Bernhard Peter
Buduruwagala

Buduruwagala liegt in der Uva-Provinz an der Grenze zwischen dem Monaragalla-Distrikt und dem Badulla-Distrikt, etwas abseits der A2, die Badulla mit der Südküste verbindet, ca. 5 km südwestlich der Straßenkreuzung in Wellawaya. Naturräumlich bilden hier die allerletzten Ausläufer des hier steil in die Küstenebenen abfallenden Zentralgebirges den Hintergrund für dieses in die Felsen gemeißelten Heiligtum, das selbst bereits im Tiefland und in der südlichen Trockenzone liegt. Der Name Budurawagala besteht aus Budu = Buddha + ruwa = kunstvoll gestaltet + gala = Stein, beschreibt also einfach nur das Vorhandensein in Stein gehauener Buddha-Reliefs. Man erreicht sie über einen über mehrere kleine Treppen führenden Fußweg am Rande einer großen Lichtung im Wald.

In Buduruwagala sind insgesamt sieben in den Felsen gemeißelte Figuren aus dem 7.-10. Jh. n. Chr. zu finden. Es gibt leider keinerlei schriftlichen Zeugnisse oder Inschriften, die eine genauere Datierung zulassen. Aber in dieser Zeit entstanden andere Großplastiken dieser Art auf der Insel Lanka.

Die Figuren bilden drei Gruppen. In der Mitte steht eine isolierte Figur Buddhas, die hellgrau erscheint und die typische Haartracht hat. Zu beiden Seiten befinden sich in ungleichen Abständen zwei Dreiergruppen, jeweils mit einem Relief im Zentrum und zwei weiteren zu beiden Seiten.

Unter den den zentralen Buddha begleitenden Figren sind Bodhisattvas, erkennbar an ihren kronenartigen Kopfbedeckungen. Dieses Konzept der Bodhisattvas ist eher aus dem Mahayana-Buddhismus vertraut und begegnet einem z. B. in den Kulthöhlen von Yungang in China o.ä. Sri Lanka folgt heute dem Theravada-Buddhismus, gehört also zum Hinayana-Buddhismus, und Bodhisattvas spielen im Kult keine Rolle. Solche Darstellungen sind für den heutigen Buddhismus der Insel also völlig untypisch. Damit läßt sich stilistisch die Anfertigung dieser Reliefs in die Zeit datieren, als in Sri Lanka zu Zeiten des späten Reiches von Anuradhapura der Mahayana-Buddhismus insbesondere in seiner Form als Tantrismus von Bedeutung war. Dies mag auch erklären, warum die Mönche des Hinayana, die sonst akribisch Kunstwerke aufzeichneten, diese Statuen nirgends in den Chroniken erwähnten, weil sie nämlich Relikt eines abweichenden Kultes waren.

In der linken Dreiergruppe befindet sich in der Mitte die 7 m hohe, weiße Figur des Avalokiteshvara, des Bodhisattvas des Mitgefühls und der Barmherzigkeit, mit einer orangeroten Aureole um den Kopf und einer hohen Krone auf demselben, auf deren Mitte man das Relief eines meditierenden Buddhas erkennen kann. Die Hände sind erhoben, allerdings sieht man nicht die Handinnenflächen, sondern die Finger sind eingeschlagen (Kataka-hasta oder Katakamukham-hasta), vielleicht haben die Hände einmal einen symbolisch wichtigen Gegenstand gehalten.

Die Figur an der vom Betrachter aus gesehen rechten Seite ist Tara, eine aus einer aus Mitleid über das Elend in der Welt vergossenen Träne entstandene Emanation des Avalokiteshvara, die andere Figur ist nicht eindeutig zugeordnet, könnte u. U. Suddhana (oder auch Suddhanakumara genannt) sein. Die Tara ist anhand ihrer Brüste zuzuordnen und stellt die einzige weibliche Kolossalfigur der Insel dar. Mit einem Tribangha genannten und an die indische Kunst erinnernden Hüftschwung schiebt sie sich an die mittlere Figur, eine Mahayana-Darstellungsweise, die ganz untypisch für die heute bestimmende Theravada-Kunst wäre. Die zweite Figur wirkt etwas feminin, weil sie auch diesen Tribangha-Hüftschwung hat, aber sie ist mangels Brustbetonung als männlich anzusehen. Die jeweils innere Hand der beiden äußeren Figuren greifen die Kataka-hasta-Handhaltung auf, der jeweils äußere Arm hängt locker herab.

Die Dreiergruppendarstellung korrespondiert mit der Drei-Körper-Lehre (Trikaya), und wir haben sie hier am Felsen zweimal ineinandergeschachtelt, weil die beiden äußeren Positionen der übergeordneten Dreiergruppe nocheinmal als Dreiergruppe differenziert sind. Die mittlere Figur hat einen Überzug aus weiß bemaltem Putz; man darf davon ausgehen, daß ein solcher Überzug einst auch bei den anderen Figuren existierte. Vielleicht ist das die Ursache für die manchmal schmerzlich vermißte Feinheit anderer Darstellungen, aber die Details wurden vielleicht erst in den Putz geschnitten.

Abb. links: Der zentrale Buddha mit lockigem Haar und mit Ushnisha ist eines der größten Reliefs der Insel Lanka und erreicht stolze 17 m Höhe. Genaugenommen ist es das höchste stehende Buddharelief in Südasien, denn noch größere z. B. in Thailand sind liegende Figuren. Sie kann in einem Zuge mit den zerstörten Statuen von Bamyan oder mit denen in den Yungang-Grotten genannt werden. Die rechte Hand ist erhoben, die linke hält das Gewand an der Schulter fest. Qualitativ ist aber die kleinere Darstellung auf dem Aukana-Relief besser. Diese Figur ist größer, bleibt aber künstlerisch hinter der letztgenannten zurück.

Es handelt sich hier um einen Shakyamuni (historischer Buddha), nach anderen Zuordnungen auch vielleicht um einen Dikampara-Buddha, ein Buddha aus einem anderen Zeitalter. Für die erste Annahme spricht, daß Shakyamuni, Maitreya und Avalokiteshvara als klassische Dreiheit oft zusammen in der Kunst zu finden sind. Für die zweite Annahme spricht ein bengalischer Text aus dem 11. Jh., der evtl. diese Figurengruppe beschreibt und zuordnet. Gegen die zweite Annahme spricht, daß Dipamkara in der Mahayana-Kunst eher selten von Avalokiteshvara und Maitreya begleitet wird, dafür aber eine fünfzackige Krone hätte, was hier eindeutig nicht der Fall ist.

Abb. rechts: Die zentrale Figur der rechten Dreiergruppe, mit erhobenen Händen (beide Hände in der Kataka-hasta-Haltung) und gekröntem Haupt, wahrscheinlich der Buddha der Zukunft, Buddha Maitreya, wie ein Bodhisattva mit Krone dargestellt.

Abb. links: Kopf der zentralen Figur der rechten Dreiergruppe. Abb. rechts: Faltenwurf des Gewandes im Lendenbereich der zentralen Figur der rechten Dreiergruppe. Buddha Maitreya, der Buddha der Zukunft, paßt im Gegensatz zu den Bodhisattvas in die Welt des Theravada-Buddhismus und genießt dort Verehrung. In der Großaufnahme sind die beiden Lotosblüten auf den Schultern erkennbar, ein sicheres Zeichen für eine Maitreya-Darstellung. Das Relief ist das am besten ausgearbeitete und detaillierteste der ganzen Gruppe mit sehr fein gearbeiteten Details von Haarkrone und Gürtel.

Die rechte Figur der rechten Dreiergruppe stellt Vajrapani dar (Abb. links), einen weiteren Bodhisattva, erkennpar am Vajra = Diamantzepter in der erhobenen rechten Hand (Abb. rechts), denn der Name bedeutet wörtlich: Der, der das Diamantzepter hält. Der Bodhisattva Vajrapani ist nun wieder eine Figur, die rein gar nichts im Theravada-Buddhismus verloren hat und eindeutig dem Mahayana-Buddhismus, besonders in seiner tantrischen Form, zuzurechnen ist. Entsprechend häufig findet man ihn dafür in der tibetischen Kunst. Diese Darstellung mit diesem plastisch herausgearbeiteten Vajra ist einzigartig für die Insel Lanka, auch wenn das Zusammenspiel von Fingern und Objekt reichlich ungelenk wirkt. Die Handhaltung ist sehr seltsam: Die Handfläche weist zum Betrachter, vier Finger weisen senkrecht nach oben, nur der Ringfinger ist eingeschlagen. Diese Handhaltung wird Tripataka-hasta genannt.

Die linke Figur der rechten Dreiergruppe ist nicht zugeordnet. Wie die anderen Figuren auch trägt sie beide Hände erhoben (Details der Finger zerstört), aber ohne erkennbare Attribute. Es kann spekuliert werden, ob es sich um Sahampath Brahma handeln könnte. Der untere Teil der Figur ist nur ganz grob aus dem Felsen gehauen, das Gesicht jedoch ist völlig klar und schön durchgebildet, wesentlich besser als das Gesicht des zentralen Buddhas.

Die rechte Dreiergruppe, in der Mitte Buddha Maitreya, rechts Vajrapani.

Seitliche Ansichten der rechten Dreiergruppe. Das grob mit hellen Adern durchzogene Gestein einerseits, ein metamoph überformter Granitrücken, und die an vielen Stellen nur flach und undeutlich aus dem Felsen gehauenen Figuren werden außerhalb des Kopf- und Hand-Bereiches zum Vexierspiel.

Buduruwagala ist einer der komtemplativsten Orte der Insel Lanka, vor allem durch seine Ruhe und Abgeschiedenheit einerseits und durch die untrennbare Einheit von Kunst und Natur andererseits. Abseits vom quirligen Leben der Insel atmet dieser Ort die tiefe Religiosität und Besinnlichkeit einer längst vergangenen Epoche und hat eine Atmosphäre, die auch von einheimischen Pilgern geschätzt wird.

Literatur, Links und Quellen:
Martin H. Petrich, Volker Klinkmüller, Sri Lanka, Stefan Loose Travel Handbücher, 1. Auflage 2006, ISBN: 978-3-7701-6155-3 und 3-7701-6155-6, S. 363
Buduruwagala:
http://www.andotours.com/buduruwagala.html
Buduruwagala:
http://en.wikipedia.org/wiki/Buduruvagala
Buduruwagala:
http://www.orientalarchitecture.com/srilanka/statewide/buduruwagala.php
Buduruwagala:
http://www.sri-lanka-window.com/reiseziele/buduruwagala/start.htm - http://www.sri-lanka-window.com/reiseziele/buduruwagala/t000a.htm

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