Bernhard Peter
Kyoto, Jisho-ji (Ginkaku-ji), Teil (1):
Beschreibung, Somon, Kuri und Vordergarten


Lage und Erreichbarkeit
Das Tempelgelände liegt im Stadtbezirk Sakyo (Adresse: 2 Ginkakujicho, Sakyo-ku Kyoto-shi, Kyoto, 606-8402 Japan) und besitzt eine Ausdehnung von ca. 150 m in West-Ost-Richtung und von ca. 170 m in Nord-Südrichtung. Es wird von Westen her erschlossen; im Osten geht der Tempelgarten in den Bergwald über. Die in West-Ost-Richtung verlaufende Imadegawa Dori bzw. die nördlich des Kanals verlaufende parallele Shirakawa Sosui Dori führen direkt auf den Tempel zu.

Der Tempel steht als Weltkulturerbe, als zweitberühmtester Tempel der Stadt und als nördlichste Station des Philosophenweges (Tetsugaku no Michi) auf der Besuchsliste so ziemlich jeden Kyoto-Besuchers, auch desjenigen, der nur 2 Tage bleibt. Zusammen mit dem Kinkaku-ji, dem Kiyomizudera, dem Ryoan-ji und dem Fushimi Inari-Schrein bildet der Ginkaku-ji die Gruppe der am meisten von Touristen besuchten (und ab einer gewissen Menge nur noch "heimgesuchten") Sehenswürdigkeiten der Stadt. Man sollte Stoßzeiten meiden und früh dort sein, denn er ist äußerst gut besucht. Und auch dann sollte man sich darauf einstellen, daß der Besuch ganz bestimmt kein kontemplativer Genuß wird. Die Verhältnisse sind nicht ganz so schlimm wie beim Kinkaku-ji, doch die Gartenwege sind auch hier als Einbahnstraße angelegt, um die Massen zu kanalisieren. Der Tempel öffnet um 8:30 Uhr, und dann oder noch besser kurz nach dem ersten Pulk sollte man auch am Eingang stehen, wenn die Pauschal-Bustouristen noch beim Frühstück sitzen und die zweite Welle noch in Vorbereitung ist. April und Anfang Mai sollte man den Tempel meiden wegen der Kirschblüten-Begeisterung, ebenso Mitte November bis Mitte Dezember, wenn jeder die Herbstfärbung sehen will. Da konkurriert Schönheit mit Unerträglichkeit. Wenn man die Stoßzeiten ausläßt, sollte man sich trotz der Beliebtheit den Besuch keinesfalls versagen, weil Bauwerke und Garten äußerst sehenswert sind und Schlüssel sind zum Verständnis japanischer Ästhetik. Deshalb: Nur in der Nebensaison, früh am Tor sein (alle Aufnahmen sind frühmorgens im September entstanden, da war es friedlich). Man sollte trotz aller Parallelitäten keinen zweiten Kinkaku-ji erwarten: Dieser Pavillon ist im Vergleich unspektakulär, aber architektonisch und künstlerisch wertvoller. Betreten kann der Tourist aber die beiden einzigen wirklich alten Gebäude nicht; die Besucherzahlen sind zu hoch dafür. Im Rahmen von Sonderöffnungszeiten im Frühjahr und im Herbst kommt man in den Hondo und in den Togu-do hinein, normalerweise nicht. Übrigens, die Eintrittskarte trägt eine schwarze Inschrift und mehrere rote Stempel - sie ist zugleich ein Glücks-Talisman.

Vom Hauptbahnhof Kyoto aus kann man entweder die Buslinie 5 oder den Raku-Bus 100 auf Bussteig A1 oder D1 mit dem Ziel Ginkakuji oder Iwakura nehmen, Ausstieg Ginkakuji Michi (5, 17) oder Ginkakuji Mae (100). Der Bus braucht ca. eine halbe Stunde. Die nächstgelegene Eisenbahnstation wäre Keihan Demachiyanagi; von dort sind es 2,3 km zum Tempel. Wer die ca. 45 min. zu Fuß scheut, kann ab dort den Bus Nr. 203 nehmen, Ziel Ginkakuji. Von der Bahnstation Hankyu Kawaramachi kann man ab Shijo Kawaramachi auf Bussteig H den Bus Nr. 5 oder die Nr. 32 wählen, Ziel Ginkakuji, Iwakura oder Heian-jingu, Ausstieg jeweils wie oben.


Geschichte und Bedeutung
Der Ginkaku-ji gehört zum Weltkulturerbe historisches Kyoto, zu dem insgesamt 17 Stätten gezählt werden. Der Name Ginkaku-ji bedeutet Tempel (-ji) des silbernen (Gin) Pavillons (Kaku), ganz analog aufgebaut zum Namen seinen noch berühmteren Bruders, des Kinkaku-ji, dort jedoch mit Kin = Gold. Eigentlich heißt der Tempel Jisho-ji (Jishou-ji, Tempel der leuchtenden Barmherzigkeit, auch Higashiyama Jisho-ji genannt), oder formell mit dem Berg-Namen (Sango) Tozan Jisho-ji. Bei dem silbernen Pavillon, dem Ginkaku, handelt es sich eigentlich um eine Kannon-den, eine Kannon-Halle.

Der Anfang war eine Villa eines zurückgetretenen Shoguns. Ashikaga Yoshimasa (1435-1490) war der Bauherr dieser später nach seinem Tode zum Tempel umgewandelten Villa, der Enkel des Erbauers des Kinkaku-ji. Er hatte sich den Palast mit Namen Higashiyama-dono (Villa der Ost-Berge) als Altersruhesitz erbauen lassen. Die Grundfläche der Gesamtanlage war damals ca. 30 mal so groß wie heute. Die Idee entstand bereits um 1460, doch der Onin-Krieg, an dem er durch seine inkonsistente Politik selber nicht ganz unschuldig war, legte die Pläne auf Eis. Erst danach konnte er ab 1482 den Bau realisieren. Die Gebäude aus dieser Zeit stellen den eigentlichen architektonischen Schatz des Tempels dar. Das Vorbild für die Anlage mit dem Pavillon und der Anordnung der Gebäude um einen See war der Saiho-ji = Kokedera; Pavillon und Togu-do entsprechen den dortigen Gebäuden Ruri-den und Sairai-do. Auch der Garten wurde ursprünglich nach dem Vorbild des Saiho-ji angelegt, mit zwei Ebenen, so daß man von der höheren Ebene aus die untere Ebene mit dem Teich besonders gut betrachten konnte.

Die kunsthistorische Bedeutung des Pavillons ergibt sich insbesondere durch den Vergleich mit dem "großen Bruder", dem älteren, 1397 gegründeten Kinkaku-ji (Rokuon-ji). Beide wurden in der Muromachi-Zeit geschaffen, aber sie liegen rund 100 Jahre auseinander und sind stilistisch unterschiedlich. Während der vom 3. Shogun der Zeit, Ashikaga Yoshimitsu (1358-1408), erbaute Kinkaku-ji ein typisches Beispiel für die opulentere, luxuriösere Kitayama-Kultur ist, repräsentiert der vom 8. Shogun, Ashikaga Yoshimasa, erbaute Ginkaku-ji die zurückhaltendere Higashiyama-Kultur, in der Einfachheit und Zurückhaltung das neue gestalterische Ideal waren. Die üppigere, aristokratischere, repräsentativere Kitayama-Kultur prägte die erste Hälfte der Muromachi-Zeit; die dezentere, bescheidenere und dennoch elegante Higashiyama-Kultur (Higashiyama bunka) die zweite Hälfte. Den Wechsel verursachte ein einschneidendes Ereignis, dem ganz Kyoto zum Opfer fiel, der Onin-Krieg (1467-1477). Danach sehnte man sich nur noch nach Ruhe und Frieden und hatte kein Interesse mehr an ostentativ zur Schau gestelltem Luxus. Das neue Ideal war vielmehr Wabi-sabi, die Schönheit des Einfachen. Der Ginkaku-ji ist der Inbegriff dieser neuen Kultur. Und diese Higashiyama-Kultur wurde prägend für die weitere kulturelle Entwicklung des Landes, denn während die Kitayama-Kultur auf die kaiserliche Familie und den Hofadel beschränkt blieb, fand die Higashiyama-Kultur eine weitaus größere Verbreitung und hatte Einfluß auf die gesamte Gesellschaft.

Vielleicht ist dieser Tempel symbolisch das größte Vermächtnis, das Ashikaga Yoshimasa hinterlassen hat, denn bei Lichte besehen war er trotz seiner reichen Geistesgaben einer der unfähigsten und inkompetentesten Shogune, die Japan je besessen hat: Er taugte weder als Kriegsmann noch besaß er ausreichende Kompetenz für die Staatsgeschäfte - er war politisch eine Niete und konnte seine machthungrigen Daimyos im Lande nicht mehr unter Kontrolle halten, die Bevölkerung, die Aufstände probte, ebensowenig. Die Zentrifugalkräfte nahmen überhand, die Militärregierung war ihren Namen nicht mehr wert. Was will man auch von jemandem erwarten, der im Alter von 14 Jahren im Jahre 1449 zum Shogun ernannt wurde, direkt nach seiner Mündigkeits-Zeremonie (Genbuku)? Aber seine Führung der Staatsgeschäfte besserte sich auch mit dem Erwachsenwerden nicht: Er blieb zeitlebens eine politische Fehlbesetzung. Unter ihm kam es nach dem Onin-Krieg zum nicht mehr aufzuhaltenden Machtverfall der Shogune (s. u.). Er stand unter dem Pantoffel seiner 5 Jahre jüngeren Frau Hino Tomiko, resignierte vor den politischen Aufgaben, denen er nicht gewachsen war, und kümmerte sich um das Schöne und um das kulturelle Leben.

Und er baute trotz leerer Staatskassen: Nachdem er 1443 Oberhaupt des Ashikaga-Clans geworden war, ließ er bis 1458 den Karasumaru-Palast umbauen, dann Teile wieder abbauen, um bis 1464 den Muromachi-Palast wiederaufzubauen. 1462 begann er mit dem Bau des Takakura-Palastes für seine Mutter, Hino Shigeko. Schließlich gab er sein Amt 1473 an seinen Sohn Yoshihisa ab, zog aber weiterhin im Hintergrund die Strippen und zog sich 1483 in seine Bergresidenz zurück, mit deren Bau er 1482 begonnen hatte. Auf dem Gelände hatte einst der Jodo-ji (Paradies-Tempel, Reines-Land-Tempel) der Tendai-shu gestanden, und hier war sein Bruder Ashikaga Yoshimi (s. u.) Abt gewesen. Den Jodo-ji gibt es noch heute, allerdings weiter westlich vor dem Eingang zum Ginkaku-ji gelegen. Der Onin-Krieg hatte den Bau zerstört. Vollenden konnte der Shogun die auf 10 Gebäude geplante Anlage nicht mehr. Dieses Shoguns Einfluß auf die Kultur und Kunst wurde aber wegweisend für das ganze Land. Unter ihm blühten das No- und Kyogen-Theater, die Dichtkunst, der Genuß von Räucherwerk und die Gartenkunst auf, die Teezeremonie (Cha no yu) wurde erfunden, Ikebana, Tuschemalerei etc. wurden aufblühende Kunstrichtungen. Der Stil Shoin-zukuri wurde prägend für die Architektur. So gesehen ist er der einzige Shogun, der ein dauerhaftes kulturelles Erbe für das ganze japanische Volk hinterließ: Alle die sich unter seiner Ägide entwickelnden Künste haben bis heute überdauert und stehen heute symbolhaft für die Landeskultur. Politisch war der Shogun mit seiner Unfähigkeit und seiner Günstlingswirtschaft eine Lachnummer, was seine Daimyos reichlich ausnutzten, kulturell aber war er ein Wegbereiter, der Japan geprägt hat wie kein anderer Shogun vor oder nach ihm.

Im Jahre 1485 wurde Ashikaga Yoshimasa buddhistischer Mönch und nahm den Namen Dokei (Doukei) an. Symbolisch war das eine Abkehr vom Weltlichen und Politischen, um sich nur noch den schönen Künsten widmen zu können und hier Gesellschaften mit Gelehrten und Künstlern abzuhalten. Als Tempel wurde der Jisho-ji 1490 gemäß dem Willen des Verstorbenen gegründet. Den Namen bekam der Tempel nach dem postumen buddhistischen Namen) von Ashikaga Yoshimase, der Jisho-in lautete. Dieser nach dem Tod vergebene Name wird entweder Hogo (Hougou), Homyo (Houmyou) oder Kaimyo (Kaimyou) genannt, je nach buddhistischer Schule.

Die Schwächung der Ashikaga-Shogune schritt unaufhaltsam voran, es folgen Zeiten der inneren Zerrissenheit des Landes. Zeiten, in denen sich keiner mehr so recht um den Tempel kümmerte. Entsprechend verfielen etliche Gebäude oder wurden zerstört. Zwischen 1550 und 1561 muß ein größerer Brand anläßlich kriegerischer Ereignisse stattgefunden haben. Nur zwei Gebäude blieben erhalten. In der Mitte des 17. Jh. rekonstruierte man die Anlage mit Edo-zeitlichen Bauten, behielt aber das ursprüngliche Konzept grob bei, so daß die heutige Struktur die Gestaltung des ursprünglichen Bauherrn immer noch ein bißchen widerspiegelt, auch wenn die meisten Gebäude Edo-zeitlich sind, aus der Zeit um 1615-1644 stammen und ganz anders aussehen als früher. Diese Wiederherstellung fand durch Miyagi Toyomori und seinen Enkel Toyotsugu statt. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. war der Verfall wiederum erschreckend fortgeschritten. Erst eine Restaurierung im 20. Jh. rettete den Tempel. Eine letzte aufwendige Restaurierung des Tempels und seiner Bauwerke wurde 2008 begonnen und 2010 abgeschlossen.

Es handelt sich beim Jisho-ji um einen Zen-Tempel, der (wie der Kinkaku-ji auch) als Subtempel dem Shokoku-ji unterstellt ist, der dem Rinzai-Zen-Buddhismus angehört und der Haupttempel einer eigenen Schule ist. Dieser Shokoku-ji befindet sich nördlich des Kaiserpalastes. Er besitzt drei Subtempel außerhalb seines Areals, neben dem Jisho-ji alias Ginkaku-ji und dem Kinkaku-ji ist das noch der Shinnyo-ji.

   

Abb.: Goshuin des Ginkaku-ji, linke Spalte oben: Ginkaku (gebräuchlicher Name), linke Spalte unten: Josho-ji (formeller, richtiger Name), mittlere Spalte: Kannon-den (Kannon-Halle, religiöse Bezeichnung für den silbernen Pavillon), rechte Spalte oben: Ho-hai = bete mit Respekt, rechte Spalte unten: Datum: 8.9.2019.


Der Shogun des Onin-Krieges
Ashikaga Yoshimasa (1435-1490) war nicht nur Opfer des Onin-Krieges (Onin no Ran, 1467-1477), sondern auch mitschuldiger Verursacher dieses Zwistes, nach dem die ganze Hauptstadt Kyoto nur noch ein Haufen verkohlter Balken war. Es war seine schwankende, uneindeutige, schwache Politik, die ihn im wesentlichen mitverursacht hat. Denn er hatte zunächst, solange er noch keine eigenen Nachkommen hatte, seinen Bruder Yoshimi als Nachfolger im Amt des Shoguns propagiert, um dann ein Jahr später, als er endlich Vater geworden war, plötzlich seinen Sohn Yoshihisa als Nachfolger einsetzen zu wollen. Ashikaga Yoshimasa hatte zudem vorher noch seinen jüngeren Bruder adoptiert, um die Nachfolge zu ebnen. So hatte er dem Adoptivsohn, der eigentlich sein Bruder war und außerdem eigentlich Priester, und seinem leiblichen Sohn nacheinander die Nachfolge versprochen, außerdem hatte er, was das Ganze noch schlimmer machte, Yoshimi zuvor geschworen, daß dieser selbst im Falle einer Geburt eines leiblichen Sohnes sein Nachfolger würde.

Damit hatte Ashikaga Yoshimasa durch seinen Wortbruch zwei Parteien erzeugt, die nun gegeneinander kämpften. Man hat fast den Eindruck, die ganzen mächtigen Familien im Lande hätten nur auf die Gelegenheit gewartet, für einen von beiden Partei zu ergreifen, egal, ob der eine Kandidat noch ein kleines Kind war und der andere als Priester viel glücklicher geworden wäre - es ging um die Neuverteilung der Macht angesichts der Fehlbesetzung an der Spitze des Staates. Die Nachfolge-Ideen waren beide im Raum und fanden Anhänger, wobei die Hauptkontrahenten die Klans Yamana und Hosokawa waren. Im Jahr des Kriegsbeginns standen die Hosokawa (für Yoshimi) mit ca. 80000 Mann und die Yamana (für Yoshihisa) mit ca. 85000 Mann in der Hauptstadt und warteten auf den Zündfunken, der dann im wahrsten Sinne des Wortes in Form einer Brandstiftung im gegnerischen Lager kam. Im Grunde waren Yoshimi und Yoshihisa vollkommen egal, Symbole oder Marionetten, es ging in Wirklichkeit um die Macht im Land. Der Verursacher beider Nachfolge-Vorschläge wurde wegen seiner Entscheidungsschwäche und seiner Unfähigkeit zur Machtausübung nicht mehr respektiert, und so machten die beiden Parteien das "unter sich aus", mit fatalem Ergebnis - diese Jahre waren die destruktivsten in der Geschichte der Stadt. So leistete dieser Shogun zur Vernichtung seiner Hauptstadt im Grunde Beihilfe, indem er Geister rief, die er nicht mehr los wurde. Und als er das merkte, dankte er 1473 als Shogun ab und überließ den Scherbenhaufen denen, die ihn noch schlimmer machten, während er selber so tat, als ginge es ihn nichts mehr an und würde ihn im Grunde nur beim Mondbetrachten stören.

Die eigentliche politische Bankrotterklärung von Ashikaga Yoshimasa war, daß 10 Jahre lang ein blutiger Krieg in der Hauptstadt toben konnte, ohne daß er oder sein Nachfolger etwas unternahmen, daß er angesichts der größten Bedrohung des politischen Systems abdankte und die Regierung in die Hände eines achtjährigen Kindes legte, um die Augen vor den Realitäten im brennenden Kyoto zu verschließen. Einen militärischen Oberbefehlshaber (Shogun!) stellt man sich wirklich etwas anders vor, doch der schwache Yoshimasa besaß null Führungsqualitäten, und so wundert es nicht, daß jeder Daimyo probierte, wie weit er gehen konnte, um seine Interessen durchzusetzen.

Drei Jahre noch tobten die Kämpfe. Yamana Sozen und Hosokawa Katsumoto waren beide bereits 1473 verstorben, die beiden Anführer der gegnerischen Heere. Keine der Seiten errang den Sieg. Letztlich endete der Krieg aus Erschöpfung und weil die Zustände in der Hauptstadt, aus der die Bevölkerung größtenteils geflohen war, einfach untragbar geworden waren. Irgendwann jedenfalls kehrte einer der Oberbefehlshaber der Yamana einfach in die Heimat zurück, vermutlich schlicht, weil er die Nase voll hatte von einem Krieg, den keiner gewann und in dem es um immer weniger ging: Es lohnte einfach nicht mehr, diesen Krieg fortzuführen, Kyoto war nichts mehr wert, das Shogunat war nichts mehr wert, die Regierung war nichts mehr wert. Jetzt ging es nur noch um Sicherung der eigenen Interessen, und das konnte man am besten zu Hause tun. Die Hosokawa kontrollierten noch eine Zeitlang die letzten Ashikaga als Marionetten-Shogune. Aber im Grunde war die Hauptstadt, die Regierung, das zentralistische System an sich bedeutungslos geworden. Deshalb kann man die Hosokawa auch nicht als Sieger benennen, denn erstens hatten sie nicht militärisch gesiegt, zweitens hielten sie danach eine leere Hülle in den Händen. Es gab nichts mehr zu regieren, weil jeder Provinz-Daimyo mittlerweile machen konnte, was er wollte, und dies auch tat, und es gab niemanden, der sich durchsetzen konnte. Ashikaga Yoshihisa, um den es irgendwann am Anfang mal ging, lebte nur bis 1489, starb also noch vor seinem Vater; er wurde nur 24 Jahre alt. Sein Cousin wurde der 10. Shogun. Man schlitterte in die Sengoku-jidai hinein, die Ära des Bürgerkriegs. Das Grab des Shoguns Ashikaga Yoshimasa kann man übrigens auf dem Friedhof des Shokoku-ji sehen.


Struktur der Anlage und Beschreibung
Der Zugang erfolgt von Westen südlich des Joudo-in; dort liegt das erste Tor, das So-mon. Es steht zwar in direkter Fluchtlinie zu zwei weiteren Tempelgebäuden, doch dahinter knickt der Weg im rechten Winkel nach Süden ab, um nach 50 m erneut nach Osten abzuknicken; dort passiert man das zweite Tor, das Chu-mon oder innere Tor. Der Weg dorthin wird von niedrigen Mauern aus großen Felsblöcken gesäumt, auf denen Zäune aus Bambus die Stämme der heckenbildenden Kamelien dahinter verdecken. Die spezielle Machart dieser Zäune wird als Ginkaku-ji-gaki gezeichnet (Gaki = Zaun). Es ist ein einfacher, aber großartiger Zugang. In seiner strikten, gewinkelten Wegführung streift man symbolisch alles ab, was "draußen", Lärm, Alltag, Großstadt ist. Der zweimal gewinkelte Weg erzeugt maximale Neugier und Fokussierung auf das, was kommt. Die dreifache Höhenstaffelung entspricht dem Konzept des Shin-gyo-so, den drei Ebenen der Formalität, ein Prinzip, nach dem auch Gärten und ganze Städte angelegt wurden: Shin = formell, hohe Regelmäßigkeit und Strukturierung, gyo = semiformell, Übergangsbereich, und so = informell, geringe Durchstrukturierung und niedriger Planungsgrad. Die unregelmäßig geformten Steine entsprechen der informellen Zone, der Zaun dem Übergangsbereich, und die sorgfältigst beschnittene Hecke dem formellen Bereich.

Hinter dem Chu-mon geht es wieder geradewegs nach Osten. Linkerhand liegt im Norden der Kuri (Küchenbau, persönlicher Lebensbereich der Mönche). Vor dem Kuri ist ein kleiner Garten mit Hecken, Kiefer, Moosuntergrund und geharkten Kiesflächen angelegt. Rechterhand wird der kleine Vorbereich vor dem Kuri durch eine Mauer begrenzt, dahinter liegen im Süden der Teich und der berühmte Pavillon. Von diesem Vorhof führt durch dessen östliche Abschlußmauer ein drittes Tor, das Hoshokan-Tor, mit einem nach Norden abknickenden Korridor zum Hondo und gerade in den großen Garten. Der Giebel dieses Torbaus ist spiegelbildlich S-förmig geschwungen. Ein glockenförmiges Fenster (Kato-mado) im Zen-Stil erlaubt den direkten Durchblick.

Der Hondo liegt in Verlängerung des L-förmig mit einem kurzen Flügel nach Osten reichenden Kuri. Im Gegensatz zu jenem ist er nicht mit grauen  Ziegeln, sondern mit brauner Zypressenrinde gedeckt. Das aus der Edo-Zeit stammende, 2005 vollständig restaurierte Bauwerk mit Irimoya-Dach ist die Haupthalle des Tempels, und hier wird eine Figur des Shaka Nyorai (historischer Buddha Shakyamuni) als Hauptkultbild des Tempels im Butsu-no-ma, dem 8 Tatami-Matten großen Hauptraum, verehrt. Deshalb fungiert dieser Hondo als Butsu-den. Insgesamt besitzt der Hondo vier Räume. Die Fusuma (Schiebetüren) sind mit Gemälden von berühmten Malern wie Yosa Buson (1716-1784) und Ike no Taiga (1723-1776) verziert. Yosa Buson stamte aus Osaka und war auch als Haiku-Dichter eine Berühmtheit. Er ist auf dem Gelände des Konpuku-ji begraben. Ike no Taiga stammte aus Kyoto und war ein führender Nanga-Maler. Das kleine Wasserbecken neben der Halle wird Ginkakuji-gata chozubachi genannt, Wasserbecken im Ginkaku-ji-Stil. Hier befindet sich auch eine Steinlaterne vom Uzumasa-Typ.

Vor dem Hondo erstreckt sich eine weite, flächige Sandaufschüttung, die ca. 50 cm hoch ist und innerhalb eines Bordes diagonal in Streifen geharkt ist. Die Fläche wird Ginshadan genannt, hier taucht wieder Gin = Silber auf: Ginshadan ("Silber-Sand-Welle") ist der See mit Wellen aus silbernem Sand. Das soll an den Saiko-See (Xi Hu, West-See bei der Stadt Hangzhou in Zhejiang) in China erinnern; die schrägen Harkungen sollen die auf das Ufer zulaufenden Wellen des Sees darstellen. Allgemein ist es in Karesansui-Gärten (Trockengarten) Usus, Wasser in abstrakter Weise durch Sand und Steine darzustellen. Nördlich des Seeufers gibt es einen kunstvoll aus Sand geformten, oben abgeplatteten Konus von ca. 1,80 m Höhe innerhalb einer runden geharkten Kiesfläche, das ist der sogenannte Kogetsu-dai (Mondschau-Plattform). In diesen Konus kann man entweder den Fuji-san oder den Weltenberg Sumeru hineininterpretieren. Jeden Morgen wird die Fläche außenherum neu gesäubert und geharkt, und die Grundform des Konus wird monatlich neu gemacht. Vermutlich erhielt der Trockengarten auch seinen Namen durch den Mondbezug, denn die Steine schimmern silbern im Mondlicht. Ginshadan und Kogetsu-dai wurden in ihrer heutigen Form zwischen 1735 und 1799 angelegt, denn sie befinden sich an Stellen, wo gründungszeitliche Gebäude zwischenzeitlich abgebrannt sind, von daher können sie nicht Teil des ursprünglichen Konzepts gewesen sein. Sie sind komplementär, das eine Element flächig, das andere spitz, das eine horizontal, das andere vertikal, sie stehen für See und Berg, und doch gehören sie zusammen, weil die aus dem selben Material sind und auch vom Namen her Gemeinsamkeiten haben. Sie sind in gewisser Weise zwei Aspekte der selben Sache, yin und yang.

An den Hondo ist im Osten mit einem kleinen Korridor eine weitere Halle von quadratischem Grundriß angesetzt, ebenfalls mit Irimoya-Dach und Zypressenrinde (Hinoki) als Material. Das einstöckige Gebäude hat eine Seitenlänge von 6,90 m. Die Südseite stößt direkt an den nordöstlichen Ausläufer des Gartenteichs. Es handelt sich bei diesem Gebäude um die 1486 von Ashikaga Yoshimasa erbaute und als Nationalschatz eingestufte Halle Togu-do (Tougu-dou). Wörtlich bedeutet der Name "Ost-Suche-Halle". Sie ist das älteste erhaltene Gebäude im Stil Shoin-zukuri. Es ist eine Kombination aus privater Buddha-Halle (Jibutsu-do) und Arbeitszimmer für den Bauherrn gewesen. In dem Gebäude werden zwei wichtige Figuren verehrt, einerseits Amitabha (Buddha Amida, Statue wird Eshin Sozu zugeschrieben) und andererseits Ashikaga Yoshimasa, der Gründer dieses Tempels. Einst soll der zurückgetretene Shogun hier im vorderen Raum gelebt haben, der eine Größe von 8 Matteneinheiten besitzt, aber einen Holzriemenboden hat, mit zwei links angrenzenden Seitenkompartimenten von je einer Matte Größe. Sein Arbeitszimmer von 4,5 Tatami-Matten (Yojohan) in der Nordostecke besitzt eine erhöhte Plattform zum Lesen (Tsukeshoin) und ein gestaffeltes Regal (Chigaidana), Elemente, die zusammen mit Shoji-Wänden typisch für den Stil Shoin-zukuri wurden. Die Gestaltung erfolgte durch Murata Shuko (1423-1503). Typisch sind der eingesenkte Herd und der Tokonoma genannte Alkoven. Der Raum mit dem Namen Dojinsai (Doujinsai) wurde als Teeraum (Cha-shitsu) verwendet und war in seiner Gestaltung wegweisend für nachfolgende Teeräume, ist in Größe und Gestaltung fast als Prototyp anzusehen, sowohl für einen Teeraum als auch für ein japanisches Standardzimmer. Vor diesem Zimmer liegt in der Südostecke des Gebäudes ein 4 Tatami-Matten messender Raum, in dem die Gäste vor der Teezeremonie warteten, auch dieses Konzept wurde in späteren Teehäusern übernommen. Der hintere linke Raum im Nordwesteck ist mit 6 Tatami-Matten ausgelegt.

Im Gartenteich südlich des Togu-do liegt die künstliche Insel Hakkakuto, die auch Haku-tsuru-jima genannt wird, Insel des weißen Kranichs. Zur Westseite der Insel führt die Steinbrücke Senshu-kyo, zur Ostseite die Steinbrücke Senkei-kyo. An diese Insel angefügt ist die Steingruppe Sanzon-seki, Steine der buddhistischen Triade. Ein flacher Solitärstein am nördlichen Ende des Teichs wird Zazen-seki genannt, Stein für die Sitzmeditation. Ein weiterer Stein wird Ouchi-ishi genannt, weil er ein Geschenk des Feudalherren Ouchi Masahiro war. Die Steine dieses Gartens kommen aus den verschiedensten Gegenden Japans und sind oftmals Geschenke der Feudalherren an ihren Shogun. So haben viele dieser Steine ihre eigene Geschichte und tragen Namen. Eine zweite Insel im See wird Sennin-su genannt, nach den Unsterblichen. Eine Steinplatte als Brücke namens Geisen-kyo führt zu ihr. Und noch weitere Steinbrücken gibt es im Garten, die Takkin-kyo, die allerdings eine spätere Zutat ist, die zweiteilige Brücke Bunkai-kyo zum Pavillon neben dem Uki-ishi genannten Stein und dem Hokuto-seki, dem "Stein des Sternbildes des großen Wagens".

Hinter dem Togu-do befindet sich ein Garten mit Shishiodoshi. Im Norden von Hondo und Togu-do liegt das Gebäude Rosei-tei (Rousei-tei) mit zwei Räumen. Es ist durch einen abknickenden Korridor mit der Nordseite des Hondo verbunden, wobei der schräge Teil des Korridors das einzige Gebäude des Tempels ist, das nicht sauber in West-Ost oder Nord-Süd-Richtung ausgerichtet ist. Hier befindet sich eine Reproduktion der Räume, die Ashikaga Yoshimasa für seine Zusammenkünfte zum gemeinsamen Genuß von Räucherwerk nutzte. Das Original war im Laufe der Zeit verfallen; das gegenwärtige Gebäude wurde 1895 rekonstruiert. Als Kodo (Koudou) bezeichnet man den "Weg des Räucherwerks", eine ähnlich wie der Teeweg (Chado, Chadou) und der Weg der Blumen (Kado, Kadou -> Ikebana) entwickelte Kultur der verfeinerten Wertschätzung, in diesem Fall von Räucherwerk, eine Kultur, die früher eine größere Rolle spielte, aber heute kaum noch praktiziert wird, im Gegensatz zu den beiden anderen. Die Fusuma sind mit Malereien von Okuda Genso (1912-2003) geschmückt. Der aus Hiroshima stammende Künstler hat zahlreiche Auszeichnungen bei den Nitten-Ausstellungen erhalten. 1973 bekam er den Japan Academy of Arts Award. 1984 bekam er den Order of Cultural Merit. Im Shoin sind Malereien von Tomioka Tessai (1836-1924) auf den Schiebetüren. Er ist ein Vertreter der Nansoga-Malerei mit farbenfrohen, dynamischen Landschaftsbildern im chinesischen Stil von großer Eleganz.

Das wichtigste, namengebende und berühmteste Bauwerk dieses Tempels ist der zweistöckige Ginkaku, der 1489-1490 erbaute silberne Pavillon, der eigentlich eine Kannon-den ist, eine Kannonhalle. Das Gebäude ist vom Typ eines Ro-kaku (Ro = Turm, Kaku = Pavillon). Die Seitenmaße der nur scheinbar quadratischen Halle sind im Osten und im Westen 8,2 m, im Norden 7,0 m und im Süden wegen des Versatzes nur 5,9 m. Zum See hin existiert eine kleine Veranda. Dahinter liegt rechterhand ein Raum von 6 Tatami-Matten, während linkerhand der zwei Mattenbreiten tiefe Rücksprung über die halbe Breite des Bauwerks kommt. Hinter dem Rücksprung liegt ein quadratischer Raum mit Holzdielenboden; hinter dem 6-Matten-Raum liegt der kleinteilig eingeteilte Zugangsbereich, ebenfalls mit Holzdielenboden. Das untere Stockwerk (Shinku-den, Shinkuu-den, Halle des leeren Herzens) ist im Stil Shoin-zukuri ausgeführt, also einem Wayo-Stil (japanischen Stil), das obere Stockwerk (Cho-on-kaku, Chou-on-kaku, oder Chou-on-den, Pavillon bzw. Halle der tosenden Wellen) im Stil chinesischer Tempel (Chan-Stil, Zen-Stil oder auch Zen-shu-Butsu-den-Stil genannt) mit glockenförmigen, mehrfach bogigen Fenstern (Kato-mado) und einer chinesischen Schiebetür an der fensterlosen Seite. Diese Fenster wurden zusammen mit dem Zen-Buddhismus aus China importiert, deswegen wird dieser Stil auch Zen-Stil genannt. Außen läuft eine schmale Veranda mit Brüstung um das Obergeschoß herum. Das untere Geschoß wurde vom Bauherrn zur Meditation genutzt. Von hier hatte man den schönsten Blick auf den Garten, der genau so angelegt war, daß er sich von diesem Blickpunkt aus gesehen optimal entfaltet. Heute wird hier Jizo verehrt.

Das Holz ist dunkel; im Gegensatz zum lauten Gold des Kinkaku-ji herrschte hier einst schwarzer Lack vor, nunmehr dunkelbraunes Holz. Silber sucht man hier vergebens. Daß der Pavillon einmal mit Silberfolie verziert werden sollte, das jedoch aufgrund des Ablebens des Bauherrn oder aus Geldmangel nie vollzogen wurde, ist unplausibel und lediglich eine hübsche Legende. Wahrscheinlich war das wegen mittlerweile gewandelter Ästhetik nie geplant, sondern der erst in der Edo-Zeit entstandene Name hat sich aufgrund der vielen Parallelitäten und wegen des ständigen Vergleichs mit dem Kinkaku-ji als Gegenbezeichnung entwickelt. Es paßt aber zur Ästhetik des Wabi-Sabi, die Schönheit des Unfertigen und Unvollkommenen zu pflegen, dazu paßt die Theorie des Unvollendeten. Wabi heißt eigentlich wörtlich "elend, verloren, einsam" und steht für rustikale Einfachheit; Sabi bedeutet wörtlich "gealtert sein, Patina und Gebrauchsspuren haben, gereift sein". Beide Begriffe zusammen ergeben ein ästhetisches Konzept, das nicht das Neue, schreiend Perfekte als schön empfindet, sondern die verborgene Hoheit durch Alter erworbener Einzigartigkeit schlichter Dinge zum Ideal erhebt.

Bei der Restaurierung 2008-2010 hatte man ernsthaft überlegt, den Pavillon zu versilbern, entschied sich aber glücklicherweise dagegen. Das Kyoto Prefectural Board of Education hatte hingegen den Vorschlag gemacht, das Zypressenholz der Außenseite schwarz zu lackieren, was der originalen Erscheinung entsprochen hätte - der Lack war nur im Laufe der Zeit abgeblättert, so daß man sich mittlerweile an den Anblick des rohen Holzes gewöhnt hatte. Tatsächlich war die Außenseite in den über 500 Jahren des Bestehens schon so abgewittert, daß das Holz der Bretter nur noch die halbe ursprüngliche Dicke hatte. Das mit dem schwarzen Lack, also dem ursprünglichen Aussehen, fand aber keine Zustimmung bei den Verantwortlichen des Tempels selbst, die eine stark veränderte Außenwirkung befürchteten: Der äußere Eindruck solle so bleiben, wie wir ihn gewohnt sind; viel besser wird die Ästhetik des Wabi-sabi durch das Holz repräsentiert. Und wenn man sieht, wie der Kinkaku-ji anläßlich seiner Restaurierung neu vergoldet wurde, kann man nur sagen: Gott sei Dank war man beim Ginkaku-ji vernünftiger. Tatsache ist jedenfalls, daß hier nie ein anderes Silber war als das vom See und vom Lack zurückgeworfene Mondlicht - und der Name bleibt dennoch. Der Bauherr war ein großer Fan von Mondbetrachtungsgesellschaften. Der Vollmond war zudem ein Symbol der buddhistischen Erleuchtung. Man traf sich zu nächtlichen Parties, trank Sake und schrieb Gedichte über die Schönheit des Mondes und dachte sich Tiefsinniges dabei, ein harmloses gesellschaftliches Vergnügen jener Zeit, dem der Shogun gerne nachging. Deshalb ist Silber als Aspekt des reflektierten Mondlichts (die indirekte Wahrnehmung hat ihre eigene Bedeutung in der japanischen Ästhetik) eine zusätzliche plausible Erklärung der später entstandenen Benennung.

Im Obergeschoß (3x 3 Ken bemessen), das nicht zu besichtigen ist, wird eine Kannon-Statue verehrt, die vom Kamakura-zeitlichen Künstler Unkei hergestellt worden sein soll. Auf dem geschwungenen Pyramidendach vom Hogyo-Stil (Hougyou-Stil) ist eine kleine bronzene Phönix-Figur angebracht, die nach Osten schaut. Das Dach selbst ist mit überlappenden Holzschindeln aus Zypressenholz gedeckt (Kokerabuki), die von Bambusnägeln an Ort und Stelle gehalten werden. Der Pavillon ist als Nationalschatz klassifiziert. Weil dieses Bauwerk symbolhaft prägend für den Tempel ist, trägt das Sumigaki des Goshuin, als die handgeschriebene schwarze Schrift der direkt nach dem Eingang rechts erhältlichen Pilgerstempel, den Wortlaut "Kannon-den", auch wenn sein Hauptkultbild etwas anderes ist. Vor dem silbernen Pavillon liegt im Osten der Teich Kinkyo-chi. Brückensteine überqueren den nördlichen Ausläufer des Teichs in Richtung Kogetsu-dai.

Im Norden des Silberpavillons ist ein kleiner Shinto-Schrein für die lokale Shinto-Gottheit (Chinju) auf einem Felsensockel aufgebaut, das ist der Hachiman-Schrein. Ein Torii markiert den Zuweg von der Ostseite. Im Garten gibt es noch einen zweiten winzigen Shinto-Schrein, an dem Benzaiten (Sarasvati) verehrt wird, die Göttin der Künste und Wissenschaften.

Der Tempelgarten ist ca. 25000 m2 groß. Die Gestaltung der Gartenanlagen im alten Bereich (Jisho-ji Kyu Keidai Teien), sowohl des Landschafts-Wandelgartens rings um den See (Typ: Chisen-kaiyu-shiki) als auch des damit kontrastierenden, etwas höher gelegenen Trockengartens, wird dem Künstler und Architekten Soami (1465-1523) zugeschrieben. Beide kontrastieren miteinander wie Gegenpole, und dennoch gehören beide zusammen als unterschiedliche Aspekte desselben Ganzen. Die ausgedehnten Moosflächen des Tempelgartens sind bemerkenswert und bilden den dritten prägenden Aspekt neben dem Trockengarten und dem Teichgarten. Die wahre Kunst eines japanischen Gartens liegt darin, auf begrenztem Raum ein Maximum landschaftlicher Tiefe zu erzeugen, und das ist hier durch die unterschiedlichen Niveaux und den See, in dem sich die dahinter am Berg staffelnde Landschaft spiegelt, hervorragend gelungen.

Im Garten gibt es noch den Sengetsu-sei-Wasserfall ("Mond-Waschen-Wasserfall", d. h. die durch den Wasserfall verursachte Bewegung des Wassers "wäscht" das Mondlicht auf dem Teich weg) zu sehen, etwa an der Südostspitze des Gartenteiches gelegen. Der feine Strahl fällt auf einen Stein von dreieckigem Querschnitt, der das Wasser teilt. Es ist nur die Idee eines Wasserfalls, denn tatsächlich fließt nicht mehr Wasser als aus einem Wasserhahn kommen würde, aber genau das ist ein Beispiel für den Minimalismus japanischer Kunst - allein die durch das bißchen Wasser erzeugte Idee "Wasserfall" reicht aus, um der Imagination Raum zu geben. Der Stein unter dem Strahl ist genau so positioniert, daß das Auftreffen des Wassers maximal Geräusche erzeugt, und das zeigt die Wichtigkeit der sorgfältig erzeugten Geräuschkulisse für die Gesamtkomposition. Bemooste Steine umgeben den kleinen Teich, in dem einige Steinsolitäre Akzente setzen. Leider führt der Aberglaube, daß eine auf den kleinen Stein geworfene (und dort liegenbleibende) Münze zur Wunscherfüllung führe, zu einer unglaublichen Sauerei im Teich rings um diesen Stein und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Idylle durch korrodierendes Metall. Viel schöner ist eine kleine Quelle, die O-cha-no-i genannt wird, und von der gesagt wird, daß Ashikaga Yoshimasa gerne seinen Tee (O-cha) mit diesem Wasser angesetzt hatte.

Vom 1931 ausgegrabenen, einst von Soami angelegten Karesansui-Garten, dem Sosen-tei, sind nur noch die Steine als Spuren übrig. In den östlichen Tiefen des Parks führt ein Ishigaki-Steinstufenweg zwischen bemoosten (Moos = Koke) Hängen hoch zu einem Aussichtspunkt im Wald des Berges Tsukimachiyama. Dieser Name bedeutet "Berg des erwachenden Mondes". Von dieser Interpretation spannt sich der Bogen zu den anderen Objekten mit Mondbezug, dem Kogetsu-dai und dem Mondlicht, das den Ginshaden und den Ginkaku mit seinem Glanz versilbert, bis zu dem Wasserfall, dessen Unruhe das Mondlicht wegwäscht. Alles zusammen entspricht der ästhetischen Wertschätzung der Mondbetrachtung.


Nationalschätze, wichtige Kulturgüter und sonstige Kunstschätze
Zwei Bauwerke sind als Nationalschatz eingestuft, die Kannonhalle (Kannon-den = Ginkaku) und die Halle Togu-do. Hier ist der Pavillon tatsächlich noch historisch und deshalb Nationalschatz, im Gegensatz zum berühmteren Kinkaku-ji, wo das Original durch Brandstiftung vernichtet wurde. Keines der Gebäude ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Dafür ist der gesamte Garten, also die komplette südliche Hälfte des Tempelgeländes, als besondere historische Stätte (Tokubetsu shiseki) und als Platz besonderer landschaftlicher Schönheit klassifiziert.


Alter der Gebäude
Die beiden wichtigsten Gebäude stammen aus der Muromachi-Zeit, die Kannonhalle (Kannon-den = Ginkaku, 1489) und die Halle Togu-do (1486). Der Hondo stammt aus der mittleren Edo-Zeit, aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. Das Kara-mon stammt aus der ersten Hälfte des 17. Jh. Das Rosei-tei ist eine Rekonstruktion aus dem Jahre 1895.


So-mon (Vordertor)


Ginkaku-ji-gaki


Kuri, Genkan und Vordergarten


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.0269544,135.798026,19.5z - https://www.google.de/maps/@35.0267043,135.7981997,58m/data=!3m1!1e3
eigene Webseite: Haupttempel:
http://shokoku-ji.jp/top.php - Ginkakuji: http://shokoku-ji.jp/g_about.html - Webcam: http://shokoku-ji.jp/g_live.html
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John Dougill: Japan's World Heritage Sites - Unique Culture, Unique Nature, 192 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc., 2014, ISBN-10: 4805312858, ISBN-13: 978-4805312858, S. 56-59
John Dougill, Takafumi Kawakami, John Einarsen: Zen Gardens and Temples of Kyoto, Tuttle Pub 2017, ISBN-10: 480531401X, ISBN-13: 978-4805314012, S. 118-121
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Donald Keene: Yoshimasa and the Silver Pavilion - the Creation of the Soul of Japan, Columbia University Press, 2003, 208 S., ISBN-10: 0231130570, ISBN-13: 978-0231130578
Higashiyama-Kultur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Higashiyama-Kultur
Ashikaga Yoshimasa:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ashikaga_Yoshimasa
Onin-Krieg:
https://de.wikipedia.org/wiki/%C5%8Cnin-Krieg
Muromachi-Zeit:
https://de.wikipedia.org/wiki/Muromachi-Zeit
Besucherfaltblatt des Tempels


Jisho-ji (Ginkaku-ji), Teil (2): Hoshokan-Tor, Hondo, Kogetsudai und Ginshadan - Jisho-ji (Ginkaku-ji), Teil (3): Kannonden, Togudo und Schreine - Jisho-ji (Ginkaku-ji), Teil (4): Gärten, Hangwald und Quellen

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