Bernhard
Peter
Yawata
(Präf. Kyoto), Iwashimizu Hachiman-gu, Teil (1): Beschreibung
und Photos des äußeren Bereichs
Lage
und Erreichbarkeit, Touristisches
Im Südwesten von Kyoto, ganz
grob an der Nahtstelle zwischen den Ballungsräumen (und auch den
Präfekturgrenzen) Kyoto und Osaka, liegt ein in der Landschaft
auffallender grüner Hügel, etwa dort, wo sich die Flüsse
Katsura-gawa, Kizu-gawa und Uji-gawa zum Yodo-gawa vereinigen.
Das ist der Otoko-yama (wörtlich: Männerberg) in der Stadt
Yawata. Auf diesem 1,7 km langen, bis zu 900 m breiten,
vielfältig zerklüfteten Hügel liegt der Schrein
Iwashimizu-Hachiman-gu (Adresse: 30, Yawata Takabo, Yawata-shi,
Kyoto Fu, 614-8005, Japan). Man kommt am besten mit der
Keihan-Eisenbahn nach Yawata: Wer vom JR Hauptbahnhof Kyoto als
Bezugspunkt anreist, nimmt einen Lokalzug der Nara Line nach
Tofukuji und wechselt dort zum Keihan-Bahnhof gleich nebenan.
Ober man steigt in die Keihan Main Line zu, wo es gerade paßt,
Shichijo etc. Man muß nur darauf achten, daß man keinen Rapid
nimmt, weil der nicht an den kleinen Bahnhöfen hält. Der
Zielbahnhof heißt wie der Schrein Iwashimizu Hachimangu Station.
Auf der Fahrt kann man kurz vor dem Ziel in Fahrtrichtung rechts aus dem Fenster schauen und auf die Ruinen der Burg Yodo achten, sie liegen direkt an den Bahngleisen; der Sockel des Hauptturmes stößt unmittelbar an die Bahnlinie. Man sieht den Tenshu-dai (ohne Aufbau, mit Vertiefung und Pfostenfundamenten), den südlichen Wassergraben des Honmaru (Uchibori), die Ishigaki-Wälle und das Fundament des südwestlichen Eck-Yagura-Turmes. Das Layout war vom Ukijiro- bzw. vom Teikakushiki-Typ. Viel mehr sieht man vor Ort auch nicht. Diese Burg wurde 1623 von Matsudaira Sadatsuna auf Befehl von Tokugawa Hidetada errichtet, um Kyoto von Südwesten her zu sichern. Die neue Anlage, die sich geschickt die Lage an den Flüssen zunutze machte, um eine Festung im Wasser daraus zu machen, sollte die Burg Fushimi ersetzen. Auch Baumaterial wurde von dort hier herüber geschafft. Durch Blitzschlag ging der Hauptturm, der aus der Burg Nijo (Nijo-jo bekam dafür den Hauptturm aus Fushimi) hierhergeholt worden war, 1756 verloren, und nach der Schlacht von Toba-Fushimi 1868 wurde die Burg 1871 aufgegeben; das Gelände wurde zügig bebaut. Angesichts der spärlichen Reste ist es kaum zu glauben, daß die Burg einmal 38 Türme und 22 Tore gehabt haben soll. Die Bahnlinie durchschneidet den ehemaligen Ninomaru- und Sannomaru-Bereich.
Am Zielbahnhof wendet man sich nach rechts und erreicht nach wenigen Metern die auch von Keihan betriebene Bergbahnstation Cable-Hachimangu-guchi. Ok., der eigentliche offizielle Zugang ist der Stufenweg den Berg hinauf, aber in der spätsommerlichen Schwüle und Hitze akzeptieren wir einmal, daß wir sozusagen den bequemeren Hintereingang benutzen und nehmen die Bahn. Man kann den offiziellen Weg ja nachher beim Abstieg in Gegenrichtung besichtigen. Die Bahn fährt viertelstündlich. Für 300 Yen einfache Fahrt bringt einen die Bahn auf den steilen Hügel hinauf, teils durch einen Tunnel und teils über den Baumwipfeln mit schönem Blick über die Stadt in der Ebene. Unterwegs passiert man in Fahrtrichtung links den Shinou-ji-Tempel auf einem Vorplateau. Die Bergstation der Seilbahn liegt im Norden auf der Rückseite des Schreins, man kann rechtsherum (kürzer) oder linksherum (länger) zum Eingang gelangen. Insgesamt ist man auf der Route wie beschrieben eine gute Stunde unterwegs.
Der Schrein Iwashimizu-Hachiman-gu ist eine der vom Massentourismus verschonten Perlen im Großraum Kyoto, einer der wirklichen architektonischen Juwelen, und dennoch bei der überwiegenden Zahl der Touristen völlig unbekannt. In Sichtweite verlaufen zwar alle wichtigen Verkehrsadern inclusive der Tokaido-Shinkansen-Strecke, und doch geht der Tourismus völlig vorbei an diesem herrlichen, nur von Einheimischen aufgesuchten Schrein, Gott sei Dank ist die Atmosphäre völlig authentisch und schön. Die landschaftliche Lage ist wunderschön, der Schrein ist eingebettet in dichten primären Bergwald voller Vögel und lärmender Zikaden. Die Bausubstanz ist hochwertig, das aus der frühen Edo-Zeit stammende Gebäude des Hauptschreins (Honsha juutou) hat eine seltene Architekturform und ist seit 2016 als Nationalschatz eingestuft; etliche weitere Gebäude sind als wichtige Kulturgüter klassifiziert. Und der Schrein hat eine über zwölfhundertjährige Geschichte und spielte eine Schlüsselfunktion bei der Machtergreifung der Fujiwara. das Gelände gilt als national wichtige historische Stätte. Der Wald ist ein Geschichts- und Naturschutzgebiet der Präfektur Kyoto. Viele seltene Tiere und Pflanzen sind im Wald zu finden. Man kann das Schreingelände frei durchstreifen, aber die innere Einheit kann man als Tourist nicht betreten. Die herrlichen Holzschnitzereien im Inneren kann man durch die seitlichen Tore ansatzweise sehen, aber sie sind für die Besichtigung unzugänglich, einziger Wermutstropfen, aber völlig normal bei Schreinen. Führungen wurden im Spätsommer keine angeboten.
Es ist lohnend, den Weg den Berg hinunter zu Fuß zu machen, anstatt auch die Seilbahn zu nehmen, denn da gibt es noch einiges zu sehen, außerdem kann man den ursprünglichen Bergwald und den dichten Wald voller Riesenbambus genießen. Um ein ansprechendes Tagesprogramm daraus zu machen, kann man den Besuch entweder mit dem Tofuku-ji im Südosten Kyotos verbinden, der Zug geht durch, oder man kombiniert mit Zielen in Uji, dazu steigt man in Chushojima um in die Keihan Uji Line.
Geschichte
und Bedeutung: die Gottheiten
Die Hauptgottheit des Schreins
ist Hachiman Okami, und genau das ist auch der Wortlaut der
großen Sumigaki-Schrift in der Mittelspalte auf dem Goshuin des
Schreins. Die Wurzeln seines Kultes liegen im Usa Hachiman-gu in
Usa, und damit stammt die Gottheit eigentlich aus der Insel
Kyushu. Hachiman bedeutet wörtlich "acht Banner", so
jedenfalls die sinojapanische Lesung des Namens. Wenn man die
beiden Kanji anders liest, bekommt man in der kun-Lesung den
Namen der Stadt: Ya-hata -> Yawata, wobei sich das auch von
"acht Felder" ableiten kann, was für einen Ursprung
als Agrargottheit spricht. Wie der Gott genau entstand, darüber
gibt es mehrere Theorien, letztlich ist es ungeklärt. Im 8. Jh.
legte er jedenfalls einen rasanten Aufstieg hin. 781 bekam
Hachiman den Titel "Gokoku reigen iriki jintsuu
daibosatsu" verliehen. Seitdem war er offiziell der
"das Land beschützende, wundertätige und mächtige große
Bosatsu", war also zu einer Schutzgottheit des Landes und
der kaiserlichen Familie und zugleich im
shintoistisch-buddhistischen Synkretismus in den Rang eines
Bodhisattva erhoben worden.
Sein Image wandelte sich weiter zum Kriegsgott und zur Schutzgottheit der Krieger, wobei der Auslöser die Adaptation als Ahnengottheit durch wichtige Samurai-Familien war, allen voran die Minamoto. Seine Darstellung wandelte sich entsprechend von mönchisch zu kriegerisch, gerne mit Pfeil und Bogen. Es wurde einer der populärsten Shinto-Götter des Landes, vor allem auch wegen seiner fast universellen Zuständigkeit, als allgemeine Schutzgottheit, die man für Hilfe aller Art anrufen kann, auch für gute Ernten, als kriegerischer Gott, als Beistand im Kampf für eine gerechte Sache und zur Abwehr böser Aktivitäten.
Mit der von oben verordneten Trennung zwischen Buddhismus und Shintoismus verlor Hachiman 1868 seinen Rang als Bodhisattva, seitdem ist er der "große Kami Hachiman", Hachiman Dai-jin. Gleichwohl nahm er einen erneuten Aufschwung als Gottheit, mit durchaus militärischem Hintergrund. Die hier eingeschreinten Gottheiten sind der legendäre Kaiser Ojin, seine Frau Hime-no-kami und die Kaiserin Jingu, seine Mutter. Alle drei zusammen sind Hachiman Okami, aber zugleich auch jeder einzelne von ihnen. Ojin (Oujin) gilt als der 15. Tenno, vermutlich ist er aber eher im Reich der Mythologie angesiedelt, auch wenn ein riesiges Kofun-Grab bei Habikino mit ihm assoziiert wird. Sein Vater soll Chuuai gewesen sein. Jedenfalls wird der Geist von Ojin als in Hachiman manifest angesehen.
Geschichte
und Bedeutung: die Gründungsgeschichte
Der Schrein wurde in der
Heian-Zeit im Jahre 860 etabliert, als Gründer gilt Gyoko
(Gyoukou), ein buddhistischer Mönch aus der alten und
einflußreichen Ki-Familie, im Daian-ji in Nara ausgebildet.
Fujiwara no Yoshifusa (-872), machthungriger und skrupelloser
Vertreter der Nördlichen Fujiwara, wollte seinen Enkel als
Thronfolger, denn seine Tochter Fujiwara no Meishi hatte Montoku
Tenno geheiratet, und der Enkel hieß Prinz Korehito. Fujiwara no
Yoshifusa schickte den ihm vorgeschlagenen Mönch zum
Hachiman-Schrein in Usa, um dort für die erfolgreiche Nachfolge
auf dem Thron zu beten. Man muß dazu sagen, daß die Familien Ki
und Fujiwara durchaus ebenbürtig waren und am Anfang der
Heian-Zeit durchaus Konkurrenten waren. Die Beauftragung eines
Familienmitgliedes der Konkurrenz mit der Hachiman-Mission war so
eine Art freundliches Abstellgleis, einerseits eine ehrenvolle
und wichtige Mission, andererseits eine Positionierung der
Familie Ki auf einem Nebenschauplatz, während man selber nach
der Macht strebte: Gib den Ki den Hachiman-Kult, laßt den
Fujiwara die Macht im Reich.
Hachiman half jedenfalls dem "fürsorglichen" Opa noch im selben Jahr. Montoku starb früh, vielleicht hat weniger Hachiman, sondern mehr der machthungrige Schwiegervater nachgeholfen. Besagter Enkel, 8 Jahre alt, kam nun als Seiwa Tenno auf den Thron, und der Opa an die Macht, denn Fujiwara no Yoshifusa erklärte sich angesichts des zarten Alters des neuen Kaisers - reine Fürsorge natürlich - sofort zum Regenten und zementierte so seine Macht und die seiner Familie. Ziel erreicht: Opa war de facto Herrscher des Landes!
Wieder wurde der Schrein in Usa aufgesucht, und Hachiman orakelte dort, daß er als Schutzgott der Hauptstadt auf dem Berg Otokoyama installiert werden wolle. Der Mönch Gyoukou bestieg den Berg und veranstaltete eine Kanjou für Hachiman, eine Einladungszeremonie. Kaiser Seiwa trug das Seinige dazu bei, indem er träumte, aus dem Otokoyama seien violette Wolken aufgestiegen. Nüchtern betrachtet hatte die Ortswahl durchaus andere Gründe, zum einen die strategisch günstige Lage an der Route nach Osaka, damals die Hafenstadt Naniwa, zum anderen bildete der Berg geographisch das Gegenstück zum Berg Hiei, und beide beschützten die Hauptstadt gegen Gefahren aus der jeweiligen Richtung. Der Berg Hiei war in der klassischen chinesischen Naturphilosophie der Schutz gegen das Dämonentor im Nordosten, und der Otokoyama lag exakt schräg gegenüber im Südwesten, was ebenfalls eine Einfallsrichtung für böse Geister sein könnte.
Hier fließen drei für Kyoto wichtige Flüsse zusammen und bilden den Yodo-Fluß, es leuchtet daher sofort ein, daß dieser Platz politisch und wirtschaftlich enorm wichtig war. Damals wurden die meisten Waren soweit möglich per Schiff transportiert, und alles mußte hier vorbei. Es war eine Schlüsselstelle des Transports von Waren und Personen zwischen Osaka und Kyoto. Wir brauchen keine violetten Wolken, die zur Hauptstadt hinabschweben, um zu sehen, wie essentiell die Kontrolle über diese Stelle war.
Erst baute Gyoukou auf dem Berg eine einfache Hütte, um dort Hachiman zu verehren. Auf dem Otokoyama befand sich übrigens bereits der Iwashimizu-dera, ein Familientempel der Ki, der die Rolle eines Landesschutztempels für die Provinz Yamashiro hatte. Der Kaiser, damals ca. 10 Jahre alt, befahl schließlich im Jahr 860 den Bau eines festen Gebäudes. Übrigens hatte der Kaiser nur ein kurzes Leben, er wurde nur 30 Jahre alt. Der Mönch Gyoukou bekam den Ehrentitel Dentou Daihoushi, und die Nachfahren der Familie blieben jahrhundertelang Verwalter des Schreins und hatten einen erblichen Anspruch auf das Hauptpriestertum am Schrein. Seit Gründung ist die Priesterschaft erblich. De facto hatte aber Fujiwara no Yoshifusa die konkurrierenden Ki entmachtet.
Geschichte
und Bedeutung: die Stellung des Schreins
Der Iwashimizu Hachimangu
(auch: Yawata-no-Hachimansan) gehört zu den drei großen
Hachiman-Shinto-Schreine Japans, die anderen beiden sind der Usa
Jingu (Usa Hachiman-gu in Usa, Präfektur Oita, Kyushu, der
älteste Hauptschrein des Hachiman-Kultes) und der Hakozaki-gu
(im Stadtbezirk Higashi-ku der Stadt Fukuoka). Er ist der
zweitälteste der drei Hauptschreine. Dadurch, daß dieser
Schrein in Verbindung zu Ojin-Tenno steht, galt er ab Mitte der
Heian-Zeit auch als Ahnenhalle des Kaiserhauses. Er wurde bald
wichtiger als der "Mutterschrein" in Usa und
entwickelte sich zum Zentrum des Kultes in Zentraljapan.
Weiterhin gehört er zu den 22 Schreinen (nijuuni-sha), dem aus der Heian-Zeit stammenden Rangsystem von Shinto-Schreinen. Das waren die Schreine höchster Bedeutung, naturgemäß lagen die meisten in oder in der Nähe der damaligen Hauptstadt. Sie waren wiederum in 7 obere, 7 mittlere und 8 niedere Schreine unterteilt. Der Iwashimizu Hachimangu wird zu oberen Gruppe gerechnet, zusammen mit dem Ise-jingu in Ise, dem Matsunoo-Schrein, dem Hirano-Schrein, dem Fushimi-Inari-Taisha, den beiden Kamo-Schreinen, alle in Kyoto, und dem Kasuga-Taisha in Nara.
Weiterhin gehört der Iwashimizu Hachimangu zu den Chokusaisha, also den Schreinen, die zu besonders wichtigen Ereignissen das Anrecht auf Entsendung eines kaiserlichen Boten (Chokushi) haben. Diesen Status hatte der Schrein zwar seit dem 9. oder 10. Jh., aber unter Kaiser Meiji wurde eine neue Liste von Chokusaisha (Schreine, in denen kaiserliche Gesandte Rituale ausführen) angelegt, auf die 1883 der Schrein zusammen mit den beiden Kamo-Schreinen gesetzt wurde. Diesen Titel führt der Schrein noch heute; insgesamt sind es nur noch 16 Schreine mit diesem Titel. Eigentlich war der Schrein nach dem Ise-Schrein der zweitwichtigste Shinto-Schrein im Land.
1871 kam ein neues Klassifizierungssystem für Schreine in Gebrauch, und der Iwashimizu Hachimangu, der von 1871 bis 1918 Otokoyama Hachiman-gu hieß und erst danach wieder den alten Namen zurückbekam, wurde bei den Kanpei-sha in die Gruppe der Kanpei-taisha, der kaiserlichen Schreine ersten Ranges, einsortiert, zusammen mit den vorgenannten anderen Schreinen und etlichen weiteren. In der modernen, ab 1948 durch die Association of Shinto Shrines vorgenommenen Gruppierung wird der Iwashimizu Hachimangu zu den Beppyou jinja gerechnet, den etwas "besseren" Schreinen.
Geschichte
und Bedeutung: die weitere Geschichte bis heute
Übrigens - als der oben bei
der Gründungsgeschichte erwähnte Mönch Gyoukou zu Hachiman
betete, erschienen ihm Amida Buddha, Kannon und Seishi. Deshalb
wurden im Schrein auch Statuen dieser Amida-Triade aufgestellt -
buddhistisch-shintoistischer Synkretismus. Entsprechend wurde er
auch zeitweise als Iwashimizu Hachimangu-ji bezeichnet. Im Jahre
863 wurde der bisherige Iwashimizu-dera umbenannt in Gokoku-ji
(der das Land beschützende Tempel) und wurde zum Schreintempel
(Jinguu-ji) des Iwashimizu Hachiman-gu. Buddhistische Mönche
führten Shinto-Riten durch, es war die Mischform eines Miya-dera
(Schreintempel). Im Jahre 938 zerstörten gläubige Anhänger des
Schreins einen gerade neu in Yamashina erbauten Hachiman-Schrein,
wo Hachiman gerade in einer Kanjou-Zeremonie hingeholt worden
war, weil der neue Schrein besser gedieh als das Original auf dem
Otoko-yama.
Im Jahre 979 ist der erste Besuch eines Kaisers im Schrein belegt. Für das Jahr 1070 ist die Entsendung eines kaiserlichen Boten (Chokushi) belegt. Der Schrein war aufgrund der Förderung durch die Spitze des Reichs äußerst reich und besaß viele Ländereien. Kaiser, Feldherren, Shogune, Adelige zollten hier dem Schutzgott der Hauptstadt und der kaiserlichen Familie Respekt. Traditionell sind Schreine von der Steuerlast ausgenommen, doch als Minamoto no Yoritomo das Kamakura-Shogunat etablierte, zwang er den wohlhabenden Schrein, sich an den zu militärischen Zwecken erhobenen Abgaben zu beteiligen. 1344 wird der erste Besuch eines Ashikaga-Shoguns berichtet, Ashikaga Takauji und Ashikaga Tadayoshi unternahmen eine Pilgerreise zum Schrein. Im Jahr 1369 hinterlegte Prinz Kanenaga (Shinnou) eine Kopie der Lotus-Sutra im Schrein, erhalten anläßlich eines Gedenkgottesdienstes für Kaiser Go-Daigo.
Unter Oda Nobunaga wurde der Schrein wieder einmal wiederhergestellt. Auch Toyotomi Hideyoshi war ein Anhänger des Hachiman-Kultes. Mit der Etablierung des Tokugawa-Shogunats bekam der Schrein im Jahr 1600 von Tokugawa Ieyasu Land geschenkt, weiterhin wurde die Erblichkeit des Priesteramtes weiterhin garantiert. Die Gebäude gingen im Laufe der Zeit durch Blitzschlag und Brände mehrfach verloren und wurden jedesmal wiederaufgebaut. Die gegenwärtigen Gebäude des Hauptschreins wurden während der frühen Edo-Zeit im Jahre 1634 unter Tokugawa Iemitsu (12.8.1604-8.6.1651, regierte 1623-1651) errichtet, dem 3. Shogun der Edo-Zeit. Seitdem unterzieht man die Gebäude alle 30-40 Jahre einer Inspektion und Reparatur, deshalb sind die historischen Gebäude auch so hervorragend erhalten.
Der Stil wird Hachiman-zukuri genannt und ist der gleiche wie beim Usa-Hachiman-gu. Es gibt nur noch wenige Schreine dieses Architekturtyps. 1697 gab es Streß mit dem Ou-yamazaki Hachiman-Schrein wegen der Nutzung des Namens Iwashimizu, was dem anderen Schrein vom Bakufu untersagt wurde. Vielmehr bekam der andere Schrein den Namen Rikyuu Hachiman-Schrein. Im Zuge der äußeren Bedrohungen für das seit Jahrhunderten abgeschottete Japan veranstaltete man schon 1847 im Rahmen einer jährlichen Rinjisai-Zeremonie spezielle Anrufungen der Götter, um schädliche äußere Einflüsse abzuwenden. Das hielt nur ein paar Jahre, denn schon 1853 veranstaltete man hier eine spezielle Zeremonie unter Freilassung gefangener Vögel, um die Ruhe im Land zu bewahren und schädliche äußere Einflußnahme zu bannen. Danach fanden viele solche Veranstaltungen an anderen Schreinen im ganzen Land statt. 1858 kam eigens ein kaiserlicher Gesandter zum Schrein, um hier für die gleichen Ziele zu beten. 1963 fand im Schrein die Generalversammlung der nationalen Vereinigung der Hachiman-Schreine aus Anlaß ihres zehnjährigen Bestehens statt.
Das Hauptfest des Schreins, (Iwashimizu Matsuri, findet jährlich am 15.9. statt. Mehrfach im Jahr werden hier Teezeremonien abgehalten (Chaseki Settai), im April gibt es eine rituelle Darbringung von Tee als Opfer (Kencha Matsuri), ebenso im Mai (Shunki Kencha Matsuri) und im Oktober (Urasenke Kencha Matsuri). Dazu gibt es jahreszeitliche Feste, im Mai das Iris-Fest (Shoubu Matsuri), im Oktober das Chrysanthemen-Fest (Zangiku Matsuri), die üblichen Schreinfeste wie Setsubun und jahreszeitliche Reinigungsrituale, und ganz speziell stehen hier noch die Gedenktage für Thomas Edison im Kalender des Schreins, dazu unten mehr. Eine Augenweide ist das Fest des Lichts (Toryoka) am 4. Mai, bei dem Tausende Laternen aus Bambus das Gelände erhellen.
Yawata, Präf. Kyoto, Schrein Iwashimizu Hachiman-gu, Mittelspalte: Hachiman O-kami, ganze linke Spalte: Datum: Fr, 1.9.2023 = Reiwa 5 nen ku-gatsu tsuitachi. Rechte spalte unten: Otokoyama.
Der geschriebene Name des Schreins setzt sich zusammen aus den drei Kanji für seki/ishi = Stein/Felsbrocken (das Kanji für iwa/gan hätte eigentlich noch das Berg-Radikal yama/san obendrüber, Fels = Berg + Stein, das wird hier aber nicht benutzt), sei/kiyo/shi = rein, klar und mizu/sui = Wasser. Shi-mizu ist reines Wasser, und Iwa-shi-mizu ist das dem Felsblock oder den Felsen entspringende reine Quellwasser.
Rundgang
und Beschreibung: vom ersten Torii bis zur Steinlaternen-Allee
Beginnen wir bei der Beschreibung ganz unten in der Flußebene:
Wenn man vom Bahnhof aus nicht nach rechts zur Bergbahn geht,
sondern nach links (Osten) und an der nächstgrößeren Straße
nach rechts, dann kommt man nach 80 m zum Zuweg (Sando), wo auch
gleich das erste Torii steht (Ichi-no-torii), grau, mit
Kalligraphie-Plakette und von zwei Steinlaternen auf hohem
Stufensockel flankiert. Nach 50 m und dem Passieren des heiligen
Brunnens Tsutsui kommt man zu einem rechteckig mit Galerien
(Tonguu-kairou) umgebenen Hof mit Torgebäuden auf der Nord- und
der Südseite. Das Gebäude, das man unmittelbar passiert, heißt
Tongu-den und wurde 1915 in der Taisho-Zeit gebaut. Hier werden
stadtnah jährliche Feste gefeiert. das Gebäude dient dabei als
Otabisho, als temporärer Platz der Tragschreine (Mikoshi) für
die Gottheiten während dieser Festivitäten. Die Halle ist nach
Westen mit einer anderen Halle durch einen kurzen offenen
Korridor verbunden. Das Nordtor (Miya no kita-mon) trägt ein
weit ausladendes Satteldach. Das ähnlich gestaltete Südtor
(Minami-mon) wurde 1939 errichtet ist ist damit Showa-zeitlich.
In der Nähe steht westlich hinter der Anlage eine riesige Gorinto-Pagode, mit 6m Höhe die größte dieses Typs im Lande, und deshalb ist sie als wichtiges Kulturgut eingestuft. Seitlich zweigt ein Weg durch ein graues Torii zum Koura-jinja (Koura-sha) ab, wo die örtliche Schutzgottheit der Stadt Yawata-shi verehrt wird. Auch dieser Schrein wurde von Gyoukou um 860 gegründet, er brannte mehrfach ab und wurde immer wieder aufgebaut, zuletzt 1884. Im Jahr 1902 zog er an den jetzigen Standort um.
120 m hinter dem Minami-mon steht das zweite Torii (Ni-no-torii), wie die anderen auch grau und mit einwärts gelehnten Pfosten. Kurz vor diesem zweiten Torii geht rechterhand ein Abkürzungsweg den Berg hinauf, über den man seitlich auf das Schreingelände kommt. Der offizielle Weg geht aber durch das Torii hindurch geradeaus, dann über eine Brücke und dann im Zickzack den Berg hinauf. Der Stufenweg knickt mehrfach scharf ab, das wird Nanamagari genannt, 7 Kurven. Danach passiert man den kleinen, 1829 erbauten Schrein Ootobira-inari-sha mit zinnoberrotem Torii direkt davor, in dem die Gottheit Inari verehrt wird. Nach dem Kagekiyo-zuka gabelt sich hier der Weg:
Rechts kommt man an einer Kehre zu Ruinen: Mit ein paar Steinkanten eingefaßt sind die unspektakulären Fundamentreste des Shoka-do, eines ehemaligen Jibutsudo, hier stand die Behausung des Shingon-Mönchs Shoukadou Shoujou (1582-1639), der einerseits als Maler und Kalligraph berühmt wurde, und dessen Erinnerung andererseits als Namengeber der Shokado-Bento-Box mit vier gleich großen Fächern fortwirkt. Eigentlich hieß er Nakanuma Shikibu. Shoukadou nannte er seine Wohnung, und er nannte sich so als Künstler. Tief im ursprünglichen Wald (Chinju-no-mori), der als heilig gilt und von vielen Kami bewohnt wird, kommt man weiter auf diesem Weg zum Iwashimizu-sha, auf Steinsockel und mit umgebendem Gitterzaun. Dieser Schrein trägt den gleichen Namen wie der Hauptschrein. Hier ist eine heilige Quelle, sie trocknet im Sommer nicht aus, sie friert im Winter nicht zu. Diese Quelle gab der ganzen Anlage den Namen. Folgt man diesem Weg weiter, kommt man wieder zum Abkürzungspfad. Wir wollen aber alles sehen, also zurück zur letzten Weggabelung, und diesmal am Inari-Schrein geradeaus weiter.
Nach dem letzten steilen und erschöpfenden Treppenweg oben angekommen, befindet man sich ganz im Süden der Hauptachse und sieht das dritte Torii (San-no-torii). Bereits vor dem Torii beginnt beiderseits des breiten Weges die Allee der Steinlaternen. Insgesamt gibt es auf dem Schreingelände über 500 Steinlaternen in allen möglichen Größen und Formen. Sie haben sich im Laufe der Zeit als Votivgaben angesammelt. Wenige Meter hinter dem Torii ist in der Mitte des Weges ein flacher Stein (Hitotsu-ishi) von einem Holzgestell mit Shide und Shimenawa eingefaßt ("shintoistisches Flatterband"). Hier liegt der Startpunkt des Ohyakudo-mairi genannten Rituals, bei dem der gleiche Schrein 100 x besucht wird. Und hier ist der Startpunkt für ein rituelles Pferderennen. Rechts des Weges (Ostseite) folgen zwei Gebäude, in dem die tragbaren Schreine aufbewahrt werden, dann die Schreinverwaltung (Shamusho). Gegenüber liegt ein Restaurant (Sekisuitei).
Ein kleiner Abstecher führt vorher nach links (Westen) zu dem im Jahr 1966 von Mirei Shigemori gestalteten Garten Kyohoryo-no-niwa (Kyouhou-ryou-no-niwa). Ein anderer Garten weiter vorn rechterhand des Hauptweges vor dem Shoin (Shoin-no-teien) der Schreinverwaltung wurde bereits 1952 vom gleichen Künstler als Steingarten (Sekitei) gestaltet, und dort steht in einer Gebäudeecke eine Kamakura-zeitliche Steinlaterne (wichtiges Kulturgut), datiert auf 1295. Der Gartenarchitekt hatte eine enge Beziehung zum Schrein und besuchte ihn jeden Monat am 27. Tag. Als 1952 das Schreinbüro nach einem Brand neugebaut wurde, stiftete er den Garten, und die Verwaltung platzierte hier die älteste Steinlaterne des Schreins. Zurück zum Hauptweg entlang der Hauptachse: Auf der linken (westlichen) Seite folgen nun nacheinander der Unterstand mit Wasserbecken für die rituelle Handreinigung (Chozusha) mit zinnoberrot gestrichenen Holzelementen und direkt dahinter eine Halle (Sou-jinden), in der Hinokagutsuchi-no-Kami verehrt wird, der Gott des Herdfeuers und der Küche.
Rundgang
und Beschreibung: vom Minami-mon zum Rou-mon
Und dann steht man bereits vor dem Honguu-no-Minami-Soumon, dem
großen Südtor des Hauptschreins, eingebettet in eine
hufeisenförmige Gebäudegruppe vor dem Hauptschrein. Dieses aus
der späten Edo-Zeit stammende Tor besitzt ein komplexes Dach mit
zwei sich kreuzenden Firsten, in Querrichtung ist es wie ein
Irimoya-Dach konstruiert, in Längsrichtung kreuzt der zweite
First mit je einem Karahafu innen und außen. Seitlich grenzen
gedeckte Korridore mit gestäbten Fenstern an. Dieses Tor wurde
2023 renoviert und war eingerüstet.
Nach Passieren dieses Tors steht man direkt vor dem auf einem ca. 3 m hohen Steinsockel ruhenden Go-honden (Hauptheiligtum, Nationalschatz) mit seinem in der Mitte der Südseite hoch aufragenden turmartigen Tor (Honguu no Rou-mon, wichtiges Kulturgut), mit einem steilen Irimoya-Dach mit hochgeschwungenen Ecken oben. Es wächst quasi aus dem Satteldach des Korridors heraus und besitzt in Firsthöhe eine umlaufende Galerie. Davor gibt es einen weit vorgezogenen, geschwungenen Karahafu-Giebel unten, was eine äußerst dynamische Höhenstaffelung ergibt. Seitlich grenzen Galerien mit goldenen Metall-Laternen an das Roumon an. Die steinerne Treppe führt vom Hofniveau hoch bis zur mit dem Schrein-Kamon (Tomoe-Motiv, sehr oft an diesem Schrein zu sehen) versehenen Spendenkiste unterhalb dieses Giebels, dahinter ist für Besucher Tabu-Zone. Direkt über dem Eingang sieht man golden auf rotem Untergrund zwei spiegelbildliche Tauben, die Boten-Tiere von Hachiman-Okami. Honden und Roumon wurden 2010 aus Anlaß des 1150sten Bestehens des Schreines renoviert.
Der Hof wird links von der Kagura-den (Halle für die Kagura-Aufführungen) begleitet; das Gebäude mit stark beschädigtem Irimoya-Dach müßte wohl als nächstes renoviert werden. Gegenüber an der rechten (östlichen) Seite des Hofes steht das Schreinbüro (Shamusho) mit Devotionalienverkauf, hier gibt es Amulette und Goshuin. Vor allem gibt es hier die berühmten Hamaya des Schreins, dekorative Pfeile, die Dämonen bannen sollen und als Glücksbringer verkauft werden. Traditionell kauft man sie an Neujahr. Früher verschenkte man sie zusammen mit den Hamayumi, den zugehörigen Bögen, zum ersten Geburtstag eines Sohnes. Der Schrein verkauft pro Jahr eine leicht sechsstellige Zahl dieser hübschen Mitbringsel, ein lukratives Geschäft.
Rundgang
und Beschreibung: das Hauptheiligtum
Der zentrale Komplex des Honden (Nationalschatz mit zehn
dazugehörenden Einzelstrukturen) besteht im Kern aus zwei
parallelen und direkt hintereinander gesetzten Hallen, beide 11
Ken in der Breite, hinten ein Naiden (inneres Heiligtum) mit Dach
im Kirizuma-Stil (Satteldach), vorne ein Geden (äußeres
Heiligtum) im Nagare-Stil (Nagare-zukuri) mit nach hinten
verschobener Firstlinie und stark verlängertem und geschwungenem
vorderen Satteldachabschnitt. Diese Bauwerke sind jeweils
dreiteilig für drei Kami, sowohl der vordere Bau als auch der
hintere Bau. Beide zusammen bilden den Honden. Die jeweils
mittlere Abteilung ist für Kaiser Ojin (= Hondawake-no-mikoto),
die linke für Hime-no-kami und die rechte für Kaiserin Jingu (=
Okinagatarashi-hime-no-mikoto).
Zwischen beiden gibt es einen 1 ken tiefen Zwischenraum (Ainoma) mit Türen rechts und links, so daß der Zwischenraum wie ein Korridor benutzt werden kann. Wo die beiden Dächer zusammenstoßen, gibt es eine vergoldete Wasserauffangrinne aus Holz, ein Geschenk von Oda Nobunaga (1534-1582) aus dem Jahr 1580, das beim Neubau 1634 wiederverwendet wurde. Die drei Kompartimente des Naiden werden mit drei Doppeltüren verschlossen, diejenigen des Geden bleiben offen und sind nur mit Sudare (Vorhänge aus Stoff)verhangen. Jedes Kompartiment hat seine eigene Treppe. Ein Heian-zeitlicher Stuhl dient als Göttersitz. Im Naiden steht ein erhöhter Dais, wo sich der jeweilige Kami zum Ruhen positionieren kann. Das innere Heiligtum ist umgeben von einem knapp 2 m hohen Tamagaki-Zaun im Sujikai-goshi-Stil mit Kupferdach und Schräggitterfüllungen.
Davor steht noch eine bis zum Roumon reichende Halle (Maidono), die aber nur halb so breit ist wie Naiden und Geden. Sie ist funktional zweigeteilt, nahe am Honden ist der Heiden, hier werden Riten des Gottesdienstes ausgeführt. Der südliche Bereich ist ein Buden, hier werden den Göttern Musik und Tanz dargebracht. In den hofartigen Freiräumen rechts und links wächst jeweils ein Tachibana-Baum (Mandarin-Orange, Citrus tachibana). Von außen sieht das aus wie lauter separate Gebäude, aber im Inneren ist alles miteinander verschmolzen und bildet eine einzige Halle mit mehreren Dächern.
All das wird eingerahmt von einem rechteckigen gedeckten Korridor (Kairou) mit je einem Tor in der Mitte der West- und der Ost-Seite, Nishi-mon und Higashi-mon, jeweils mit eigener Treppe und weit vorgezogenem äußeren Dachabschnitt im Kirizuma-zukuri. Alles zusammen, der kreuzgangartige Korridor, Roumon, Geden und Naiden, wird als Hachiman-zukuri bezeichnet. Von dieser Bauart gibt es nur wenige Beispiele, neben diesem Schrein sind das z. B. der Usa-Hachimanguu in Usa, Oita, der Tsurugaoka-Hachimangu in Kamakura und der Isaniwa-Schrein in Matyuyama, Ehime. Der Iwashimizu Hachiman-gu ist der größte und älteste des Typs.
Die Längselemente haben ein Irimoya-Dach, das mit den Satteldächern der Quertrakte verschmilzt. Eine einzige Asymmetrie gibt es, nördlich des Osttores ist dem Korridor noch ein querstehendes Irimoya-Dach aufgesetzt. Die ganze Haupteinheit ist 48 m tief und 42 m breit. Die inneren Gebäude sind mit Hinoki-Zypressenrinden-Schindeln gedeckt, auch das Roumon und das Karahafu-Vordach, nur der Kairou und die Tore im Osten und Westen sind mit Hongawarabuki-Ziegeln gedeckt.
Meisterhaft sind die geschnitzten und farbenfroh bemalten Bauteile mit Darstellungen aus Flora und Fauna, Affen essen Früchte, Eichhörnchen und Trauben, Drache, Tiger, ein Tauben-Paar (Tauben sind das Boten-Tier von Hachiman Okami) etc., über 150 geschnitzte Tafeln gibt es im Schrein, die aber alle nicht zu besichtigen sind, weil sie im für Besucher unzugänglichen Inneren verbaut sind. Auch wenn die Bauzeit in die Edo-Zeit fällt, klingt in der Architektur noch die Pracht und Formenfülle der Momoyama-Zeit nach. Der Schnitzer war Hidari Jingouro, dessen Arbeiten auch am Toshogu-Schrein in Nikko zu sehen sind. Einen Vorgeschmack auf das, was sich innen befindet, bekommt der Besucher beim Betrachten der Balkenenden in Tierform an den Vordächern der drei Tore.
Rundgang
und Beschreibung: Sessha und Massha rings um das Hauptheiligtum
Die Zentraleinheit wird im Westen, Norden und Osten von einer
äußeren Mauer umgeben, die je nach Seite zwischen 9 und 17 m
Abstand zum Zentralheiligtum hat. Die Mauer verläuft nicht
geradlinig, sondern hat ein paar unstetige Versätze. Auf jeder
Seite gibt es mittig ein Tor, im Westen das Nishi-soumon
(westliches Haupttor), im Osten das Higashi-soumon (östliches
Haupttor) und im Norden das Kita-soumon (nördliches Haupttor).
Alle drei Tore sind als wichtige Kulturgüter eingestuft. Im
Zwischenraum zwischen äußerer Mauer und Zentraleinheit befinden
sich mehrere hochkarätige Bauwerke, die im Gegenuhrzeigersinn
gelistet werden:
An der Ostseite beginnt die Reihe nördlich des Osttores mit dem kleinen Mizu-wakamiya-sha (wichtiges Kulturgut), an dem die Gottheit Uji-no-waki-no-iratsuko-no-mikoto verehrt wird. Dort betet man für gute Beziehungen. Vom Typ her ist es ein Sessha. Direkt links daneben steht der ebenfalls kleine Massha Kehi-sha, in dem der Gott Kehi verehrt wird, welcher der Gott des Kehi-jingu in der Präfektur Fukui ist. Man betet dort für Sieg. Dann folgt nach der Ecke auf der Nordseite der größere, 3 ken breite Wakamiyaden-sha (wichtiges Kulturgut), in dem die Tochter von Kaiser Ojin verehrt wird. Dieser Schrein ist deshalb bei Frauen besonders beliebt zur Erledigung ihrer Wünsche. Links daneben steht der 5 ken breite Wakamiya-sha (wichtiges Kulturgut), in dem der Sohn von Kaiser Ojin verehrt wird, Kaiser Nintoku. Hier vor diesem Schrein mit eckig vorgezogenem Vordach beten dann eher die Männer. Diese beiden jeweils von einem Gitterzaun umgebenen Schreine in der Nordostecke sind rituell die wichtigsten der ganzen Sub- und Hilfsschreine, denn die Teilnehmer von Riten im Hauptschrein erhalten dort symbolische Gebetskleidung (Kiyome no koromo), also Kleidung für die rituelle Reinigung. Nach der entsprechenden Zeremonie im Hauptschrein schreiben die Teilnehmer ihre Gebete auf diese Kleidung und geben sie als Votivgabe an diesen beiden Schreinen ab, Männer links, Frauen rechts. Vom Typ her ist es jeweils ein Sessha.
An dieser Stelle drehen wir uns einmal kurz um und blicken zur Nordostecke der Zentraleinheit. Bislang hatten wir das als riesiges Rechteck wahrgenommen, doch hier an der Ecke sehen wir eine Abschrägung des Grundrisses: Das letzte Stück der Nord-Sockelmauer verläuft schräg. Der Nordosten ist das Dämonentor, und das Abschneiden der Ecke ist ein Mittel, um zu verhindern, daß hier Geister eindringen können. Übrigens gibt es so etwas Ähnliches in Kyoto am Kaiserpalast (Gosho): Dieser ist ringsum von einer hohen, bedachten Lehmmauer (Tsujibei) umgeben, die ein strenges Rechteck bildet, mit einer einzigen kleinen Unregelmäßigkeit im nordöstlichen Eck, wo eine kleine eingezogene Ecke gebildet wird (am Sarugatsuji), aus dem gleichen Grund. Zurück zu den Sub- und Nebenschreinen: Kurz vor Erreichen des Nordtores befindet sich der kleine Doppelschrein mit zwei Abschnitten nebeneinander, Kifune-sha links und Tatsuta-sha rechts. Links wird die Gottheit Takaokami-no-kami verehrt, der Gott des Kifune jinja im Norden von Kyoto. Rechts wird die Gottheit Shinatsuhiko-no-kami verehrt, die Gottheit des Tatsuta-taisha in der Präfektur Nara. Links betet man um Regen, rechts betet man für gute Ernte und sichere Heimkehr bei Seereisen.
Es geht weiter im Gegenuhrzeigersinn links vom Nordtor: Erst kommt man am kleinen Ichido-sha vorbei, in dem Azumi-no-isora verehrt wird, ein Meeresgott. Er ist zuständig für erfolgreiche Fischzüge der Fischerboote. Es ist vom Typ her ein Massha. Dann kommt der schönste dieser "kleinen" Schreine, der Sumiyoshi-sha (wichtiges Kulturgut) mit seinen wunderbaren Schnitzereien, die ahnen lassen, wie es im unzugänglichen Hauptschrein aussehen könnte. Hier wird Sumiyoshi-o-kami verehrt, die Gottheit des Sumiyoshi Taisha in der Präfektur Hyogo. Hier betet man für Sicherheit auf Reisen, im Verkehr und auf See. Vom Typ her ist es ein Sessha. In der Nordwestecke steht ein typisches Speichergebäude (Azekura, Kulturgut der Präfektur Kyoto), auf 3 x 4 Pfosten hoch über dem Boden gegen Feuchtigkeit und Getier, in Blockbauweise aus Stämmen, deren überstehende Enden rautenförmig zugehauen sind, mit einer einzigen, zweiflügeligen Tür auf der Vorderseite und einem Irimoya-Dach aus Hongawarabuki-Ziegeln. Hier werden die wichtigsten Schätze des Schreins aufbewahrt, früher war das mal ein Lagerhaus auch für Sutras - vgl. Synkretismus.
An der Westmauer steht ein dreigeteilter Schrein mit drei unter einem einzigen Nagare-zukuri-Dach aufgereihten, gleich gestalteten Kompartimenten, das sind im einzelnen der Hirota-sha (links), wo die Sonnengöttin Amaterasu-omikami verehrt wird, die Gottheit des Hirota-jinja in Nishinomiya, der Ikuta-sha (Mitte), wo Wakahirume-no-mikoto eingeschreint ist, die Gottheit des Ikuta-jinja in Kobe, und der Nagata-sha (rechts), wo Kotoshironushi-no-kami eingeschreint ist, die Gottheit des Nagata-jinja bei Kobe, wobei alle drei Hauptschreine dieser drei Massha in der Präfektur Hyogo liegen. Links betet man für Glück und günstiges Geschick, in der Mitte betet man für Gesundheit und rechts betet man für geschäftlichen Erfolg.
Die Tsukiji-Mauer ist an sich auch eine Besonderheit, sie wird auch als Nobunaga-Mauer (Nobunaga-bei) bezeichnet, weil sie 1580 unter dem Feldherrn Oda Nobunaga errichtet wurde, der den Schrein auch noch mit anderen Gaben bedachte. Im Südosteck dieses umfriedeten Bereichs steht ein bemerkenswerter, riesiger Kampherbaum, jenseits der Mauer wurzelnd, aber den ganzen Bereich überschattend. Er ist knapp 700 Jahre alt, denn er wurde 1334 von dem Feldherren und Warlord Kusunoki Masashige (1294-1336) gestiftet, um den Göttern für einen wichtigen Sieg im Jahre 1333 zu danken. Er hatte damals im Genkou-Krieg für Kaiser Go-Daigo gekämpft und die Festung Chihaya erfolgreich gegen die Gegner des Kaisers gehalten. Dennoch konnte er den Sieg von Ashikaga Takauji letztendlich nicht verhindern, nur hinauszögern. Nach verlorener Schlacht beging er 1336 Seppuku. Es kam bald darauf zu der Errichtung der Nördlichen und Südlichen Kaiserhöfe. Der uralte Baum ist als Naturdenkmal der Präfektur Kyoto geschützt.
Rundgang
und Beschreibung: weitere Sehenswürdigkeiten
Nun verlassen wir das Gelände in Richtung Westen, wo man zum
Massha Sanjo jinja kommt, am Weg zur Seilbahn-Bergstation
gegenüber den sanitären Anlagen. Munakata Sanjo-jin ist ein
Kollektivname für drei weibliche Gottheiten
(Mihashira-no-menokami), die eigentlich im Munakata-taisha in der
Präfektur Fukuoka ihren "Hauptsitz" haben und hier in
einer Dependance eingeschreint wurden.
Von dort ist es nicht weit bis zum Edison-Monument: Was hat Thomas Edison (1847-1931) mit diesem Schrein zu tun? Der Erfinder der Glühbirne brauchte Material für den Glühfaden, und er probierte alles durch. Er wurde schließlich fündig bei dem auf dem Schreingelände wachsenden, besonderen Bambus: Aus diesem sehr hochwertigen Bambus ließen sich nach deren Verkohlung die ersten haltbaren Glühfäden seiner elektrischen Glühbirnen herstellen. Es gab zwar früher schon Experimente mit Kohlefaserlampen, doch deren Brenndauer lag unter 10 Stunden, und auch Edisons Patent von 1879 war nur wenig besser. Mit der Bambusfaser wurde die Glühbirne wesentlich haltbarer, bis zu 1000 Stunden, und das wurde 1881 patentiert. So kam es, daß die ersten je produzierten Glühbirnen als Kohlefadenlampen untrennbar mit dem auf dem Otokoyama wachsenden Bambus assoziiert sind. Es gibt im Schrein deswegen sogar Ema (Votivtafeln) mit Edisons Konterfei.
In der Nähe des Edison-Monuments gibt es noch das Kyuho-an, ein Raum für Teezeremonie, und ein der japanischen Bambusflöte (Shakuhachi) gewidmetes Monument sowie einen heiligen Brunne (Kugoi). Der moderne und futurisch aussehende Yuhoto ist ein Wasserturm. Wenn man im Gegenuhrzeigersinn in Richtung Seilbahnstation läuft, kommt man zu einer großen Freifläche mit umlaufendem Weg, von wo man einen besonders guten Blick auf die Stadt hat.
Seilbahn
drittes Torii (San-no-torii)
Allee der Steinlaternen
Hitotsu-ishi
Gebäude für das heilige Pferd
Schreinverwaltung (Shamusho)
Omiki-Fässer
Wasserbecken für die rituelle Handreinigung (Chozusha)
Halle (Sou-jinden) für Hinokagutsuchi-no-Kami
Minami-mon - 2023 zwecks Renovierung eingerüstet
Kagura-den
Devotionalienverkauf
Literatur,
Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@34.8796867,135.7000755,20z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@34.8796867,135.7000755,106m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
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Liste der Nationalschätze: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(shrines)
22 Schreine: https://de.wikipedia.org/wiki/22_Schreine - https://en.wikipedia.org/wiki/Twenty-Two_Shrines
Gruppierung von Shinto-Schreinen: https://en.wikipedia.org/wiki/Modern_system_of_ranked_Shinto_shrines
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das von der Schreinverwaltung herausgegebene Besucherfaltblatt
Vor Ort aufgestellte Hinweistafeln der Stadt und der
Schreinverwaltung
Iwashimizu Hachiman-gu, Teil (2): Photos des Hauptheiligtums - Iwashimizu Hachiman-gu, Teil (3): Photos des Hauptheiligtums - Iwashimizu Hachiman-gu, Teil (4): Photos der Massha und Sessha - Iwashimizu Hachiman-gu, Teil (5): Photos von Toren, Speicher, Massha und Sessha
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