Bernhard
Peter
Shinto-Schreine:
Nara, Tamukeyama Hachiman-gu
Der Schrein Tamukeyama Hachiman-gu (Hachiman-guu) liegt im Nara-Park östlich des Todai-ji, südwestlich der Tempelgruppe Hokke-do, Kannon-in und Nigatsu-do (Adresse: 434 Zoshicho, Nara-shi, Nara-ken 630-8211). Im Norden sind Torii, Stele mit Schriftzeichen und Komainu zu finden, etwas abgesetzt von den Gebäuden. Eine lange Gebäudezeile mit Galeriegängen nach innen und zentral angelegtem Tor begrenzt das Schreingelände nach Westen parallel zum Weg. Ein überdachter Zwischenraum führt zu einer überdachten, reihum offenen Plattform, hinter dem in gerader Achse östlich das eigentliche Heiligtum am Waldrand steht. Etliche kleinere, z. T. einzeln eingefriedete Nebenschreine (Kora-Schrein, Sumiyoshi-Schrein) sind im Norden und Süden dieser achsial in West-Ost-Richtung gereihten Hauptgebäude zu finden. Malerisch bemooste Steinlaternen stehen in einer Gruppe nördlich der Plattformhalle. Der Schrein besticht insgesamt durch seine schöne und ruhige Atmosphäre abseits der touristischen Hauptroute am Fuße des Berges Tamuke-yama. Bemerkenswert ist das etwas abseits auf der anderen Seite des Weges stehende Schatzhaus in Blockhausbauweise, das als wichtiges Kulturgut eingestuft ist und u. a. einen rituellen Sattel in chinesischem Stil und eine Bugaku-Theatermaske enthält.
Der Schrein wurde 749 gegründet. Die originalen Gebäude brannten 1180 ab; die heutigen Gebäude stammen aus dem Jahr 1250. Vom Typ her handelt es sich um einen Hachiman-Schrein (Hachiman jinja, Hachiman-gu), der dem Kami Hachiman (Hachi-man = wörtlich: Gott der acht Banner) gewidmet ist, einer Schutzgottheit (Chinju-gami) der Bogenschützen und der Samurai-Krieger, die zudem als Schutzgottheit für Japan, das Kaiserhaus und das japanische Volk angesehen wird. Schließlich wurde aus ihm ein Kriegsgott und allgemeiner Schutzpatron des Samurai-Standes.
Solche Hachiman-Schreine gibt es sehr oft, und in der Häufigkeitsskala kommt er gleich hinter den Inari-Schreinen: Insgesamt gibt es ca. 25000 Hachiman-Schreine in ganz Japan, bei den Inari-Schreinen sind es etwa 30000. Bei Hachiman sind die Grenzen zwischen buddhistischer und shintoistischer Verehrung fließend, denn er wird sowohl als shintoistischer Kami als auch im buddhistischen Pantheon der Nara-Zeit als Hachiman Daibosatsu verehrt. Der Buddhismus führt ihn als Bodhisattva. Diese enge Verwobenheit zeigt sich auch darin, daß der Schrein als Schutzschrein (Chinju-sha) des Todai-ji zu diesem gehörte, bis in der Meiji-Zeit beide Religionen voneinander getrennt wurden (Shinbutsu-Bunri) und die Zugehörigkeit aufgehoben wurde. An verschiedenen Schreinen wurde dabei nach 1868 die Bezeichnung Daibosatsu für Hachiman verboten, nur noch der Name Hachiman Dai-jin = "großer Kami Hachiman" war zulässig, um auch verbal die Trennung zwischen den beiden Religionen zu vollziehen.
Weitere hier zusätzlich eingeschreinte Kamis sind die der eher mythologischen bzw. legendären als historisch gesicherten Kaiser Ojin (Oujin, 15. Kaiser nach traditioneller Zählung, Schrein in der Mitte, auch unter dem Namen Homudawake-no-mikoto bekannt), Nintoku (Nachfolger, 16. Kaiser nach traditioneller Zählung, 4. Sohn von Ojin) und Chuai (Chuuai, 14. Kaiser, Vater des Ojin, auch unter dem Namen Tarashinakatuhiko-no-mikoto bekannt) und der Kaiserin Jingu (Jinguu, auch unter dem Namen Okinagatarashi-hime-no-mikoto bekannt, Schrein rechts, Mutter von Ojin) sowie der Hime-o-kami (Schrein links, Frau des Ojin). Manchmal wird Ojin auch mit Hachiman gleichgesetzt, als Hachiman Daimyo-jin. Deshalb sind hier auch seine Eltern, seine Frau und sein Sohn "nachgezogen". Eine besondere Beziehung zur Schutzgottheit Hachiman hatte die Familie Minamoto, die ihre Herkunft von Kaiser Ojin ableitet, und auch der Familienclan der Genji betrachtete ihn als Familiengottheit.
Der Schrein in Nara ist ein Ableger des Usa Hachiman jinja auf der zweitgrößten Hauptinsel Kyushu, wo der Gott quasi einheimisch ist und herkommt. Die Götter wurden durch Oga no Ason Morime hierher nach Nara gerufen, als der Todai-ji seine große Buddhafigur bekam. Hachiman und die genannten Kaiser sind mythologisch eng miteinander verbunden, werden sogar miteinander identifiziert, und alle zusammen sind die Schutzgottheiten für den nahen Haupttempel Todai-ji. Auf ähnliche Weise hatten auch Tempel wie Daian-ji, Yakushi-ji und To-ji ihren Schutzschrein.
Westlicher Gebäuderiegel von außen mit Tor
Westlicher Gebäuderiegel von innen mit Tor und Verbindung zur ringsum offenen Plattformhalle
Diese offene Plattformhalle dient der Aufführung ritueller Tänze. Die eigentliche Gebetshandlung findet im Osten von ihr statt.
Blick durch die offene Halle auf das eigentliche Heiligtum
Das eigentliche Heiligtum befindet sich im umzäunten Bereich.
Abb. links: Becken zur rituellen Reinigung. Abb. rechts: Steinlaterne.
Steinlaternen nördlich der offenen Tanzplattform
Das Tuch mit großer Schelle am oberen Ende ist Standard; interessant und selten ist hingegen der Stoffsack mit den vielen kleinen Schellen.
Westlicher Gebäuderiegel von innen mit Tor und Verbindung zur offenen Plattform
Blick durch die Plattformhalle auf das eigentliche Heiligtum
Schatzhaus in Blockbauweise
Ständer mit Papp-Ema
vorderseitig bedruckte Ema warten auf individuelle Beschriftung auf der Rückseite
Wie die Mischung zeigt, sind Ema auch bei Touristen gerne benutztes Mittel zum Ausdruck der Wünsche
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@34.6878606,135.8442771,19.54z - https://www.google.de/maps/@34.6878183,135.8445314,138m/data=!3m1!1e3
Ernst Lokowandt: Shinto - Eine Einführung. Publikation der OAG
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens,
Tokyo 2001, 117 S., Verlag Iudicium 2001, ISBN-10: 3891297270,
ISBN-13: 978-3891297278
Joseph Cali, John Dougill: Shinto Shrines - a Guide to the Sacred
Sites of Japan's Ancient Religion, 328 S., University of Hawaii
Press 2012, ISBN-10: 0824837134, ISBN-13: 978-0824837136
Suzanne Sonnier: Shinto, Spirits, and Shrines - Religion in
Japan, Lucent Books 2007, ASIN: B00FAWMA88
Kenji Kato: Shinto Shrine, Bilingual Guide to Japan, Nippan
Verlag 2017, 128 S., ISBN-10: 4093884781, ISBN-13: 978-4093884785
Tamukeyama Hachiman-gu: https://en.wikipedia.org/wiki/Tamukeyama_Hachiman_Shrine
allg. Hachiman-Schreine: https://en.wikipedia.org/wiki/Hachiman_shrine - http://www.univie.ac.at/rel_jap/an/Bekannteschreine
Hachiman: https://en.wikipedia.org/wiki/Hachiman - https://de.wikipedia.org/wiki/Hachiman
Mythologische Kaiser: https://en.wikipedia.org/wiki/Emperor_Ch%C5%ABai - https://en.wikipedia.org/wiki/Emperor_%C5%8Cjin - https://en.wikipedia.org/wiki/Emperor_Nintoku
Trennung von Buddhismus und Shintoismus: https://de.wikipedia.org/wiki/Shinbutsu-Bunri
Hachiman-Verehrung: http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=1083
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