Bernhard
Peter
Kamakura
(Präf. Kanagawa), Daibutsu Hiking Trail
Es gibt rings um Kamakura wunderschöne Wanderwege, die man gut in Tagestouren einbauen kann. Das Faszinierende an diesen Wegen ist, daß man in direkter Nachbarschaft zur Stadt wandert, also eigentlich mitten in der Zivilisation, aber sofort von unglaublich dichter und intensiver Natur umgeben wird. Das ist kein Spazierweg im Park, sondern das sind die meiste Strecke enge Pfade durchs Gebüsch, auf denen man in kürzester Zeit komplett die Orientierung verlieren kann. Die Sicherheit liegt allein darin, daß der Verlauf des Weges gut erkennbar ist und daß es kaum Abzweigungen gibt. Es gibt in Japan nur eine ganz geringe Übergangszone zwischen städtischer Bebauung und wilder, dichter Natur an den nicht bebaubaren Hängen. Der bei uns übliche schleichende Übergang zu lockerer Bebauung und dann großzügigen Waldwegen fehlt komplett: Entweder der Grund ist wegsam, dann kann auch gebaut werden, oder es kann nicht gebaut werden, dann ist es unwegsam. Tempel und Schreine liegen im Grenzbereich. Das bedeutet, daß Wanderwege meist durch die steilsten Partien der Hänge führen und man nach einem letzten Blick auf die Häuser sofort in dichter Natur unter hohen Bäumen mit unglaublichen Lichtkontrasten steht, und die einzige Möglichkeit, da durch zu finden, ist der Pfad vor einem. Man trifft hier nur äußerst wenige andere Wanderer (nein, es gibt hier niemanden, den man nach dem Weg fragen könnte...). Zwischendrin gibt es immer mal wieder schöne Ausblicke auf die gar nicht so ferne Bebauung in den Tälern zwischen den Hügeln und auf die Küstenlinie, aber die meiste Zeit ist man allein mit den intensiven Geräuschen des sommerlich heißen und drückend schwülen Waldes, mit Vögeln und lärmenden Zikaden, mit Eichhörnchen, Katzen und Tanuki. Auch wenn die Beschriftung für uns spärlich und mangels ausreichender Sprachkenntnisse rätselhaft erscheint und man nur die Kanji für "Tempel" und "Schrein" lesen kann, sollte man einfach den Mut haben, sich auf diese Wanderwege abseits der ausgetretenen Touristenpfade einzulassen, es ist ein viel intensiveres und mental befreienderes Erlebnis, als wenn man die Ziel-Tempel und -Schreine auf den Straßen im Tal ansteuert.
Einer dieser Wanderwege ist der Daibutsu Hiking Trail (Daibutsu-Kuzuhara-ga-oka-Trail) im Westen und Nordwesten der Stadt. Er beginnt nördlich des Kotoku-in, des Tempels mit dem "großen Buddha von Kamakura". Wer von JR Kamakura aus anreist, nimmt dort am besten ab Bussteig 1 direkt vor dem Bahnhof auf der Ostseite den Bus zum Kotoku-in, Haltestelle Daibutsu-mae. Man folgt ab Tempeleingang der nach Norden und dann nach Nordwesten abknickenden Hauptstraße 350 m hangaufwärts, bis man einen ansteigenden Straßentunnel vor sich sieht. Rechts vor dem Tunneleinlaß geht der Wanderweg los, zunächst über unglaublich viele Stufen steil bergan bis zum Hügelkamm. Dort oben kommt man zu einer wichtigen Weggabelung: Geradeaus geht es weiter nach Norden zum Daibutsu-Kiridoshi-Paß. Wählt man diesen Weg, kommt man nach 560 m wieder in die Zivilisation, wo jetzt erstmal keine unmittelbar wichtigen Sehenswürdigkeiten liegen. Wendet man sich hingegen an besagter Gabelung nach rechts in Richtung Nordosten, kommt man nach 1100 m zum Sasuke-Inari-Schrein oder nach 1,8 km zum Zeniarai-Benten-Ugafuku-Schrein. Man kann von diesem Zwischenziel aus weiter über den Genjiyama-Park mit Picknick-Gelegenheiten und einer Statue des Gründers des Kamakura-Shogunats, Minamoto-no Yoritomo, weiter zum Kuzuhara-ga-oka-Schrein und als Endziel die Tempel Jochi-ji und Tokei-ji in Kita-Kamakura ansteuern. Besonders sehenswert sind am Ende des Trails die alten traditionellen Holzhäuser mit ihren Bambuszäunen, die hier noch erhalten sind. Alles zusammen ergibt ein gutes Tagesprogramm, wenn man vor dem Trail noch Hasedera und den großen Buddha besichtigt hat. Im Vergleich zum Tenen-Hiking-Trail im Norden und Osten der Stadt ist dieser Weg hier recht gut ausgebaut und hat an den Steilstellen Stufen, dennoch ist gutes Wanderschuhwerk anzuraten, desgleichen vorher ein Blick auf die Karte und ausreichend Wasservorräte im Sommer. Am Ende des Trails kann man sich auf der Hauptstraße nach links wenden und erreicht nach wenigen Schritten den Bahnhof JR Kita-Kamakura.
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