Bernhard Peter
Kyoto: Okazaki jinja (Usagi jinja)


Lage und Erreichbarkeit
Der Okazaki-Schrein liegt am östlichen Ende der Marutamachi-dori, im Nordosten des Heian-Schreines (Adresse: 51 Okazaki-higashi-tenno-cho, Sakyo-ku, Kyoto-shi). Der Eingang mit dem grauen Torii liegt zwischen dem Aufgang zum Kurodani links und einem modernen Hotel rechts. Am bequemsten erreicht man den Schrein mit den Buslinien 32, 93, 100, 203 oder 204, Haltestelle Okazakijinja-mae. Die Anreise mit der U-Bahn ist unbequemer, von den Stationen Higashiyama oder Keage der Tozai Line ist es ein weiterer Fußmarsch. Eine Kombination der Besichtigung mit der des Kurodani, des Shinnyodo und / oder des Heian-Schreins ist sinnvoll. Der Eintritt ist frei. Im Schrein sind wenig bis gar keine Touristen anwesend, dafür jede Menge Einheimische, so daß die Atmosphäre authentisch und lebhaft ist. Dazu liegen die Gebäude eingebettet in dichten Baumbestand, eine Oase der Natur inmitten der Großstadt.


Geschichte und Bedeutung
Es handelt sich um einen sehr alten Schrein. Er soll einer der vier Schreine sein, die bei der Neuanlage der Hauptstadt Heian-kyo im Jahre 794 an den vier Kardinalpunkten errichtet wurden. Dieser Schrein schützte die neue Stadt vor allem Übel, das von Osten kommen konnte, und deshalb trug er einst den Namen Higashi-tenno (Ost-König). Da die Zentralachse des ursprünglichen Stadtplans weiter im Westen lag, befand man sich damals hier bereits in den östlichen Außenbezirken.

In diesem Schrein werden als Kami die mythischen Figuren Susano-o-no-mikoto und seine Frau Kushiinada-hime-no-mikoto verehrt. Ersterer hatte seine spätere Frau, die wunderherrliche Inada-Prinzessin, Tochter von Ashinazuchi und Tenazuchi, vor dem Monster Yamata-no-orochi gerettet, einer gewaltigen achtgabeligen Schlange mit 8 Köpfen und ebensovielen Schwänzen. Susano-o ist im Shintoismus der Kami des Windes und des Meeres. Außerdem gilt der wegen seiner Streiche aus dem Himmel (Takamanohara) verbannte Sohn von Izanagi und  Izanami als Bruder der Sonnengöttin Amaterasu und des Mondgottes Tsukuyomi no Mikoto. Susano-o traf einst die Eltern von Kushiinada-hime, deren Schicksal es war, daß die achtgabelige Riesenschlange jedes Jahr eines ihrer Kinder fraß, und Kushiinada-hime war ihr letztes. Susano-o verwandelte die letzte Tochter in einen Kamm und steckte sich diesen in seinen Haarzopf. Als die Schlange kam, machte das Elternpaar diese betrunken, und Susano-o erschlug die Schlange mit seinem Schwert. Aus dem Inneren der Schlange entnahm er das Grasmäher-Schwert (Kusa-nagi-no-tachi), welches später zu den drei Throninsignien Japans gerechnet wurde. Susano-o und Kushiinada-hime heirateten und zeugten gemeinsam den Sohn Yashimajinumi, auf den schließlich die Kaiser zurückgehen. Beide hatten zusammen insgesamt fünf Söhne und drei Töchter. Dieses Götterpaar wird auch im Yasaka-Schrein in Gion verehrt, weiterhin im Imamiya-Schrein, dort zusammen mit ihren Nachkommen.

Nachdem im Jahre 1178 eine Kaiserin eine erfolgreiche Geburt erlebt hatte, was man in Zusammenhang mit positivem Einfluß dieses Schreines sah, rückte der Schrein in den Fokus kaiserlicher Aufmerksamkeit, und fortan bekam er zusätzlich die Aufgabe, für Nachwuchs und eine leichte Geburt zuständig zu sein.


Rundgang und Beschreibung
Das beherrschende Thema an diesem Schrein ist das Kaninchen. Es ist allgegenwärtig, auf den gläsernen Schiebetüren, als Figur rechts und links des Haiden (Koma usagi, wie Koma-inu rechts mit offenem Mund, links mit geschlossenem, also A-Un-Prinzip), als lustiger Druck auf den Papierlaternen vor dem Haiden und sitzend mit Winkehändchen Glück herbeiwinkend (Maneki usagi) im Durchgang nach hinten, der rechte für gute Heirat und der linke für Glück. Also sieht man vor dem Haiden stehend insgesamt 6 Kaninchen, paarweise nach hinten gestaffelt. Weiterhin gibt es Kaninchen als Steinskulptur mit Babykaninchen daneben, als schwarze polierte Einzelfigur über dem Reinigungsbecken Chozuya rechts des Haiden und überall auf den kleinen Votivgaben und Glücksbringern. Deswegen wird der Schrein auch im Volksmund "Usagi jinja" genannt, Kaninchen-Schrein. Die schwarze Figur mit dem Blick nach oben am Wasserbecken ist besonders populär, wie man an den unzähligen Ema sehen kann, die an den offenen Wänden rechts, links und hinten aufgehängt sind. Das schwarze Kaninchen wird Kosazuke usagi genannt. Wenn man gerade am Reinigen ist, spritzt man etwas Wasser über die Figur, und wenn es ums Kinderkriegen geht, reibt man anschließend mit der Hand über den Kaninchenunterleib. Und natürlich haben hier die ganzen Talismane Kaninchenform oder eine Stickerei mit Kaninchen auf dem Beutel. Für 500 Yen bekommt man ein Usagi mikuji omamori für Glück, und für 10000 Yen bekommt man ein Fukumimi mamori mit besonders langen Ohren. Selbst kleine Glöckchen aus Keramik in Kaninchenform gibt es am Schreinbüro zu kaufen. Die Ema gibt es in mehreren Varianten, entweder als Pärchen oder als Winke-Kaninchen, und manche Ema tragen noch einen rosa Flechtkranz.

Kaninchen dienen hier den Kami als Shinshi, sie sind tierische Begleiter der Götter und ihre Gehilfen der Götter in Tierform. Das Wort "Shin-shi" bedeutet "Götterdiener", und der wichtigste Dienst aus Menschensicht ist die Kommunikation zwischen ihnen und den Göttern. Vermutlich gab es einst hier am Schrein viele wilde Kaninchen, so daß es zu der Assoziation kam. Die Fruchtbarkeit des Kaninchens ist legendär, und entsprechend wird dieser Schrein vor allem von jungen Frauen aufgesucht, die sich Kinder wünschen, oder von Schwangeren, die hier für eine leichte Geburt beten. Und deshalb ist der Schrein auch sehr beliebt, um schon seine traditionelle Shinto-Hochzeit hier zu feiern, damit die Ehe gleich mit dem Segen der Kami beginnt. Mit der Wahl dieses Ortes sorgt man von Anfang an für eine glückliche Familie mit gesundem Nachwuchs. Davon profitiert das nahe Heian-no-mori-Hotel mit der Ausrichtung von Hochzeitsfesten.

Vor dem über eine Treppenstufenanlage zu erreichenden Haiden mit seinem geschwungenen Giebel stehen neben den Shinshi noch zusätzlich, etwas weiter nach außen gerückt, die beiden klassischen Koma-inu. Der Haiden selbst ist eine komplizierte Konstruktion, im Grundriß T-förmig mit vorgezogenem Mittelteil und zwei Seitenteilen. Der Honden selbst mit seinem ca. 15 m breiten und 12 m tiefen Dach liegt dahinter verborgen und ist wegen des dichten Baumbestandes nicht zu sehen.

Auf dem Gelände des Okazaki jinja befinden sich noch eine Noh-Bühne (No-butai), ein weiteres Handwaschbecken (Chozusha), eine Halle Ema-do (Halle für Votivtafeln) und ein paar Nebenschreine (Massha): Linkerhand liegt gleich hinter dem Eingang der Miyashige-inari-jinsha mit doppeltem rotem Torii davor.  Dieser Nebenschrein ist dem geschäftlichen Erfolg gewidmet. Und wenn man vor dem Haiden nach rechts geht, kommt man zum Ame-sha mit eigenem grauem Torii, angeblich gut bei Augenkrankheiten. Ursprünglich war das ein Regen-Schrein, wo der Drachengott des Regens verehrt wurde. Damit war er natürlich auch für gute Ernten zuständig. Daneben gibt es noch den Sangusha (Sannomiyasha) und mehrere weitere kleine Schreine. In der Hauptachse befindet sich ein Podest, auf dem lauter kleine Kaninchen aufgereiht sind. Das kommt daher, daß die Omikuji-Orakel mit diesen Hüllen verkauft werden; das Papier wird ins Innere der Figuren getan. Besucher kaufen die Orakelzettel und lassen die weißen oder rosafarbenen Hüllen in Kaninchenform hier zurück. Davor befinden sich drei rußgeschwärzte Verbrennungsöfen für gebrauchte und verfallene Talismane.


Gebäude


Komainu


Kaninchen überall

 

 

 


Wohin mit gebrauchten Talismanen?


Ema des Okazaki jinja


Kamon des Okazaki jinja


Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps: https://www.google.de/maps/@35.0172706,135.789047,19.25z - https://www.google.de/maps/@35.0173768,135.7887631,70m/data=!3m1!1e3
Webseite des Schreines:
http://okazakijinja.jp/
auf Kyotofukoh:
https://kyotofukoh.jp/report66.html
auf Japan Visitor:
https://www.japanvisitor.com/japan-temples-shrines/okazaki
auf Tourist Japan:
https://touristjapan.com/okazaki-shrine-rabbit-shrine/
auf Tsunagu Japan:
https://www.tsunagujapan.com/all-about-the-bunny-shrine-kyoto-s-higashi-tenno-okazaki-shrine/
auf Sharing Kyoto:
https://sharing-kyoto.com/see_okazaki-shrine/story
auf Japan Travel:
https://en.japantravel.com/kyoto/okazaki-jinja-and-konkaikomyo-ji/6068
auf Samurai Archives:
https://wiki.samurai-archives.com/index.php?title=Okazaki_Shrine
die süßesten Omikuji-Verpackungen:
https://www.discoverkyoto.com/kyoto-voice/cute-fortunes/
Mythologie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kushinadahime - https://de.wikipedia.org/wiki/Yamatanoorochi - https://de.wikipedia.org/wiki/Susanoo - http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=176 - http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=143 - http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=102


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