Bernhard Peter
Nara: Toshodai-ji, Teil (1): Beschreibung und Pläne


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Der Toshodai-ji (Toushoudai-ji) liegt im westlichen Teil der Stadt Nara (13-46 Gojo-cho, Stadt Nara, 630-8032). Da für die meisten Touristen der Todai-ji der bekannteste Bezugspunkt ist: Der Toshodai-ji liegt 5,3 km Luftlinie im Westsüdwesten von diesem. Oder in Bezug auf den Bahnhof JR Nara: 3 km von diesem gerade nach Westen die Hauptstraße entlang und dann 700 m nach Süden. Man kann diesen Tempel gut mit anderen Sehenswürdigkeiten im westlichen Nara kombinieren, mit dem Saidai-ji und dem Akishino-dera im Norden sowie mit dem Yakushi-ji und der Burg Koriyama im Süden, evtl. noch mit dem Palastgelände im Nordosten. Und wer einmal ein Kofun-Grab aus der Nähe gesehen haben will, kann dies auch in 450 m Entfernung in nordwestlicher Richtung tun. Das ist das Umfeld, innerhalb dessen man den Toshodai-ji am besten besucht, vor allem auch, weil das von der Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln her sinnvoll ist.

Denn der Erschließungsbahnhof für den Toshodai-ji ist Kintetsu Nishinokyo. Vom Bahnhof aus folgt man der Straße nach Norden und kommt nach 500 m zum Haupteingang des Tempels. Nishinokyo wird von der Kintetsu Kashihara Line bedient. Egal, ob man von Kyoto oder von Nara aus mit Kintetsu anreist, man muß in Yamato Saidaiji umsteigen, wo sich drei Kintetsu-Linien treffen. Die Kintetsu Nara Line verbindet Kintetsu Nara in der Nähe des Kofuku-ji mit Ikoma und Osaka. Die von Norden kommende Kintetsu Kyoto Line endet hier. Und nach Süden führt die Kintetsu Kashihara Line, die den Toshodai-ji, den Yakushi-ji und die Burg Koriyama bedient. Wer von Kyoto kommt, reist also am besten direkt mit Kintetsu an und steigt einmal um in Yamato Saidaiji, wo man gleich noch den Saidai-ji besichtigen kann. Wer mit JR in Nara ankommt, muß erst zu Kintetsu Nara rüberlaufen, dann nach Westen in Richtung Osaka fahren und dann umsteigen nach Süden.

Direkt vor dem Südeingang ist außerdem eine Bushaltestelle. Von Kintetsu Nara aus kann man die Buslinien Nr. 72, 78 oder 98 nehmen. Sie fahren an Bussteig 8 ab. Die Fahrzeit beträgt 20-25 min., der Fahrpreis liegt bei 270 Yen. Nimmt man den Bus Nr. 72 oder Nr. 78, heißt die Zielhaltestelle Toshodaiji, beim Bus Nr. 98 heißt die Zielhaltestelle Toshodaiji-higashiguchi, wo übrigens auch die beiden anderen Linien für die Rückfahrt halten. Die letztgenannte Haltestelle liegt im Osten des Tempels, vom Südtor 350 parallel gerade nach Osten, dabei den Kanal (Akishino-Fluß) überqueren, erste Querstraße nach Norden, Ankunft 70 m nach Norden, Abfahrt 30 m nach Norden. Das ist wichtig, daß die Rückfahrt generell an der Haltestelle jenseits des Kanals erfolgt, nicht vor dem Tempeleingang, auch wenn man da angekommen sein sollte. Die Buslinien-Nummern lauten zurück auch teilweise anders, nämlich 72, 77 und 97, weil es eine andere Route ist. Vom Bahnhof JR Nara kann man die Buslinien Nr. 63, Nr. 70, Nr. 72 und Nr. 97/98 nehmen. Alle fahren an Bussteig 6 ab. Die Fahrzeit beträgt 15-20 min.

Der Toshodai-ji ist ein kunstgeschichtlicher Höhepunkt der Stadt Nara und entsprechend gut besucht. Es ist eine der ältesten und besterhaltenen Tempelensembles der Stadt, und etliche der Gebäude sind als Nationalschätze eingestuft, ebenso viele der im Inneren aufbewahrten Statuen. Die hier zu sehenden Kunstschätze sind alleroberste Kategorie, dazu in einem größtenteils original erhaltenen architektonischen Kontext. Dieser Tempel ist einer der ältesten, besten und lohnendsten der Stadt, seit 1998 Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Im Grunde ist er der besterhaltene Tempel aus der Nara-Zeit in der Stadt. Natürlich zieht das auch andere Touristen an, er ist nun mal einer der Höhepunkte. Wenn man den riesigen Busparkplatz im Süden des Tempelgeländes sieht, sackt einem das Herz in die Hose: Der Tempel ist Teil des Besichtigungsprogramms vieler betreuter Reisen, kein Wunder bei der gebotenen hochkarätigen Kunst. Das Gelände ist jedoch groß, und die Besucher verteilen sich gut. Engpässe kann es nur beim Besuch der Hallen geben. Da in den Hallen etliche Nationalschätze aufbewahrt werden, darf dort nicht photographiert werden. Im Tempel-Laden kann man aber eine Dokumentation mit guten, professionell ausgeleuchteten Photos erwerben. Der Tempel öffnet um 8:30 Uhr und schließt um 17:00 Uhr, letzter Einlaß eine halbe Stunde vor Schluß. Der Eintritt liegt bei 1000 Yen und ist relativ hoch, umfaßt aber alle wichtigen Hallen. Sonderausstellungen kosten extra.


Geschichte und Bedeutung
Der Toshodai-ji wurde im Jahr 759 gegründet und im Stil der Tenpyo-Ära erbaut. Als Gründer gilt der chinesische Mönch Jian Zhen, japanisch Ganjin. Jian Zhen (688-763) stammte aus der Präfektur Guangling (heute Yangzhou) begann seine Karriere im Alter von 14 Jahren als Novize im Tempel Dayun Si in China. Dort blieb er sechs Jahre, dann reiste er zu einem Studienaufenthalt nach Chang'an. Im Alter von 26 Jahren kehrte er zurück, danach lehrte er bis 742 im Tempel Daming Si in Yangzhou, zuletzt als Abt. Er wurde vom Tenno nach Japan eingeladen, seine buddhistischen Lehren zu verbreiten und Mönche entsprechend auszubilden. In Yangzhou bekam er 742 Besuch von den beiden japanischen Priestern Eiei und Fushou, die der Tenno zur Suche nach geeigneten Priestern ausgesandt hatte. Das Problem war, daß man in Japan gerade dabei war, die buddhistischen Institutionen und Praktiken zentral zu ordnen, und vor allem die Strukturen mit Legitimität zu versehen. Der Buddhismus gewann immer mehr Anhänger, und um Wildwuchs vorzubeugen, war es wichtig, auf die Kontinuität der Traditionslinien durch ordnungsgemäße Ordination zu achten. Nur durch lückenlose aufeinanderfolgende Ordinationen waren die buddhistischen Priester und Autoritäten des Landes mit der nötigen Legitimität versehen. Und nur so hatte auch die Regierung eine Kontrolle darüber, wie viele Mönche jedes Jahr zur Ordination zum Priester zugelassen wurden. Jian Zhen folgte dem Ruf, reiste nach fünf wegen widrigen Winden, Irrwegen bzw. behördlichen Interventionen und anderen Schwierigkeiten vergeblichen Versuchen, mittlerweile erblindet, 753 endlich mit einer japanischen Gesandtschaft erfolgreich ab, kam in Kagoshima auf Kyushu an, reiste 754 weiter nach Nara und richtete zunächst im Todai-ji als zentraler buddhistischer Instanz des Kaiserreichs noch im Jahre 754 eine Ordinationsplattform ein. Auch der Kaiser Shomu (Shoumu) und Kaiserin Komyo (Koumyou) gingen auf "Nummer sicher" und ließen sich von Jian Zhen zum zweiten Mal ordinieren. An dieser Stelle entstand dann 755 eine entsprechende bauliche Einrichtung.

Aber Jian Zhen war nicht nur für ordnungsgemäße Schulung und Zulassung zum Priesterstatus zuständig, sondern brachte auch seine eigenen Ideen mit, und vor allem auch Schriften. Noch im Jahr 754 etablierte er die Ritsu- oder Risshu-Schule, die "Regelschule". Diese Schule hatte das Privileg der Ordination, alle nicht dort ordinierten Mönche hatten offiziell nicht den Priesterstatus. Erst mit Aufkommen der Tendai-Schule gab es eine zweite anerkannte Ordinationsstätte. Im Jahre 756 wurde Jian Zhen kurz hintereinander erst Generalsupervisor und dann Generaladministrator der Priester. Unter der Förderung der Kaiserin Koken (Kouken) gründete er 759 auf einem vom Kaiser zur Verfügung gestellten Stück Land im Westen der damaligen Hauptstadt den Tempel Toshodai-ji, wo er bis zuletzt als Abt tätig war. Der Name Toshodai-ji spielt darauf an, daß Ganjin aus dem Tang-zeitlichen China eingeladen wurde, denn das verwendete Zeichen "Tou" bezeichnet die chinesische Tang-Zeit, "shodai" ist die Einladung, und der Tempelname bedeutet damit "Tang-Einladung-Tempel", also der Tempel des aus China eingeladenen Mönches.

Er starb 763, wurde in seinem Tempel auf einem Hügel im Nordosten des Geländes begraben und bekam posthum den Titel Kakai Daishi, soviel wie "der große Lehrmeister, der über das Meer kam". Er hatte gerade in der formativen Phase des japanischen Buddhismus einen großen Einfluß. Nicht nur brachte er die erwünschte Struktur und Legitimität in die Priesterausbildung, sondern er sorgte auch für eine Verwurzelung des Buddhismus in der japanischen Aristokratie und führte zahlreiche Elemente chinesischer Kultur in Japan ein. Er wird als Gründer seiner eigenen, auf die monastischen Regeln (Vinaya) fokussierenden Schule verehrt, doch diese Sichtweise datiert aus der Kamakura-Zeit und hat sich seitdem verfestigt. Zu seinen Lebzeiten wurde das noch nicht als eigene Schulrichtung empfunden, sondern erst später, als Gründerverehrung allgemein üblich wurde und andere Gründer des 12. und 13. Jh. sich prominent mit ihren Schulen absetzten und etablierten. Außerdem wurden die Vinaya bereits vor seiner Ankunft in Japan eingeführt. Er war aber die Persönlichkeit, die vom Hof auserkoren worden war, diese Ordnung im Land einzuführen und durchzusetzen. Deshalb ist das System der ordnungsgemäßen Ordinierung untrennbar mit seiner Persönlichkeit verbunden. Und der Toshodai-ji ist der erste buddhistische Tempel in Japan, der zum Zweck der Ausbildung von Mönchen und der geregelten Ordination gegründet wurde, und somit ein wichtiger Zeuge für die frühe Blütezeit des japanischen Buddhismus.

 

Abb. links: erstes Goshuin des Toshodai-ji in Nara, rechte Spalte unten: Datum: 28.8.2019. Abb. rechts: zweites Goshuin des Toshodai-ji, rechte Spalte unten: Datum: 28.8.2019.

Der Toshodai-ji hatte zu seinen besten Zeiten 48 abhängige Tempel in den nahen Nishiyama-Hügeln. Während der Heian-Zeit kam es zu einem Niedergang, und erst in der Kamakura-Zeit wurde der Tempel revitalisiert, was insbesondere Kakujo-shonin (1193-1249) zu verdanken ist. Auch wenn der Tempel während der Meiji-Zeit geschrumpft ist und Gelände und Besitz eingebüßt hat, ist er nach wie vor als oberster Tempel einer eigenen Schulrichtung von besonderer religiöser Bedeutung. Die kunsthistorische Bedeutung spiegelt sich in der 1998 erfolgten Aufnahme in das Unesco-Weltkulturerbe wider, zusammen mit mehreren anderen Tempeln der Stadt Nara, dem Kasuga-Schrein und dem Heijo-Palast.


Rundgang und Beschreibung: Nandai-mon
Das im Gojo-cho gelegene Tempelareal reicht 350 m von der Bahnlinie im Westen bis zum Kanal (Akishino-Fluß) im Osten und 250 m von der Erschließungsstraße im Süden bis zum Beginn der Felder und der dort lockeren Siedlungsbebauung. Der Eingang zum Tempelbereich liegt in der Mitte der Südseite. Dort stehen zwei Tore mit geringem Abstand nebeneinander, ein kleines, etwas zurückgesetztes Tor vom Typ Korai-mon (mit zwei nach hinten reichenden Dächern über den Torflügel-Anschlägen) und links daneben das große Südtor (Nan-dai-mon), das als Besuchereingang dient. Dieses Tor, zu dem 5 Stufen hinaufführen, basiert auf einer dreireihigen Anordnung von je 6 Pfosten, mit drei Durchgängen in den beiden mittleren Kompartimenten und zwei blinden Seitenkompartimenten, wo sich im linken das Kassenhäuschen befindet. Alle Wandflächen zwischen den zinnoberrot gestrichenen Holzbalken sind weiß verputzt. Dieses Tor wurde erst 1963 im Tenpyo-Stil wieder aufgebaut, aus Anlaß des 12000sten Todestages des Gründers. Originalteile werden im Museum aufbewahrt. Beiderseits des Tores schließen sich zwei Stücke einer starken Umfassungsmauer (Tsujibei) an, was allerdings auf diese Südseite beschränkt ist und 22 m nach rechts bis zum Korai-mon und 55 m nach links bis zum ersten Haus reicht. Dort ist gegenüber der Straßeneinmündung ein weiteres Tor in die Mauer integriert, ein ganz einfaches Satteldachtor im Mauerdurchlaß.


Rundgang und Beschreibung: Kondo
Hier am Nan-dai-mon beginnt die Haupt-Süd-Nord-Achse des Tempels, und nach 70 m geraden Weges (Sando) steht man vor der Haupthalle. Die Goldene Halle (Kondo, Kondou) ist funktionell die Haupthalle des Tempels und basiert auf einem Raster von 7 × 4 Pfostenabständen und mißt 27,92 m × 14,62 m. Die nördlichen drei Pfostenabstände bilden die eigentliche Halle, die südlichste Einheit ist ein offener Vorbereich ohne Wände und Türen, und die acht mächtigen Holzpfeiler stehen frei in Reihe. Der Rhythmus dieser freistehenden Holzsäulen macht den ganz besonderen Reiz dieser Halle aus (die Schwätzer unter den Kunsthistorikern bemühen gar den Parthenon als Vergleich, um ihre Begeisterung auszudrücken, vergessen darüber aber, daß diese Halle ureigene japanische Ästhetik ist und selber ihrerseits Maßstäbe setzt). Die Halle ist einstöckig und trägt ein weit überstehendes Walmdach im Yosemune-Stil, das mit Ziegeln vom Typ Hongawarabuki gedeckt ist. An beiden Seiten des Hauptfirstes ist ein Nara-Zeit-typisches Ornament (Shibi) angebracht; das linke (westliche) ist original Nara-zeitlich und befindet sich jetzt nach der jüngsten Restaurierung im Museum, vor Ort ist eine Kopie, das rechte (östliche) stammt aus der Kamakura-Zeit. Diese auf einer Steinplattform erbaute hölzerne Halle mit weiß verputzten Wänden stammt aus der zweiten Hälfte des 8. Jh. und ist ein Nationalschatz. Es der einzige erhaltene Kondo der Nara-Zeit (der Hondo des Shinyakushi-ji in Nara stammt zwar auch aus der Nara-Zeit, war aber ursprünglich nicht der Hondo, sondern vermutlich das Refektorium (Jikido)). Typisch für die Bauweise dieser Zeit ist, daß die Pfostenabstände in der Mitte weiter sind und zu den Enden der Front hin schmaler werden, die Maße gehen von ca. 4,70 m auf 3,30 m zurück. Oder in Nara Shaku ausgedrückt: An der Längsseite haben wir in der Mitte 16 Shaku, das geht schrittweise zurück bis auf 11 Shaku in den äußersten Kompartimenten. An der Schmalseite haben wir innen 13 und außen 11 Shaku. Insgesamt ist die Halle 94 Shaku breit und 48 Shaku tief. Die Fenster sind eng vertikal verstäbt (Renjimado-Typ), was ein weiches Licht im Inneren erzeugt. Nachdem das aus dem 8. Jh. stammende (die Hölzer aus japanischer Zypresse wurden 2005 auf das Fällungsjahr 781 datiert) und 1270 bzw. 1693-1694 reparierte Gebäude zwecks aufwendiger und langwieriger Restaurierung ab 2000 komplett ab- und wiederaufgebaut wurde, konnte die Halle, eine der bedeutendsten erhaltenen Strukturen der Tenpyo-Ära und das größte aus der Nara-Zeit erhaltene Bauwerk, 2009 wiedereröffnet werden. Der Großteil des inneren Heiligtums (Naijin) wird von einer Plattform (Sumidan) mit wertvollen Figuren eingenommen, drei großen und sechs kleinen.

Im Kondo wird in der Mitte der Plattform eine als Nationalschatz eingestufte, 304,5 cm hohe Sitzfigur eine Rushana Buddha (kosmischer Buddha, Buddha des Universums, Sanskrit: Vairocana, Rushana-butsu zazo, Rushana-butsu zazou) aufbewahrt, dieses Hauptkultbild (Honzon) ist Nara-zeitlich und stammt aus dem 8. Jh. (Kunst der Tenpyo-Ära). Es ist ein Hohlkörper aus getrocknetem Lack (Dakkatsu kanshitsu zukuri), der anschließend auf dem Lack eine Vergoldung erhielt (Shippaku). Die Aureole der Figur ist 515 cm hoch und ist mit 862 kleinen Buddhas in mehreren Gruppen verziert. Angeblich sollen es einst sogar 1000 gewesen sein.

Ebenfalls im Kondo steht links der Mitte eine tausendarmige Kannon (Sanskrit: Avalokiteshvara) als Standfigur von 535,7 cm Höhe (Mokushin kanshitsu senju kannon ryuzo, Mokushin kanshitsu senjuu kannon ryuuzou). Sie ist Nara-zeitlich und stammt aus dem 8. Jh. (Kunst der Tenpyo-Ära). Sie besteht aus einem lackierten Holzkörper (Mokushin kanshitsu), auf den Vergoldung aufgetragen wurde (Shippaku). Auch sie ist ein Nationalschatz; sie steht auf der linken Seite des Hauptkultbildes. Um die 1000 Arme unterzubringen, wird in 42 große Arme und 911 kleine Arme unterschieden, womit immerhin 953 Arme erreicht werden. Vielleicht waren es ursprünglich wirklich einmal 1000. Die großen Arme sind geschickt und ausgewogen angeordnet, so daß es insgesamt ein harmonisches Bild ergibt, trotz der großen Anzahl. Großen Anteil an diesem Gesamteindruck haben die beiden in ruhiger Geste vor der Brust zusammengelegten Hände des obersten vorderen Armpaares. Die kleinen Arme stehen in dichten Büscheln zwischen den seitlichen großen Armen und sind so viele, daß man das im ersten Anschauen gar nicht optisch auflöst. Der Gesichtsausdruck mit den weich gezeichneten Augen und Nase wirkt gütig und entspannt.

Eine dritte als Nationalschatz klassifizierte Figur im Kondo befindet sich rechts der Mitte; das ist eine 369,7 cm hohe Standfigur eines Yakushi Nyorai (Medizin-Buddha, heilender Buddha, Mokushin kanshitsu yakushi nyorai ryuzo, Mokushin kanshitsu yakushi nyorai ryuuzou), die 796-815 hergestellt wurde und damit früh Heian-zeitlich ist. Diese Figur des Yakushi Tathagata besteht aus einem lackierten Holzkörper (Mokushin kanshitsu), auf den Vergoldung auf Lack aufgetragen wurde (Shippaku). Diese Figur steht rechts des Hauptkultbildes. Die Datierung in die frühe Heian-Zeit ergab sich aus dem Fund dreier alter Münzen in der linken Handfläche, die anläßlich einer Reparatur im Jahre 1972 gefunden wurden. Die Figur besitzt keine Aureole und besticht durch den feinen Faltenwurf.

Im Kondo stehen ferner zwei als Nationalschatz gelistete Götterstandfiguren aus bemaltem Holz, einmal Bonten (Mokuzo bonten ryuzo, Mokuzou bonten ryuuzou) mit 186,2 cm Höhe und einmal Taishakuten (Mokuzo taishakuten ryuzo, Mokuzou taishakuten ryuuzou) mit 188,8 cm Höhe. Beide Figuren stammen aus der zweiten Hälfte des 8. Jh. und sind Nara-zeitlich. Ursprünglich standen beide rechts und links des Hauptkultbildes, Bonten rechts und Taishakuten links. Beide Figuren ähneln sich gestalterisch stark und spiegeln jeweils die Stellung der Arme. Diese beiden Figuren stehen in den beiden vorderen Lücken zwischen den drei großen Figuren.

Das äußerst hochwertige Figuren-Ensemble des Kondo wird ergänzt durch die ebenfalls als Nationalschatz eingestuften vier Himmelskönige (Mokuzo shitenno ryuzo, Mokuzou shitennou ryuuzou). Diese vier Standfiguren aus bemaltem Holz, die auf den vier Ecken des Sumidan stehen und alle nach Süden blicken, stammen aus der zweiten Hälfte des 8. Jh. und sind Nara-zeitlich. Jikoku-ten (Südosten, Rüstung, Schwert in der Linken, schmaler, geschlossener und bogenförmiger Mund) mißt 185,0 cm, Zojo-ten (Südwesten, weit geöffneter Mund, rechte Hand mit Vajra in einschüchternder Geste erhoben, beide Ärmel weit nach unten schwingend) ist 187,2 cm hoch, Komoku-ten (Nordwesten, Rüstung, in der Rechten ein Pinsel, in der Linken eine Schriftrolle) bringt es auf 186,3 cm und Tamon-ten (Nordosten, Pagode in der rechten Hand, Geki  Spieß in der Linken Hand, verkniffener Gesichtsausdruck) ist 188,5 cm hoch. Man geht aufgrund der ähnlichen Gestaltungsmerkmale der Gesichter davon aus, daß diese Figuren aus der gleichen Werkstatt wie Bonten und Taishakuten stammen.


Rundgang und Beschreibung: Kodo
In der Hauptachse weiter nach Norden folgt das nächste wichtige Gebäude des Tempels, in ca. 15 m Abstand zum vorhergehenden. Die einstöckige Lehr- oder Lesehalle (Kodo, Kou-dou) basiert auf einem Raster von 9 × 4 Pfostenabständen. Sie mißt 33,78 m an der Längsseite und 13,52 m an der Schmalseite. Die Variation der Interkolumnienbreite ist weit weniger ausgeprägt als bei der Goldenen Halle. In Nara Shaku ausgedrückt: An der Längsseite haben wir überall 13 Shaku, aber 11,5 Shaku in den jeweiligen äußersten Kompartimenten. An der Schmalseite haben wir überall 11,5 Shaku. Also haben wir nur einen einzigen Rücksprung jeweils an den äußersten Interkolumnien der Längsseite. Insgesamt ist die Halle 114 Shaku breit und 46 Shaku tief. Sie trägt ein Irimoya-Dach, welches mit Hongawarabuki-Ziegeln gedeckt ist. Das auf einer steinernen Plattform errichtete Holzgebäude mit weiß verputzten Wänden wurde 763 erbaut und ist damit Nara-zeitlich. Ursprünglich stand diese Halle auf dem Gelände des Heijou-Palastes, diente damals als Verwaltungsgebäude (Higashi Choshuden, Higashi chou-shuuden) und kam als Spende an den Tempel. Das Gebäude wurde umgebaut, um einen großen Raum zu schaffen. Dabei wurde das Kirizuma-Dach durch das heutige Irimoya-Dach ersetzt, außerdem bekam das Gebäude mehr Türen. Die Halle ist damit das einzige Gebäude, das vom einstigen Palast in originaler Erhaltung übriggeblieben ist, denn alle sich heute auf dem Palastgelände erhebenden Bauten sind neuzeitliche Rekonstruktionen. Das heutige Erscheinungsbild der Halle ist weitgehend auf Umbauten in der Kamakura-Zeit um 1275 zurückzuführen. Auf der Südfront öffnen sich die mittleren fünf Kompartimente mit doppelflügeligen Türen zum kleinen Platz hin. Die je zwei Seiten-Kompartimente besitzen Renji-mado-Fenster. Die Lehrhalle ist ebenfalls als Nationalschatz klassifiziert. Auch diese Halle hat in neuerer Zeit eine zehn Jahre dauernde Restaurierung erfahren, während der sie komplett auseinandergenommen und neu zusammengesetzt wurde.

Im Inneren befinden sich mehrere künstlerisch hochwertige buddhistische Statuen auf einer relativ kleinen, mit einem Baldachin überdachten Plattform, darunter als Hauptkultbild (Honzon) die sitzende Statue von Buddha Maitreya (Maitreya Tathagata, Miroku Nyorai) aus vergoldetem Holz mit großer Aureole (Miroku-nyorai-zazou, 284 cm hoch, wichtiges Kulturgut) aus der Kamakura-Zeit, die hölzerne Statue von Jikokuten (Nationalschatz, Nara-Zeit, 8. Jh.) in zwar etwas unbeholfen wirkender Pose, doch mit beispiellos feiner und detaillierter Kleidung, und die hölzerne Statue von Zochoten (Nationalschatz, Nara-zeitlich), die in ihrer massigen und etwas klobigen Ausstrahlung die Ästhetik der Tang-Zeit widerspiegelt. Sämtliche Gegenstände und Waffen, die die beiden Figuren einst in ihren Händen hielten, sind verlorengegangen. Das beiderseits seitlich vor dem Honzon aufgestellte kleinere Figurenpaar (Sanskrit: Dhrtarastra und Virudhaka) wird auch als Ni-tenno bezeichnet, ni = zwei, als Teilmenge der vier Shi-tenno (Mokuzo nitenno ryuzo, Mokuzou nitennou ryuuzou). Die Figuren sind 131,0 cm (Jikokuten) und 130,2 cm (Zochoten) hoch. Bis zum Bau des Museums waren hier noch viel mehr Statuen aufgestellt.


Rundgang und Beschreibung: Shoro und Koro
Der kleine Platz im Zwischenraum zwischen Kondo und Kodo wird an den Schmalseiten von zwei weiteren wichtigen Gebäuden begrenzt. Im Westensteht der Glockenturm (Shoro), eingebettet in eine kleine Grüninsel. Die Holzkonstruktion besteht aus 6 Pfosten, die das Satteldach tragen. Die Glocke selbst ist Heian-zeitlich.

Der Koro (Korou) steht an der östlichen Schmalseite des kleinen Platzes und besitzt eine Mischfunktion. Einerseits enthält er eine Trommel, um die Zeit anzuschlagen (daher die Bezeichnung als Trommelturm), andererseits wurden hier auch heilige Schriften (Sutras) aufbewahrt. Das 1240 (Ninji 1) erbaute und damit der Kamakura-Zeit zuzurechnende hölzerne Gebäude mit weiß verputzten Wänden und einer im Obergeschoß umlaufenden Galerie mit Balustrade basiert auf einem Raster von 3 × 2 Pfostenabständen. Es ist das einzige zweistöckige Gebäude des Tempels, wurde im Rou-Stil erbaut und trägt ein Irimoya-Dach, welches mit Hongawarabuki-Ziegeln gedeckt ist. Die Fenster auf beiden Ebenen sind eng verstäbt (Renji-mado). Auch dieses Gebäude ist als Nationalschatz klassifiziert. Im Inneren des Gebäudes wird ein weiterer Nationalschatz aufbewahrt, Kinki shari-to genannt, goldener Asche-Turm. In dem 92 cm hohen Kunstwerk aus vergoldeter Bronze aus dem 14. Jh. (Nanbokucho-Zeit) soll sich eine Probe der Asche von Buddha befinden, die Ganjin einst aus China mitgebracht hat. Deshalb wird das Gebäude auch als Shariden bezeichnet, Halle, in der sich die Asche befindet. Der Kinki shari-to ( Kinki shari-tou) ist ein goldenes Reliquiar in Pagodenform und ist mehrstufig aufgebaut, ganz unten steht alles auf dem Rücken einer Schildkröte, dann folgt ein Lotus-Sockel, auf dem folgt ein filigran mit Arabesken durchbrochener Hohlkörper wie bei einer Stupa, und alles wird bekrönt von einem viereckigen Pagodendach mit einer einzigen Ebene. Im Inneren enthält der Reliquienbehälter (Shari yoki, Shari youki) ein persisches  Glasgefäßaus dem 8. Jh. mit einem Durchmesser von 11,2 cm und einer Höhe von 9,2 cm aus dickem, blaßgelbem Glas mit reichlich Blaseneinschlüssen, für die Knochenreliquien Buddhas (Shiro-ruri shari-ko) mit einem Siegel des Kaisers Go-Komatsu auf dem Rand, eingehüllt in ein Tang-zeitliches Tuch aus dem 8. Jh. mit quadratischen und runden Motiven zum Einpacken des Glasgefäßes (Hoensaishikamo, Houensaishikamou). Alle drei Teile dieses Sets, das in einem Miniaturschrein (Zushi) aufbewahrt wird, sind Nationalschätze. Hier am Koro findet alljährlich am 19. Mai die sogenannte Fächerwurfzeremonie (Uchiwamaki) im Gedenken an den dama­ligen Abt Kak-jou statt. Es erinnert daran, daß einst die Nonnen vom Hokke-ji Fächer der Form Uchiwa brachten, um dem Abt des Toshodai-ji ihre Ehrerbietung zu erweisen.


Rundgang und Beschreibung: Higashimuro und Raido
Direkt östlich angrenzend an den Koro erstreckt sich in Nord-Südrichtung ein langgestrecktes Mischbauwerk. Das ca. 57 m lange Gebäude enthält im hinteren, nördlichen Teil (Kitagawa) von 10 Pfostenabständen Tiefe die historischen Schlafquartiere der Mönche (Higashi-muro) und im südlichen Teil (Minamigawa) von 8 Pfostenabständen Tiefe den Andachtsraum Raido (Raidou), der zur Verehrung der Aschenreliquie im nahen Trommelturm genutzt wurde und wo Erinnerungs-Zeremonien für Buddha Shakyamuni durchgeführt wurden. Zwischen den beiden Funktionalitäten liegt ein 1 ken breiter Durchgang (Umamichi, Medo, Me-dou). Auf der südlichen Schmalseite ist eine 1 ken tiefe Veranda abgeteilt, bei 4 ken Breite, 5 tragenden Pfosten entsprechend. Das Gebäude stammt aus der Kamakura-Zeit (1283) und ist als wichtiges Kulturgut eingestuft. Früher lag an der Westseite des Garan noch ein zweites, ganz ähnliches Bauwerk (Nishimuro) für die Priester, wobei hier im Higashi-muro die Schlafquartiere (Sobo) für die einfachen Mönche lagen. Im Raido werden zwei Kunstwerke aufbewahrt, einerseits eine 166 cm hohe, 1258 hergestellte hölzerne Statue von Shaka Nyorai (Buddha Shakyamuni, historischer Buddha, wichtiges Kulturgut, Shaka-nyorai-ryuu-zou) mit mandelförmiger Aureole, andererseits ein 47,8 cm hoher Reliquienbehälter (Nyorai-shari-sanzen-ryuu) aus dem 13. Jh. in Form einer aufgehenden Lotusknospe mit aufgesetztem filigranen Juwel (Kamakura-Zeit, Nichijo-sharo-tou, wichtiges Kulturgut). Das Herstellungsjahr der Shaka-Statue ergab sich durch den Fund von mehr als 100 Dokumenten im Inneren der Statue, die nach ihrer Herkunft auch als Seiryo-ji-shiki Shaka-nyorai-zo) bezeichnet wird und als verborgene buddhistische Statue verehrt wird.


Rundgang und Beschreibung: Kyozo und Hozo
Weiter im Osten stehen in Nord-Süd-Richtung nebeneinander zwei unterschiedlich große, aber baulich sehr ähnliche Speichergebäude, die in Blockhausbauweise mit sich an den Ecken überkreuzenden, überstehenden Holzstämmen errichtet sind. Der Sutrenspeicher (Kyozo, Kyou-zou) im Süden, in dem die heiligen Schriften gelagert werden, basiert auf einem Raster von 3 × 3 Pfostenabständen. Es handelt sich nicht nur um das älteste Gebäude in diesem Tempel, sondern auch um das älteste Sutra-Lagerhaus dieser Art in Japan, weil es vor seiner Verwendung im Toshodai-ji woanders stand, nämlich als Yonekura (Reisspeicher) in der Niitabe-Shinnou-Residenz und hierhin versetzt und umgebaut worden ist. Der Speicher ist im Stil eines Lagerhauses erbaut (Azekura), mit einem auf Pfosten erhöhten Bodenniveau und dicken Bohlenwänden. Eine steile Holztreppe führt zu der Tür in der Mitte der Westseite, der einzigen Gebäudeöffnung. Der Speicher trägt ein Walmdach im Yosemune-Stil, das mit Ziegeln vom Typ Hongawarabuki gedeckt ist. Das kleine Gebäude aus dunklem Holz stammt aus dem 8. Jh. und ist ein Nationalschatz. Es ist älter als der berühmte Shoso-in des Todai-ji, denn der wurde "erst" 756 erbaut.

Das etwas größere Schatzhaus (Hozo, Houzou) im Norden diente der Aufbewahrung der wertvollsten Tempelbesitztümer. Das kleine Nara-zeitliche Gebäude aus dunklem Holz stammt noch aus der ersten Ausbauphase des Toshodai-ji und basiert auf einem Raster von 3 × 3 Pfostenabständen. Es ist ebenfalls im Stil eines Lagerhauses erbaut (Azekura), mit einem auf Pfosten erhöhten Bodenniveau und dicken Bohlenwänden. Es trägt ein weit überstehendes Walmdach im Yosemune-Stil, das mit Ziegeln vom Typ Hongawarabuki gedeckt ist. Das Schatzhaus ist ebenfalls ein Nationalschatz. Zwischen beiden Speichergebäuden stehen zwei fünfstöckige Steinpagoden (Gorinsekito, go = fünf, rin = Ebene, seki = Stein, tou = Turm).

Zum typischen Garan eines Nara-zeitlichen Tempels gehört auch mindestens eine Pagode, besser zwei. Der heutige Toshodai-ji besitzt gar keine mehr. Von der Ost-Pagode, die einst fünfstöckig war und gemäß dem Nihongi Ryaku im Jahre 810 erbaut worden war, kann man noch die Stelle lokalisieren, wo sie einst stand, bevor sie 1802 von einem Blitzschlag getroffen wurde und abbrannte. Einige historische Quellen lassen vermuten, daß es auch einmal eine westliche Pagode gab. Wenn dem so war, ist sie schon viel früher zerstört worden; Spuren gibt es keine mehr.


Rundgang und Beschreibung: Kaisando und Chadokoro
Geht man am Raido entlang nach Norden, führt dort eine steile Steintreppe zu einem Mauerdurchlaß, hinter dem man auf die Stirnseite eines Gebäudes mit Irimoya-Dach blickt. Die Edo-zeitliche Halle selbst war einst ein Goryoden (Mausoleum, Halle zur Ahnen-Verehrung) der Familie Tokugawa, erbaut in der Genroku-Ära (1688-1704), und kam erst 1881 (Meiji 14) an diesen Standort, um eine wichtige Statue zu beherbergen. In dieser Gründerhalle (Kaisan-do) wird nämlich eine Sitzfigur des Priesters Ganjin (Jianzhen) verehrt. Die Originalfigur, ein Meisterwerk der japanischen Skulptur, die den Gründer des Tempels naturgetreu wiedergeben soll, stammt aus dem Jahr 763 und ist damit der Tenpyo-Ära zuzurechnen (Kanshitsu ganjin wajo zazo, Kanshitsu ganjin wajou zazou). Die 80,1 cm hohe Nara-zeitliche Figur ist hohl und besteht aus bemaltem, getrocknetem Lack (Dakkatsu kanshitsu zukuri); sie ist ein Nationalschatz. Sie wurde aber erst in den Mieido und dann ins Museum gebracht. Eine moderne Kopie wurde nach alter Technik (Holzskelett, Modellieren mit Stroh und Lehm, feiner Ton zur Glättung, mehrere Schichten von Leinen und Lack, nach dem Trocknen innen alles Holz, Stroh, Lehm herausnehmen, farbige Bemalung als Abschluß) im Jahr 2013 angefertigt und dient seitdem als Ersatz-Verehrungsobjekt. Anlaß für die Herstellung der Kopie war der 1250ste Todestag des Gründers, und bei der Gelegenheit wurde die ganze Halle renoviert. Im Gegensatz zum nur an wenigen Tagen ausgestellten Original kann man die Reproduktion ganzjährig anschauen. Vor dem Kaisando auf der Nordseite des Higashimuro befindet sich ein Denkmal für den Haiku-, Renga- und Haibun-Poeten Basho Matsuo (eigentlich Matsuo Munefusa, 1644-28.11.1694). Der Stein trägt die Inschrift "wakaba shite o-me no shizukunugu wa ba ya", 1688 eingraviert, als Basho die sitzende Statue von Ganjin verehrte.

Ehe wir die höher und weiter im Norden gelegenen Teile des Tempelgeländes erkunden, werfen wir noch einen Blick auf die baulichen Einrichtungen beiderseits der Hauptachse im südlichen, unteren Teil. Südöstlich der Haupthalle stet ein zwar modernes, aber in traditionellem Stil errichtetes Teehaus (Chadokoro), wo man in einem angrenzenden kleinen Büro Devotionalien erwerben und sich Goshuin ausstellen lassen kann. Südlich von diesem findet man jenseits eines Teiches einen Benten-Schrein (Benten-sha), und ganz im Osten findet man sanitäre Anlagen. Noch weiter im Süden, schon an der südlichen Abschlußmauer, steht das Tempelbüro (Jimusho).


Rundgang und Beschreibung: Museum
Nördlich des Hozo führt etwa in halber Höhe des Raido/Higashimuro ein Weg gerade nach Osten, dort gelangt man nach ca. 65 m zum Museumsbau, der über eine mehrfach mäandrierende Rampe zugänglich ist. Das Gebäude wird als Shinhozo oder Shinhozokaku bezeichnet (Shin = neu, houzou = Schatzhaus, kaku = Pavillon). Dieses Museum wurde 1970 aus Stahlbeton erbaut, um die wertvollen Kunstschätze des Tempels feuersicher zu verwahren, u. a. die Gruppe der holzgeschnitzten Figuren der alten Lehrhalle. Das Museum ist nicht ganzjährig geöffnet, sondern nur März bis Juni, September bis November und um Neujahr, jeweils 9 bis 16 Uhr. Im Inneren werden etliche Nara-zeitliche Holz-Statuen aufbewahrt, darunter die sogenannte Figurengruppe der alten Lehrhalle Kyuu-Koudou (alle aus dem 8. Jh.). 

Südöstlich des Museums liegt unter den Bäumen ein Shinto-Schrein, der Suikyo-ten-jinja. Im Osten des Museums liegt der etwas größere Amaterasu-suikyo-jinja im Wald, und dahinter endet das Tempelgelände am großen Kanal (Akishino-Fluß).


Rundgang und Beschreibung: Kaidan
Zur anderen Seite: Wenn man vor der Haupthalle hinter dem Aidzu Yaichi-Denkmal nach Westen abbiegt, kommt man zu einem reihum von einer Mauer umgebenen Geviert von ca. 33 m x 36 m, das dem Besucher verschlossen ist. Jeweils ein Tor in der Mitte der Süd- und der Ostseite gewähren einen Blick in das Innere der Anlage: Wie in einem aus Stein erbauten Mandala erhebt sich in der Mitte eine mehrstufige Plattform auf einer 16m x 16 m messenden Grundfläche, zu deren höchster Ebene auf jeder Seite versetzte Treppen hinaufführen, und ganz in der Mitte markiert eine weißgestrichene Stupa das Zentrum, die zentrale Achse der Anlage. Von der Südseite aus gesehen führt erst eine breite Treppe von vier Stufen auf die unterste Plattform, dann führen zwei parallele durchgehende Treppen auf die zweite und dritte Ebene hoch. Von der Ostseite aus gesehen liegen die Treppen zu den einzelnen Ebenen versetzt. Die Steinstufen stammen aus der Kamakura-Zeit. Es handelt sich um die Ordinationsplattform (Kaidan), deren zentrale Bedeutung für die Geschichte des Tempels und des japanischen Buddhismus im zweiten Abschnitt erwähnt wurde. Hier wurden die Rituale für die frischgebackenen Mönche und Priester abgehalten. Bei der Tempelgründung wurde eine solche Plattform angelegt, vermutlich genau wie im Todai-ji noch als Erdwerk, diese ging aber später verloren, dann wurde die Plattform wiederbelebt und 1284 aus Stein wiederaufgebaut. Das einst hier befindliche Gebäude ging bei einem Brand 1851 verloren, deshalb steht die Stufenplattform mit ihren drei Ebenen jetzt im Freien. Der Stupa-Aufbau (Schatzturm, Hoto, hou-tou) stammt sogar erst aus dem Jahr 1978 (Showa 53), in seiner Form ahmt er die Stupa von Sanchi (Indien) nach. Im Osten ist der Anlage ein durch den Damm zum Tor unterbrochenes langgestrecktes Wasserbecken vorgelagert.


Rundgang und Beschreibung: nördlicher Bereich mit dem Ganjin Gobyo
Das Wegesystem des Tempelgeländes ist wie ein Raster aufgebaut, immer schön gerade, entweder in Nord-Süd-Richtung oder quer dazu. Fünf mehr oder weniger parallele Wege führen nach Norden zu den dortigen Gebäudegruppen, zwei links und zwei rechts der beiden größten Hallen (Kondo und Kodo) und eine kurz vor dem Museum. Alle münden in einem langen West-Ost-Querweg. Alle Gebäude jenseits dieses Weges sind private Wohn- und Lebensbereiche der Mönche und nicht zu besichtigen. Im wesentlichen passiert man Mauern und Tore und erhascht immer mal wieder einen kleinen Einblick in dem Besucher verschlossene Bereiche. Hinter dem Koro sieht man durch ein weit zurückgesetztes Omote-mon geradeaus den Chukodo (Chuukoudou) und rechterhand den Jizodo (Jizoudou). Der mit einem Walmdach versehene Chukodo wurde 1999 fertiggestellt. Es handelt sich um eine Ahnenhalle, die zum Gedenken an Kakujo-shonin (1193-1249), der nach dem Heian-zeitlichen Niedergang des Tempels diesen in der Kamakura-Zeit wiederbelebte und als Wiederkehr von Jian Zhen (Ganjin) angesehen wurde, zu seinem 750. Todestag erbaut wurde. In diesem Gebäude wird einerseits eine Muromachi-zeitliche Sitzfigur des Kakujo Shonin verehrt (Kakujou-shounin zazou, rot und gelb bemaltes Holz, datiert auf 1395, wichtiges Kulturgut), andererseits eine moderne Sitzfigur von Morimoto Kyojun (hergestellt von Honma Norio-shi).

Weiter ostwärts liegt innerhalb eines von einer Lehmmauer (Dobei) umfriedeten Bezirks im Norden des Areals der einstöckige, mit Kupferplatten gedeckte Mieido (Goeido), eine Halle zur Erinnerung an den Gründer. Der Mieido ist Edo-zeitlich, stammt ursprünglich aus dem Ichijo-in, einem nicht mehr existenten Zweigtempel aus dem Umfeld des Kofuku-ji, wurde nach einer bis 1962 währenden säkularen Nutzung durch die Verwaltung versetzt und 1963/64 hier wieder aufgebaut. Er ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Im Inneren wird die Statue von Ganjin verehrt, das Original der Figur, von der eine neuzeitliche Kopie im Kaisando steht. Ein Bau vom Typ eines Shinden dient als Zeremonienhalle. Die Innenausstattung mit bemalten Schiebetüren und Wandmalereien stammt vom Maler Higashiyama Kaii (1908-1999) und entstand 1971-1982 (Showa 46-57). Auch die Tusche-Malereien, die thematisch Ganjin gewidmet sind und u. a. grandiose Landschaften zeigen, gelten als wichtige Kulturgüter. Prinzipiell gelten für diesen Bereich Sonderöffnungszeiten. 2019 war dieses Areal jedoch noch Großbaustelle und nicht für Besucher zugänglich. Die Baumaßnahmen werden wohl noch bis März 2022 andauern. Für die Erinnerungs-Zeremonie Kaisanki (5.-7. Juni, Ganjins Todestag ist der 6. Juni) wird die wertvolle Ganjin-Statue, die ins Museum verlagert wurde und nur an wenigen Tagen im Jahr zu sehen ist, solange an einem anderen Ort zur Verehrung präsentiert.

Noch weiter ostwärts kommt man am Sangyo-an (Sangyou-an) vorbei und dann wieder nach Norden abbiegend zu einem landschaftlich besonders schönen und ruhigen Bereich. Dichter Wald mit saftig grünen Moospolstern erfreut das Auge und dämpft jedes Geräusch bis auf die allgegenwärtigen Zikaden und Vögel. Der Weg überquert einen bogenförmigen See, und jenseits der Brücke befindet sich auf einer mit einer achteckigen Mauer eingefaßten und bemoosten Anhöhe das Grab von Ganjin (Ganjin wajo gobyo, Ganjin wajou gobyou, gobyo = Mausoleum, auch Kaisan gobyo genannt, Gründer-Mausoleum). Vor der Treppe ist ein Altar mit Gefäß für Räucherstäbchen aufgebaut; zwei Säulen tragen beiderseits Blumengestecke. Vor dem Mausoleum wächst eine von der Stadt Yangzhou gespendete Kürbispflanze (Rareta keika). Hier endet der besichtigbare Tempelbereich. Jenseits des abschließenden kleinen Kanals liegt in einem kleinen Waldstück noch ein Shinto-Schrein, der Tenman-jinja. Zurück zum langen West-Ost-Weg: Wenn man diesen bis ganz zum östlichen Ende durchgeht, kommt man unter den dichten Bäumen zum östlichen Tor des Tempelbereichs, das aber für Besucher verschlossen ist.


Kunstschätze des Tempels:
Insgesamt besitzt der Toshodai-ji über 20 Nationalschätze und über 200 wichtige Kulturgüter. Zu den Nationalschätzen gehören:

Zu den wichtigen Kulturgütern gehören unter anderem:


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@34.6758186,135.7850484,18.46z - https://www.google.de/maps/@34.6758996,135.7854727,276m/data=!3m1!1e3
Jian Zhen auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jianzhen - https://en.wikipedia.org/wiki/Jianzhen
Yuzhi Zhou: Ganjin, from Vinaya Master to Ritsu School Founder, Journal of Asian Humanities at kyushu University 1, 2016, S. 47-52 -
http://catalog.lib.kyushu-u.ac.jp/handle/2324/1654587/p047.pdf
Nationalschätze Japans:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(temples) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(sculptures) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(crafts:_others)
Busfahrplan Nara: https://www.narakotsu.co.jp/language/en/local/nara_city.html
Webseite des Tempels:
https://toshodaiji.jp/ - englische Zusammenfassung: https://toshodaiji.jp/english/index.html - die einzelnen Gebäude des Garan: https://toshodaiji.jp/about_garan.html - Devotionalienverkauf: https://toshodaiji.jp/goods/ - Veranstaltungskalender: https://toshodaiji.jp/about_gyouji.html - Ganjin: https://toshodaiji.jp/ganjin.html
Die Gebäude im einzelnen mit ihren Kunstschätzen: Kondo:
https://toshodaiji.jp/about_kondoh.html - Kodo: https://toshodaiji.jp/about_koudoh.html - Koro: https://toshodaiji.jp/about_koroh.html - Raido: https://toshodaiji.jp/about_raidoh.html - Mieido: https://toshodaiji.jp/about_mieidoh.html - Kyozo: https://toshodaiji.jp/about_kyouzoh.html - Hozo: https://toshodaiji.jp/about_houzoh.html - Museum, Shinhozo: https://toshodaiji.jp/about_shinhouzoh.html - Kaidan: https://toshodaiji.jp/about_kaidan.html - Kaizan: https://toshodaiji.jp/about_kaizan.html - Nandaimon: https://toshodaiji.jp/about_nandaimon.html - Chukodo: https://toshodaiji.jp/about_cyuukoudoh.html - Kaisando: https://toshodaiji.jp/about_kaisandoh.html
Toshodai-ji auf Japanese-Wiki-Corpus:
https://www.japanese-wiki-corpus.org/shrines/Toshodai-ji%20Temple.html
Toshodai-ji auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dsh%C5%8Ddai-ji - https://en.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dsh%C5%8Ddai-ji
Toshodai-ji auf Visit Nara:
https://www.visitnara.jp/venues/A00500/
Toshodai-ji auf den Seiten von BCT Touristik:
http://www.die-japanreise.de/unesco-weltkulturerbe-japan-reisen/weltkulturerbe-kaiserstadt-nara/toshodaiji-tempel.html
Toshodai-ji auf Japan Guide:
https://www.japan-guide.com/e/e4106.html
Toshodai-ji auf den Seiten von Japan Experience:
https://www.japan-experience.com/all-about-japan/nara/temples-shrines/toshodaiji-temple
Toshodai-ji auf Travel around Japan:
http://www.travel-around-japan.com/k63-12-toshodaiji.html
Toshodai-ji auf Japan Travel:
https://www.japan.travel/de/spot/997/
Toshodai-ji auf Tale of Genji:
http://www.taleofgenji.org/toshodaiji.html
Toshodai-ji:
https://www.wayusoan.com/2020/08/06/toshodaiji-kaidan/ - https://www.wayusoan.com/2020/08/06/toshodaiji-koudo/ - https://www.wayusoan.com/2020/08/06/toshodaiji-kondo/
John Dougill: Japan's World Heritage Sites - Unique Culture, Unique Nature, 192 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc., 2014, ISBN-10: 4805312858, ISBN-13: 978-4805312858, S. 108-109
Minoru Ooka, D. Lishka: Temples of Nara and Their Art, Heibonsha Survey of Japanese Art, 192 S., Verlag: Art Media Resources 1973, ISBN-10: 0834810107, ISBN-13: 978-0834810105


Toshodai-ji, Teil (2): Photos, Kondo und Koro - Toshodai-ji, Teil (3): Photos, Kodo, Kyozo und Hozo -Toshodai-ji, Teil (4): Photos, Raido, Higashimuro und Ensembles - Toshodai-ji, Teil (5): Photos, Nandaimon, Shoro, Kaidan und Kaisando - Toshodai-ji, Teil (6): Photos, Moosgärten und Ganjin-Mausoleum

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