Bernhard Peter
Sprache: Verben für geben und bekommen


Mehrere Verben für den Vorgang des Gebens:
Wir haben im Deutschen auch mehrere Verben für einen Besitzübergang durch Geben: Geben, übergeben, dezidieren, schenken, leihen, in die Hand drücken - das sind jedoch alles Bedeutungs-Nuancen. Das Japanische hat für den einfachen Vorgang des Gebens mehrere Verben ohne diese Bedeutungs-Nuancierung. Welches Wort man verwendet, hängt von mehreren Faktoren ab: Wer ist der Gebende, wer der Empfangende? Wie stehen die beiden zueinander? Betrachte ich das aus der Sicht des Gebenden oder des Empfangenden? Und je nach dem, welche Situation vorliegt, gibt es sieben verschiedene Verben:

Verb in Grundform
Verb in masu-Form
Bedeutung Stellung der Personen zueinander Sichtweise Geber Empfänger Vorgang
ageru
agemasu
anderen geben unter Gleichrangigen aus Sicht des Gebers ich oder
andere
nur andere,
NICHT ich
ich -> andere Person
andere Person -> dritte Person
andere Person -> ich
kureru
kuremasu
mir geben unter Gleichrangigen aus Sicht des Gebers nur andere nur ICH andere Person -> ich
ich -> andere Person
andere Person -> dritte Person
morau
moraimasu
bekommen unter Gleichrangigen aus Sicht des Empfängers nur andere,
NICHT ich
ich oder
andere
andere Person -> ich
andere Person -> dritte Person
ich -> andere Person
sashiageru
sashiagemasu
nach oben geben

Ersatz für ageru

von Tiefergestelltem zu Höhergestelltem aus Sicht des Gebers ich oder
andere
nur andere,
NICHT ich
ich -> höhere Person
andere Person -> höhere Person
andere Person -> ich
yaru
yarimasu
nach unten geben

Ersatz für ageru

von Höhergestelltem zu Tiefergestelltem aus Sicht des Gebers ich oder
andere
nur andere,
NICHT ich
ich -> tiefere Person
andere Person -> tiefere Person
andere Person -> ich
kudasaru
kudasaimasu
von oben nach mir geben

Ersatz für kureru

von Höhergestelltem zu Tiefergestelltem aus Sicht des Gebers nur andere,
NICHT ich
nur ICH höhere Person -> ich
ich -> andere Person
andere Person -> dritte Person
------- -> kureru! von unten nach mir geben

Ersatz für kureru - gibt es nicht!

von Tiefergestelltem zu Höhergestelltem aus Sicht des Gebers nur andere nur ICH tiefere Person -> ich
ich -> andere Person
andere Person -> dritte Person
itadaku
itadakimasu
von oben nach unten bekommen

Ersatz für morau

von Höhergestelltem zu Tiefergestelltem aus Sicht des Empfängers nur andere,
NICHT ich
ich oder
andere
höhere Person -> ich
tiefere Person -> dritte Person
ich -> andere Person
-------- -> morau! von unten nach oben bekommen

Ersatz für morau - gibt es nicht!

von Tiefergestelltem zu Höhergestelltem aus Sicht des Empfängers nur andere,
NICHT ich
ich oder
andere
tiefere Person -> ich
tiefere Person -> dritte Person
ich -> andere Person

Das Verb ageru
Das Verb "ageru" bedeutet "geben, schenken" unter Gleichrangigen. Der Vorgang des Besitzübergangs wird vom Ausgangspunkt aus gesehen, also vom Geber aus. Dieses Verb verwendet man für alle Besitzübergänge von mir zu anderen Personen, oder von anderen Personen zu anderen Personen. Wenn ich jedoch der Empfänger bin, kann es nicht verwendet werden.

Satzmuster: Drei Nomen müssen miteinander verknüpft werden: Geber, Empfänger und Objekt, das übergeben wird. Der Geber ist das Subjekt -> Subjektpartikel "ga" oder topikalisiert "wa". Das Gegebene ist das Objekt -> Objektpartikel "o". Der Empfänger ist das Ziel des Übergangs, bzw. das Ziel, auf das die Handlung gerichtet ist, und ein Ziel einer Handlung wird mit "ni" markiert. Deshalb gilt folgende grundlegende Partikel-Konstruktion:

[ Geber + ga/wa ] [ Empfänger + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = agemasu ]

Weil die Bausteine mit Partikeln markiert sind, ist die Reihenfolge im Prinzip variabel, ohne das Verständnis zu gefährden. Nur das Verb steht immer am Ende. Beispielsätze:

Warum kann "ageru" nicht verwendet werden, wenn ich selbst der Empfänger bin? Wenn etwas gegeben wird, hebt das den Begünstigten an, gibt ihm einen höheren Stellenwert, stellt ihn besser als den Geber. Das wird auch deutlich im Kanji, in dem ein Radikal für "oben, nach oben" enthalten ist. "Ageru" bedeutet nicht nur "geben", sondern präziser "heraufgeben, nach oben geben, von unten nach oben reichen". Wenn ich selbst nun erhöht werde, haben wir ein Problem: ICH stehe besser da als der Geber - und das geht in der japanischen Höflichkeit nicht, denn ich kann nicht über dem Geber stehen. Deshalb muß ein eigenes Verb benutzt werden, wenn ich der Empfänger bin.

Das Verb kureru
Das Verb "kureru" bedeutet "geben" unter Gleichrangigen. Der Vorgang des Besitzübergangs wird vom Ausgangspunkt aus gesehen, also vom Geber aus. Dieses Verb verwendet man für alle Besitzübergänge von anderen Personen zu mir, und nur zu mir. Wenn eine andere oder dritte Person der Empfänger ist, kann es nicht verwendet werden. Denn die eigentliche Bedeutung ist "von oben nach unten reichen", und es stellt den Empfänger ein bißchen tiefer als den Geber, und das kann ich nur bei mir selber machen, alles andere wäre unhöflich. Satzmuster: genau wie zuvor, absolut identisch mit der Änderung, daß der Empfänger immer "watashi" ist. Da das aufgrund des Verbs eigentlich klar ist, kann watashi ni auch weggelassen werden, denn im Japanischen läßt man gerne alles Überflüssige und Selbsterklärende weg.

[ Geber + ga/wa ] [ watashi + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = kuremasu ]

Beispielsätze:

Das Verb morau
Das Verb "morau" bedeutet "bekommen, empfangen" unter Gleichrangigen. Der Vorgang des Besitzübergangs wird vom Zielpunkt aus gesehen, also vom Empfänger aus. Daß es hierbei einen Positionswechsel der Satzglieder gibt, wird auch im Deutschen deutlich: Statt "A gibt etwas an B" haben wir nun den Fall " B bekommt etwas von A". Das bisherige Subjekt wird zum Zielpunkt der Handlung, der bisherige Zielpunkt der Handlung wird zum Ausgangspunkt der Handlung. Morau unterscheidet sich von Ageru nur durch die Sichtweise, jetzt steht nicht länger der edle Spender im Vordergrund, sondern der Begünstigte, der Empfänger. Dieses Verb "morau" verwendet man für alle Besitzübergänge von anderen Personen zu mir oder zu dritten Personen, aber nie für mich als Geber. Wenn ich selbst der bin, kann "morau" nicht verwendet werden.

Satzmuster: genau wie zuvor, absolut identisch mit der Änderung, daß der Empfänger jetzt Subjekt und der Geber nie "watashi" ist. Es könnte darüber diskutiert werden, ob man für den Ausgangspunkt der Handlung, also den Geber, die Partikel "kara" verwenden könnte - prinzipiell wäre das grammatikalisch möglich und nicht falsch, aber ungebräuchlich, weil die klassische Partikeldreiheit ga-ni-o ein übliches und gebräuchliches Satzmuster darstellt, das auch hier zur Anwendung kommt. Man kann "kara" bei Personen verwenden, wenn man den Gebenden besonders betonen will. Man sollte "kara" verwenden, wenn der Gebende eine Organisation (Firma, Verein, Schule, Uni, Regierung) ist.

[ Empfänger + ga/wa ] [ Geber + ni/kara ] [ Objekt + o ] [ Verb = moraimasu ]

Beispielsätze:

Es ist also im Prinzip das gleiche Satzmuster, aber Geber und Empfänger sind trotz gleicher Partikeln klar auseinanderzuhalten, weil das Verb selbst den Unterschied macht, wer wem gibt. Das Verb "morau" kann man nicht verwenden, wenn ich selbst der Geber bin, denn das würde mich selbst unhöflich herausstellen, das würde bedeuten: Vater hat von MIR, dem allerbesten Sohn der Welt, ein Auto bekommen, und so etwas sagt man nicht. Denn bei der Verwendung von "morau" ist immer der Empfänger der Begünstigte, und das Verb kennzeichnet, daß man sich bewußt ist, wie sehr der Empfänger begünstigt ist.

Die drei Verben im Vergleich, Zusammenfassung:

Beispielsätze:

Jetzt mit Rangunterschieden
Alles bisher Gesagte spielte sich zwischen etwa rangmäßig gleich gestellten Personen ab: Freunde, Familie. Es gibt aber weitere Verben dafür, daß der Empfänger oder Geber höher oder tiefer gestellt ist als sein Gegenüber. Die Verwendung von Respektsverben ist abhängig vom Sprecher, von seinem Verhältnis zu der anderen an der Handlung beteiligten Person.

Zugehörigkeit: soto und uchi
Noch ein Wort zu "ich": "Ich" ist nicht nur der Sprecher, sondern auch alle, die je nach Zusammenhang eng zum Sprecher dazugehören: Familie, Abteilung, Firma, Gruppe, Verein, Freundeskreis, wenn der andere, der an der Handlung beteiligt ist, AUSSERHALB dieser Gruppe steht (soto = außen, außerhalb). Die Situation ist die, daß der Empfänger jemand ist, den der Sprecher zu sich rechnet (interne Person, Personenkreis um den Sprecher, uchi = innen, innerhalb), im Gegensatz zum Geber (externe Person, nicht zum Kreis von Sprecher und Empfänger gehörend, soto). Entscheidend ist, ob Sprecher und Empfänger einem Kreis angehören (uchi), dem der Geber NICHT angehört (soto). Selbst wenn der Empfänger tiefer steht (Kind, Hund), wird das Verb benutzt, das dem Sprecher angemessen ist. Das gilt aber auch in Gegenrichtung: Wer zum Kreis des Angesprochenen gehört (uchi), wird genauso behandelt wie der Angesprochene selbst. Deshalb bedeutet in diesem kompletten Kapitel "ich" eigentlich "ich oder einer meiner Leute", und "du" bedeutet eigentlich "du oder einer deiner Leute". Es wird also das Verb benutzt, das der Sprecher für sich selber benutzen würde, nicht dasjenige, das der zum Sprecher gerechnete wahre Empfänger für sich benutzen würde. Die Grenzen sind fließend und situationsabhängig. Beispiele:

Beispielsätze:

direkte Ansprache
Mit diesen Verben kann man jemanden direkt ansprechen

Das Verb sashiageru - ein Respektsverb
Das Verb "sashiageru" bedeutet "nach oben geben" von einer tiefer gestellten Person zu einer höher gestellten Person (Chef, Vorgesetzter, Arzt, Professor, Lehrer, Priester, Abt eines Tempels, Gäste, Kunden in Geschäften, hochrangige Amtsträger oder Regierungsmitglieder). Der Vorgang des Besitzübergangs wird vom Ausgangspunkt aus gesehen, also vom Geber aus. Dieses Verb verwendet man für alle Besitzübergänge von mir zu hochrangigen Personen, oder von anderen Personen zu hochrangigen Personen. Wenn ich jedoch der Empfänger bin, kann es nicht verwendet werden: Ageru geht schon nicht zu mir hin, und sashiageru wäre noch undenkbarer, weil es mich unberechtigterweise um Klassen anheben würde. Das Satzmuster ist gleich wie bei "ageru":

[ Geber + ga/wa ] [ hochrangiger Empfänger + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = sashiagemasu ]

Beispielsätze:

Das Verb yaru
Das Verb "yaru" bedeutet "nach unten geben" von einer höher gestellten Person zu einer tiefer gestellten Person (kleine Kinder, z. B. kodomo, jüngere Geschwister, z. B. imouto, Tiere, z. B. inu oder neko, oder Pflanzen, z. B. hana). Im normalen Sprachgebrauch verwendet man das für Menschen eher selten, nur wenn das Ranggefälle wirklich richtig groß ist. Der Vorgang des Besitzübergangs wird vom Ausgangspunkt aus gesehen, also vom Geber aus. Dieses Verb verwendet man für alle Besitzübergänge von mir zu tiefergestellten Personen, oder von anderen Personen zu tiefergestellten Personen. Wenn ich jedoch der Empfänger bin, kann es nicht verwendet werden. Yaru ist das einzig mögliche Verb für "geben" für einen tiefergestellten Empfänger. Das Satzmuster ist gleich wie bei "ageru":

[ Geber + ga/wa ] [ tieferstehender Empfänger + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = yarimasu ]

Beispielsätze:

Das Verb kudasaru - ein Respektsverb
Was mit ageru geht, sollte ebenso mit kureru gehen. Denn ich kann ja genauso Empfänger eines Besitzübergangs sein, der von einem Höher- oder Tiefergestellten ausgeht. Analog sollte es auch hier zwei Ersatzverben für kureru geben, je nachdem, ob der edle Spender mein Firmenboss ist oder ob ich als Firmenboss etwas von meinem hierarchisch viel tiefer stehenden Pförtner geschenkt bekomme. Aber: Es gibt nur ein Verb für den ersten Fall, denn der zweite Fall wäre extrem unhöflich: Nicht nur werde ich als Empfänger der Gabe erhöht, sondern ich sage dem Schenker auch noch, daß er hierarchisch im Vergleich zu mir der letzte Dreck ist - das geht gar nicht! Folglich gibt es nur einen Ersatz für kureru, wenn der Geber noch höher steht als ich und ich mich zur Beschreibung des Vorgangs verbal noch ein bißchen tiefer vor dem Geber verbeuge. Dieses Verb kudasaru und das nachfolgende Verb itadaku beschreiben beide denselben Vorgang des Gebens zwischen Höher- und Tiefergestelltem, aber mit unterschiedlichen Mechanismen, denn kudasaru bezieht sich auf die Handlung des Gebers und erhöht diesen, und bei itadaku ist es umgekehrt.

Das hier benötigte Verb lautet kudasaru, bzw. in der Höflichkeitsform kudasaimasu. Kudasaru ist höflicher als kureru, und es ist in der Verwendung zwingend, wenn der andere höher gestellt ist. Es ist ein interessanter Sonderfall, wie hier die Höflichkeitsform gebildet wird, denn eigentlich würde man regelmäßig kudasarimasu erwarten, doch das "r" entfällt hier zu kudasaimasu. So etwas gibt es bei mehreren weiteren Verben dieses Höflichkeitskomplexes ebenfalls. Das Verb ist insofern ein alter Bekannter, als es in "kudasai" = bitte steckt, und damit drückt man aus, daß man selber (ich) etwas von jemandem bekommen möchte, dieser Jemand ist der Angesprochene, deshalb wird Gebersicht gewählt, und höflichkeitshalber stellt man den Geber hoch und sich niedrig. Das Satzmuster ist gleich wie bei "kureru", und die Verwendung von "kudasaru" macht den "watashi" ganz klein und bescheiden gegenüber dem Geber:

[ Geber + ga/wa ] [ watashi + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = kudasaimasu ]

Beispielsätze:

Es ist NICHT vorgesehen, daß eine rangniedrigere Person MIR als Ranghöherem etwas gibt. Ein solches Verb, wenn es denn eines gäbe, wäre beleidigend für den edlen Spender. Dafür gibt es deshalb kein eigenes Verb, hier würde man kureru verwenden.

Das Verb itadaku - ein Respektsverb
Was mit ageru oder kureru geht, sollte ebenso mit morau gehen. Denn ich kann ja den Besitzübergang, der von einem Höher- oder Tiefergestellten ausgeht, bestimmt auch von Empfängerseite aus betrachten. Analog sollte es auch hier zwei Ersatzverben für morau geben, je nachdem, ob der edle Spender mein Firmenboss ist oder ob ich als Firmenboss etwas von meinem hierarchisch viel tiefer stehenden Pförtner geschenkt bekomme. Aber: Es gibt nur ein Verb für den ersten Fall, aus den gleichen Gründen wie bei kudasaru! Folglich gibt es nur einen Ersatz für morau, wenn der Geber noch höher steht als ich und ich mich zur Beschreibung des Vorgangs verbal noch ein bißchen tiefer vor dem Geber verbeuge. Dieses Verb itadaku und das zuvor beschriebene Verb kudasaru beschreiben beide den selben Vorgang des Gebens zwischen Höher- und Tiefergestelltem, aber mit unterschiedlichen Mechanismen, denn itadaku bezieht sich auf den Empfänger und erniedrigt diesen, und bei kudasaru ist es umgekehrt.

Das hier benötigte Verb lautet itadaku, bzw. in der Höflichkeitsform itadakimasu. Das Verb ist ebenfalls ein alter Bekannter, weil eine gebräuchliche Formulierung "itadakimasu" lautet, wenn man als Gast zu essen und trinken beginnt, wenn der Gastgeber einem etwas vorgesetzt hat. Die Übersetzung mit "guten Appetit" ist völlig falsch! Gut, man sagt es in der gleichen Situation, aber das ist auch alles an Gemeinsamkeit. "itadakimasu" drückt vielmehr aus, daß man sich bewußt ist, daß man Empfänger von etwas Gutem ist, das einem irgend jemand Höherstehendes (Gastgeber, Götter) gewährt und hingestellt hat. Und da es offen bleibt, wer es gespendet hat, sieht man das Ganze aus der Sicht des Empfängers, der bekommen hat: Die richtige Übersetzung wäre: "Von welcher Macht auch immer das kommt, ich bin mir bewußt, daß ich gerade von ihr etwas bekommen habe!" Und weil man als Gast ganz bescheiden zu sein hat, nimmt man nicht "morau", sondern "itadaku" als Verb des Bekommens. Das Satzmuster ist gleich wie bei "morau", und die Verwendung von "itadaku" macht den "watashi" ganz klein und bescheiden gegenüber dem Geber:

[ Empfänger + ga/wa ] [ Geber + ni ] [ Objekt + o ] [ Verb = itadakimasu ]

Beispielsätze:

Es ist NICHT vorgesehen, daß ICH als Ranghöherer etwas von einer rangniedrigeren Person BEKOMME. Ein solches Verb, wenn es denn eines gäbe, wäre beleidigend für den edlen Spender. Dafür gibt es deshalb kein eigenes Verb, hier würde man morau verwenden.

Somit hat das Verb ageru Alternativen in beide Richtungen, aber kureru und morau haben nur jeweils eine Alternative bei Ranggefälle. So kommen wir auf 3 Grundverben und 2 + 1 + 1 Rangunterschieds-Varianten-Verben, insgesamt also 7 Verben des Gebens und Bekommens. Es ist leichter, etwas sprachlich korrekt zu kaufen, als es geschenkt zu bekommen.

eine "Handlung geben" = einen Gefallen tun
Bisher haben nur Gegenstände den Besitzer gewechselt. Aber es können auch Handlungen "den Besitzer wechseln": Man tut jemandem einen Gefallen, brät jemandem eine Extrawurst, gewährt jemandem eine Gunst. Es müssen also zwei Verben untergebracht werden, das Verb des geleisteten Gefallens = das Verb der begünstigenden Handlung und das Verb der Leistung. Ersteres wird in der te-Form verwendet, letzteres wie gewohnt. Satzmuster:

[ Geber + ga/wa ] [ Empfänger + ni ] [ Verb des Gefallens + te ] [ Verb des Gebens = agemasu ]

das geht mit allen genannten Verben: agemasu, sashiagemasu, yarimasu, kuremasu, kudasaimasu, moraimasu und itadakimasu. Diese Verben des Gebens sind hier nicht ein einziges Vollverb, sondern sie stellen eine Markierung eines zweiten Verbs dar, um dieses als Gefallen herauszustellen. Beispielsätze:

Mit dieser Konstruktion kann man jemanden NICHT direkt ansprechen, denn es wäre unhöflich, ihm so ins Gesicht zu sagen, daß man ihm gerade einen Gefallen tut und er mir bitteschön Dankbarkeit zollen sollte. Solche Konstruktionen haben immer einen erniedrigenden Beigeschmack für den Empfänger:

Mit dieser te-Konstruktion kann man also nur Dritten erzählen, daß man einer anderen Person einen Gefallen getan hat. Einzige Ausnahme ist, wenn jemand, der sehr hoch steht, es gegenüber tiefergestellten verwendet. Das ist zwar nicht nett, kann aber toleriert werden. Denn die Verwendung der te-Form mit ageru erzwingt Dankbarkeit und hat im direkten Gespräche immer den Beigeschmack von "ich mache das für dich und ERWARTE DANKBARKEIT dafür". Übrigens wird umgangssprachlich "te ageru" oft zu "tageru" verschliffen.

Man kann die te-Form auch mit kureru und kudasaru kombinieren, dann möchte der Sprecher ausdrücken, daß diese Person ihm aus freien Stücken einen Gefallen getan hat und geholfen hat, ohne es zu müssen. Beispiel:

Mit dem Verb kureru kann man eine Bitte vortragen. Der Ausdruck „…te kuremasen ka“ ist eine nützliche Phrase für eine höfliche Bitte. Beispiel:

Man kann die te-Form auch mit morau und itadaku kombinieren, dann möchte der Sprecher ausdrücken, daß diese Person aufgrund einer vorgetragenen Bitte handelt. Beispiele:

Mit diesen te-Form + geben-Verben - Konstruktionen kann man auch Dankbarkeit ausdrücken. Konstruktionen wie "…te kuremashita" tragen immer die Bedeutung ".... hat freundlicherweise gemacht". Beispiele:

Zusammenfassung:

Literatur, Links und Quellen:
Lern-Videos zur japanischen Grammatik von Dominik Wallner:
Geben und Bekommen 01: ageru und kureru
https://www.youtube.com/watch?v=M10lIn9JSz8
Geben und Bekommen 02: morau
https://www.youtube.com/watch?v=V7noIfjdK2w
Geben und Bekommen 03: sashiageru und yaru
https://www.youtube.com/watch?v=IrXhttAlpgs
Geben und Bekommen 04: kudasaru und itadaku
https://www.youtube.com/watch?v=aFJudkeHqlE
Geben und Bekommen 05: intern und extern
https://www.youtube.com/watch?v=nALKrPwpG0k
Geben und Bekommen 06: -te ageru / -te yaru / -te sashiageru
https://www.youtube.com/watch?v=A-kIGysLGqY
Kayo Funatsu-Böhler: PONS Grammatik kurz & bündig Japanisch, "die beliebteste Nachschlagegrammatik", Verlag PONS GmbH, Stuttgart 2021, 128 S., ISBN-10: 3125623723, ISBN-13: 978-3125623729, S. 120-124
Geben und Bekommen:
https://www.japandigest.de/alltag/sprache/japanischlernen/geben-bekommen/
Geben und Bekommen:
https://thejapanesepage.com/give-and-receive-in-japanese-ageru-kureru-morau/
Lernvideos auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=Sfi_wws7eQo - https://www.youtube.com/watch?v=MKJkNULgizw - https://www.youtube.com/watch?v=8rpmj1t4aBI
Geben und Bekommen:
https://lingo-apps.com/ageru-kureru-morau/
Lernvideo auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=hKJogfHuU30
Lernvideo auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=IM-LKBjlbq8
Lernvideo auf Youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=i6Sw6vbvlD8


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