Bernhard Peter
Ikaruga (Präf. Nara): Horin-ji


Lage und Erreichbarkeit
Der Tempel Horin-ji (Hourin-ji) befindet sich in der Kleinstadt Ikaruga (Präfektur Nara), in einem idyllisch-ländlichen nördlichen Ortsteil (Adresse: 1570 Mii, Ikaruga-cho, Ikoma-gun, Nara-ken). Die oft zu lesende Ortsangabe "Nara" ist grob vereinfachend  - bis zum Stadtzentrum der Nachbarstadt Nara sind es immerhin 14 km. Der nächstgelegene Bahnhof ist die Station Horyu-ji der Kansai Main Line (ggf. in JR Nara umsteigen, wenn man aus Richtung Kyoto kommt). Von dort sind es 2,8 km Fußweg zum Tempel. Man kann ab JR Horyuji den Bus zum Bahnhof Kintetsu Koriyama nehmen und an der Hokiji-mae aussteigen, dann nach Westen laufen.

In der Regel wird man aber alle wichtigen Tempel der Stadt Ikaruga nacheinander besichtigen und typischerweise zuerst den Horyu-ji mit dem Yumedono, dann den Horin-ji und zum Abschluß den Hokki-ji besichtigen, von ersterem zum Horin-ji sind es je nach Route 1,2 km (durch die Felder) bis 1,4 km (Straße), und von diesem zur letzten Station sind es ca. 800 m entlang der Straße.

Mit Bus erreicht man den Tempel auch direkt von Nara aus: Von Kintetsu Nara fährt man beispielsweise zu Kintetsu Tsutsui und nimmt dort einen Bus (60, 63 oder 92) in Richtung JR Oji, Ausstieg an der Haltestelle Chuguji-mae. Oder man nimmt von JR Nara oder Kintetsu Nara aus den Bus Nr. 97 bis zur Haltestelle Hokkiji-mae und läuft 800 m nach Westen und geht die Route andersherum. Am Horyu-ji kann man wieder die Buslinie 97 zurück nach Nara besteigen.

Der Horin-ji ist ein Tempel kleineren Ausmaßes mit sehenswerter, aber neuerer Bausubstanz. Kein Vergleich mit dem Horyu-ji, dem touristischen Schwergewicht in der Stadt Ikaruga. Im Vergleich zu diesem Giganten der Kunstgeschichte spielt der Horin-ji in einer wesentlich kleineren Liga. Und dennoch ist der Horin-ji ein lohnenswerter Abstecher, weil er eine sehr stimmungsvolle, ruhige und touristenarme Zone ist und weil man sich hier gut von den vorherigen Besichtigungen erholen kann. Kaum verläßt man die touristische Kernzone von Ikaruga, wird es schnell ländlich und "einheimisch". Im Herbst blüht in und um den Tempel herum die Cosmea. Im Norden des Tempelbereiches liegen mehrere Seen, und am Fuß der Hügel liegt im Nordwesten der Horyuji Temple Country Club mit seinem Golfplatz.


Geschichte und Bedeutung:
Der Horin-ji wird wegen seiner Lage im Stadtteil Mii auch Mii-dera genannt. Mit San-go (Bergname) heißt er vollständig Myokensan Horin-ji (Myoukensan Hourin-ji). Myoken ist der Name eines Bodhisattvas, zu dessen Verehrung im Tempel eine eigene Halle steht, und san = Berg. Der Tempel gehört heute zur Shotoku-Schule innerhalb des japanischen Buddhismus.

Zur nicht sicher aufgeklärten Gründungsgeschichte gibt es zwei Versionen. Die eine Version besagt, dieser Tempel sei im Jahre 622 von Prinz Yamashiro (Yamashiro-no-oe-no-o, -643) und seinem Sohn, Prinz Yugi, gebaut worden, um für die Heilung des erkrankten Kronprinzen Shotoku (574-622) zu beten, Yamashiros Vater. Offensichtlich mit geringem Erfolg, weil Shotoku im selben Jahr verstarb. Yamashiro hatte wenig später selber im Jahr 628 Ambitionen, den kaiserlichen Thron zu besteigen, doch statt seiner wurde Prinz Tamura der nächste Kaiser unter dem Namen Jomei. Die andere Geschichte schreibt die Gründung drei Mönchen zu, Kai-hosshi aus Kudara (ein altes koreanisches Königreich) und den beiden Japanern Enmyo und Shimoni Shinmotsu, und verlegt das Ereignis in das Jahr 670. Bei dieser Gründungsgeschichtenvariante handelt es sich um die Wiederherstellung eines zuvor abgebrannten älteren Tempels.

Sicher ist lediglich der archäologische Befund, daß die ganze Tempelanlage spätestens im 7. Jh. vollendet war und damit eine Asuka-zeitliche (592-710) Anlage ist. Bereits im 13. Jh. begann der Stern des Tempels als Folge der Verlegung der Hauptstadt nach Kyoto zu sinken, die Gebäude verfielen in der Kamakura-Zeit. Ein Taifun zerstörte schließlich 1645 die Haupthalle und andere Gebäude. Im 17. Jh. war nur noch die dreistöckige Pagode übriggeblieben, ganz ähnlich wie beim benachbarten Hokki-ji. Erst Mitte des 18. Jh. wurde die Anlage von Houyu-Shonin und seinen Schülern restauriert. Die Pagode wurde instandgesetzt, und die Hauptbauwerke, die Lehrhalle (und die Haupthalle, wurden neu errichtet.


Rundgang und Beschreibung
Der Besucher betritt den Tempel durch das an einer Straßenkurve gelegene Südtor (Minami-mon). Dahinter liegen linkerhand das Ticketbüro, rechterhand das Handwaschbecken (Chozusha). Danach kommen die beiden wesentlichen Gebäude: Links der Süd-Nord-Hauptachse liegt die dreistöckige Pagode (Sanjunoto), rechts die Haupthalle (Kondo). Dahinter ist ganz rechts an der Grundstücksgrenze der Glockenturm (Shoro) zu finden, etwas versteckt hinter Bäumen. Nach einem Geländeabsatz, zu dem hinter einer auf dem Mittelweg stehenden Steinlaterne (Ishidoro) wenige Stufen hoch führen, findet man in der Mitte zwischen Sanjunoto und Kondo nach hinten (Norden) versetzt die Lehrhalle (Kodo). Das ist das gleiche Layout des Garan (Tempelplan) wie beim Horyu-ji, weshalb es auch Horyu-ji-Stil genannt wird, im Gegensatz zum Hokki-ji, bei dem die Anordnung gespiegelt ist.

Das interessanteste Gebäude ist die Pagode, auch wenn sie eine Rekonstruktion ist. Das über 1200 Jahre alte Bauwerk wurde am 21.7.1944 bei einem Unwetter von einem Blitzschlag getroffen und brannte innerhalb von nur zwei Stunden komplett herunter. In der Mitte der 1960er Jahre begann man mit den Plänen zur Rekonstruktion. Mit etlichen Spenden konnte die immer wieder offene Finanzierung gesichert werden. Hervorhebenswert sind die Bemühungen von Aya Koda, der Tochter des Autors von "Die fünfstöckige Pagode", Koda Rohan. Die neue Pagode, die eine minutiös genaue Rekonstruktion der alten ist, konnte im April 1975 fertiggestellt werden. Diese Pagode, die mit der des Hokki-ji und der des Horyu-ji eine Gruppe bildet und wie eine verkleinerte Version der letzteren aussieht, war vor ihrer Zerstörung als Nationalschatz eingestuft. Da sie heute eine Rekonstruktion ist, gehört sie nicht zur Weltkulturerbestätte der buddhistischen Monumente des Horyu-ji-Gebietes. Der Vergleich mit den beiden anderen Pagoden zeigt die große Ähnlichkeit der Konstruktion und die hohe Qualität der Rekonstruktion mit traditionellen Techniken. Gemeinsam werden die drei Pagoden Ikaruga San-to genannt, die drei (san) Pagoden (to) der Stadt Ikaruga.

In der Lehrhalle (Kodo) befinden sich einige wertvolle Statuen, darunter eine hölzerne, Asuka-zeitliche, sitzende Figur eines Yakushi Nyorai (heilender Buddha, vollständige Bezeichnung: Mokuzo Yakushi Nyorai Zazo, 1,10 m hoch), eine große Heian-zeitliche Figur einer elfköpfigen Kannon (Sanskrit: Avalokiteshvara, 4,80 m hoch), eine hölzerne, Asuka-zeitliche, stehende Figur von Kokuzo Bosatsu (Bodhisattva des Raumes und der Weisheit, Sanskrit: Akasagarbha, vollständige Bezeichnung: Mokuzo Kokuzo Bosatsu Ryuzo, 1,75 m hoch). Dazu kommen Heian-zeitliche Figuren von Kichijoten, Sho-Kannon und Bishamonten. Diese sechs Statuen sind als wichtige Kulturgüter gelistet. Weiterhin gibt es hier Statuen des Prinzen Shotoku aus dem 13. und 17. Jh., einen Asuka-zeitlichen Dachziegel (Shibi) des ersten Tempels aus dem 7. Jh. und einen aus der Edo-Zeit stammenden Tempelübersichtsplan. Im Innern der Halle herrscht Photoverbot.

Im Nordwestbereich des Garan befindet sich der eigentliche Wohnbereich der Mönche (nicht zu besichtigen); davor liegt linkerhand das Westtor (nicht regulär geöffnet). Im Nordbereich liegt der Myoken-do mit zwei Steinlaternen (Ishidoro) davor. Hier wird Myoken Bosatsu verehrt, eine Vergöttlichung des Polarsterns (Sanskrit: Sudrsti). Auf der anderen Seite des Hauptweges liegt ein kleines Gebäude mit Pyramidendach, das ist der Jizodo, die Jizo-Halle. Auf einer Steintafel auf dem Tempelgelände ist ein Gedicht von Yaichi Aizu eingraviert.


Kondo, von Westen gesehen

Kondo, von Nordwesten gesehen

Kondo, von Südwesten gesehen

Geradeaus hinter den Bäumen steht der Glockenturm. Links die Stufen führen zum Kodo.

 

Ishidoro

Sanjunoto (Pagode), vom Kodo aus gesehen

Sanjunoto (Pagode), von Nordosten aus gesehen

 

Sanjunoto (Pagode) aus verschiedenen Blickwinkeln

 

Sanjunoto (Pagode) aus verschiedenen Blickwinkeln

Sanjunoto (Pagode), konstruktive Details

Sanjunoto (Pagode), konstruktive Details

Der Glockenturm ist im Grünen verborgen

Shoro (Glockenturm)

Myokendo mit Ishidoro davor

Der Horin-ji liegt in ländlicher Umgebung; Reisfelder begleiten den Weg zum Tempel.


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@34.622264,135.7391138,19.25z - https://www.google.de/maps/@34.6223847,135.7390205,110m/data=!3m1!1e3
auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/H%C5%8Drin-ji_(Nara) - https://fr.wikipedia.org/wiki/H%C5%8Drin-ji_(Nara)
Horin-ji:
http://www1.kcn.ne.jp/~horinji/
Video auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=wynFR7vH6gg
auf Japan Visitor:
https://www.japanvisitor.com/japan-temples-shrines/horinji-nara
auf den Seiten der Stadt Ikaruga:
https://www.town.ikaruga.nara.jp/ikaho/e/guide/f5f/f581.html - http://www.town.ikaruga.nara.jp/ikaho/e/guide/guide.html - http://www.town.ikaruga.nara.jp/ikaho/e/guide/f5f/f58.html
auf Japan Travel zu Ikaruga:
https://www.japan.travel/en/spot/1999/
Seiten der Präfektur Nara:
http://www.pref.nara.jp/nara_e/area03/index.html
auf Japan Hoppers:
https://www.japanhoppers.com/de/kansai/nara/kanko/1821/
Reiseführer Nara:
www.jnto.go.jp/eng/location/rtg/pdf/pg-507.pdf
Weltkulturerbe Japan:
http://www.worldheritagejpn.com/wch/rkhouryujidu.html
auf Visit Nara:
https://www.visitnara.jp/venues/A00939/
Informationstafel am Tempel
Mark Schumacher: Prinz Shotoku und die mit ihm in Verbindung stehenden Tempel
http://www.onmarkproductions.com/html/shotoku-taishi.html


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