover:
Literatur,
Links und Quellen:
Heraldik Großbritanniens: http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_Supporters_of_England - http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_coat_of_arms_of_the_United_Kingdom - http://www.royal.gov.uk/Home.aspx - http://www.royal.gov.uk/MonarchUK/Symbols/Coatsofarms.aspx - http://www.heraldica.org/topics/britain/royalarm.htm - http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_Arms_of_England
Lennox A. Mills, Ceylon Under British Rule, 1795-1932, online: http://books.google.com/books?id=YyHG9ZKl3bwC
G.C. Mendis, Ceylon under the British, online: http://books.google.com/books?id=ppHNLqowf1cC
Humphrey William Codrington, a short history of Ceylon, online: http://books.google.com/books?id=4hyiaAXhNd8C
Colvin R. De Silva, Ceylon under the British occupation,
1795-1833, online: http://books.google.com/books?id=uxwVAQAAIAAJ
Galle: http://de.wikipedia.org/wiki/Galle_%28Stadt%29, http://en.wikipedia.org/wiki/Galle_Fort - http://whc.unesco.org/en/list/451
http://de.wikipedia.org/wiki/Niederl%C3%A4ndische_Besitzungen_in_S%C3%BCdasien - http://discover.lankanest.com/index.php?option=com_content&task=view&id=100&Itemid=71.html/ - http://www.lankalibrary.com/heritage/gall.html - http://www.lankalibrary.com/geo/galle1.html - http://www.lankalibrary.com/heritage/galle.html
König Georg III.: http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_III._%28Vereinigtes_K%C3%B6nigreich%29
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan,
Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag
ISBN 978-3-7686-2515-9
Maritime Museum: http://www.lankalibrary.com/heritage/galle3.htm
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