Bernhard Peter
Kalender und Zeitrechnung:
Der islamische Kalender (Arabische Länder)

Name der Zeitrechnung: Islamischer Kalender, muslimischer Kalender, Hidschra-Kalender, AH, Hidschri, Hijri
Kalenderwechsel am: 637 oder 638 AD unter dem zweiten Khalifen 'Umar ibn-ul Chattab, einige Jahre nach Muhammads Tod
Zählung ab (Ereignis): 1. Muharram 1 AH = 15./16. Juli 622, Hidschra = Auswanderung Muhammads aus seiner Heimatstadt Mekka nach Medina, wo er das erste islamische Staatswesen gründete.

Das 15/16. kommt nicht dadurch zustande, weil der Tag bereits mit Sonnenuntergang beginnt, sondern liegt an den unterschiedlichen in Gebrauch befindlichen Epochen, siehe unten.

Kleine Unstimmigkeit: Nicht das tatsächliche Datum der Hidschra ist der offizielle Beginn, sondern der Beginn des entsprechenden ersten arabischen Monat des Jahres, in dem die Hidschra stattfand. Die tatsächliche Hidschra fand im frühen Herbst statt, am 13. Rabi I, Fr/Sa, 24./25. September, verließ der Prophet Mekka, am darauffolgenden Donnerstag zog er in Medina ein.

Typ des Kalenders: Reiner, ungebundener Mondkalender, das Jahr hat 354 Tage, in Schaltjahren 355 Tage, unabhängig von den Jahreszeiten des Sonnenjahres. Monate, Daten und Ereignisse fallen also in ganz unterschiedliche Jahreszeiten. Nach 33 Jahren kommen sie wieder an der selben Stelle im Sonnenjahr an.
Jahresbeginn am: 1. Muharram, immer mit der ersten Sichel des neuen Mondes (Neulicht = Tag 1). Ursprünglich wurde der Tag durch Sichtung bestimmt, später durch Berechnung. Keine Bindung an den Sonnenkalender. Der Jahresbeginn war ursprünglich (Jahr 1) im März und wandert seitdem im Verhältnis zum Sonnenjahr 11 Tage pro Jahr rückwärts. Bsp.: Jahresanfang ist jeweils am 26.3.2001 AD (1422 AH), 15.3.2002 AD (1423 AH), 5.3.2003 AD (1424 AH), 22.2.2004 AD (1425 AH), 10.2.2005 AD (1426 AH), 31.1.2006 AD (1427 AH), 20.1.2007 AD (1428 AH), 10.1.2008 AD (1429 AH) etc.

Wochenstruktur:

1 Woche hat 7 Tage. Herausgehoben ist der Freitag.

Namen der Wochentage:

Die Wochentage werden einfach durchgezählt mit der Ausnahme des Freitags, der schon im Namen die Funktion der Versammlung ausdrückt.

1 = Sonntag = yaum al ahad
2 = Montag = yaum
al ithnain, yaum ath-thani
3 = Dienstag =
yaum ath-thalatha, yaum ath-thalith
4 = Mittwoch Vormittag =
yaum al arba'a
5 = Donnerstag = yaum
al hamsin
6 = Freitag =
yaum al-dschum'a
7 = Samstag =
yaum as-sabt

Der Freitag ist Versammlungstag (genau das bedeutet auch der Name) und Tag des Gemeinschaftsgebetes. Der Freitag ist aber kein Ruhetag wie bei uns der Sonntag.

Die alten arabischen, vorislamischen Namen waren ebenfalls Ordnungszahlen und lauteten: Awwal, Awhad, Jubar, Dubar, Mu'nis, 'Aruba, Shiyar.

Monate: Anzahl und Länge 12 Monate im Jahr, abwechselnd 29 und 30 Tage lang, die streng an die Mondphasen gebunden sind. Ein synodischer Monat dauert exakt 29.5306 Tage. Jeder Monat beginnt mit dem Tag nach Neumond (erste sichtbare Sichel, Neulicht) und endet bei Neumond (kein Mond sichtbar).
Monatsnamen: 1 = Muharram (30 Tage)
2 = Safar (29 Tage)
3 = Rabi' I, Rabi' al-Awwal (30 Tage)
4 = Rabi' II, Rabi' al-Akhir (29 Tage)
5 = Dschumada I, Dschumada-l-Ula (30 Tage)
6 = Dschumada II, Dschumada-l-Akhira (29 Tage)
7 = Radschab (30 Tage)
8 = Sha'ban (29 Tage)
9 = Ramadan = Fastenmonat (30 Tage)
10 = Shawwal (29 Tage)
11 = Dhu'l-qa'da (30 Tage)
12 = Dhu'l-hidschdscha (29 Tage im Normaljahr, 30 Tage im Schaltjahr)

Die Monate und ihre Lage verschieben sich jedes Jahr relativ zu den Monaten des gregorianischen Kalenders. Bsp.: Der Fastenmonat Ramadan beginnt am 17.11.2001 AD, 6.11.2002 AD, 27.10.2003 AD, 15.10.2004 AD, 4.10.2005 AD, 24.9.2006 AD, 11.9.2007 AD, 2.9.2008 AD etc.

Anmerkung: Es gab in Arabien auch vorislamische Mondkalender. Die Monatsnamen lauteten aber ganz anders, nämlich: Mutamer, Nadjir, Jawan, Sawan, Hinun, Ronna, Asam, Adel, Natik, Waghel, Hewah, Barak.

Ausgleich, Schaltjahre, -Tage, Monate Da es ein reiner Mondkalender ist, wird keine Bindung an den Sonnenkalender und an seine Jahreszeiten angestrebt. Schalttage, Schaltmonate oder Schaltjahre zur korrigierenden Anknüpfung an das Sonnenjahr entfallen daher komplett. 33 islamische Jahre entsprechen ca. 32 Sonnenjahren, dann sind die Monate und Feste wieder an der selben Stelle des Sonnenjahres angekommen.

Es gibt aber auch im reinen Mondkalender Schaltjahre, um den Kalender mit dem Wechsel der Mondphasen in Einklang zu halten. Ein Mondjahr aus je 6 Monaten zu 29 Tagen und 30 Tagen ist um 0.3672 Tage zu kurz gegenüber dem wahren Mondjahr von 354.3672 Tagen. Mondkalender müssen deshalb etwa alle drei Jahre einen Schalttag hinzufügen, um mit den Mondphasen im Gleichtakt zu bleiben. In Schaltjahren wird 1 Tag eingefügt, so daß das Jahr 355 Tage dauert. Dieser eine Schalttag wird an den letzten Monat Dhu'l-Hidschdscha angehängt, der in Schaltjahren nicht 29, sondern 30 Tage hat.

Wann sind Schaltjahre nötig? Es verbleibt am Jahresende immer ein Rest von 11/30 Tagen. Daher müssen innerhalb von 30 Jahren 11 Schalttage eingefügt werden. Dies geschieht immer dann am Jahresende, wenn der Rest mehr als einen halben Tag beträgt In einem 30-jährigen Zyklus sind folgende elf Schaltjahre notwendig: Das 2., 5., 7., 10., 13., 16., 18., 21., 24., 26. und 29. Jahr sind jeweils Schaltjahre.

Mit dieser Regel ergibt sich, daß der islamische Kalender in 30 Jahren um 0,011680 Tage "nachgeht".

Variante: Schaltjahr ist das 15. Jahr statt des 16. Jahres. Das liegt daran, daß im 15. Zyklusjahr der Rest genau einen halben Tag beträgt. Man kann es nun so oder so interpretieren, an der Richtigkeit ändert sich nichts.

Umrechnung in christliche Zeitrechnung AH minus 3% plus 622 = AD

AD = AH*0,97 + 622 = AH *32/33 + 622

AH = (AD - 622) / 0,97 = (AD-622) *33/32

Besonderheiten: Der muslimische Kalender ist der religiöse Kalender aller Muslime, der die Zeitpunkte wichtiger Feste und Riten (Fasten, Wallfahrt etc.) regelt, selbst wenn der offizielle Kalender in Staat und Verwaltung abweichend der gregorianische sein sollte, wie in der Türkei seit 1926 AD.

Die islamische Zeitrechnung ist das Werk des Kalifen 'Umar (634-644), nicht Muhammads.

Der Tag reicht im islamischen Kalender von einem Sonnenuntergang bis zum nächsten Sonnenuntergang.

Problem 1: Der Beginn eines jeden Monats wurde ursprünglich durch das erste tatsächliche Sichtbarwerden der Mondsichel nach Neumond bestimmt. Erst wenn die neue Mondsichel offiziell durch zwei verläßliche Zeugen gesehen wurde, konnte der neue Monat beginnen. Diese Methode war ein gewaltiger Nachteil der traditionellen Neumondsichtung: Die Monatslänge ist so nicht im Voraus zu bestimmen, denn die Mondbeobachtung ist wetterabhängig, so dass es in der arabischen Geschichte schon zu überlangen Monaten gekommen ist. Und damit war es auch nicht möglich, in der Zukunft liegende Ereignisse exakt zu datieren. Um diese Schwäche der traditionellen Kalenderberechnung zu beheben, ging man zu der astronomisch exakten Berechnung über, die in der obigen Tabelle vorgestellt wird und heute in den arabischen Staaten Gültigkeit hat.

Problem 2: Wegen der Ausdehnung der muslimischen Länder über viele Zeitzonen kann die junge Mondsichel in östlich gelegenen Ländern früher gesehen werden als in westlich gelegenen, sodaß tatsächlich in der islamischen Welt zwei Daten konkurrieren. Heute richtet man sich meistens nach den Daten, die für Mekka gelten.

Auch heute noch macht die alte Regel praktische Schwierigkeiten beim Beginn und vor allem beim Ende des Fastenmonats Ramadan, wenn sich z. B. in Deutschland einige Muslime nach dem für Deutschland errechneten Datum richten, türkische Mitbürger nach dem türkischen Kalender und wiederum andere mit ihren Verwandten in arabischen Staaten gleichziehen. So kommt es, daß Beginn und Ende des Fastens tatsächlich um wenige Tage differieren können, weil man sich nicht auf eine gemeinsame Regel einigen kann, und daß Streit darüber entbrennt, denn im Ramadan muß, im Shaban darf nicht gefastet werden.

Problem 3: Der zyklische Kalender mußte so ausgerichtet werden, daß der berechnete Monatserste möglichst häufig auch tatsächlich mit Neulicht zusammenfällt. Zwei verschiedene Zählungen sind in Gebrauch, beide differieren um genau einen Tag, beide sind in Gebrauch.

  • Epoche 15: 1. Muharram des Jahres 1 dauert von Mittwoch, 14. Juli 622 Sonnenuntergang bis Donnerstag 15. Juli 622, Sonnenuntergang. Genauere Zeitrechnung in westlichen Ländern.
  • Epoche 16: 1. Muharram des Jahres 1 dauert vom Sonnenuntergang des 15. Juli 622 bis zum Sonnenuntergang des 16. Juli. Bietet eine genauere Zeitrechnung in östlichen Ländern.

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2004, 2005
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