Bernhard Peter
Kamakura (Präf. Kanagawa), Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (1): Beschreibung, Photos von Sando und Maiden


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Der Tsurugaoka Hachimangu (Tsurugaoka Hachiman-guu) in Kamakura ist eine der größten und beliebtesten Sehenswürdigkeiten, im Norden des Stadtteils Komachi gelegen (2 Chome-1-31 Yukinoshita, Kamakura, Kanagawa 248-8588). Es gibt hier mit der Straße Wakamiya Oji eine extrem lange und pfeilgerade Achse, die sich in der Stadt von Südwesten nach Nordosten über eine Länge von 1,6 km erstreckt und am südwestlichen Ende erst am Fluß Nameri-gawa zum gebogenen Verlauf einschwenkt, und von dort sind es nur noch 330 m bis zum Strand, wo der Nameri-gawa zwischen den Stränden Yuigahama und Zaimokuza mündet. Das nordöstliche Ende der Wakamiya Oji endet vor dem Schrein-Eingang und setzt sich noch innerhalb des Geländes fort. Das heißt, ein Großteil der Altstadt von Kamakura wird durch diese Achse des Omote-sando strukturiert, wobei dieser alte Weg mittlerweile zu einer Hauptverkehrsstraße geworden ist. Das Schreingelände am nordöstlichen Ende dieser Achse mißt ca. 270 m in der Breite und 350 m in der Tiefe, wobei sich die entferntesten Strukturen am Hang des Kitayama (Nord-Berges) staffeln, wo die Anlage in dichten Baumbestand übergeht. Dort am oberen Ende verschmälert sich das Gelände jedoch recht schnell bis auf den schmalen Hügelkamm, weil rechts und links bereits die tiefer gelegenen Wohnviertel in den Hang reichen.

Den Schrein erreicht man am besten über den JR-Bahnhof Kamakura, wo u. a. die Yokosuka Line und die Shonan-Shinjuku Line verkehren. Es gibt hier eine Direktverbindung nach Tokyo und sogar bis zum Flughafen Narita, entweder über die Sobu Line (Bummelzug) oder ab/bis Ofuna, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt im Norden, über den reservierungspflichtigen Narita Express. Kamakura wird zwar nur über lokale Linien erreicht, doch mit Ofuna (Übergang zur/von der Tokaido-Hauptlinie) und Yokohama befinden sich zwei wichtige Eisenbahnknoten in nächster Nähe, und in Shinagawa erfolgt der bequemste Übergang vom/zum Tokaido-Shinkansen. Ankunft also an JR Kamakura, Ostausgang, und auf dem Bahnhofsvorplatz fahren die Busse ab, z. B. die Linie 20 in Richtung Daitonomiya, es sind nur zwei Zwischenstops, Ausstieg Hachimangu. Oder man geht gleich zu Fuß, vom Bahnhof bis zum Schreingelände ist es nur 1 km oder eine Viertelstunde. Man quert den Bahnhofsvorplatz und die Haupteinkaufsstraße, geht insgesamt ca. 100 m gerade nach Osten bis zur Ampel, biegt dann schräglinks in die Hauptverkehrsstraße ab und folgt ihr in nordöstlicher Richtung 900 m bis zum Schrein. Nach wenigen Metern teilt sich die Straße in zwei parallele Straßen mit einer breiten Kirschbaum-Allee in der Mitte, der man bis zur abschließenden Straßenkreuzung folgen kann. Unter Hunderten von Kirschbäumen (310!) in parallelen Reihen, beidseitig beseitet von Azaleen und weißen Steinlaternen, kann man dem Dankazura genannten, ca. 50 cm erhöhten und 3 m breiten Mittelweg vom zweiten bis kurz vor dem dritten Torii folgen. Im frühen April ist dieser Weg ein Tunnel aus Kirschblüten. Diese Sorte Prunus Yedoenis (nach Edo = Tokyo) wurde 1918 gepflanzt. Alternativ geht man die geschäftige Einkaufsstraße Komachi-dori nordwärts und quert am Ende nach Osten.

Der Tsurugaoka Hachimangu ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten von Kamakura und entsprechend gut besucht, man kann ihn sogar als die meistbesuchte Sehenswürdigkeit in Kamakura bezeichnen, denn er kommt jährlich auf gut 10 Mio. Besucher (bei 17 Mio. Besuchern, die die Stadt Kamakura insgesamt jährlich hat). Außerdem ist er der größte und wichtigste Schrein der Stadt, geschichtlich eng mit der Entstehung des Kamakura-Shougunats und mit dem Aufstieg der Samurai zur beherrschenden Klasse verbunden. Er spielte und spielt eine zentrale Rolle im kulturellen und spirituellen Leben der Stadt. Es ist recht lebhaft hier, weil er leicht erreichbar ist und jeder die malerische Staffelung der Gebäude am Hang genießen will. Das ganze Vorfeld kann frei durchstreift werden. Weniger Andrang ist in den beiden auf dem Gelände befindlichen Museen, dem Kamakura Bunkakan Tsurugaoka Museum (moderne Kunst, 600 Yen Eintritt, außer Montag) und dem Kamakura Kokuhoukan Museum (Nationalmuseum für kulturelle Artefakte, alte Kunst, ca. 4800 Objekte vor allem aus der Kamakura- und der Muromachi-Zeit, darunter ca. 1000 wichtige Kulturgüter und Nationalschätze, außer Montag, Eintritt je nach Ausstellung). Man darf auch den Bereich innerhalb des Hauptheiligtums betreten, und hier drängen sich die Besucher eng. Innerhalb dieser Einfriedung, wo man auch ein kleines Museum (Homotsuden, 200 Yen Eintritt) besichtigen kann, herrscht striktes Photographierverbot, auf dem restlichen Gelände kann man jedoch frei photographieren. Nur in diesem innersten Bereich ist es untersagt, und die stets präsenten Angestellten haben ihre Augen überall, also besser gar nicht erst versuchen. Der Besuch des inneren Bereiches lohnt auf jeden Fall, weil man dort einen Blick auf das eigentliche Heiligtum und auf die seitlich aufgestellten Tragschreine werfen kann. Von der oberen Terrasse aus hat man einen Panoramablick auf die Stadt bis zum Strand.


Saisonale Möglichkeiten und Schreinfeste
Weiterhin kann man einen Päoniengarten im Südosten der Anlage besichtigen (300, 500 oder 600 Yen Eintritt je nach Jahreszeit), der allerdings nur im Frühling (April-Mai) und im Winter (Januar-Februar) geöffnet ist. Der 1980 anläßlich des 800sten Gründungstages des Schreins angelegte und 10000 m2 große Garten besitzt ca. 2000 Pfingstrosen und davon ca. 200 verschiedene Arten. Allein von der seltenen Art der Winter-Päonien, die im eiskalten Januar blühen, gibt es ca. 500 Exemplare. Die Hauptblütezeit der Mehrzahl der Pflanzen liegt aber von Mitte April bis in den späten Mai hinein.

Und falls jemand auf die Idee kommt, hier Neujahr in Kamakura zu verbringen: Dann ist es hier brechend voll, weil ca. 2 Mio. Menschen hier für Glück für das nächste Jahr beten und Hatsumode begehen, den ersten Schreinbesuch im neuen Jahr. Den absoluten Rekord gab es im Jahr 2009 mit mehr als 2,5 Mio. Besuchern während dreier Tage. Das wichtigste Schreinfest ist Reitai-sai und findet vom 14. bis 16. September statt, mit Prozessionen, Riten und Vorführungen der Bogenschießkunst zu Pferde. Am 14.9. beginnt man mit Yomiya-sai, bei dieser Abendzeremonie wird das bevorstehende Fest dem Kami angekündigt, dann folgt am 15.9. das eigentliche Reitai-sai. Am selben Tag finden die Prozession der Tragschreine (Mikoshi) statt, Shinko-sai genannt. Am 16.9. findet dann Yabusame-shinji statt, das Bogenschießen zu Pferd. Ebenfalls am 16.9. werden im Rahmen des Suzumushi-hojo-sai gefangene Grillen am Rand des Teichs Yanagihara-shinchi freigelassen, nachdem am Maiden Gagaku (traditionelle Hofmusik) und Kagura-Tanz aufgeführt worden sind. Auch Mitte April findet eine Vorführung von Yabusame statt, meist am dritten Sonntag des Monats. Ebenfalls im April wird eine Woche lang das Kamakura-Festival begangen mit verschiedenen traditionellen Darbietungen, u. a. des "Shizuka no Mai"-Tanzes. Soreisha-shuki-rei-sai wird eine von Musik und Tanz begleitete Zeremonie am Ahnenschrein genannt, die zur Tag-und-Nacht-Gleiche im Herbst vollzogen wird, analog im Frühjahr. Im November gibt es noch am kleinen Maruyama Inari-Schrein das Fest Hitaki-sai mit Aufführung des traditionellen Kamakura-Kagura.


Geschichte und Bedeutung: die Gottheiten
Die Hauptgottheit des Schreins ist Hachiman Okami, und genau den Namen erkennen wir in der großen Sumigaki-Schrift in der Mittelspalte auf dem Goshuin des Schreins, die beiden vorletzten Kanji, also Kanji 3 und 4, Hachi-man. Insgesamt steht die Mittelspalte für den kompletten Namen "Tsuru-(ga-)oka-hachi-man-guu", wörtlich bedeuten die Kanji: "Kranich-Hügel/Aufschüttung-acht-Banner/Flaggen-Schrein/Palast". Das Wappen (Kamon) des Schreins, das man an manchen Stellen wie z. B. Spendenboxen sieht, zeigt einen Kranich, mit den erhobenen Flügeln einen Kreis formend (tsurumaru, tsuru = Kranich, maru = Kreis). 

Die Wurzeln des Hachiman-Kults liegen im Usa Hachiman-gu in Usa, und damit stammt die Gottheit eigentlich aus der Insel Kyushu. Hachiman bedeutet wörtlich "acht Banner", so jedenfalls die sinojapanische Lesung des Namens. Wie der Gott genau entstand, darüber gibt es mehrere Theorien, letztlich ist es ungeklärt. Im 8. Jh. legte er jedenfalls einen rasanten Aufstieg hin. 781 bekam Hachiman den Titel "Gokoku reigen iriki jintsuu daibosatsu" verliehen. Seitdem war er offiziell der "das Land beschützende, wundertätige und mächtige große Bosatsu", war also zu einer Schutzgottheit des Landes und der kaiserlichen Familie und zugleich im shintoistisch-buddhistischen Synkretismus in den Rang eines Bodhisattva erhoben worden.

Sein Image wandelte sich weiter zum Kriegsgott und zur Schutzgottheit der Krieger, wobei der Auslöser die Adaptation als Ahnengottheit durch wichtige Samurai-Familien war, allen voran die Minamoto, die das frühe Kamakura-Shogunat entscheidend prägten. Seine Darstellung wandelte sich entsprechend von mönchisch zu kriegerisch, gerne mit Pfeil und Bogen. Es wurde einer der populärsten Shinto-Götter des Landes, vor allem auch wegen seiner fast universellen Zuständigkeit, als allgemeine Schutzgottheit, die man für Hilfe aller Art anrufen kann, auch für gute Ernten, als kriegerischer Gott, als Beistand im Kampf für eine gerechte Sache und zur Abwehr böser Aktivitäten, zum Schutzgott aller Samurai.

Die hier eingeschreinten Gottheiten sind der legendäre Kaiser Ojin als Hachiman-O-kami bzw. Hondawake-no-mikoto, seine Frau Hime-no-kami und die Kaiserin Jingu, seine Mutter, als Jingu-Kogo oder Okinagatarashi-hime-no-mikoto. Alle drei zusammen sind Hachiman Okami, aber zugleich auch jeder einzelne von ihnen. Ojin (Oujin) gilt der Überlieferung nach als der 15. Tenno, vermutlich ist er aber eher im Reich der Mythologie angesiedelt, auch wenn ein riesiges Kofun-Grab bei Habikino mit ihm assoziiert wird. Sein Vater soll Chuuai gewesen sein. Jedenfalls wird der Geist von Ojin als in Hachiman manifest angesehen, und so wird der Kaiser in Form des Shinto-Gottes zum Gott der Kriegerklasse. Und hier schließt sich insofern der Kreis zu den Minamoto, die selbst Abkömmlinge der kaiserlichen Familie sind, genauer gesagt des Kaisers Seiwa (850-880, 56. Kaiser). Und weil Hachiman die persönliche Schutzgottheit dieses Kaisers war, ging seine Schutzwirkung auf die ganze Familie Minamoto über, und deshalb wurde Minamoto-no-Yoritomo ein Anhänger des Hachiman-Kultes.

Heute geht man mit ganz irdischen Bedürfnissen zum Schrein: Man bittet (und bezahlt) die Priester für wohlmeinende Gebete für Sicherheit der Familie, Gesundheit bzw. Gesundung und vor allem für geschäftlichen Erfolg. Dazu bietet der Schrein geläufige Zeremonien wie Shichi-go-san für die 7, 5 und 3 Jahre alten Kinder an, meist Anfang bis Mitte November, und dann besuchen die traditionell gekleideten Kinder mit ihren Eltern den Schrein für entsprechende Initiationsriten, bei denen man von den Göttern den Schutz der Kinder und ihre Gesundheit erfleht. Und eine der wichtigsten Anlässe, diesen Schrein zu besuchen, ist Neujahr, und während der ersten drei Tage des neuen Jahres strömen wahre Massen zum Hachimangu.

Kamakura, Präfektur Kanagawa, Schrein Tsurugaoka-Hachiman-gu, Mittelspalte: Tsurugaoka Hachiman-guu, linke Spalte: Datum: Mo, 4.9.2023 = Reiwa 5 nen ku-gatsu yokka.


Geschichte und Bedeutung: Aufstieg des Schreins unter den Minamoto
Die Wurzeln des Schreins liegen im Jahr 1063 (Kohei 6), als Minamoto no Yoriyoshi (988-1075, Chinjufu-shougun, Kommandeur der Verteidigung des Nordens) in der Stadt Yui in der Provinz Sagami einen Hachiman-Schrein errichten ließ, der den Namen Wakamiya-Schrein trug und heute als Yui no Wakamiya bekannt ist, um den Göttern für den Sieg in der Schlacht zu danken. Yui (Yuigahama) ist mittlerweile längst in der Stadt Kamakura aufgegangen und ein strandnaher Stadtteil geworden. Dieser Hachiman-Schrein sollte der erste eines ganzen Netzwerks von Schreinen sein, die von den Minamoto gegründet wurden. Zunächst wurde Hachiman hier nur heimlich verehrt, weil man den Ableger ohne die offizielle Erlaubnis des Iwashimizu-Schreins und ohne die notwendigen Rituale gegründet hatte. Yoriyoshi war damals auf einem Kriegszug gegen die Familie Abe in Aomori gewesen und hatte auf der Rückreise in Yawata Halt gemacht und klammheimlich den dortigen Hachiman "geteilt", ohne offizielle Erlaubnis der dortigen Priester. Sein Sohn Minamoto no Yoshiie reparierte und erweiterte 1081 den Yuigahama-Schrein. Aber erst rund ein Jahrhundert später sollte seine Gründung unter seinem Nachfahren der Hauptschrein der Minamoto-Familie werden, als das Kamakura-Shogunat gegründet wurde. Zwei Jahre später wurde der Gründer unter dem Namen Shinkai ein buddhistischer Mönch.

Im Jahre 1180 (Jisho 4) verlegte Minamoto no Yoritomo (1147-1199), der Urenkel des Gründers, den Schrein Yui Wakamiya auf den Hügel Kitayama (nördlicher Berg) in Kamakura und benannte ihn in Tsurugaoka-Schrein bzw. Tsurugaoka-Wakamiya um. 1180-1183 hatte er Kamakura zu seinem Hauptquartier gemacht und systematisch als politische, militärische und ökonomische Machtbasis ausgebaut. Der alte Schrein war einfach zu klein und zu wenig repräsentativ für die ihm fortan zugedachte Rolle. Die Verlegung an einen besseren Standort und der systematische Ausbau des Schreins war nicht nur eine religiöse, sondern auch eine politische Demonstration und symbolisierte den Aufstieg der Minamoto-Familie und die Etablierung der Stadt als Sitz der Bakufu-Regierung, als De-facto-Hauptstadt von Japan. Entsprechend wurde der neue Schrein zweigeteilt, mit dem Wakamiya-Schrein auf der unteren Ebene und dem Joguu auf der oberen Ebene, und der Hachiman-Kult wurde jetzt offiziell in den Namen aufgenommen, genauso wie der neue Standort: Tsurugaoka Hachiman-gu, Hachiman-Palast auf dem Kranich-Hügel. Diesmal geschah die Einschreinung von Hachiman unter Beteiligung von Priestern des Iwashimizu-Schreines, also offiziell.

Dieser Feldherr, der als Provinzkrieger begann und eine Armee in der nahegelegenen Provinz Izu in der heutigen Präfektur Shizuoka aufgestellt hatte, war vom Kaiser mit dem erblichen Titel eines Sei-i-tai-shougun ausgestattet worden und war 1185 nach dem Sieg über die Taira und dem Ende des Genpei-Krieges zum mächtigsten Mann Japans aufgestiegen. In Folge entmachtete er quasi das Kaiserhaus und gründete einen Militärstaat, in dem die Samurai-Klasse die beherrschende Schicht wurde. Das damals geschaffene System der Trennung zwischen entmachtetem Kaiserhof einerseits und von der Kriegerklasse beherrschtem Regierungsapparat andererseits bestand trotz wechselvoller Geschichte im wesentlichen bis 1868. Im Jahre 1192 wurde er vom Kaiser zum Shougun ernannt und begründete damit das Kamakura-Shogunat. Die Verlegung des Hachiman-Schreins an die heutige Stelle ist auf dem Grundstein des heutigen Tsurugaoka Hachiman-Schreins eingraviert. Der Schrein erhielt sein Bunrei (das Teilen eines Shinto-Gottes zur Erzeugung eines davon abgeleiteten Schreins mit derselben Gottheit, wobei der Gott sowohl übertragen wird als auch am Mutterschrein unvermindert fortwirkt) vom älteren Iwashimizu Hachiman-gu in Yawata. Den kleinen Schrein Yui no Wakamiya an der alten Stelle gibt es immer noch.

Am 20.7.1187 (Bunji 3) wurde Urabe Kanehira in seiner Funktion als Jingi no taifu (Vizepräsident des Amtes der Götterverehrung) zum Tier-Ritual zum Tsurugaoka Hachiman-Schrein geschickt. Weiterhin wurde das rituelle Yabusame (Bogenschießen zu Pferd) am Schrein etabliert, das auch heute noch regelmäßig am 16.9. eines jeden Jahres praktiziert wird, ein weiteres Mal Mitte April. Am 28.2.1188 (Bunji 4) führte Minamoto no Yoritomo ein spezielles Fest (Rinjisai = Fest für besondere Ereignisse) am Schrein ein. 1188 wurde zum ersten Mal das Houjou-e begangen, das rituelle Freilassen gefangener Tiere (Vögel oder Fische). Der 1180 errichtete Neubau fiel 1191 einem Feuer zum Opfer, wurde aber unverzüglich neu gebaut. Am 18.8.1201 (Kennin 1) wurde für den Schrein zum ersten Mal ein Gakutoushoku (Unterrichtsleiter) ernannt, der erste überhaupt, der für einen ganz bestimmten Schrein berufen wurde. Im Jahre 1208 (Jogen 2) errichtete das Bakufu beim Tsurugaoka-Hachiman-Schrein einen Schreintempel (Jinguu-ji), wo jeweils im 12. Monat Gottesdienste abgehalten wurden.

Und am 1219 (Jokyu 1) wurde Minamoto no Sanetomo (1192-1219), ein Sohn von Minamoto no Yoritomo und ein Waka-Dichter, nach nur kurzer Regierung (1204-1219, eigentlich war er bereits eine Marionette der Houjou, von Mutter und Großvater mütterlicherseits dominiert) bei einem Besuch des Tsurugaoka-Hachiman-Schreins von seinem Neffen, Minamoto no Yoshinari (Kugyou, 1200-1219), Sohn des vorherigen Shoguns, buddhistischer Mönch und damaliger Leiter des Schreins (siehe Synkretismus), erstochen. Das Mordopfer hatte gerade an einer Zeremonie in der Haupthalle des Schreins teilgenommen, bei der seine Ernennung zum Udaijin (Minister zur Rechten) gefeiert wurde, was eines der höchsten Hofämter am Kaiserhof war. Und danach schritt er gerade die Stufen im hohen Schnee hinunter, als der Mord an ihm geschah. Über die wahren Gründe für diese Mordtat kann nur spekuliert werden, vermutlich war es Eifersucht auf den Aufstieg des Onkels und Rache für entgangene Nachfolge nach dem Tod seines Vaters, vielleicht war es politisch, weil der Onkel Nähe zum Kaiserhof in Kyoto suchte, vielleicht war es ein Komplott mit der rivalisierenden Familie Houjou. Kugyou überlebte seine Mordtat jedenfalls nicht lange, sondern wurde stante pede von den Wachen des getöteten Shouguns auf der Stelle niedergemacht, womit das Ende dieser Linie besiegelt war.


Geschichte und Bedeutung: Genealogie der Minamoto
(fettgedruckt sind die Personen, die von Bedeutung für den Schrein und für die Gesamtgeschichte sind)


Geschichte und Bedeutung: Vom Ende der Minamoto bis heute
Damit erlosch mit dem dritten Shougun die Hauptlinie der bis dahin das Kamakura-Shogunat dominierenden Familie Minamoto, und de facto übernahm die Familie Hojo (Houjou) die Macht im Bakufu-Staat als Regenten (Shikken). Bereits der Großvater mütterlicherseits des Ermordeten, Houjou Tokimasa, übte de facto die Macht anstelle seines jungen Enkels aus. Er war es auch, der den entmachteten 2. Shougun im Hausarrest nach seiner Abdankung ermorden ließ. Und er steckte auch dahinter, daß dessen Sohn Mönch werden mußte, das war alles Teil einer umfassenden Strategie zur Entmachtung der Minamoto, um die Macht an die Familie Houjou zu bringen. Im Jahre 1225 (Karoku 1) gab es eine schreckliche Dürre, und am 22.5. ließ die Bakufu-Regierung am Tsurugaoka Hachiman-gu 1200 Mönche ein Bitt-Ritual zum Erwirken eines Endes der Dürre durchführen. Am 5.4.1252 vollzog Prinz Munetaka (Munetaka Shinnou, 1242-1274), der erste regierende Shougun aus kaiserlichem Haus (Regierungszeit 1252-1266), der nach der Absetzung des 5. Shouguns eingesetzt wurde, an zahlreichen Schreinen die Heihaku-Opferzeremonie, darunter auch an diesem hier, als erster der Shougune. Am 10.1.1254 (Kencho 6) wütete in Kamakura ein großes Feuer, das zahlreiche Todesopfer forderte und viele Gebäude zerstörte. Der Shougun sagte seine geplante Pilgerreise zum Tsurugaoka Hachiman-gu deshalb ab. Mit dem Ende des Kamakura-Shougunats sank die Bedeutung des Schreins, auch wenn Tokugawa Ieyasu am 28.11.1591 (Tensho 19) dem Schrein Grundbesitz.

Wie bei so vielen andere religiösen Komplexen in Japan wurde auch hier lange Synkretismus gepflegt, denn bis zu den Meiji-Reformen, die Buddhismus und Shintoismus strikt voneinander trennten, ersteren benachteiligten und letzteren förderten, war dieser Schrein sowohl ein Shinto-Schrein als auch ein Tempel der Tendai-Schule, wobei die Mönche aus dem Onjou-ji (Miidera) kamen, einem eng mit den Minamoto verbundenen Tempel in Otsu, wo Yoshiies Bruder Yoshimitsu die Zeremonie seines Erwachsenwerdens gefeiert hatte. Als Tempel war der Jinguu-ji (Schrein-Tempel) einer der ältesten der Stadt Kamakura. Entsprechend gab es hier nebeneinander Bauwerke für shintoistische und für buddhistische Zwecke. Diese Vermischung machte jahrhundertelang keine Probleme, weil man einfach die Sonnengöttin Amaterasu mit Buddha Mahavairocana gleichsetzte, und so konnte man alles miteinander in Harmonie bringen. Zeitweise wurde dieser religiöse Komplex Tsurugaoka Hachimangu-Tempel genannt, und zeitweise hatten hier die buddhistischen Priester eine größere Macht als die shintoistischen Priester, weil die Leitung in den Händen der ersteren lag. Mit der in der Meiji-Zeit von oben verordneten Trennung zwischen Buddhismus und Shintoismus verlor Hachiman 1868 seinen Rang als Bodhisattva, seitdem ist er der "große Kami Hachiman", Hachiman Dai-jin. Gleichwohl nahm er einen erneuten Aufschwung als Gottheit, mit durchaus militärischem Hintergrund. In dieser Zeit, als der Shintoismus als neue Staatsreligion gefördert und der Buddhismus unterdrückt wurde, wurde auch der Tsurugaoka Hachiman-gu von seinen buddhistischen Elementen "gesäubert". Die nationale Regierung übernahm die Verwaltung des Schreines. Im Zuge der verpflichtenden Beendigung des bisher gepflegten Synkretismus wurden viele der buddhistischen Gebäude etc. zerstört oder, wenn man Glück hatte, an andere Tempel verschenkt. Z. B. kam das Niomon des Tsurugaoka Hachimangu mitsamt den beiden Nio-Statuen auf diese Weise an den Tempel Jufuku-ji (eine Gründung von Houjou Masako vom Ende des 12. Jh., ältester Zen-Tempel der Stadt), wo sie heute noch zu sehen sind. Andere Strukturen des Jinguu-ji wie das Shichidou garan (die sieben traditionellen Hallen, die einen kompletten Tempel bilden), die zweistöckige Pagode (Tahoutou, Dai-tou) und die Halle Mi-dou wurden zerstört

Der Tsurugaoka Hachimangu hatte abgesehen von seiner Funktion als Familienschrein der Minamoto nie eine besonders herausgehobene Stellung im Gesamtreich, im Gegensatz etwa zum Iwashimizu Hachiman-guu in Yawata. Aber lokal hatte er eine sehr große Bedeutung. Der Tsurugaoka Hachimangu gehörte weder zu den 22 Schreinen (nijuuni-sha) noch zu den Chokusaisha, und ab 1871, als ein neues Klassifizierungssystem für Schreine in Gebrauch kam, war er auch nicht unter den Kanpei-sha zu finden. Seit der Meiji-zeitlichen Trennung von Buddhismus und Shintoismus wurde der Schrein vom Staat verwaltet; erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er wieder unabhängig. Seit 1948, als durch die Association of Shinto Shrines eine moderne Gruppierung vorgenommen wurde, wird der Tsurugaoka Hachimangu zu den Beppyou jinja gerechnet, den etwas "besseren" Schreinen, und dort wurde er in die Gruppe der Kokuhei Chusha (Kokuhei Chuusha) einsortiert. Diesen Rang als Beppyou-Schrein teilt er sich in der Präfektur Kanagawa mit dem Samukawa-Schrein (Myoujin Taisha, Kokuhei Chusha, nationaler Schrein zweiten Ranges) und dem Hakone-Schrein (Kokuhei Shousha, nationaler Schrein dritten Ranges). Das sind alles nationale Schreine, der Tsurugaoka Hachimangu ist dabei in der Kategorie mittleren Ranges. Man muß dazu sagen, daß in diesem System zuerst die drei Ränge kaiserlicher Schreine kommen, dann die drei Ränge der nationalen Schreine, also die Kokuhei-sha, und der mittlere Rang ist der der Kokuhei-chuusha (chuu = Mitte). Von dieser Sorte gibt es insgesamt 47 Schreine. Vom ersten Rang gibt es 6, vom dritten Rang gibt es 50 Schreine. An diesem Schrein wird seit 1954 (Showa 29) auf Anweisung der Shinto-Schrein-Vereinigung der seit 1873 bestehende Nationalfeiertag Kigensetsu (Reichsgründungstag, seit 1966 Kenkoku Kinen no Hi) am 11.2. gefeiert. Auch heute noch ist dieser Schrein einer der drei größten Hachiman-Schreine des Landes, an dritter Stelle nach dem Usa Hachimangu in der Präfektur Oita und dem Iwashimizu Hachimangu südwestlich von Kyoto.


Rundgang und Beschreibung: Omote Sando
Wenn wir uns ganz offiziell auf dem vorderen Zuweg (Omote-sandou) dem Schrein nähern wollen, müssen wir weit im Südwesten beginnen. Denn es gibt drei Torii, die nacheinander passiert werden. Alle stehen in einer Reihe auf der Wakamiya Oji. Vom 1. Torii (Ichi-no-Torii) in der Nähe des Polizeipräsidiums und des Wakamiya Oji Parks bis zum 2. Torii (Ni-no-Torii) beim Metropolitan Hotel sind es 827 m, vom 2. zum 3. Torii (San-no-Torii) beim Café Kazenomori sind es noch einmal 484 m, und von dort sind es schließlich 300 m bis zum Honden, dem Zentralheiligtum. Das erste, aus Granit errichtete Torii ist hell steingrau, das zweite und das dritte Torii sind zinnoberrot, und alle sind vom gleichen Typus des Hachiman-Torii mit Nuki (unterer Querbalken), Kasagi (breiterer oberer Teil des oberen Querbalkens), Shimaki (unterer Teil des oberen Querbalkens), Kusabi (Keile oberhalb des unteren Querbalkens) und Gakuzuka (Mittelstütze zwischen beiden Querbalken). 

Das erste Torii ist als national wichtiges Kulturgut eingestuft, also das kunsthistorisch beste. Es ist 8,50 m hoch, und seine beiden tragenden Pfosten haben einen Durchmesser von 92 cm. Aufgrund seiner Größe wird es auch Otorii genannt, großes Torii. Das erste Torii an dieser Stelle wurde bereits unter Minamoto no Yoritomo errichtet, damals noch aus Holz. Mehrfach wurde es erneuert, zuletzt 1668, denn damals wechselte man von Holz zu Stein, und deshalb hielt es bis zum großen Kanto-Erdbeben (Kantou daishin-sai) 1923, bei dem es zerstört wurde. In der frühen Showa-Zeit wurde es wiederaufgebaut, wobei man das meiste alte Steinmaterial wiederverwenden konnte und nur gering dazurestaurieren mußte. Es gibt auf dem alten Teil des östlichen Pfostens eine Inschrift mit der Datierung: Am 15. August, dem Tag des Affens, im Jahr Kanbun 8, Wiederherstellung des Tsurugaoka Hachimangu. Kanbun 8 ist das Jahr 1668, und der Bau geht zurück auf Sugen-in, die Frau des zweiten Tokugawa-Shoguns Hidetada. Als sie mit ihrem Sohn Iemitsu, dem späteren 3. Tokugawa-Shogun, schwanger war, betete sie zu Tsurugaoka Hachimangu für eine leichte und erfolgreiche Geburt, und das Kind kam gesund zur Welt. Viel später erschien ihr im Traum eine Botschaft von Hachiman, das erste Torii aus einem bestimmten besonderen Stein von Inujima in der Provinz Bizen zu erbauen, und sie erzählte es ihrem Sohn, der es bei der nächsten Baumaßnahme am Schrein umzusetzen versprach. Kurz darauf verstarb Sugen-in, aber das Torii wurde unter dem nächsten Shougun, Tokugawa Ietsuna, errichtet. Aus dem gleichen Stein entstand übrigens das Wasserbecken vor der Schreinverwaltung.

Das zweite Torii ist niedriger und erreicht nur ca. 6m Höhe. Es wird von zwei Komainu beiderseits des Weges bewacht, und hier beginnt eine regelmäßige Reihe von Steinlaternen, wobei die beiden größten am Anfang gesetzt sind. Das dritte Torii läßt den Besucher das eigentliche Schreingelände betreten. Städtebaulich ist diese Anlage hochinteressant, weil der Omote-sando nach wie vor die gerade Hauptachse der Stadt bildet, weil die Anordnung im Norden der Siedlung der traditionellen Anordnung innerhalb der Stadt folgt, und weil das achsiale Layout mit den höhengestaffelten Hauptgebäuden einen beeindruckenden Ferneffekt erzeugt, der bei klarem Wetter vom ersten Torii bis zum Roumon reicht.

Der um ca. 50 cm gegenüber dem Straßenniveau erhöhte Mittelweg in dieser Achse, der heute vom zweiten bis zum dritten Torii reicht, wird Dankazura genannt. Im Jahre 1182 wurde er angelegt, 33 m breit und von je einem 3 m breiten und 1,5 m tiefen Graben zu beiden Seiten geschützt; das ursprüngliche Aussehen wurde anläßlich von Ausgrabungen ermittelt. Damals war Masako (1157-1225), die Frau des Gründers Yoritomo, nach der vorangegangenen Geburt zweier Töchter im Alter von 36 Jahren erneut schwanger. Damals konnte nur ein Junge Nachfolger als Shougun werden, und so wurde sehnlichst erwartet, daß das dritte Kind männlich würde. Yoritomo und Masako gingen auf dem neuen Weg Dankazura, der dem Haupt-Boulevard von Kyoto (Miyako Oji) nachgebildet war, zum Schrein, um für die Geburt eines Jungen zu beten. Ihre Gebete gingen in Erfüllung, und aus dem Jungen wurde Minamoto no Yoriie, der zweite Shogun. Auch der Name der Straße bezieht sich darauf: Wakamiya-oji bedeutet wörtlich Boulevard des jungen Prinzen; diesen Namen bekam der Boulevard nach dessen Geburt. Ursprünglich reichte dieser erhöhte Weg über die ganze Länge von 1,5 km vom ersten Torii bis zum Schrein. Erst 1878 wurde der untere Teil zwischen dem ersten und dem zweiten Torii eingeebnet, um die Achse für den wachsenden städtischen Verkehr nutzen zu können. Was hier heute im oberen Teil begehen, ist also nur das verbliebene Drittel von ca. 460 m Länge.


Rundgang und Beschreibung: die Genpei-Teiche
Hinter dem dritten Torii führen drei Wege über die schmale Mittelzone eines ausgedehnten Doppelteichs. Der Weg in der Mittelachse führt über die malerisch nach oben gebogene steinerne Taiko-bashi (Trommel-Brücke), die aber für Besucher gesperrt ist. Früher war hier die für den Shogun reservierte Akabashi (rote Brücke) aus Holz. Parallel dazu führen zwei ebene Wege beiderseits über die hier nur 7,5 m breite Wasserfläche, zwischen diesen und der Taiko-bashi jeweils eine rechteckige Wasserfläche freilassend. Rechts und links des Hauptweges liegen die beiden viel größeren Hauptteile dieses künstlich angelegten Sees, der in den kleineren Heike-ike (Heike-Teich) zur Linken und den größeren Genji-ike (Genji-Teich) zur Rechten unterteilt ist. Mit diesen beiden Bezeichnungen erinnern die symbolischen Teiche an den Genpei-Krieg (1180-1185) zwischen den Minamoto (Genji) und der Taira (Heike), der dem Aufstieg der Minamoto voranging. Die Minamoto wurden alternativ als Genji bezeichnet, mit "gen" = sino-japanische Lesung des Schriftzeichens für Minamoto und "ji" für "Familie. Der Name Gen-pei-Krieg setzt sich zusammen aus den ersten Silben der beiden Familiennamen "Gen-" und "Hei-", wobei letzteres im Kontext zu "pei" wird. "Genji" und "Heike" entspricht der sino-japanischen Lesung, also kann man auch Minamoto-Taira-Krieg sagen. Dieser Krieg wurde nach zahlreichen Schlechten letztendlich am 25.4.1185 in der Seeschlacht von Dan-no-ura entschieden und beendet. Eigentlich wollten die Minamoto anfangs nur gegen die Herrschaft des Taira no Kiyomori vorgehen, aber am Ende war ganz Japan in ihrer Hand, und diese Machtposition war der Beginn des Kamakura-Shougunats. So ruft dieser Doppelteich, der insgesamt auch als Genpei-ike bezeichnet wird, gleich zu Anfang des Schreinbesuchs die Erinnerung an die Geschichtsbasis hervor.

Im linken (westlichen) See führt eine leicht gebogene Brücke mit zinnoberrotem Geländer auf eine kleine Insel mit schönem Blick auf eine zweite Insel geradeaus, zwei kleine Inseln weiter rechts und den modernen Museumskomplex auf der Nordseite, bestehend aus einem 30 m x 35 m messenden, in den See hineinragenden Hauptbau mit rechteckigem Innenhof und einem nördlich davon errichteten Museumscafé mit einem Bau sanitärer Anlagen auf der Rückseite. Insgesamt hat dieser See sogar vier Inseln. An der Südseite des Sees liegt das Café Kazenomori, und im südwestlichen Eck befindet sich der kleine Momiji-Inari-Schrein.

Im rechten (östlichen) Genji-See liegt eine ebenfalls über eine Brücke erreichbare Benzaiten-Insel mit dem Hata-age-Benzaiten-sha. Hier wird die Göttin Benzaiten (Sanskrit: Sarasvati) verehrt, die in ihrer Heimat eine besondere Nähe zu Gewässern hatte, weswegen ihre Schreine typischerweise auf Inseln liegen. Sie wird auch zu den Shichi-fuku-jin gerechnet, den 7 Glücksgöttern. In Japan ist sie zudem für Kunst, Lernen und Glück zuständig. Weil diese Göttin dem hinduistischen Pantheon entlehnt ist und nicht wirklich zum genuinen Shinto-Kult gehört, wurden ihre Verehrung und ihr Kult in der Meiji-Zeit unterdrückt. Der derzeitige Schrein ist eine Rekonstruktion von 1956 nach alten Plänen, die noch einmal 1980 erneuert wurde. Der Name "Hata-age" bedeutet soviel wie das Erheben der Flagge. Als die Minamoto in den Krieg zogen, erhoben sie ihr weißes Banner, und im übertragenen Sinne bedeutet Hata-age den Beginn einer Unternehmung. Auch das hat eine Verbindung zu Hachiman, dessen Name als "acht Banner" gelesen werden kann. Früher stand in dem Schrein eine sehr kunstfertige und berühmte Statue der Göttin aus dem Jahre 1266 (Sitzfigur, 96 cm hoch, mit Kleidung, früher einmal eine Biwa-Laute haltend, national wichtiges Kulturgut), die aber jetzt im Kamakura-Museum aufbewahrt wird. Die zahlreichen weißen (Farbe der Minamoto) Flaggen rings um den Schrein tragen oben die zwei horizontalen schwarzen Balken, ebenfalls ein Symbol der Familie Minamoto/Genji. Selbst dieser kleine Schrein hat ein eigenes Fest im Jahreszyklus, das findet am ersten Tag der Schlange im April nach dem Mondkalender statt. Zwei weitere Inseln werden durch im rechtwinkligen Zickzack angelegte Brückenwege miteinander und mit dem Ufer verbunden.

Insgesamt hat dieser See damit drei Inseln, der andere vier, und man kennt die Zweitbedeutung von vier = "shi" und "shi" = Tod, ein subtiler Hinweis auf den Sieg der Genji (Minamoto) rechts über die Taira (Heike) zur Linken. Auch der Teich mit den drei = "san" Inseln hat eine symbolische Bedeutung, denn "san" (es gibt sehr viele "san" ausgesprochene Kanji mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen) hat als alternative Bedeutung Geburt, Entstehung, Kreativität - also so etwas wie "vivat, floreat, crescat Minamoto". Die Flächen beider Seen sind fast vollständig von Lotusblättern bedeckt. Heute gibt es in beiden Teichen weiße und pinkfarbene Lotsblüten, aber die ursprüngliche Planung war, weißen Lotus im rechten Teich und roten Lotus im linken Teil zu pflegen, was wiederum den Familienfarben der Minamoto (weiß) und Taira (rot) entsprach. Diese Anlage voller subtiler Anspielungen geht auf Masako zurück, Yoritomos Ehefrau.

Wenn man das Museum zur Linken und den Kindergarten zur Rechten passiert hat, kommt man zu einem großen und gerade verlaufenden Querweg, der sich vom West-Torii bis zum Ost-Torii erstreckt, insgesamt 265 m lang und ca. 6 m breit. Auf diesem Weg finden zweimal im Jahr die Yabusame statt, die Veranstaltungen, an denen die Kunst des Bogenschießens zu Pferde ausgeübt wird. Diesen Wettbewerb gibt es seit 1187 und wurde bereits unter dem Schreingründer Minamoto no Yoritomo eingeführt. Damals war das eine wichtige Kriegstechnik, und die Minamoto waren bekanntermaßen gut in dieser Kunst, und diese jährlichen Wettbewerbe spornten die Samurai zu Bestleistungen an, die auch entsprechend belohnt wurden. Heute verschweigen oder vergessen wir gerne, daß in der wenig zimperlichen damaligen Zeit, in der Leben wenig galt, auch Hunde mit Pfeil und Bogen gejagt wurden, wobei pro Wettbewerb eine leicht dreistellige Zahl zu Tode kam. Wie weit ist das entfernt vom buddhistischen Tötungsverbot und den Houjou-e-Zeremonien (Freilassungs-Rituale), die nur wenige Meter entfernt durchgeführt wurden! Aber dieser Querweg war auch ein wichtiger Teil des historischen Fernwegesystems, denn an den Enden dieses Weges begannen wichtige Anschlüsse an das damalige Straßennetz.


Rundgang und Beschreibung: untere Ebene mit dem Wakamiya-Schrein
Der Hauptweg führt am überdachten Handwaschbecken (Temizuya, Chouzusha) zur Linken und der Schreinverwaltung (Shamusho, mit dem Wasserbecken von Matsudaira Tsunataka aus Granit von der Insel Inujima in der Provinz Bizen davor) zur Rechten vorbei auf eine größere Fläche, in deren Mitte die untere Opferhalle bzw. untere Anbetungshalle steht. Sie wird als Maiden (auch: Maidono, Kaguraden) bezeichnet, weil sie auch als Plattform zur Aufführung ritueller Tänze und von Musikdarbietungen dient. Eine alternative Bezeichnung ist Shimo-haisen = untere Anbetungshalle. Das T-förmig angelegte Gebäude besteht aus einer ringsum offenen, ca. 1,5 m gegenüber dem Platz erhöhten Plattform mit Irimoya-Dach und einem im Süden angesetzten, etwas niedrigeren Vorbau. Hier finden, wenn man Glück hat, rituelle Opferzubereitungen oder Hochzeiten statt.

Bei den Tänzen in diesem Gebäude erinnert man an eine tragische Geschichte, die einst genau hier spielte, wenn auch in einem Vorgängergebäude: Minamoto no Yoritomo hatte einen Halbbruder, Minamoto no Yoshitsune, und dieser hatte eine Geliebte, Shizuka-Gozen, die tief in der verfeinerten kulturellen Welt von Kyoto verwurzelt war. Im Jahre 1186 sollte diese als als exzellent bekannte Tänzerin im Schrein Yoritomo und seine Familie unterhalten, und sie weigerte sich. Yoritomo kam hinter die Ursache, wurde fuchsteufelswild und schickte Männer aus, um Yoshitsune töten zu lassen. Die Häscher konnten Shizuka, die von ihm schwanger war, fassen und nach Kamakura zurückbringen. Nach immer erneuten Weigerungen konnte Yoritomos Frau sie schließlich doch dazu bewegen, vor Yoritomo zu tanzen und zu singen. Letzterer hatte wohl ein Loblied auch sich selbst erwartet, statt dessen sang sie herzzerreißend über ihre Liebe zum gejagten Yoshitsune. Yoritomo wurde stinksauer und befahl, das Kind zu töten, sollte es ein Junge werden. Und so geschah es auch, nach der Geburt wurde das Baby getötet und auf den Strand von Kamakura geworfen. Diese Geschichte ist u. a. Thema heutiger Aufführungen.

An der Nordwestseite dieses Platzes ist ein riesiges Regal für die gespendeten Sake-Fässer aufgebaut. In der Hauptachse der Anlage kommt man zur großen Treppe. Rechts der Treppe befindet sich der Verkauf von Amuletten, und hier am Goshuin-juyosho werden Goshuin gewährt. Gleich rechts daneben steht der schöne Wakamiya-jinja (Geguu), ein sekundärer Schrein (Subschrein) des Gesamtkomplexes, der 1592 unter dem zweiten Shougun der Edo-Zeit, Hidetada Tokugawa (1579-1632), wiederhergestellt wurde und seine endgültige Form 1624 unter dem dritten Shougun der Edo-Zeit, Iemitsu Tokugawa (1604-1651), bekam. Beim Neubau kamen neue konstruktive Techniken zum Einsatz, und nun wurde der Schrein im Gongen-zukuri errichtet, mit Haupthalle, Haiden und Anbetungshalle direkt hintereinander und miteinander verbunden, mit einer gemeinsamen Balkendecke. Der Neubau basierte auf einem Schema von 5 Ken (6 Pfosten), und in einer Zeremonie (Kan-ei no go-zouei) wurde der Kami eingeladen, wieder Besitz von dem ihm zugedachten Sitz zu nehmen. Der Wakamiya-Schrein, eines der ältesten Gebäude des Gesamtkomplexes, ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Hier werden Kaiser Nintoku (313-399, ein Sohn des Kaisers Ojin, wie dieser ein legendärer Kaiser), Kaiser Richu, Kaiserin Nakatsuhime-no-Mikoto und Kaiserin Iwa-no-hime als eingeschreinte Gottheiten verehrt. Ursprünglich stand der Hauptschrein nach der Verlegung von der küstennahen Stelle hierher an dieser Stelle, doch nach dem Brand von 1191 versetzte man den neugebauten Hauptschrein auf die obere Plattform, und hier kam der Wakamiya-Schrein hin. Rechts von diesem steht ein uralter Wacholder, der sogenannte Minamoto-no-Sanetomo-no-byakushin, der Minamoto-no-Sanetomo-Juniperus, der an den Mordfall 1219 erinnert.

Auf der anderen Seite des Teichs Yanagi-hara-shin-chi (yanagi = Weide, shin-chi = heiliger Teich), wo beim Schrein-Fest gefangene Grillen freigelassen werden, steht noch eine Sanetomo-Kirsche (Sanetomo-sakura). Und dort, auf der Ostseite des Teichs, kommt man zu einem weiteren schönen Subschrein, dem Shirahata-jinja. In diesem sind Minamoto no Yoritomo und Minamoto no Sanetomo eingeschreint, der erste und der letzte Kamakura-zeitliche Minamoto-Shougun. Die Schreinhalle ist ganz mit schwarzem Lack angestrichen. Der von Houjou Masako im Jahr 1200 erstmalig errichtete Schrein wird heute von der Bevölkerung aufgesucht, um hier für akademischen Prüfungserfolg oder sonstiges erfolgreiches Bestehen von Herausforderungen zu beten. Der Name "Shira-hata"-jinja bedeutet Schrein der weißen Flagge, und Weiß war die Farbe des Banners der Minamoto. Was überrascht, ist die Tatsache, daß hier Yoritomo und Sanetomo eingeschreint sind, also Masakos Ehemann und ihr zweiter Sohn, nicht aber ihr erster Sohn, Yoriie. Das lag daran, daß es zwischen diesem und seiner Mutter bzw. dem dominanten Großvater mütterlicherseits sehr viel Zwist gab. Da dieses ein Familienschrein der Minamoto ist, ist an vielen Stellen (Balken, Pfosten) das Wappen (Kamon) der Familie und insbesondere von Minamoto no Yoritomo ist das Maru-ni-sasarindo, mit maru = Kreis, ni = innerhalb, sasa = mehrere radial gestellt und am Ursprung sich überlappende Blätter einer bestimmten Zwerg-Bambussorte Sasa nipponica und rindo = japanischer Enzian Gentiana scabra oder Gentiana makinoi. Dieses Wappen zeigt also die drei Enzianblüten über fünf Bambusblättern, ggf. alles in einen Ring einbeschrieben. Während der Enzian mehr eine Pflanze des südlichen Graslandes ist, ist der Bambus eher eine ikonische Pflanze des Nordens, so vereint das Wappen beide Aspekte, die sich auch in der Familiengeschichte widerspiegeln. Die einst in diesem Schrein aufgestellte Statue des Minamoto no Yoritomo wurde in das Nationalmuseum in Ueno, Tokyo, verbracht.

Im östlichen Bereich zwischen den genannten Schreinen, der Verwaltung und dem Ost-Torii befindet sich das Kokuhoukan-Museum. Das Kamakura Kokuhoukan-Museum wurde 1828 gebaut, 5 Jahre nach dem verheerenden Kanto-Erdbeben. Das sollte endgültig die letzte Naturkatastrophe sein, die uralte Kunst vernichtete, deshalb sollten die besten noch übriggebliebenen Artefakte der Kamakura-Zeit hier dauerhaften Schutz finden. Insgesamt werden hier ca. 4800 Objekte verwahrt, die in wechselnden Ausstellungen präsentiert werden. Das Gebäude selbst ist eine hochinteressante Architektur, denn es zitiert das Schatzhaus Shoso-in in Nara. Weiterhin befinden sich in diesem Bereich das Besucherzentrum und das Kenshuu-Doujou, das Trainings- oder Ausbildungs-Dojo für traditionelle Kampfkünste (Kyudo, Kendo, Judo und Aikido, öffentliche Demonstrationen und Wettkämpfe z. B. beim Shobu-Festival). Das 1996 im traditionellen Stil erbaute hölzerne Gästehaus Sai-kan liegt nordöstlich des Genji-Teiches und dient der Unterbringung hoher Gäste und von auswärtigen Priestern; es kann nicht besichtigt werden.

An der Westseite des Geländes befindet sich tief im Wald der Ahnengeister-Schrein (Sorei-sha), der erst 1949 errichtet wurde. Hier können die Schreinbesucher ihrer eigenen Vorfahren gedenken. Am Tag der Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühjahr und im Herbst finden hier Zeremonien mit Tanz und Musik statt.

Zurück zur großen, ca. 30 m langen Treppe (Dai-ishidan), welche mit 61 Stufen die Hauptachse fortsetzt: Linkerhand sieht man den abgesägten Baumstumpf eines einst gigantischen, 30,5 m hohen, 1000-jährigen Ginkgo-Baumes, der am 10. März 2010 einem Schneesturm zum Opfer gefallen war, daneben ein neuer kleiner Baum (Oya-ichou to ko-ichou, Eltern-Ginkgo und Kind-Ginkgo). Einer unbelegten Legende nach hatte sich einst 1219 der Mörder Minamoto no Yoshinari (s. o.) hinter diesem Baum versteckt, um den sich nähernden Onkel und Shogun Minamoto no Sanetomo (1192-1219) mit dem Schwert zu ermorden. Deswegen erhielt dieser Ginkgo-Baum den Spitznamen "kakure-ichou", Versteck-Ginkgo. An diesen Baum, der einst nicht nur ein Wahrzeichen des Hachimangu, sondern von ganz Kamakura war, erinnert nur noch der Stumpf von ca. 1,5 m Durchmesser. Wie gigantisch dieser uralte Baum einst war, kann man auch an dem im Museumscafé des Kamakura-Bunkakan-Tsurugaoka-Museums ausgestellten Stück ermessen, das bis zum Dach reicht und einen größeren Durchmesser als die Tische hat.


Rundgang und Beschreibung: obere Ebene mit dem Hauptschrein
Nach dem steilen Anstieg zur oberen Terrasse steht man vor der Zentraleinheit, die 1828 von dem elften Tokugawa-Shougun, Tokugawa Ienari (1773-1841), errichtet wurde. Die Familie Tokugawa leitet sich ihrerseits von den Minamoto ab, deshalb übernahmen sie die Protektion dieses Schreins. Man bezeichnet diesen Teil als "älteren" Schrein, der "jüngere" ist derjenige auf dem unteren Niveau. Der gesamte Zentralkomplex ist typisch Edo-zeitliche Architektur und besitzt zinnoberrot angestrichene Holzelemente und teilweise sehr schöne Details mit Schnitzereien. Der zentrale Komplex (Honguu oder Joguu) besteht im Kern aus zwei parallelen und direkt hintereinander gesetzten Hallen, hinten ein inneres Heiligtum mit Dach im Kirizuma-Stil (Satteldach), dem Honden, vorne ein äußeres Heiligtum für die Zeremonien mit Irimoya-Dach, dem Haiden. Im Honden gibt es rein symbolische Objekte der Verehrung, anders als bei den buddhistischen Tempeln mit ihren Statuen. Hier gibt es nur einen kleinen Altar mit z. B. einem Spiegel, einem Schwert, Zickzackpapieren o. ä. Beide Bauwerke zusammen bilden den Honguu. Hier sind Kaiser Ojin, Himegami und Kaiserin Jingu eingeschreint. Das entspricht stilistisch einem Gongen-zukuri. All das wird eingerahmt von einem rechteckigen gedeckten Korridor (Kairou) mit einem Tor (Roumon, 1828 erbaut, zwei Stockwerke hoch mit umlaufender Galerie, aber ohne echtes Obergeschoß, mit zwei Statuen von Höflingen bzw. Kriegern in formalen Hofroben; diese Statuen stammen noch aus dem Jahr 1624) in der Mitte der Südwest-Seite und weiteren Toren in der Mitte jeweils der West- und Ostseite (für den Besucher verschlossen). Alle genannten Gebäude sind als national wichtiges Kulturgut eingestuft. Alles zusammen, ein kreuzgangartiger rechteckiger Korridor, ein Roumon, ein Geden und ein Naiden, wird als Hachiman-zukuri bezeichnet, unter Vorbehalt der Tatsache, daß die innerste Einheit nicht diesem Schema, sondern einem Gongen-zukuri entspricht, also nicht Geden und Haiden hat, sondern Honden und Haiden. Der Stil der Gesamtanlage ist unter diesem Vorbehalt der gleiche wie beim Usa-Hachiman-guu in Usa, Oita, aber mit einem anders gestalteten Zentrum. Von dieser prinzipiellen Bauart gibt es nur wenige Beispiele, neben diesem Schrein sind das z. B. Iwashimizu Hachiman-guu in Yawata (der der größte und älteste des Typs) und der Isaniwa-Schrein in Matsuyama, Ehime. Aber im Detail haben wir es hier in Kamakura mit einem stilistischen Hybrid zu tun, außen Hachiman-zukuri, innen Gongen-zukuri.

Der erste Schrein wurde bereits im März 1191 ein Opfer des Feuers, aber sofort wieder aufgebaut. Dabei wechselte er von der unteren Ebene auf die obere Terrasse. Immer wieder kam es zu Schäden durch Brand oder Naturgewalten, aber jedesmal wurde der Schrein wiederaufgebaut. Toyotomi Hideyoshi veranlaßte bereits Reparaturen, nachdem mit der erfolgreichen Belagerung von Odawara die Macht der Houjou gebrochen war und diese Region für die Reichseiniger zugänglich wurde. Die Tokugawa-Shogune stellten den Schrein unter ihre Protektion, und die Shougune Tokugawa Ieyasu und Tokugawa Hidetada sind für ihre Instandhaltungsarbeiten am Schrein bekannt. Die Form des Hauptschreins wandelte sich dabei. Zeitgenössische Dokumente zeigen einen in zwei Abschnitte unterteilten Hauptschrein im Sangen-sha-Stil. Im Jahre 1592 wurde der Wakamiya-Schrein von Tokugawa Ieyasu repariert, und er hatte vor, den ganzen Hauptschrein zu erneuern, was dann sein Sohn Hidetada tat. Am 15.11.1624 war der Neubau fertig, und in einer entsprechenden Zeremonie (Kan-ei no go-zouei) wurde der Kami eingeladen, wieder hier seinen Sitz zu nehmen. Der Hauptschrein der frühen Edo-Zeit brannte 1821 ab, und beim Neubau unter Tokugawa Ienari wechselte man zum Gongen-zukuri auf der Basis einer Konstruktion von 9 Ken (10 Pfosten).

Besucher dürfen in den westlichen (linken) Teil des Innenhofs und neben den dort ausgestellten Tragschreinen ein kleines, korridorartig angelegtes Museum (Homotsuden) besichtigen, in dem Schätze des Schreins wie historische Schwerter, verschiedene hölzerne Kagura-Masken und historische Schriftstücke ausgestellt werden. Insgesamt besitzt der Schrein sieben Tragschreine aus dem 17. und 18. Jh. Weitere Exponate sind zwei Sitz-Statuen von Gründer Minamoto-no-Yoritomo, ein Faltstellschirm mit einer gemalten Darstellung des Krieges zwischen den Familien Minamoto und Taira, eine Rüstung, eine zwölflagige Hobrobe für eine Dame, schwarz lackierte Pfeile (der Schrein verkauft am Anfang eines neuen Jahres Hamaya, davon abgeleitete glückbringende Pfeile als Amulette, um Pech und Übel fernzuhalten) und diverse Kalligraphien. Die wertvollsten Stücke, insbesondere die mit dem Rang eines Nationalschatzes, befinden sich im Kamakura-Museum. Besonders hervorhebenswert ist ein Suzuribako, also ein lackiertes Schreibkästchen, das einst Kaiser Go-Shirakawa (1127-1192) an Minamoto-no-Yoritomo verschenkte, dekoriert mit Chrysanthemenblütenständen und fliegenden Vögeln, eingelegt mit Perlmutt.

In dieser linken, westlichen Hälfte des Innenbereichs steht noch der Takeuchi-Schrein, der ebenfalls als national wichtiges Kulturgut klassifiziert ist. Dieser Schrein ist asymmetrisch, also ohne Entsprechung auf der anderen Seite, zwischen umgebendem Korridor und Honden eingesetzt worden. Hier wird als Gottheit Takeuchi-Sukune-no-Mikoto verehrt. Das war einst ein ergebener und verdienter Vasall von Kaiserin Jingu, der über fünf Kaiser-Generationen hinweg dem Haus diente (Kaiser Keiko, Seimu, Nakai, Ojin und Nintoku) und eine der staatstragenden Personen jener Zeit war. Durch seine enge Verbindung zu den Hauptgottheiten hat er nicht nur hier, sondern auch im Usa Jingu and Iwashimizu Hachimangu einen eigenen Sessha. Ungewöhnlich ist die Positionierung seines Schreines hier innerhalb des Hauptkomplexes, vermutlich geschah eine Umpositionierung beim Wiederaufbau nach dem Brand von 1191. Das gegenwärtige Gebäude stammt aus dem Jahr 1828. Vom Bautypus her ist es eine 2x2-Pfosten-Konstruktion. Mehrere farbig gefaßte Schnitzereien zieren die Balken. Die Holzelemente sind zinnoberrot gestrichen, die Türen sind schwarz lackiert, und das Dach ist mit Kupfer gedeckt.

An der Südseite der Terrasse befindet sich noch ein Devotionalien-Verkaufsstand (Juyosho, wörtlich Vergabe-Büro), wo man die üblichen Omikuji etc. erwerben kann. Hier kann man die Terrasse nach Westen verlassen, wo sich noch der Maruyama Inari-Schrein mit zahlreichen kleinen roten Torii und umgeben von roten Flaggen als Zeichen des Wunsches nach Glück und Wohlstand auf dem kleinen Maruyama-Hügel im Wald befindet. Hier wird Inari verehrt, ursprünglich eine Reis-Gottheit, die sich aber dann mehr und mehr zu einer Gottheit des erfolgreichen Handels und des geschäftlichen Erfolgs entwickelt hat. Den Inari-Schrein erkennt man immer an den Füchsen, dem Botentier der Gottheit. Er ist zwar klein, aber besonders, denn er stammt noch aus der mittleren Muromachi-Zeit (1336-1573) und ist deshalb das älteste Gebäude auf dem ganzen Schreingelände. Durch seine abseitige Lage wurde er bei den zahlreichen Bränden, die die Hauptgebäude des Schreinkomplexes erfaßten, nicht vom Feuer erwischt. Das wird durch seine Einstufung als national wichtiges Kulturgut honoriert. Der Inari-Schrein als solcher hat sogar eine längere Geschichte als der Hauptschrein, und das ursprüngliche Gebäude stand bereits hier, bevor Yoritomo den Hauptschrein errichten ließ. Wahrscheinlich reicht die Geschichte dieses Subschreins bis ins 9. Jh. zurück. Vom Stil her handelt es sich um einen ganz schlichten 1-Ken-Bau mit zwei tragenden Pfosten in Länge und Breite mit offen zur Schau gestelltem Kami, mit so gut wie keinerlei dekorativen Elementen im rein japanischen mittelalterlichen Stil, sorgfältig und einfach. Dieser Sub-Schrein besitzt eigene jahreszeitliche Ereignisse, darunter im Februar Hatsuuma-sai, im April das Hauptfest Maruyama-Inari-sha-rei-sai und im November das Feuerfest Hitaki-sai, bei dem es Kamakura-Kagura-Tanz-Aufführungen am Schrein gibt, während mit heißem Wasser für gute Ernte gebetet wird.

Danach kann man die Treppe zum nördlichen West-Torii hinabsteigen und sich in der Kanagawa Prefecture Road 21 wiederfinden, über die man etliche weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt erreichen kann, und dort befindet sich noch die Reinigungsgelegenheit Maruyama-inari-chouzusha - für Autos (Kuruma-haraisho). Im Norden des nahen Parkplatzes gibt es abseits vom Hauptkomplex noch den Imamiya-Schrein, der 2021 errichtet wurde und die Geister dreier Kaiser beherbergt, diejenigen von Go-toba, Tsuchimikado und Juntoku. Der Zugang befindet sich rechts vom Tsurugaoka Bunko (kulturhistorische Sammlung).


Nationalschätze und wichtige Kulturgüter
Nationalschätze

national wichtige Kulturgüter:


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@35.3252726,139.5560888,18z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@35.3252726,139.5560888,410m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Webseite des Schreins:
https://www.hachimangu.or.jp/ - https://www.hachimangu.or.jp/en/
Joseph Cali, John Dougill: Shinto Shrines - a Guide to the Sacred Sites of Japan's Ancient Religion, 328 S., University of Hawaii Press 2012, ISBN-10: 0824837134, ISBN-13: 978-0824837136, S. 200-204
Der Schrein auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Tsurugaoka_Hachiman-g%C5%AB - https://en.wikipedia.org/wiki/Tsurugaoka_Hachimang%C5%AB
Liste der Nationalschätze:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(shrines)
Gruppierung von Shinto-Schreinen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Modern_system_of_ranked_Shinto_shrines
Beppyo-Schreine:
https://en.wikipedia.org/wiki/Beppyo_shrine
Kokuhei Shuusha:
https://en.wikipedia.org/wiki/Category:Kokuhei_Ch%C5%ABsha
Shinto-Gott Hachiman:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hachiman - https://de.wikipedia.org/wiki/Hachiman
Ojin Tenno:
https://de.wikipedia.org/wiki/%C5%8Cjin
Bernhard Scheid: Hachiman, in: Religion in Japan, Universität Wien
https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Hachiman
Hachiman Zukuri auf JAANUS:
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https://en.wikipedia.org/wiki/Hachiman-zukuri
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https://doyouknowjapan.com/architecture/shrine/
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Ernst Lokowandt: Shinto - Eine Einführung. Publikation der OAG Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Tokyo 2001, 117 S., Verlag Iudicium 2001, ISBN-10: 3891297270, ISBN-13: 978-3891297278
Suzanne Sonnier: Shinto, Spirits, and Shrines - Religion in Japan, Lucent Books 2007, ASIN: B00FAWMA88
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Tsurugaoka Hachimangu auf der Webseite "Wanderweib" von Tessa-Karina Inoue / Tews:
https://wanderweib.de/tsurugaoka-hachimangu-schrein/
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https://samurai-archives.com/wiki/Minamoto_no_Tsunemoto
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https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Tsunemoto - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Mitsunaka - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yorinobu - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yoriyoshi - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yoshiie - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Tameyoshi - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yoshitomo - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yoritomo - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Yoriie - https://en.wikipedia.org/wiki/Minamoto_no_Sanetomo - https://en.wikipedia.org/wiki/Kugy%C5%8D_(priest)
Webseite des Schreins:
https://www.hachimangu.or.jp/en / - Erklärung der Gebäude: https://www.hachimangu.or.jp/en/sightseeing/keidai/ - Schätze des Schreins: https://www.hachimangu.or.jp/en/sightseeing/homotsu/
Webseite des Museums:
http://tsurugaokamuseum.jp/ - https://tsurugaokamuseum.jp/english/shiru/index.html?top
Museum auf der Webseite der Stadt:
https://www.city.kamakura.kanagawa.jp/kokuhoukan/
Webseite des Kanagawa-Tourismus:
https://www.tabiulala.com/de/kamasho/spot445/
Über den Schrein im Projekt "Religion in Japan" von Bernhard Scheid:
https://religion-in-japan.univie.ac.at/Kamigraphie/Tsurugaoka_Hachiman-g%C5%AB
Webseite der Stadt Kamakura zum Schrein:
https://www.city.kamakura.kanagawa.jp/visitkamakura/en/places-to-go/shrines/hachimangu.html
National-Museum auf dem Schreingelände:
https://en.wikipedia.org/wiki/Kamakura_Museum_of_National_Treasures
Liste der Nationalschätze:
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(crafts:_others) - https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_National_Treasures_of_Japan_(crafts:_swords)
Mariko Miki, Sae Yamane: Kamakura & Enoshima: A Japan Guide to Nature, Culture, and Community, LOCAL FOCUS Vol. 1, Verlag: The Blue Co. Ltd, 2. Auflage 2019, 212 S., ISBN-10: 4991060516, ISBN-13: 978-4991060519 S. 75-77
Kamakura Today
https://www.kamakuratoday.com/e/index.html, 2002, https://www.kamakuratoday.com/e/spot_hachimangu.html


Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (2): Photos der unteren Ebene und des Romon - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (3): Messer-Zeremonie im Maiden, Teil 1 - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (4): Messer-Zeremonie im Maiden, Teil 2 - Tsurugaoka Hachiman-gu, Teil (5): Photos der oberen Ebene, Romon und Zentraleinheit

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