Bernhard Peter
In der Altstadt von Patan

Die Moderne macht auch vor der Altstadt von Patan nicht halt. Bevölkerungsexplosion, alterungs- und witterungsbedingter Zerfall und falsch verstandene "Modernität" sorgen für stetige Erneuerung des Stadtbildes, nicht zum Besseren. Doch Patan ist in seiner Altstadt noch sehr reich an traditioneller Architektur der Bürgerhäuser abseits der Hauptsehenswürdigkeiten, an geschnitzten Türen und Fenstern, die nach alter Technik mit oben und unten verbreiterten Zonen in das Ziegelmauerwerk eingesetzt wurden. Die alten Gitterfenster sind wahre Meisterwerke der Schnitzkunst. Doch man muß sie zunehmend zwischen Neubauten, über rücksichtslos bunten Reklameschildern und hinter einem Gewirr von oberirdisch entlang der Häuser verlegten Kabeln suchen.

Oben rechts eine typische tradionelle Tür eines Newar-Hauses. Die Tür wird in der Newar-Sprache Lukha genannt, in Nepali Dhoka. Der Durchschlupf ist niedrig, so daß der Eintretende eine leicht gebückte Haltung einnehmen muß, um ihn zu passieren. Technisch besteht die Unterteilung in einen inneren und einen äußeren Türrahmen. Ersterer wird Duchu genannt, letzterer Bha. Mit Holznägeln (Chukus) und Querstreben (Tas) werden sie zusammengehalten. Wie bei den Fenstern werden traditionell keine Metallteile verwendet.

Das traditionelle Newar-Haus ist in die Höhe geplant, nicht in die Breite. Sicherheitsaspekte einerseits und das Bemühen, so wenig fruchtbares Land wie möglich zu verbauen, führten zu dieser Planung. Typischerweise ist ein Newar-Haus dreistöckig, im Stadtzentrum auch mal vierstöckig und in den ärmeren Außenbezirken auch mal nur zweistöckig, und um einen Hof (Chowk) gebaut. Das traditionelle Baumaterial ist unverputztes Ziegelmauerwerk und Holz, zur Schauseite möglichst aufwendig geschnitzt. Das Erdgeschoß dient auf dem Land der Haltung von Tieren, in der Stadt dem Geschäft, und hier sind die Fenstergestaltungen einfacher. Die Obergeschosse enthalten die Wohnzimmer der Familie, und hier befinden sich zur Straße die mehrgliedrigen Prunkfenster (Sajhya).

Auch bei den traditionellen Fenstern (Jhyas) findet man ausschließlich hölzerne Verbindungen, keine metallenen. Wie bei den Türen besteht die Unterteilung in einen inneren (Duchu) und einen äußeren, reich geschnitzten Fensterrahmen (Bha). Das nicht aus dem Vollen gearbeitete, sondern aus mehreren vorgefertigten Einheiten zusammengesetzte Gitterwerk wird in den äußeren Rahmen eingesetzt und kann nach Montage nicht mehr zerstörungsfrei herausgenommen werden.

Literatur:
Wolfgang Korn: The traditional architecture of the Kathmandu valley, Bibliotheca Himalayica, Series III, volume 11, Ratna Pustak Bhandar, Kathmandu, 1976/2007, ISBN: 978-99933-0-630-6.

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2012
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