Bernhard Peter
Sprache: Nomen und Kasus-Partikeln

Nomen im Japanischen:
Nomen (Substantive, jap. Meishi) sind im Japanischen in den meisten Fällen deckungsgleich mit dem, was wir im Deutschen für Nomen halten. Hund, Buch, Herz, Leber - all das sind auch im Japanischen Nomen. Von daher nichts Besonderes, und diese gleiche Wahrnehmung deckt einen Großteil der Nomen ab. Aaaaber...

...im Japanischen sind noch mehr Wörter Nomen, die wir im Deutschen NICHT als Nomen wahrnehmen. Deshalb eine zunächst seltsam klingende, aber im Grunde sehr praktische Definition: Nomen sind all die Wörter, hinter die man die Attributiv-Partikel "no" setzen kann. Und damit sind noch ein paar Wortgruppen mehr im Japanischen Nomen, die es im Deutschen nicht sind:

• Pronomen: watashi = ich, anata = du, boku = ich. Im Deutschen sind es Pronomen, im Japanischen sind es Meishi, Nomen. Beweis nach obiger Definition:
  • watashi no hon = mein Buch
  • anata no shinbun = deine Zeitung
• Zeitbegriffe: kyou = heute, kinou = gestern, ashita = morgen, asatte = übermorgen. Im Deutschen sind es Zeitadverbien, im Japanischen sind es Meishi, Nomen. Beweis nach obiger Definition:
  • kyou no asa gohan = das heutige Frühstück
  • kinou no shinbun = die gestrige Zeitung
• Orts- und Positionsbegriffe: ue = oben, shita = unten. Im Deutschen sind das Adverbien (onben, unten) oder Präpositionen (über, unter), im Japanischen sind es Meishi, Nomen. Beweis nach obiger Definition:
  • shita no hon = das untere Buch
  • ue no shinbun = die obere Zeitung

Keine Unterscheidung nach Anzahl und Geschlecht im Japanischen:
Es gibt keine Artikel, es gibt auch keine Deklination. Substantive oder Verben werden weder nach Numerus noch nach Genus unterschieden.

• Otoko = ein Mann = mehrere Männer
• Yukimasu = ich gehe = du gehst = er/sie/es geht = wir gehen = ihr geht = sie gehen
• Desu = sein = ich bin = du bist = er/sie/es ist = wir sind = ihr seid = sie sind

Es gibt bei Nomen keine Flexion, ein Nomen ist unveränderlich. Es gibt auch keine Unterscheidung bestimmter (der, die das) und unbestimmter (ein, eine, eines) Nomen. Es gibt keine Unterscheidung von Singular und Plural. Shinbun = die Zeitung, eine Zeitung, die Zeitungen, Zeitungen. Alles ist nur "Shinbun". Und "Inu" = der Hund, die Hündin, ein Hund, eine Hündin, irgendwelche Hunde, irgendwelche Hündinnen, genau die Hunde, genau die Hündinnen. Der Verlust all dieser strukturierenden Verwandlungen eines Nomens entfällt. Ersatzlos. Doch etwas anderes tritt an ihre Stelle: Die Partikeln. Denn egal wie - wir brauchen ein System, das die Funktion der Nomen im Satz definiert, also das, was im Deutschen die Artikel und Kasus-Endungen machen. Wir reduzieren die deutschen Ausdrücke "der Mann", "des Mannes", dem Mann", "den Mann", den Männern" etc. alle damit auf "Mann". Aus einem logischen Satz " der Mann sieht die Männer und gibt einem Mann die Bücher" wird damit "Mann Mann sehen und Mann Buch geben". Die Notwendigkeit eines neuen Ordnungssystems ist offensichtlich.

Partikeln und ihre Rolle im Satz, Verbbaupläne
Partikeln sind deshalb notwendig, um anzuzeigen, welche Rolle ein Nomen im Satz spielt. Nur so wird klar, was Subjekt und was Objekt ist und was sonst noch mit den ganzen Nomina gemacht wird. Das Verb regiert den Satz, das ist der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Geschehens. Da herum gruppieren sich die anderen Blöcke. Das Nomen und die nachgestellte Partikel bilden jeweils einen untrennbaren Block, der zusammengehört und nicht auseinandergerissen werden darf, so wenig wie die Kasusendung -us vom lateinischen "praepositus" abgehängt werden darf. Erst Nomen + Subjektpartikel = Subjekt, erst Nomen + Objektpartikel = Objekt, erst Nomen + Aufzählungspartikel = Aufzählungsposition etc.

Aus dem obigen Beispiel "Mann Mann sehen und Mann Buch geben" wird damit "Mann-Nominativ Mann-Akkusativ sehen und Mann-Dativ Buch-Akkusativ geben"

Von der Art des Verbs hängt es ab, welche Partikeln (und Nomen) man für einen vollständigen Minimalsatz benötigt werden. Bsp.: im Deutschen: das Verb "schwimmen" braucht nur ein Subjekt (wer?), "geben" braucht Subjekt (wer?), Objekt (was?) und Empfänger (wem?), sonst fühlt sich der Satz unvollständig an. Der Minimalsatz besteht aus dem Verb und den Substantiven, die die Rollen erfüllen, die das Verb vorgibt. Welches Nomen welche Rolle erfüllt, genau das markieren die Partikeln. Intransitive Verben erfordern nur "ga", A ga tut etwas ganz allein ohne Mitwirkung anderer Nomen. Das ist der einfachste Verbbauplan. Andere Verben haben komplexere Verbbaupläne, die man sich am besten mit dem Verb zusammen merkt. Transitive Verben haben im einfachsten Fall "A ga B o Verb" als Bauplan, A macht was mit B.

Alle Partikeln stehen hinter dem Nomen. Nomen und Post-Partikel bilden einen untrennbaren Block im Satz. Wenn ein solcher Block definiert ist, ist dann die Abfolge der Aneinanderreihung mehrerer solcher Blöcke egal, solange das Verb am Ende steht.

Arten von Partikeln (Joshi)
Vorab: Es heißt die Partikel, Plural: die Partikeln, wenn das grammatikalische Phänomen gemeint ist. Partikeln (Joshi) sind selbst nicht flektierbar und lassen sich in fünf Gruppen einteilen. Zwei Gruppen stehen mit Verben, drei Gruppen stehen mit Substantiven.

Die Partikeln mit Substantiven lassen sich in folgende drei Gruppen einteilen:

• Nominal-Partikeln stehen zwischen zwei Nomen: [ N - NP - N ] und bauen eine Beziehung zwischen diesen beiden Nomen auf. Dadurch wird ein größerer Block erzeugt. Beispiele: to = und, no = Zugehörigkeit, Attributiv-Partikel. Zu den Aufzählungspartikeln gehören to = vollständige Aufzählung, ya = unvollständige Aufzählung, ka = oder, nado = beispielsweise, usw. am letzten Glied einer unvollständigen Aufzählung.
• Kasus-Partikeln stehen zwischen Nomen und Verb [ N - KP - V ] und erklären, wie das jeweilige Nomen zum Verb steht. Das entspricht dem Satzbau im Deutschen, Russischen oder Lateinischen, nur mit anderen Mitteln. Kasus-Partikeln regeln bei mehreren Nomen das "Wer ist wer". Bsp.: töten: [ A - KP - B - KP - V ] - V = töten, tötet jetzt der A den B oder der B den A? Kasus-Partikel geben nun an, wer Täter und wer Opfer ist: A - Täter - B - Opfer - töten. Oder auch A - Opfer - B - Täter - töten, das geht auch, die Reihenfolge ist egal, solange die Nomen-Partikel-Blöcke nicht auseinandergerissen werden. Typische Partikeln: ga = Subjekt, o = Objekt, de = Ort einer Handlung oder Mittel der Handlung, kara = Startpunkt, made = Zielpunkt, yori = Vergleich. Kasus-Partikeln geben die Relation von Nomen innerhalb eines Satzes an.
• Diskurs-Partikeln geben an, wie, inwieweit und in welcher Weise der Rest des Satzes für genau dieses Nomen gültig ist. Dafür haben wir im Deutschen keine Entsprechung. In diese Gruppe gehört die beliebte "wa" = Themen-Partikel, das aussagt, daß genau dieses Nomen das Thema des Satzes ist, die Auch-Partikel "mo", die eine Mit-Betroffenheit ausdrückt, und eine Partikel, die die Ausschließlichkeit von "nur" ausdrückt - nur diese eine Person von mehreren ist gestürzt, diese Person hat nur dieses eine Buch von vielen geklaut etc. Diskurs-Partikeln geben die Relation von Nomen innerhalb eines Kontextes von mehreren Sätzen, innerhalb eines Diskurses an.

Die Partikeln mit Verben (und Adjektiven) bilden zwei Gruppen:

• Finalpartikeln stehen, wie der Name schon sagt, am Ende von Verben und damit auch am Ende von Sätzen, weil die Verben im Satz immer ganz hinten stehen. Finalpartikeln stehen also hinter "ganz hinten", am absoluten Ende des Satzes als letztes vor dem Satzzeichen.
• Konjunktionspartikeln verbinden mehrere Sätze oder Satzteile zu einem größeren Ganzen. Sie können einen Nebensatz markieren. Im Japanischen steht der Nebensatz immer vor dem Hauptsatz. Eine typische Konstruktion ist: [ [ Nebensatz + Konjunktionspartikel KP ] Hauptsatz ]. Beispiele für die riesige Vielfalt der KP sind node = weil und ba = wenn.

Wenn Partikel an Verben angehängt werden, muß man sie von den Jodoushi unterscheiden. Joshi = Partikeln sind nicht flektierbar. Sie führen zum Kettenabbruch, es kann kein Waggon mehr angehängt werden. Joshi führen zu einem Agglutinations-Stop. Jodoushi hingegen werden angehängt, selber flektiert und koppeln weitere Elemente hinten an. Joshi hingegen sind nicht flektierbare Anhängsel. Gleich den Jodoushi erfordern sie die Vorbereitung der Kupplung durch Flexion des vorangehenden Elements, also des Verbs. Die KP "node" erfordert die RT, die KP "ba" erfordert die IZ des Verbs des Nebensatzes. Anders als die Jodoushi sind Joshi selbst nicht flektierbar, und deshalb geht es danach nicht weiter: Man kann nichts an Joshi anhängen.

Erzeugung von Fällen ("Deklination") durch Kasus-Partikeln:
Unter der Gesamtregie des Verbs stellen die Kasus-Partikeln zusätzliche Informationen zum Geschehen zur Verfügung. Das Verb liefert die Kern-Information, WAS passiert. Die Nomen nennen zunächst einmal alles, was irgendwie am Geschehen beteiligt ist, noch ohne Rollen-Definition. Die Kasus-Partikeln klären die entscheidenden Fragen und weisen den Nomen ihre Rollen zu: Wer? Wo? Wann? Mit wem zusammen? Warum? Womit? Wer ist der Handelnde? Wer ist das Opfer? Mit wem wird was gemacht? All das weisen die Kasus-Partikeln dann den zugehörigen Nomen A, B, C und D zu, um die Antworten auf diese Fragen blockweise in den Satz zu schieben: [ A - KP - B - KP - C - KP - D - KP - V ]. Die Fälle werden durch nachgestellte Partikeln erzeugt:

• Kennzeichnung als Subjekt und Täter einer Handlung: ga (hier wäre wa nicht korrekt eingeordnet, aber dazu später!) <-> Nominativ
• Kennzeichnung als Bezug, als Ort, Richtung oder Zeitpunkt: ni
• Kennzeichnung als Possessiv, als Zugehörigkeit oder Besitz: no <-> Genitiv
• Kennzeichnung als Ort einer Handlung: de
• Kennzeichnung als Mittel einer Handlung: de
• Kennzeichnung als Richtung: e
• Kennzeichnung als Objekt und Opfer einer Handlung: o <-> Akkusativ

übliche Wortfolge: Subjekt steht als erstes, dann folgen Objekte und adverbiale Ergänzungen, Verb steht als letztes: Subjekt ga Objekt o Verb

• Kore ga empitsu desu = dieses + Nominativ + Bleistift + sein = dieses ist ein Bleistift
• Pan wa tabemono desu ka = Brot + Nominativ + Essen + sein + Frage = Ist noch Brot zum Essen da?

Aber im Grunde spielt die Satzstellung keine zwingende Rolle: Nachfolgender Satz ergibt keinen Sinn, weil man nicht weiß, wer was ist, wer welche Rolle hat:

• Kannuchi kyou go-ji Heian jingu miko naifu koroshimashita - Shinto-Priester heute 5 Uhr Heian-Schrein Schreinmädchen Messer umgebracht.

Erst die Partikeln bringen Ordnung rein und weisen den Nomen ihre Rolle zu. Die drei nachfolgenden Sätze sind grammatikalisch korrekt, weil es keine zwingende Reihenfolge der Blöcke gibt:

• Kannuchi ga kyou go-ji ni Heian jingu de miko o naifu de koroshimashita - der Shinto-Priester hat heute um 5 Uhr im Heian-Schrein ein Schreinmädchen mit dem Messer umgebracht.
• Kannuchi o kyou go-ji ni Heian jingu de miko ga naifu de koroshimashita - das Schreinmädchen hat heute um 5 Uhr im Heian-Schrein den Shinto-Priester mit dem Messer umgebracht.
• Miko ga kyou go-ji ni Heian jingu de kannuchi o naifu de koroshimashita - das Schreinmädchen hat heute um 5 Uhr im Heian-Schrein den Shinto-Priester mit dem Messer umgebracht.

Die Kasus-Partikel "ga" für das Subjekt:
Beginnen wir mit dem Nominativ: Die allgemeine Subjekt-Partikel ist "ga". "Ga" kennzeichnet das Subjekt, den eine Handlung ausführenden, den Täter einer Handlung. Die Struktur [ A - ga - V ] drückt aus, daß es A ist, welcher die durch das Verb beschriebene Handlung ausführt. Das Nomen vor "ga" ist immer die Antwort auf die Frage "wer?".

• inu ga nomimasu = der Hund trinkt
• neko ga tabemasu = die Katze ißt
• watashi ga yomimasu = ich lese
• Takeda-san ga asobimasu = Herr Takeda hat Spaß

Fragen nach einem Subjekt mit der Kasus-Partikel "ga":
Aus all den oben formulierten Sätzen lassen sich Entscheidungsfragen (Ja-Nein-Fragen) bilden durch Anhängen der Frage-Partikel "ka":

• inu ga nomimasu-ka = trinkt der Hund
• neko ga tabemasu-ka = ißt die Katze?
• watashi ga yomimasu-ka = lese ich?
• Takeda-san ga asobimasu-ka = amüsiert sich Herr Takeda?

Und aus all diesen Sätzen lassen sich Informationsfragen (Fragen, die eine echte, informative Antwort erfordern) bilden durch 1.) Ersatz des Nomens durch das Fragewort UND 2.) Anhängen der Frage-Partikel "ka".

• dare ga nomimasu-ka = wer trinkt? Antwort: der Hund.
• dare ga tabemasu-ka = wer ißt? Antwort: die Katze.
• dare ga yomimasu-ka = wer liest? Antwort: ich.
• donata ga asobimasu-ka = wer amüsiert sich? Antwort: Herr Takeda.

Das Fragewort "dare" oder höflicher "donata" ist einfach nur der Platzhalter für eine handelnde Person. Anstelle des die Person bezeichnenden Nomens wird der fragende Platzhalter eingebaut, die übrige Satzstruktur MIT Partikel bleibt bestehen. Dabei bedeutet "dare" nicht automatisch "wer?" Ohne Partikel dahinter ist "dare" nur ein Ersatz für eine Person, ein Platzhalter, mit noch unbekanntem Kasus. Ohne Partikel kann "dare" für wer, wem, wessen, mit wem, wegen wem, wen etc. stehen, es kann alles sein. Erst "dare ga" ist die präzise Frage nach dem "wer?". Ein typischer Fragesatz lautet also, wie in einem Baukasten-Schema:

• [ dare - ga - V - ka ] -> Antwort: [ N - ga - V ]
• [ donata - ga - V - ka ] -> Antwort: [ N - ga - V ]

und

Partikeln der Richtung: Verwendung der Kasus-Partikel "ni" (1. Bedeutung):
Die Partikel "ni" ist eine der vielfältigsten Partikeln mit mehreren unterschiedlichen Bedeutungen. Hier geht es zunächst um die Richtung. Die Partikel "ni" zeigt die Richtung an, in die sich etwas bewegt, bzw. das Objekt, auf das sich etwas zubewegt. Man spricht auch vom Lokativ, das die Partikel "ni" kennzeichnet. Die Partikel "ni" ist die Antwort auf die Frage "wohin?". Häufig ist die Kombination mit den Verben:

• kuru, kimasu = hin kommen, sich zum Sprecher HIN bewegen, vom Ort des Zieles der Bewegung aus gesehen
• iku, ikimasu = weg gehen, sich vom Sprecher WEG bewegen, vom Ort des Beginns der Bewegung aus gesehen

Beachte den Unterschied:

• Nihon ni kuru / kimasu = er geht/fährt/fliegt/kommt nach Japan (von Tokyo aus gesehen)
• Nihon ni iku / ikimasu = er fliegt nach Japan (von Frankfurt aus gesehen)

ebenso:

• watashi wa Nihon ni kimashita = ich bin (vor einiger Zeit) nach Japan geflogen (und bin immer noch dort)
• watashi wa Nihon ni ikimashita = ich bin (vor einiger Zeit) nach Japan geflogen (und bin wieder zurück in Frankfurt)

Die Konstruktion erfolgt so: Subjekt - Ziel - ni -Verb. Beispiele:

• ich gehe zum Bahnhof = watashi wa eki ni ikimasu
• gehst du zum Bahnhof? = anata wa eki ni ikimasuka?
• ich gehe nach Hause = watashi wa uchi ni ikimasu.
• kommst du nach Hause? = anata wa uchi ni kimasuka?
• Mariko geht zur Uni = Mariko wa daigaku ni ikimasu.
• Thomas geht nicht ins Restaurant (aus) = Thomas wa resutoran ni ikimasen
• Thomas kommt nicht (zu uns) ins Restaurant = Thomas wa resutoran ni kimasen
• kommst Du zu meinem Haus? = anata wa watashi no uchi ni kimasuka?
• ich bin zu dir nach Hause (deinem Zuhause) gegangen = watashi wa anata no uchi ni ikimashita.
• ich fahre mit dem Wagen nach Deutschland = watashi wa kuruma de doitsu ni ikimasu.

Beachte auch den Unterschied: "Ni" verwendet man, wenn man die Bewegung in ein Kompartiment HINEIN meint, von außerhalb kommend in den Raum, Ort etc., also außen startet und innen endet. Wenn man das Kompartiment verläßt, also innen startet und außen endet, HINAUS geht, verwendet man "(w)o", ebenso wenn es durch das ganze Kompartiment HINDURCH geht. (siehe Abschnitt zur Partikel "o").

Die typische Frage nach der Richtung ist "doko". "Doko" wird allgemein mit "wo" übersetzt, doch bei genauerem Hinsehen greift das zu kurz. Primär ist "doko" ein Platzhalter für einen Ort. Erst mit der Partikel "ni", also in der Form "doko ni" ist es die Frage nach einer Richtung. "Doko ni" = "wohin?" oder "zu welchem Ort?". Und selbst diese Übersetzung ist nicht eindeutig, denn weiter unten werden wir sehen, daß "doko ni" auch die Frage nach einem Ort, an dem sich etwas befindet, sein kann. Die wirkliche Übersetzung ist immer auch ein Zusammenspiel mit dem verwendeten Verb. So werden aus den obigen Sätzen Fragen gebildet:

• wohin gehst du? = anata wa doko ni ikimasu-ka?
• wohin geht Mariko? = Mariko wa doko ni ikimasu-ka?
• wohin fahre ich mit dem Wagen? = watashi wa kuruma de doko ni ikimasu-ka?

Wie im Abschnitt zur Partikel "e" erläutert, kann "ni" in der Bedeutung einer Richtungsangabe durch "e" ersetzt werden. Es gibt jedoch ein paar Bereiche, wo alleine "ni" geht und NICHT durch "e" ersetzt werden kann:

• "e" funktioniert nicht, wenn am Ende der Bewegung ein Kontakt besteht. Hier ist zwingend "ni" erforderlich. Z. B.: "ich habe das Auto gegen die Wand gesetzt" - watashi wa kuruma o kabe ni butsuketa, da geht allein "ni".
• bestimmte Ausdrücke werden traditionell immer mit "ni" verwendet, z. B. einsteigen (noru, norimasu): Watashi wa densha ni norimasu - ich steige in den Zug ein. Cave: für das Aussteigen wird die Partikel "o" verwendet, siehe dort! Ich steige aus dem Zug aus = watashi wa densha o orimasu.

Problem: Die Richtungs-Partikel "ni" ist an Orte gebunden: Gebäude, Plätze, Städte, Länder, Einrichtungen, Zimmer - alles geht. Nur: Personen gehen nicht. Man kann NICHT konstruieren "Person 1 - wa - Person 2 - ni - ikimasu", das ist falsch. Statt dessen muß man die Person zum Ort machen. Standard-Konstruktion ist: "Person 1 - wa - Person 2 - no - tokoro ni - ikimasu". Tokoro ist der Ort, und bei dem der Person 2 zugeordneten Ort kann man selbstverständlich "ni" benutzen. Also: Wenn man die Richtung zu einer Person hin ausdrücken will, setzt man hinter die Person den festen Baustein "no tokoro ni". Auch andere personenbezogene Orte gehen: Haus, Zimmer, Wohnung.

• ich gehe zu Vater = watashi wa chichi ni ikimasu (falsch, geht nicht) => watashi wa chichi no tokoro ni ikimasu = ich gehe zu des Vaters Ort
• du besuchst einen Freund = anata wa tomodachi ni ikimasu (falsch, geht nicht) => anata wa tomodachi no tokoro ni ikimasu = du gehst zu des Freundes Ort
• laß uns zu mir nach Hause gehen = watashi ni ikimashou (falsch, geht nicht) => watashi no ie ni ikimashou = laß uns zu meinem Haus gehen
• ich gehe zu Vater = watashi wa chichi ni ikimasu (falsch, geht nicht) => watashi wa chichi no apaato ni ikimasu = ich gehe zu des Vaters Wohnung

Partikeln der Richtung: Verwendung der Kasus-Partikel "e":
Die Partikel "e" (geschrieben: "he", gesprochen: "e") ist so ähnlich wie "ni" und zeigt auch eine Bewegungsrichtung an, die Antwort auf die Frage "wohin?". Die beiden Richtungspartikeln haben eine große Überschneidung in der Verwendung. Aber: "e" ist kleiner und eingeschränkter in der Bedeutung, "ni" umfassender in seiner Verwendung. "Ni" hat auch noch viele andere Bedeutungen, Markierung von Urheber und Empfänger, Markierung von Resultaten einer Veränderung, Zeitangaben - das alles kann "e" nicht. Die Partikel "e" ist allein für Richtungsangaben reserviert. Also:

• "e" kann immer durch "ni" ersetzt werden
• "ni" kann manchmal durch "e" ersetzt werden, aber nicht immer
• "ni" ist mehr als "e", "e" ist eingeschränkter in der Anwendung

Identisch sind in der Bedeutung:

• ich gehe zur Schule = watashi wa gakkou ni ikimasu
• ich gehe zur Schule = watashi wa gakkou e ikimasu
• Takeda-san geht zur Burg Nagoya = Takeda-san wa Nagoya-jou ni ikimasu
• Takeda-san geht zur Burg Nagoya = Takeda-san wa Nagoya-jou e ikimasu

Beachte, es gibt drei Sonderaussprachen bei den Partikeln, und das hier ist eine davon: "wo" wird "o" gesprochen, "ha" wird "wa" gesprochen, und "he" wird "e" gesprochen. Das Hiragana-Zeichen "he" kommt selten vor, und wenn es vorkommt im Textfluß, ist es höchstwahrscheinlich die Partikel "e".

Gibt es einen Unterschied in der Verwendung von "ni" und "e" in Bezug auf die Richtung?
historisch gab es einmal einen Unterschied:

• ni = die Bewegung führt in Richtung und bis zum Zielpunkt
• e = die Bewegung führt in Richtung zum Zielpunkt, endet aber nicht notwendigerweise dort, sondern auch früher oder später

Praktischer Unterschied:

• kono densha wa Kyouto eki ni ikimasuka - fährt der Zug nach Kyoto? Ich will nämlich in Kyoto aussteigen.
• kono densha wa Kyouto eki e ikimasuka - fährt der Zug in Richtung Kyoto? Ich will aber schon in Himeji aussteigen.

Spielt diese historische Unterscheidung eine Rolle? Praktisch nein, die Grenzen sind verwischt. Ältere Japaner werden diesen Unterschied vielleicht noch machen, die jüngere Generation macht keinen. Diese Unterscheidung spielt nur noch insofern wirklich eine Rolle, als "e" nicht funktioniert, wenn am Ende der Bewegung ein Kontakt besteht, wenn man z. B. sagen will "ich habe das Auto gegen die Wand gesetzt" - watashi wa kuruma o kabe ni butsuketa, da geht allein "ni". Ebensowenig geht "e", wenn ich ein Bild an die Wand hänge (watashi wa kabe ni e o harimasu) oder einen Ball an die Wand werfe (watashi wa kabe ni mukatte bouru o nageru), auch da geht nur "ni", weil am Ende ein Kontakt mit dem Zielpunkt steht.

Für die Richtung auf Personen zu gilt das bei "ni" Gesagte (s. o.) analog für "e". Die Partikel "e" kann nur mit Orten kombiniert werden, nicht mit Personen. Wenn man die Richtung zu einer Person hin ausdrücken will, setzt man hinter die Person den festen Baustein "X no tokoro e", zum Ort des X. Alles Weitere siehe bei "ni" (Richtung).

Partikeln des Ortes: Verwendung der Kasus-Partikel "ni" (2. Bedeutung):
Zweite Bedeutung der Partikel "ni": Die Partikel "ni" zeigt den Ort an, wo sich etwas befindet, so sich jemand aufhält. Die Verwendung ist allein auf die Beschreibung des Aufenthaltes beschränkt. Will man dagegen die an einem Ort stattfindende Handlung ausdrücken, muß man "de" nehmen, "ni geht nicht. "Ni" ist die Antwort auf die Frage: "Wo befindet sich etwas?", "de" ist die Antwort auf die Frage "Wo findet etwas statt?". "Ni" in dieser zweiten Bedeutung ist richtungslos.

Typische Verben sind imasu (sein), arimasu (sein), sunde imasu (wohnen, das ist keine Tätigkeit, sondern etwas Stationäres):

• Tanaka-san wa Osaka ni imasu - Herr Tanaka befindet sich in Osaka
• Watashi no hon wa Osaka ni arimasu - mein Buch befindet sich in Osaka
• Watashi no inu wa Osaka ni imasu - mein Hund befindet sich in Osaka
• Tanaka-san wa Osaka ni sunde imasu - Herr Tanaka lebt/wohnt in Osaka
• aber: Tanaka-san wa hon-o Osaka-de yomimasu - Herr Tanaka liest ein Buch in Osaka - bei Handlungen nimmt man "de"
• Takeda-san ga Nagoya-jou ni imasu - Herr Takeda befindet sich in der Burg Nagoya
• Anata-wa Nara ni sunde imasu - du wohnst in Nara

Wichtig: iru, imasu wird verwendet bei Personen, Tieren, allgemein Lebewesen, aru, arimasu wird verwendet bei Gegenständen, und auch bei Pflanzen.

Die typische Frage nach dem Ort ist "doko". "Doko" wird allgemein mit "wo" übersetzt, doch bei genauerem Hinsehen greift das zu kurz. Primär ist "doko" ein Platzhalter für einen Ort. Erst mit der Partikel "ni", also in der Form "doko ni" ist es die Frage nach einem Ort, an dem sich etwas befindet. "Doko ni" = "an welchem Ort?", vulgo "wo?". Und selbst diese Übersetzung ist nicht eindeutig, denn oben haben wir gesehen, daß "doko ni" auch die Frage nach einer Richtung sein kann. Die wirkliche Übersetzung ist immer auch ein Zusammenspiel mit dem verwendeten Verb. So werden aus den obigen Sätzen Fragen gebildet:

• Tanaka-san wa doko ni imasu-ka - wo befindet sich Herr Tanaka?
• Watashi no hon wa doko ni arimasu-ka - wo befindet sich mein Buch?
• Watashi no inu wa doko ni imasu-ka - wo befindet sich mein Hund?
• Tanaka-san wa doko ni sunde imasu-ka - wo wohnt Herr Tanaka?
• Anata-wa doko ni sunde imasu-ka - wo wohnst du?

Partikeln der Zeitangabe: Verwendung der Kasus-Partikel "ni" (3. Bedeutung):
Neben der Angabe von Ort und Richtung, was zweifelsohne die beiden Hauptfunktionen der Partikel "ni" sind, kann man "ni" auch noch zur Zeitangabe verwenden, genauer zur Angabe eines Zeitpunktes, an dem eine Handlung stattfindet oder stattfand. Das kommt einem zunächst komisch vor, aber folgende Formulierung drückt gut die Nähe beider Bedeutungen von "ni" aus: Im vorigen Absatz wird "ni" verwendet, um eine Position im Raum anzugeben, und jetzt wird eine Position in der Zeit angegeben - beides sind Positionsangaben. Diese Sichtweise macht die neue Verwendung gedanklich plausibler. Das Schema [ N - ga - X - o - V ], N tut was mit X, wird erweitert um die Klärung der Frage: "Wann?" und wird zu [ Y - ni - N - ga - X - o - V ].

Dabei gibt es zwei Arten von Zeitangaben:

• absolute Zeitangaben: Uhrzeiten, Wochentage, Monatsnamen, Jahreszahlen -> erfordern "ni"
• relative Zeitangaben: heute, gestern, morgen, übermorgen, letzte Woche, nächsten Monat, kommendes Jahr -> funktionieren nur ohne "ni"

Bei absoluten Zeitangaben ist es egal, WANN der Sprecher/Schreiber von ihnen spricht/schreibt. Sie sind für jedermann nachvollziehbar ohne Kenntnis der Position des Sprechers/Schreibers. Auch wenn diese Gruppe ganz unterschiedliche Typen von Zeitangaben umfaßt, gibt es innerhalb einer Gruppe, eines Zeitzyklusses, nur genau eine bestimmte Zeit mit diesem Namen: Es gibt nur einen Montag in der Woche, es gibt nur einen Mai im Jahr, es gibt nur ein Jahr 2022 in unserer Zeitrechnung. Typische absolute Zeitangaben:

• Um 6:30 dusche ich - rokuji sanjuppun ni watashi wa shawaa o abite imasu
• Um 6:45 P.M. gehe ich einkaufen - gogo rokuji yonjuugo fun ni watashi wa kaimasu
• Um 7 A.M. klingelt der Wecker - gozen shichiji ni mezamashidokei ga natte iru
• Um 1:15 P.M. - gogo ichiji juugofun ni watashi wa hiru gohan o tabemasu
• Im Jahr 2022 gibt es Krieg - nisen nijuu nen ni sensou ga arimasu
• Am Sonntag schlafe ich aus - watashi wa nichiyoubi ni nemasu
• Ich lese um 3 Uhr ein Buch - watashi wa sanji ni hon o yominasu

Bei relativen Zeitangaben ist es wichtig, sogar essentiell für das Verständnis, WANN der Sprecher/Schreiber von ihnen spricht/schreibt. Sie sind nicht nachvollziehbar ohne Kenntnis der Position des Sprechers/Schreibers. Es gibt innerhalb einer Gruppe, eines Zeitzyklusses, viele Zeiten mit diesem Namen: Es gibt in der Woche sieben "morgen", ebenso viele "gestern" und "vorgestern", es gibt im Jahr 12 x "im letzten Monat", es gibt in unserer Zeitrechnung n. Chr. aktuell 2022 x "nächstes Jahr". Was gemeint ist, ist also etwas ganz Anderes, abhängig davon, ob ich im Mai oder im September vom "letzten Monat" spreche, am Montag oder am Freitag von "gestern", im Jahr 1918 oder im Jahr 2022 von "dieses Jahr", in der 31. oder 45. Kalenderwoche von "nächste Woche". Ohne Zusatzinformation ist eine relative Zeitangabe für das Verständnis folglich wertlos. "Ni" wird generell nicht verwendet bei relativen Zeitangaben wie kyou - heute, kinou - gestern, ashita - morgen, asatte - übermorgen, kotoshi - dieses Jahr, kyonen - letztes Jahr, raishu - nächste Woche. Im Deutschen wird das übrigens ganz ähnlich gehandhabt: Absolute Zeitangaben werden mit Präpositionen benutzt (im Mai, am 22.4.2022, um 3 Uhr morgens, in der 31. KW), relative Zeitangaben ohne Präpositionen (morgen, heute, gestern). Im Japanischen sind übrigens beide Gruppen Meishi, also Nomen.

Hier wird eine bemerkenswerte Eigenschaft der Partikel "ni" deutlich: Während die Partikeln "wa", "ga" und "o" genau einmal pro Satz vorkommen, genauer pro verwendetem Verb, kann "ni" aufgrund seiner unterschiedlichen Funktionen mehrmals vorkommen (so wie das auch bei "de" geht):

• am Montag gehe ich in die Schule -> Watashi wa getsuyoubi ni gakkou ni ikimasu - das erste ni bestimmt die Position in der Zeit (am Montag), das zweite ni bestimmt die Position im Raum (Schulgebäude).
• Im Jahr 2022 gibt es Krieg in der Ukraine - nisen nijuu nen ni Ukuraina ni sensou ga arimasu - das erste ni bestimmt die Position in der Zeit (das Jahr 2022), das zweite ni bestimmt die Position im Raum (in der Ukraine).

Partikel der Richtung: Verwendung der Kasus-Partikel "ni" zur Markierung von Urheber oder Empfänger einer Handlung (4. Bedeutung):
Neben der Angabe von Ort und Richtung in Bezug auf einen Ort, was zweifelsohne die beiden Hauptfunktionen der Partikel "ni" sind, und der Verwendung als Zeitangabe, kann man "ni" auch benutzen, um eine Richtung in Bezug auf Personen, Personengruppen oder Institutionen zu beschreiben. Und interessanterweise geht das sowohl für den Ursprung als auch den Empfänger einer Handlung. Die Partikel "ni" sagt dabei aber nicht, ob es sich bei der Person, Personengruppe oder Institution um den Ursprung oder um den Empfänger handelt, sondern nur, daß diese Person, Personengruppe oder Institution Beteiligte der gerichteten Handlung ist. Ob die Person, Personengruppe oder Institution Ursprung oder Empfänger der Handlung ist, ergibt sich allein aus der Handlung selbst, also aus dem Verb.

Diese Verwendung von "ni" kommt einem zunächst komisch vor, man kann sie sich aber logisch so erklären, daß es sich auch hier um eine Richtungsangabe handelt, um die Beschreibung von einer auf jemanden hin gerichteten Handlung oder einer von jemandem ausgehenden und auf einen anderen gerichteten Handlung. Insbesondere der letzte Aspekt ist bei der Konstruktion von Passivsätzen wichtig, denn ein Passiv ist nichts anderes als das Erleiden einer auf einen selbst gerichteten Handlung.

• "ni" zur Markierung des Urhebers, des Verursachers einer Handlung: Der Satz ist die Antwort auf die Frage: Von wem? Wer ist der Ausgangspunkt der Handlung? Von wem als Quelle geht die durch das Verb beschriebene Handlung aus? Die Konstruktion ist [ Ursprung der Handlung - ni - Objekt - o - Verb ]. Es gibt bestimmte Verben, die diese Konstruktion hervorrufen; typische Verben sind bekommen (morau, moraimasu), hören (kiku, kikimasu), mitgeteilt bekommen (tsuuchi o ukeru), aber auch verdroschen werden, gebissen werden etc. Beispiele:
  • chichi ni okurimono o moraimasu - ich bekomme vom eigenen Vater ein Geschenk (wörtlich: eigener Vater = Geber Geschenk = Objekt bekommen)
  • watashi no sensei ni omoshiroi hon o moraimashita - ich habe von meinem Lehrer ein interessantes Buch erhalten (wörtlich: ich = Zugehörigkeit Lehrer = Geber interessantes Buch = Objekt bekommen)
  • watashi no tomodachi ni nyuusu o kikimashita - ich habe die Nachricht von meinem Freund gehört (wörtlich: ich = Zugehörigkeit Freund = Geber Nachricht (news!) = Objekt hören in der Vergangenheit)
• "ni" zur Markierung des Empfängers einer Handlung: Der Satz ist die Antwort auf die Frage: An wen ist die Handlung gerichtet? Wem gilt die durch das Verb beschriebene Handlung? Die Konstruktion ist [ Empfänger - ni - Objekt - o - Verb ]. Es gibt bestimmte Verben, die diese Konstruktion hervorrufen; typische Verben sind geben (ageru, agimasu), schicken (okurimasu), jdn. anschreiben (kakimasu) etc. Beispiele:
  • tomodachi ni shinbun o agemasu - ich schicke die Zeitung dem Freund (wörtlich: Freund = Empfänger Zeitung = Objekt geben)
  • haha ni terebi o agemas - ich gebe der eigenen Mutter den Fernseher (wörtlich: eigene Mutter = Empfänger Fernseher = Objekt geben)
  • kaisha ni shinsei no tame no tegami o okurimasu - ich schicke der Firma ein Bewerbungsschreiben (wörtlich: Firma = Empfänger Bewerbung = Zugehörigkeit Brief = Objekt schicken)
  • chichi ni tegami o kakimasu - ich schreibe dem eigenen Vater einen Brief (wörtlich: eigener Vater = Empfänger Brief = Objekt schreiben)
  • watashi wa gakkou ni byouuki no memo o okurimasu - ich schicke der Schule eine Krankmeldung (wörtlich: ich = Täter Schule = Empfänger Krankheit = Betreff Notiz = Objekt schicken)

Achtung: Zur Markierung des Urhebers einer Handlung geht auch die Partikel "kara". "Ni" und "kara" sind hier gleichwertig, gleichbedeutend und austauschbar, wobei "ni" ein bißchen besser und passender für diesen Zweck ist.

Partikel der Richtung: Verwendung der Kasus-Partikel "ni" zur Markierung des Endpunkts einer Veränderung oder Verwandlung (5. Bedeutung):
Neben der Angabe von Ort und Richtung in Bezug auf einen Ort, was zweifelsohne die beiden Hauptfunktionen der Partikel "ni" sind, und der Verwendung als Zeitangabe und als Markierung von Urheber/Ursprung und Empfänger/Endpunkt einer Handlung, kann man "ni" auch benutzen, um eine Richtung im Sinne einer Veränderung oder Verwandlung zu beschreiben, eine Richtung, zu einem Ergebnis führt. Zugegeben, die Wahrnehmung einer Richtung zum Resultat, einer aufs Ergebnis gerichteten Handlung ist hier weit hergeholt. Dennoch gehört die Wahrnehmung eines Werdens oder eines Sichveränderns in den Gesamtkontext einer Transition zwischen Vorher und Nachher, einer gerichteten Transformation, die durch bestimmte Verben des Werdens und Veränderns beschrieben wird. Das Ergebnis des Veränderungs- oder Verwandlungsprozesses wird mit "ni" markiert. Typische Verben sind:

• transitiv: [ Z o X ni Verb ]
  • X ni suru / shimasu = (jemanden) zu X machen
  • X ni kaeru / kaemasu = (etwas) zu X verändern
• intransitiv: [ X ni Verb ]
  • X ni naru / narimasu = (selber) zu X werden
  • X ni kawaru / kawarimasu = (sich) zu X verändern
  • X ni bakeru / bakimasu = (sich) zu X verwandeln

Im Deutschen wird das ganz anders gehandhabt: Entweder steht hier einfach ein prädikatives Nomen (Herr Takeda wird Pfarrer, Pfarrer = Resultat der Veränderung), oder man verwendet eine Präposition zur Markierung des Endziels (den Bock zum Gärtner machen, zu = Präposition, Gärtner = Resultat der Verwandlung). Insbesondere der zweite Fall erleichtert das Verständnis für die japanische Lösung: X ni shimasu = zu X machen. Beispiele:

• Tamashii ga tori ni bakemashita - die Seele hat sich in einen Vogel verwandelt (bakeru = seltenes Verb, sich verwandelt, vgl. in der Substantivierung bakemono = wörtl. "Gestaltwandler" = allg. Ungeheuer, Monster) - Endpunkt der Veränderung = Vogel
• Heya o kirei ni suru - ich mache das Zimmer schön = ich räume das Zimmer auf - Endpunkt der Veränderung = schön
• Ooji-sama wa kitsune ni narimashita - der Prinz hat sich in einen Fuchs verwandelt - Endpunkt der Veränderung = Fuchs
• Hana ga kirei ni narimasu - die Blume wird schön - Endpunkt der Veränderung = Schönheit
• Joushi wa Taka-san o buchou ni shita - der Chef machte Herrn Taka zum Abteilungsleiter - Endpunkt der Veränderung = Abteilungsleiter
• Kimu-chan ga sensei ni narimasu - die kleine Kimu wird Lehrerin - Endpunkt der Veränderung = Lehrerin
• Taka-san kyonen shachou ni narimashita - Herr Taka wurde letztes Jahr Firmenchef - Endpunkt der Veränderung = Chef
• Shingouki ga ao ni natta - die Ampel ist grün geworden (hier ist ao = Substantiv das Grün, nicht aoi = Adjektiv grün gemeint, genauso aka = das Rot, akai = rot) - Endpunkt der Veränderung = Grün oder Rot

Besonderheit: Bei der Konstruktion [ Nomen - ga - Adjektiv - ni - narimasu / naru / natta / narimashita ] etc. wird unterschieden:

• i-Adjektive: Es heißt [ Nomen - ga - Adjektiv ohne "i" - ku - Verb ], Bsp: das Auto wurde dreckig: Kuruma ga kitanaku natta.
• na-Adjektive: Es heißt [ Nomen - ga - Adjektiv ohne "na" - ni - Verb ], Bsp: das Zimmer wurde ruhig: Heya ga shizuka ni natta.

Die vielen Gesichter der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" kann ganz verschiedene Funktionen haben, wie an einem Beispielsatz erläutert werden soll: "Watashi wa tegami o kakimasu" - ich schreibe einen Brief. Diesen Satz können wir jetzt wie folgt ergänzen:

• Watashi wa toshokan de tegami o kakimasu - ich schreibe in der Bibliothek einen Brief -> die Partikel "de" markiert hier den Ort einer Handlung.
• Watashi wa ichijikan de tegami o kakimasu - ich schreibe innerhalb einer Stunde einen Brief -> die Partikel "de" markiert hier den Zeitrahmen einer Handlung, gibt die Gesamtzeit einer Handlung an.
• Watashitachi wa sannin de tegami o kakimasu - wir schreiben zu dritt (zu drei Personen) einen Brief -> die Partikel "de" markiert hier die Gesamtzahl der an einer Handlung beteiligten Personen
• Watashi wa kami de tegami o kakimasu - ich schreibe einen Brief aus Papier -> die Partikel "de" markiert hier das Material der Handlung.
• Watashi wa inkupen de tegami o kakimasu - ich schreibe mit dem Füller einen Brief -> die Partikel "de" markiert hier das Instrument, Mittel oder Werkzeug einer Handlung.
• Watashi wa intaanetto shougai de tegami o kakimasu - ich schreibe wegen Internetausfall einen Brief -> die Partikel "de" markiert hier den Grund einer Handlung.

Es ist jeweils das Nomen, das indiziert, wie jetzt das "de" gemeint ist. Der semantische Gehalt des Nomens entscheidet über die jeweilige Funktion von "de" im Satz. Jeder wird Papier als Material erkennen und die Stunde als Zeitrahmen, die Bibliothek als Ort etc. Im folgenden werden diese einzelnen Bedeutungen mit Beispielen erläutert werden. Natürlich kann das alles kombiniert werden (kein Mensch wird das je so sagen, aber prinzipiell geht das), wobei wir 6x "de" in verschiedenen Bedeutungen unterbringen:

• Watashitachi wa sannin de toshokan de intaanetto shougai de ichijikan de inkupen de kami de tegami o kakimasu - wir schreiben zu dritt in der Bibliothek wegen Internetausfalls innerhalb einer Stunde mit dem Füller einen Brief aus Papier.

Realistischer sind Beispiele mit weniger "de", die aber auch gut zeigen, daß die Partikel "de" in mehreren verschiedenen Bedeutungen hintereinander gereiht werden kann (so wie das auch bei "ni" geht):

• Mariko ißt im japanischen Restaurant Sushi mit Stäbchen = Mariko wa nihon no resutoran de ohashi de sushi o tabemasu.
• Man aß heute im deutschen Restaurant nicht mit Stäbchen = (Man = Subjekt weglassen) kyo doitsu no resutoran de ohashi de tabemasen deshita

Partikel des Ortes: erste Verwendung der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" hat mehrere Bedeutungen. Hier interessiert die Bezeichnung einer Handlung an einem Ort. "De" wird verwendet, um anzuzeigen, an welchem Ort sich etwas tut. Es wird nur bei Handlungen verwendet, nicht bei Zuständen. Wenn man an einem Ort irgend etwas tut, ist "de" richtig, für alle Aktivitäten, nicht aber für sich befinden, da sein, nichts passieren, da nimmt man die Partikel "ni". Beispiele:

• du liest in einem Zug Zeitung = anata wa densha de shinbun o yomimasu
• ich lese im Bus ein Buch = watashi wa basu de hon o yomimasu
• ich habe in einem japanischen Restaurant Sushi gegessen = watashi wa nihon no resutoran de sushi o tabemashita
• Mariko spielt doch nicht etwa in Deutschland Fußball? = Mariko wa doitsu de sakkaa o shimasu, ne?
• Hirohito hat in der Uni Kaffee getrunken = Hirohito wa daigaku de koohii o nomimashita
• was macht dein Freund in Japan? = anata no tomodachi wa nihon de shimasuka?

Partikel des Ortes: Abgrenzung der Kasus-Partikeln "de" und "ni":
Die Partikel "de" markiert den Handlungsort, den Ort des Geschehens und des Ereignisses. Handelt es sich jedoch um bloßes Da-sein, Existieren, Sich aufhalten, wird "ni" genommen. Unterscheide also:

• Ich amüsiere mich in meinem Zimmer = watashi no heya de asobimasu. -> Handlung = sich amüsieren
• Ich bin in meinem Zimmer = jibun no heya ni imasu. -> bloße Existenz, Da-sein
• Doko de asobimasuka? = wo amüsiere ich mich? -> Handlung = sich amüsieren
• Doko ni imasuka? = wo bin ich drin? -> bloße Existenz, Da-sein
• In der Bibliothek lese ich ein Buch = toshokan de hon o yomimasu. -> Handlung = lesen
• In der Bibliothek gibt es Bücher = toshokan ni hon ga arimasu -> bloße Existenz, Da-sein
• Doko de hon o yomimasuka? = wo lese ich ein Buch? -> Handlung = lesen
• Doko ni hon o arimasuka? = wo gibt es Bücher? -> bloße Existenz, Da-sein

Es gibt unendlich viele Verben, die Handlungen beschreiben (essen, trinken, spielen, schreiben, lesen, ...), aber nur wenige, die das statische Da-sein beschreiben (arimasu = sein bei Gegenständen, imasu = sein bei Lebewesen, sunde imasu = wohnen, übernachten, sich aufhalten etc.). Eine Besonderheit gibt es zu beachten, wenn das Verb "aru" ein Geschehen, ein Ereignis beschreibt. Es hat ein Ereignis gegeben - > das ist Action! Ergo wird "de" verwendet, nicht "ni". Das Verb "aru" zieht also nicht immer "ni" nach sich, wie folgende Gegenüberstellungen zeigen:

• Koko de tatakai ga okonawa arimashita - hier hat eine Schlacht stattgefunden
• Koko ni wa katsute mori ga arimashita - hier war früher einmal Wald
• Soko de hageshii giron ga arimashita - dort gab es eine heftige Auseinandersetzung
• Asoko ni hon'ya ga arimashita - dort gab es eine Buchhandlung

Auch ein Unfall, ein Sturm, eine Invasion etc. sind Action, auch wenn das Verb "aru" sie lokalisiert. Das Kriterium für die Entscheidung "ni oder de" ist, ob es eine Dynamik im Geschehen gab, ob es Action gab, ob was bewegt oder verändert wurde -> "de", oder ob es sich allein um eine statische Existenz handelt -> "ni".

versus

Partikel des Mittels: zweite Verwendung der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" hat auch noch eine andere Bedeutung, die des Mittels, des Instruments, oder der Verwendung. Die Partikel zeigt das Werkzeug an, mit dem eine Handlung ausgeführt wird. Immer handelt es sich um materielle Gegenstände. Man spricht auch vom Instrumentalis, das diese Partikel anzeigt. Man kann die Bedeutung am ehesten mit "mit, mittels, vermittels" wiedergeben. Das solcherart markierte Nomen ist die Antwort auf die Frage "womit?". Beispiele:

• ich schreibe mit einem Kuli = watashi wa biropen de kakimasu
• Watashi wa sentakubutsu o te de araimasu = ich wasche die Wäsche mit der Hand.
• Mariko ißt Gemüse mit Stäbchen = Mariko wa ohashi de yasai o tabemasu
• bist du mit dem Bus gekommen? = anata wa basu de kimashita ka?
• ich fahre mit dem Wagen nach Deutschland = watashi wa kuruma de doitsu ni ikimasu
• Watashi wa inkupen de tegami o kakimasu = ich schreibe mit dem Füller einen Brief
• Fude de kotoba o kakimasu - ich schreibe ein Wort mit dem Pinsel

In den obigen Beispielen gibt es keine feste Abfolge, welcher Block imSatz vor welchem kommt. Genauso richtig wäre:

• Watashi wa te de sentakubutsu o araimasu = ich wasche die Wäsche mit der Hand.
• Watashi wa tegami o inkupen dekakimasu = ich schreibe mit dem Füller einen Brief

Anmerkung: Die Übersetzung mit "mit" ist nicht 1:1, weil "mit im Deutschen zwei verschiedene Bedeutungen hat:

• "mit" als Mittel zur Handlung -> Partikel "de"
• "mit" als Partner einer Handlung -> Partikel "to"

Partikel der zahlenmäßigen Gesamtmenge: dritte Verwendung der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" hat auch noch eine weitere Bedeutung, die der Angabe einer zahlenmäßigen Gesamtmenge, das kann eine Zeit oder eine Personenzahl sein. "de" markiert den zahlenmäßigen Gesamtumfang, der mit einer Handlung in Verbindung steht. In dieser Funktion steht "de" alleine da, es gibt keine Überschneidungen mit anderen Partikeln. Beispiele:

• Zeitangaben: Die Partikel "de" markiert einen Zeitraum, eine Zeitdauer. Wichtig: Es ist nicht ein einzelner Zeitpunkt, sondern eine Zeitdauer. Typische Bausteine:
  • go nenkan de - innerhalb von vier Jahren
  • roku shuukan de - innerhalb von 6 Wochen
  • ichi jikan de - innerhalb einer Stunde
  • Kare wa jisoku ni hyak-kiro de hashirimashita - er ist mit einem Tempo von 200 km/h schnell gefahren
• Personenzahlen-Angaben: Die Partikel "de" markiert die Gesamtzahl der an einer Handlung beteiligten Personen. Typische Bausteine:
  • hitori de - alleine ("zu eint") etwas tun
  • futari de - zu zweit etwas tun
  • sannin de - zu dritt etwas tun
  • juunin de - zu zehnt etwas tun
  • mina de (umgangssprachlich auch: minna de) - alle zusammen ("zu allen") etwas tun

Partikel des Grundes: vierte Verwendung der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" hat auch noch eine vierte Bedeutung, die der Angabe eines Grundes. Das solcherart markierte Nomen ist die Antwort auf die Fragen "warum?", "weshalb?", "weswegen?". Die allgemeine Konstruktion ist: [ A wa Grund de Verb ]. Beispiele:

• Yuki de kuruma o oriru - wegen des Schnees lasse ich das Auto stehen
• Ame de niwa shigoto ga dekinai - wegen des Regens kann ich nicht im Garten arbeiten
• Kerun wa taiseidou de shira rete imasu - Köln ist bekannt wegen des Domes
• Kerun wa juu ni no romanesuku youshiki no kyoukai de yuumei desu - Köln ist berühmt für seine 12 romanischen Kirchen
• Kyou wa byouki de shigoto o yasumimasu - wegen Krankheit gehe ich heute nicht zur Arbeit

Partikel des Materials: fünfte Verwendung der Kasus-Partikel "de":
Die Partikel "de" hat auch noch eine fünfte Bedeutung, die der Angabe eines Materials. Das solcherart markierte Nomen ist die Antwort auf die Fragen "woraus?" und "aus was bestehend?". typische Satzbausteine:

• tetsu de = aus Eisen
• ki de = aus Holz
• kami de = aus Papier
• shakudou de = aus einer Kupfer-Gold-Legierung
• shibuichi de = aus einer Kupfer-Silber-Legierung

Beispiele:

• Kono ken wa tetsu de dekite iru - dieses Schwert besteht aus Eisen
• Kono tsuru wa kami de ora rete imasu - dieser Kranich ist aus Papier gefaltet

Partikel des Materials: Abgrenzung der Kasus-Partikeln "de" und "kara":
Wichtig ist die Abgrenzung "de" gegen "kara", denn beide bezeichnen das Ausgangsmaterial. In den beiden obigen Beispielen könnte man auch "kara" einsetzen. In der Verwendung ergibt sich aber ein deutlicher Unterschied:

• "de": das Nomen ist das Material, das auch im Endzustand vorhanden ist. Das Ausgangsmaterial ist im Endprodukt wiederzuerkennen.
  • Watashi wa kami de kaeru o oru - ich falte einen Frosch aus Papier - das Papier ist nachher noch sichtbar im Origami-Frosch.
  • Budou de tsukuru furuutsusarada - aus Trauben macht man Obstsalat -> die Trauben sind nachher noch erkennbar, und man kann sie einzeln rausklauben, wenn man sie nicht mag.
• "kara": das Ausgangsmaterial kann transformiert werden und ist nicht notwendigerweise im Endprodukt in der ursprünglichen Form vorhanden. Typisches Beispiel sind chemische Reaktionen, es entsteht beim Prozeß etwas Neues.
  • Watashi wa kami kara kaeru o souki sa seru - ich zaubere einen Frosch aus Papier -> nach der Zauberei ist das Papier weg, und der Frosch ist da.
  • Anmonia wa chisso to suiso kara tsukurareru - aus Stickstoff und Wasserstoff macht man Ammoniak. Stickstoff und Wasserstoff kann man nachher eben nicht mehr einzeln zur Seite schieben, sie sind eine innige Verbindung zu etwas Neuem eingegangen, dem Ammoniak.

versus

Kasus-Partikel "o", Akkusativ-Postpartikel = (w)o / o, Objektpartikel
Verwendung für alle Objekte einer Handlung: Wen oder was sehen/essen/trinken wir? (trinken = nomu / nomimasu, essen = taberu / tabemasu, sehen = miru / mimasu). "O" markiert generell das Opfer einer Handlung.
Diese Partikel wird mit dem Zeichen "(w)o" geschrieben, aber nur o gesprochen. Es handelt sich NICHT um das Zeichen für den Vokal "o", sondern um das "o" in der "W-Reihe" der Hiragana-Tabelle, die nur aus wa und (w)o besteht. Im modernen Japanisch gibt es keinen Lautunterschied zwischen beiden Zeichen. Die Wahl des "(w)o" ist allein für die Objekt-Partikel reserviert, und die Verwendung ist auch darauf beschränkt. Der einzige Zweck dieses nirgends sonst benutzten und dennoch beibehaltenen Zeichens ist, die Objektpartikel zu schreiben.

• Kuchen essen = keeki o taberu, ich esse Kuchen = keeki o tabemasu
• Kaffee trinken = koohii o nomu, ich trinke Wasser = mizu o nomimasu
• eine Katze sehen = neko o miru, ich (er sie es) sehe (sieht) eine Katze = neko o mimasu, das Mädchen sieht eine Katze = kanojo wa neko o mimasu
• ich lese ein Buch = watashi wa hon o yomimasu
• ich esse Gemüse = watashi wa yasai o tabemasu
• ißt Du Fleisch? = anata wa niku o tabemasuka?
• Herr Tanaka liest ein Buch = Tanaka-san ga hon o yomimasu
• Herr Tanaka schreibt ein Buch = Tanaka-san ga hon o kakimasu
• Herr Honda hat meine kleine Schwester umgebracht = Honda-san-ga watashi no imouto o koroshimashita

Diese Partikel kann man naturgemäß nur mit transitiven Verben kombinieren, nicht mit intransitiven Verben. Transitive Verben beschreiben das Einwirken des Subjekts auf etwas anderes, das Objekt. Typische Beispiele: lesen, schreiben, bauen, bemalen, töten. Intransitive Verben: schlafen, schwimmen, liegen, sterben - nur Tätigkeiten, die das Subjekt ganz alleine mit sich macht. Intransitive Verben haben kein Objekt. Die Konstruktion von Sätzen mit transitiven Verben ist nach Baukasten-Schema: [ [N - ga] - [N - o] - V ].

Ausnahmen und Sonderfälle: Die Kasus-Partikel "o" kann entgegen dem oben Gesagten auch in zwei Fällen mit intransitiven Verben benutzt werden, und zwar jeweils im Kontext mit räumlich abgeschlossenen Einheiten, die für die Bewegung eine Rolle spielen:

• Bewegung durch einen Raum hindurch: ein Zimmer durchschreiten, einen Tunnel durchfahren, eine Brücke überqueren. Man geht auf der einen Seite in einen Raum hinein und kommt auf der anderen Seite wieder heraus -> dann kann der Raum selbst mit "o" markiert werden.
  • roka o wataru = einen Korridor durchqueren
  • hashi o wataru = eine Brücke überqueren
  • Takeda-san wa niwa o torinukemasu = Herr Takeda geht durch den Garten hindurch
  • Chichi wa kouen o sanpo shimasu = Vater läuft durch den Park hindurch, geht im Park spazieren
• Bewegung aus einem Raum hinaus, aus einem Raum nach draußen treten, Bewegung im Raum beginnen und draußen beenden -> dann kann der Raum selbst mit "o" markiert werden (die Partikel "kara" hat eine ähnliche Bedeutung).
  • Haha wa heya o demasu = Mutter verläßt das Zimmer (deru = hinausgehen, verlassen)
  • Taka-san wa daigaku o demasu = Herr Taka verläßt die Universität (sowohl das Gebäude verlassen als auch von der Uni abgehen)
  • watashi wa kuruma o orimasu = ich steige aus dem Auto aus (oriru = heruntersteigen, aus einem Fahrzeug aussteigen)
  • Chichi wa Osaka de densha o orimasu = Vater steigt in Osaka aus dem Zug aus

Fragen nach einem Objekt mit der Kasus-Partikel "o":
Aus all den oben formulierten Sätzen lassen sich Entscheidungsfragen (Ja-Nein-Fragen) bilden durch Anhängen der Frage-Partikel "ka":

• keeki o tabemasu ka = esse ich / essen wir etc. Kuchen?
• mizu o nomimasu ka = trinke ich / trinken wir etc. Wasser?
• kanojo wa neko o mimasu ka = sieht das Mädchen eine Katze?
• watashi wa hon o yomimasu ka = lese ich ein Buch?
• watashi wa yasai o tabemasu ka = esse ich Gemüse?
• Tanaka-san ga hon o yomimasu ka = liest Herr Tanaka ein Buch?
• Tanaka-san ga hon o kakimasu ka = schreibt Herr Tanaka ein Buch?
• Honda-san-ga watashi no imouto o koroshimashita ka = hat Herr Honda meine kleine Schwester umgebracht?

Und aus all diesen Sätzen lassen sich Informationsfragen (Fragen, die eine echte, informative Antwort erfordern) bilden durch 1.) Ersatz des Objekts durch das Fragewort UND 2.) Anhängen der Frage-Partikel "ka". Für Dinge, Gegenstände (was?) ist das Fragewort "nani", für Personen ist das Fragewort "dare" oder "donata".

• nani o tabemasu ka = was esse ich / essen wir etc.? Antwort: Kuchen
• nani o nomimasu ka = was trinke ich / trinken wir etc.? Antwort: Wasser
• nani o kanojo wa mimasu ka = was sieht das Mädchen? Antwort: eine Wolke
• dare o kanojo wa mimasu ka = wen sieht das Mädchen? Antwort: ihren Vater
• nani o watashi wa yomimasu ka = was lese ich? Antwort: ein Buch
• nani o watashi wa tabemasu ka = was esse ich? Antwort: Gemüse
• nani o Tanaka-san ga yomimasu ka = was liest Herr Tanaka? Antwort: ein Buch
• nani o Tanaka-san ga kakimasu ka = was schreibt Herr Tanaka? Antwort: ein Buch
• dare o Honda-san-ga koroshimashita ka = wen hat Herr Honda umgebracht? Antwort: meine kleine Schwester

Das Fragewort "nani" ist einfach nur der Platzhalter für einen Gegenstand. Anstelle des das Opfer einer Handlung (Verb V) bezeichnenden Nomens N wird der fragende Platzhalter eingebaut, die übrige Satzstruktur MIT Partikel bleibt bestehen. Dabei bedeutet "nani" nicht automatisch "was?" Ohne Partikel dahinter ist "nani" nur ein Ersatz für einen Gegenstand, ein Platzhalter mit noch unbekanntem Kasus. Erst "nani o" ist die präzise Frage nach dem "was?" als Objekt der mit dem Verb V bezeichneten Handlung. Erst das "o" macht aus dem allgemeinen Gegenstands-Platzhalter einen Objekt-Platzhalter. Ein typischer Fragesatz lautet also, wie in einem Baukasten-Schema:

• [ nani - o - V - ka ] -> Antwort: [ N - o - V ] für Gegenstände
• [ nani - o - N - ga - V - ka ] -> Antwort: [ N - ga - N - o - V ] für Gegenstände

• [ dare - o - V - ka ] -> Antwort: [ N - o - V ] für Personen
• [ donata - o - V - ka ] -> Antwort: [ N - o - V ] für Personen

und

Literatur, Links und Quellen:
Martin und Maho Clauß: Japanisch Schritt für Schritt, Band 1, der Sprachkurs für Unterricht und Selbststudium, Book on Demands, 2014, ISBN: 978-3-7322-9974-4
Herbert Zachert: Japanische Umgangssprache, 4. Auflage, Otto Harrassowitz Verlag Wiesbaden, 1976, ISBN 3-447-01814-3
Yoshiko Watanabe-Rögner, Kumiko Ikezawa-Hanada, Midori Satsutani: Japanisch, bitte! neu, A1-A2, Japanisch für Anfänger, Kursbuch, Klett-Verlag 1. Auflage, Stuttgart 2019, ISBN: 978-3-12-606971-7
Online Sprachkurs Japanisch von Christina Plaka: Nr. 20 Partikel https://www.youtube.com/watch?v=qZN853PjS-s

ideo-Sprachkurs von Dominik Wallner:
B1 Das Nomen https://www.youtube.com/watch?v=3nKIA-uiCps
B2 joshi-Kategorien https://www.youtube.com/watch?v=dLXzAU-PQLA
B3 Die Kasuspartikel GA https://www.youtube.com/watch?v=9RdGyQOmg70
B4 Die Kasuspartikel O https://www.youtube.com/watch?v=FAJNZnqoLmo
B5 Die Kasuspartikel O (2. Teil) https://www.youtube.com/watch?v=CycMDeknUxk
B6 Die Kasuspartikel NI https://www.youtube.com/watch?v=S5slLxWCdTw
B7 Die Partikel NI zur Zeitangabe https://www.youtube.com/watch?v=5nfpc8It_w4
B8 Die Partikel NI zur Angabe von Empfänger und Urheber https://www.youtube.com/watch?v=cPNEMD7J4w8
B9 Die Kasuspartikel NI für das Resultat einer Veränderung https://www.youtube.com/watch?v=Vgs9ssX_iac
B10 Die Kasuspartikel E zur Richtungsangabe https://www.youtube.com/watch?v=gKvTBqA1M8k
B14 Die Partikel DE (Überblick) https://www.youtube.com/watch?v=tr9KK9lsOAQ
B15 Die Partikel DE (Handlungsort) https://www.youtube.com/watch?v=eqotm36Hseo
B16 Die Kasuspartikel DE mit Zahlenangaben https://www.youtube.com/watch?v=shoFaZYSd4g
B17 Die Kasuspartikel DE (Instrument) https://www.youtube.com/watch?v=wL3E7QLDnfU
B18 Die Kasuspartikel DE (Grund) https://www.youtube.com/watch?v=aL8slfLDOcM
B19 Die Kasuspartikel DE (Material) https://www.youtube.com/watch?v=9wjkBrXXgBc

Weitere Artikel von Dominik Wallner zu den Partikeln:
Wa-ga-Syntax: https://blog.qwyga.com/2022/10/21/japanische-grammatik-wa-ga-struktur-syntax/

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