Bernhard
Peter
Shinto-Schreine:
Uji (Präfektur Kyoto), Ujigami Jinja
Der Ujigami-Schrein befindet sich auf der von der Innenstadt aus gesehen anderen Seite des Uji-Flusses (Uji-gawa), auf dessen Nordostseite, gegenüber dem Byodo-in und am Fuß des Berges Asahiyama. Eine Fußgängerbrücke überquert den Fluß, und von dort gelangt man in direkter Verlängerung über das Gelände des Uji-jinja auf die Straße Sawarabi-no-michi, der man nach Nordosten folgt. In einer Linksbiegung der Straße liegt geradeaus der Eingang zum Ujigami jinja, hinter dem sich am Berghang der Daikichiyamafuchi-Park erstreckt. Im Norden des Schreines führt von der Straße Sawarabi-no-michi aus ein Zickzackweg auf den Hügelgipfel.
Dieser Schrein ist Uji no Waki-iratsuko gewidmet sowie seinem Vater, dem 15. Kaiser Ojin, der vermutlich im späten 4. bis zum frühen 5. Jh. regierte, sowie des Erstgenannten Bruder Uji no Osazaki, dem späteren legendären Kaiser Nintoku, der im 5. Jh. herrschte. Waki-iratsuko, vom Vater zum Thronerben bestimmt, beging angeblich Selbstmord, um seinen Stiefbruder dazu zu bringen, den Thron zu besteigen. Er ertränkte sich im Uji-Fluß. Alle drei Protagonisten dieser tragischen Legende wurden zu Kami. Die Legende berichtet, daß sich hier einst der von Waki-iratsuko erbaute Kirihara no Higeta Palast befand, auf dessen ehemaligem Gelände auch der nahe Uji-Schrein steht. Als der Byodo-in erbaut wurde, avancierte der Ujigami jinja zum Schutzschrein desselben. Bis zur Meiji-Restauration 1868 gehörten der ältere Ujigami-Schrein und der jüngere Uji-Schrein zusammen und wurden gemeinsam als Rikyukamisha oder Uji Rikyu Shimmei bezeichnet; ersterer war bekannt als der obere Schrein des abgegangenen Palastes und letzterer als unterer Schrein des abgegangenen Palastes (Rikyu-kami jinja und Rikyu-shimo jinja). Der Ujigami-Schrein wurde auch einfach als Honmiya bezeichnet, Hauptschrein. Heute sind die beiden eigenständige Schreine. Das jährliche Fest findet am Ujigami-Schrein am 5.5. statt.
Der Schrein ist insgesamt nicht groß und besitzt nur zwei Hauptgebäude, ist aber kunsthistorisch bedeutend, weshalb er auch seit 1994 zum Weltkulturerbe zählt. Die als Nationalschatz klassifizierte Verehrungshalle Haiden liegt tiefer auf dem Gelände und wird vom Besucher zuerst erreicht. Sie wurde im Stil adeliger Residenzen errichtet (Shinden-zukuri) und ist sechs Ken breit und drei Ken tief (Ken hier nicht als Längenmaß, sondern als Pfostenabstand benutzt). Schmale überdachte Einheiten (seitliche Vordächer = Hisashi) sind rechts und links an die Zentraleinheit angebaut und verlängern das Gebäude je um ein Ken. Der innere Bereich (Moya) ist im Kirizuma-Stil errichtet worden. Die Dächer der Hisashi haben Giebel vom Typ Sugaru hafu (Klammergiebelfront). Das Dach ist mit Zypressenrinde gedeckt.
Die Haupthalle, Honden, ist die hintere, höher am Berg gelegene Halle, die sich nach vorne nur durch Holzgitter öffnet. Sie ist 5 Ken breit und 2 Ken tief. Sie stammt aus der späten Heian-Zeit (794-1192) und wurde um 1060-1067 errichtet. Dendrochronologische Untersuchungen bestätigen die Bauzeit um 1060. Damit ist der Ujigami-Schrein Japans älteste erhaltene Shinto-Struktur; und diese Halle gehört ebenfalls zu den Nationalschätzen Japans. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Praxis, Schreine alle paar Jahrzehnte abzureißen und neu zu bauen, wurde das hier nicht gemacht, so daß wir nicht nur die originale Form, sondern auch noch die originale Bausubstanz jener Zeit haben. Die Haupthalle ist im Nagare-Stil (Nagare-zukuri) erbaut worden mit vier tragenden Säulen und einem weit vorgezogenen geschwungenen Dach über dem Eingang auf der Längsseite, das mit Zypressenrinde gedeckt ist.
Die Konstruktion ist ungewöhnlich, weil im Innern drei Innenschreine im Stil Ikkensha-zukuri nebeneinander stehen, jeder ähnlich wie die große Außenhülle gebaut, jeder mit einer kleinen Treppenanlage und einem vorgezogenen Dach. Von diesen drei Substrukturen im Inneren ist der Chuden-Schrein für den Kaiser Ojin, der Saden-Schrein für seinen Sohn Uji no Wakiiratsuko und der Uden-Schrein für den Kaiser Nintoku. In der Mitte befindet sich das Hauptheiligtum. Die Dächer sind erneuert worden und stammen aus viel späterer Zeit als die Malereien auf den Tür-Paneelen, die noch aus der Erbauungszeit stammen.
Besonders bemerkenswert ist die auf dem Schreingelände befindliche überdachte heilige Quelle, genannt Kirihara-no-mizu (Mizu = Wasser) oder Kirihara-sui, die zu den sieben berühmten Gewässern von Uji gehört, und von diesen ist es die einzige noch funktionierende Quelle.
Hauptzugang zum Schreingelände mit einem orangerot gestrichenen Torii, an dem ein Shimenawa mit Shide-Papierstreifen befestigt ist. Das Torii markiert den symbolischen Übergang in den heiligen Bereich.
Blick auf die Verehrungshalle, Haiden, im Stil adeliger Residenzen der Zeit errichtet (Shinden-zukuri). Während normalerweise die Gebetshallen für die Gläubigen reihum offen gestaltet sind, gibt es hier geschlossene Wände wie bei einem Palast. Typisch für diesen Stil sind die fünf Gitterblenden auf der vorderen Längsseite, die nach oben in horizontale Stellung aufgeklappt und dort mit Klammern fixiert werden.
Ein von einem Bambusrahmen eingefaßter und mit einem Shimenawa markierter kunstvoller Sandkegel vor dem Haiden. Zwei davon existieren rechts und links der vorgezogenen Plattform vor dem Eingang. Diese Sandkegel stellen symbolisch Berge dar.
Papierlaternen unter kleinem Holzdach vor der Verehrungshalle, Haiden
Shimenawa vor dem Haiden
Die im Nagare-Stil (Nagare-zukuri) erbaute Haupthalle, Honden, ist höher am Berg gelegen. Sie stammt aus der späten Heian-Zeit (794-1192) und wurde 1067 errichtet und ist damit Japans älteste erhaltene Shinto-Struktur.
Zwei Komainu am Aufgang zum Honden.
Kirihara-no-mizu, mit einem Hüttchen überbaut und mit einem Shimenawa mit Shide-Papierstreifen als besonders heiliger Bereich markiert. Rechts an der Wand sind die Schöpfkellen für die rituelle Waschung aufgehängt. Ein paar Trittstufen führen herunter zum frisch aus dem felsigen Untergrund quellenden Wasser.
Abb. links: Nebenschrein auf dem Gelände, rechts neben dem Honden. Es handelt sich um den Kasuga Subschrein (Schrein im Kasuga-Stil). Kasuga-zukuri = Grundtyp der Shinto-Architektur mit Satteldach, Eingang des sehr kleinen, oft nur eine Raumeinheit großen Schreines befindet sich an der Giebelseite, mittig, mit zusätzlichem Pultdach auf der Giebelseite als Vordach über dem Eingang. Der Name bezieht sich auf ein typisches Modell, den Kasuga-Taisha-Schrein in Nara. Weiteres Beispiel: Uda Mikumari Jinja Honden in Nara. Dieser Kasuga-Subschrein im Bild stammt aus der Kamakura-Zeit. Abb. rechts: Heiliger Felsen mit von Besuchern vorsichtig aufgehäuften kleinen Steinchen, durch ein Shimenawa mit Shide-Papierstreifen markiert.
Blick seitlich von rechts auf den Honden. Rechts im Bild ein Nebenschrein.
Zwei kleine Begleitschreine auf dem Gelände. Beide mit Shimenawa und Shide-Papierstreifen.
Blick in einen kleinen Begleitschrein. Ein frisches Tablett mit Opfergaben wartet auf Genuß durch die Kami.
Heiliger Felsen mit einem Mützchen aus kleinen Steinen, durch ein Shimenawa mit Shide-Papierstreifen als heiliger Bereich und Sitz von Kami markiert.
Blick von rechts auf den über tausend Jahre alten Honden. Gut sichtbar ist das asymmetrisch weit vorgezogene Dach.
Giebelkonstruktion
Fuchsstatue auf dem Gelände.
Abb. links: Heiliger Baum mit Shimenawa und Shide-Papierstreifen, Abb. rechts: Nebenheiligtum.
Hauptfront des rückwärtig höher am Hang gelegenen Honden über Stufenanlage. Drei Innenschreine stehen hinter den Gitterblenden nebeneinander, der größte in der Mitte.
Rückseite des Haiden, der für die Menschen als Ort der Kami-Verehrung dient. Ein Haiden ist eine Andachtshalle eines Shinto-Schreines, normalerweise in derselben Achse wie Honden und ggf. Heiden angeordnet. Diese Halle dient den Gläubigen zum Verrichten ihrer Gebete und ähnelt in der Funktion einem Raido (Raidou) eines buddhistischen Tempels, von dem sie abgeleitet sein könnte (eine Theorie von mehreren). Dieses Bauwerk stammt immerhin von 1215, also aus der Kamakura-Zeit. Vermutlich stammt es von der aufgegebenen Palastanlage und wurde auf das Schreingelände umgesetzt.
Blick auf den Honden, der den Kami als Niederlassungsort dient, mit den beiden Komainu rechts und links der Stufenanlage. Der Honden liegt meistens an der Rückseite einer Shinto-Anlage, normalerweise in derselben Achse wie Haiden und ggf. Heiden. Nur der Priester betritt den Raum bzw. die Teilräume. Der Honden wirkt wie eine Art Puffer zwischen der ungezähmten Wildnis der Natur dahinter am Berghang und dem palastartig gebauten Haiden davor.
Shimenawa um einen heiligen Baum.
Fünfstreifiger Skink (Plestiodon japonicus) mit blauem Schwanz auf dem Schreingelände. Der blaue Schwanz soll alle Aufmerksamkeit von Freßfeinden auf sich ziehen, während der eigentliche Körper gut getarnt ist.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@34.8920025,135.8113075,20.25z - https://www.google.de/maps/@34.8920025,135.8113075,98m/data=!3m1!1e3
Informationstafel am Schrein
John Dougill: Japan's World Heritage Sites - Unique Culture,
Unique Nature, 192 S., Verlag: Tuttle Shokai Inc., 2014, ISBN-10:
4805312858, ISBN-13: 978-4805312858, S. 70-71
Ernst Lokowandt: Shinto - Eine Einführung. Publikation der OAG
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens,
Tokyo 2001, 117 S., Verlag Iudicium 2001, ISBN-10: 3891297270,
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Joseph Cali, John Dougill: Shinto Shrines - a Guide to the Sacred
Sites of Japan's Ancient Religion, 328 S., University of Hawaii
Press 2012, ISBN-10: 0824837134, ISBN-13: 978-0824837136
Suzanne Sonnier: Shinto, Spirits, and Shrines - Religion in
Japan, Lucent Books 2007, ASIN: B00FAWMA88
Kenji Kato: Shinto Shrine, Bilingual Guide to Japan, Nippan
Verlag 2017, 128 S., ISBN-10: 4093884781, ISBN-13: 978-4093884785
Ujigami-jinja, Uji-Yamada, Uji City: http://www2.city.kyoto.lg.jp/bunshi/bunkazai/isan-i-e.htm - https://de.wikipedia.org/wiki/Ujigami-Schrein - https://en.wikipedia.org/wiki/Ujigami_Shrine - http://www.kiis.or.jp/kansaida/uji/uji02-e.html - http://kyoto.travel/de/shrine_temple/128 - http://kyoto.travel/de/shrine_temple/194 - https://www.discoverkyoto.com/places-go/uji/ujigami-jinja/
auf JPManual: http://jpmanual.com/en/ujigami-shrine
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