Bernhard Peter
Typisch japanische Dinge (45): Kashiki


Bei der Tee-Zeremonie wird nicht nur gemeinsam Tee getrunken, sondern es werden auch Süßigkeiten (Wagashi, Wa + Kashi) als Aufmerksamkeit gereicht. Statt Wa-gashi ist auch der Begriff O-kashi gebräuchlich, O = Honorativ-Präfix, weil es sich um ein unverzichtbares Objekt in einer rituell nach festen Regeln ausgeführten Handlung handelt. Im Zuge des Namban-Handels (1543-1639) wurden westliche Süßigkeiten im Land bekannt; sie wurden Namban-gashi genannt, Süßigkeiten der südlichen Barbaren. Mittlerweile sind diese Kompositionen fester Bestandteil des Repertoires geworen und gelten sogar heute als traditionell einheimisch. Das, was heute als typisch westliche Süßigkeiten importiert wird, nennt man Yo-gashi (You-gashi). Köstliches, aromatisches und süßes Teegebäck, in mundgerechten Größen und aus den verschiedensten, natürlichen Zutaten hergestellt, begleitet jede japanische Teezeremonie. Damit soll der leicht bittere Geschmack des Matcha ausgeglichen werden. Die Bestandteile sind Weizenmehl, Reismehl, Stärke, ggf. auch rote Bohnenpaste (Anko) und Teeaufgüsse. Dazu kommen Früchte, Rosinen, getrocknete Kaki, Honig und der Glucosesirup Mizuame (Rohrzucker wurde erst im 16. Jh. bekannt) als Süßungsmittel. Den feinen japanischen Rohrzucker, der seit der frühen Edo-Zeit produziert wurde, nennt man Wasanbon; er wird nur zur Herstellung von Wagashi verwendet.

Man unterscheidet prinzipiell Namagashi = frisch hergestellte Süßigkeiten, also mehr ins Konditoreihandwerk fallend, und Higashi = trockenes Gebäck, mehr ins Bäckereihandwerk fallend. Higashi serviert man typischerweise zu dünnem Tee. Zu dickem Tee serviert man Omogashi aus roter Bohnenpaste, Zucker, Reismehl und Agar-Agar. Teegebäck kann mit verschiedenen Teesorten Japans gebacken werden. Je nach verwendeter Teesorte unterscheidet man das Gebäck: Teegebäck mit Matcha Uji ist besonders beliebt. Sencha Honyama gibt dem Gebäck ein besonders voll ausgeprägtes Grünteearoma. Genmai-cha verwendet man gerne mit beigemischten Anteilen aus geröstetem Reis und Popcorn für außergewöhnliches und zuweilen extravagantes, buntes Gebäck. Gyokuro Asahi gilt als besonders exquisit und ist festlichen Anlässen vorbehalten. Benannt werden Wagashi meist mit der Bezeichnung einer Naturschönheit oder einem Wort aus der Poesie. Die wahre Kunst besteht darin, als Gastgeber einer Teezeremonie ein gut zur Jahreszeit passendes Wagashi einerseits und eine passende Präsentationsschale auszuwählen, und wie bei anderen Details der Teezeremonie offenbaren sich in dem Grad der Harmonie zwischen Auswahl und Anlaß das Bildungsniveau und die Kunstsinnigkeit des Gastgebers.

Zum Anreichen verwendet man einen flachen Teller, der Kashiki genannt wird und auf dem das Teegebäck angereicht wird. Der verwendete Teller kann aus den unterschiedlichsten Materialien angefertigt sein, aus Keramik oder Porzellan oder aus lackiertem Holz bestehen. Die beiden hier gezeigten Beispiele für Kashiki sind in der ersten Hälfte der Showa-Zeit (1926-1945) entstandene Teller. Ein gedrechselter Holzkern wurde in mehrschichtiger Lackierung in reiner Handarbeit mit Urushi-Lack versehen. Auf schwarzem Lack wurde in erhöht ausgeführter Bemalung Goldlack (Maki-e) aufgetragen, ein attraktives, klassisches Naturmotiv mit verfeinerter Ausstrahlung. Solche Handarbeiten haben unikatären Charakter und gehören zu den typischen Utensilien des Tee-Kultes.


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