Bernhard
Peter
Shinto-Schreine:
Uji (Präfektur Kyoto), Uji Jinja
Wenn man von der Innenstadt von Uji oder vom Byodo-in kommend auf der Fußgängerbrücke (Asagiri-Brücke) den Uji-Fluß (Uji-gawa) überquert und von dessen Südwestufer auf das Nordostufer wechselt, befindet sich wenige Meter vom Brückenkopf entfernt schon das den Eingang zum Schreinbezirk markierende Torii zwischen zwei Wächterlöwen. Dahinter liegt von Bäumen flankiert eine Allee aus Steinlaternen. Eine Treppe führt hoch zum einer nächsthöheren Ebene, auf der ein Kiriharaden mit 3 x 3 Pfostenabständen steht. Mehrere kleine Gebäude säumen den Platz, der Anschluß an die Straße Sawarabi-no-michi hat. Über eine weitere kleine Treppe, wiederum mit Torii versehen, gelangt man zum umzäunten und dem Publikumsverkehr nicht zugänglichen eigentlichen Schrein, der Behausung für die Kami. Seitlich sind rechts und links des Honden entlang des Weges mehrere kleine Schreine aufgestellt.
Der Uji-Schrein ist Uji no Waki-iratsuko gewidmet, Sohn des Kaisers Ojin, der der Legende nach im 3. Jh. als 15. Tenno von Japan regierte, vermutlich aber vom späten 4. bis frühen 5. Jh. lebte. Seine Lebensdaten sind sehr umstritten, und nicht nur das, seine Existenz als solche wird von einigen als historische Person bejaht, von anderen als mythische Figur bestritten. Im Kriegsgott Hachiman soll sein Geist manifestiert sein. Als sein Grab gilt eine riesige schlüssellochförmige Anlage (Kofun-Grabhügel) in Habikino in der Präfektur Osaka, der Ojin-ryo.
Wie auch immer, Uji no Waki-iratsuko war damit der jüngere Bruder bzw. Stiefbruder des legendären Kaisers Nintoku, des 16. Tenno von Japan, dem eine schlüssellochförmige Grabanlage (Kofun-Grabhügel) in Sakai zugewiesen wird, das Daisen-ryo-Kofun. Aber wie bei seinem Vater ist man sich nicht ganz sicher, ob es sich um eine historische Person oder um eine mythische Figur handelt.
Glaubt man der ältesten japanischen Geschichtschronik, dem angeblich im 8. Jh. vollendeten Nihon Shoki, dann beging Uji no Waki-iratsuko Selbstmord, um so seinen Bruder dazu zu bringen, den Thron zu besteigen und den Thronfolgestreit zu beenden. Zuvor waren mehrere Jahre ins Land gegangen, in denen keiner den Thron bestieg: Der jüngere, zum Kronprinz auserkorene Sohn wollte nicht, weil er der Ansicht war, daß der Thron seinem älteren Bruder gebührte, und der ältere Sohn wollte nicht gegen den Wunsch des Vaters handeln. Keiner von ihnen war also willens, Tenno zu werden, bis der jüngere Sohn das Problem durch Suizid löste. Dieses tragische Schicksal ließ die drei Protagonisten dieser Geschichte zu Kami werden.
Die Legende berichtet, daß dieser Schrein sich an der Stelle des von Waki-iratsuko erbauten Kirihara no Higeta Palastes befindet, genau wie der nahe Ujigami-Schrein. Der abgegangene Palast wird als Rikyu bezeichnet. Bis zur Meiji-Restauration 1868 gehörte der Uji-Schrein sogar zum älteren Ujigami-Schrein und war eine Teilstruktur des Gesamtkomplexes; ersterer war bekannt als der untere Schrein des abgegangenen Palastes und letzterer als oberer Schrein des abgegangenen Palastes (Rikyu-kami jinja bzw. Rikyu-kami yashiro = oberer Schrein und Rikyu-shimo jinja bzw. Rikyu-shimo yashira = unterer Schrein). Heute sind die beiden eigenständige Schreine.
Der Schrein blühte ab der zweiten Hälfte der Heian-Zeit (794-1185) und während der ganzen Kamakura-Zeit. Die heute vorhandenen Hauptgebäude des Schreins und die beiden Komainu-Statuen (zwei meisterhaft gestaltete Löwen, der eine mit offenem, der andere mit geschlossenem Rachen) am Schreineingang wurden in der Kamakura-Zeit (1185-1333) hergestellt. Die im Sangensha-nadare-Stil errichtete Haupthalle, Honden, ist als wichtiges Kulturgut klassifiziert. Sie ist mit Zypressenrinde gedeckt. Eine Figur im Inneren stellt Uji no Waki-iratsuko dar. Der Schrein ist Ort des Rikyu-Festes mit Dengaku-Tänzen und anderen Aufführungen. Schreinfeste finden am 8.5., 8.6. und am 16.8. statt. Weil Uji no Waki-iratsuko, der u. a. von Achiki und Wang Jin unterrichtet wurde, als sehr intelligent und gelehrig galt, wird er als Schrein-Kami besonders von Schülern und Studenten verehrt, die sich ein gutes Examen wünschen.
Hauptzugang zum Schreinbezirk mit Torii an der Uferstraße, unterste Ebene.
Herrlich expressiver Wächterlöwe am Zugangsweg.
zweite Ebene des Schreinbezirks mit dem 1215 errichteten Kiriharaden.
Zweites Torii; die Treppe führt von der zweiten zur dritten Ebene mit dem umzäunten Honden.
Sake-Spenden, rechts Detail
Umzäunter Honden mit Nebengebäuden. Links der Ort, wo die Besucher bitten und beten.
Honden mit einem herrlich geschwungenen Dach, das mit Zypressenrinde gedeckt ist.
Abb. links: Stab mit Papierstreifen, dahinter aufgehängt Votivobjekte. Abb. rechts: Gläubige vor dem Heiligtum.
Ahornbäume auf dem Schreingelände bilden zarte Silhouetten vor dem Himmel
Detail des Honden mit den Klammerkonstruktionen des weit ausladenden Daches
Nebenschreine nördlich des umzäunten Honden
umzäunter Honden, von der Rückseite gesehen
An Drähte geknotete Papierstreifen des Losorakels, eine gängige Praxis in Shinto-Schreinen. Rechts angeschnitten ein Verkaufsstand.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf google maps:
https://www.google.de/maps/@34.8909232,135.8105076,20z - https://www.google.de/maps/@34.8909232,135.8105076,98m/data=!3m1!1e3
Informationstafel am Schrein
Ernst Lokowandt: Shinto - Eine Einführung. Publikation der OAG
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens,
Tokyo 2001, 117 S., Verlag Iudicium 2001, ISBN-10: 3891297270,
ISBN-13: 978-3891297278
Joseph Cali, John Dougill: Shinto Shrines - a Guide to the Sacred
Sites of Japan's Ancient Religion, 328 S., University of Hawaii
Press 2012, ISBN-10: 0824837134, ISBN-13: 978-0824837136
Suzanne Sonnier: Shinto, Spirits, and Shrines - Religion in
Japan, Lucent Books 2007, ASIN: B00FAWMA88
Kenji Kato: Shinto Shrine, Bilingual Guide to Japan, Nippan
Verlag 2017, 128 S., ISBN-10: 4093884781, ISBN-13: 978-4093884785
Uji-Schrein: https://de.wikipedia.org/wiki/Uji-Schrein - https://en.wikipedia.org/wiki/Uji_Shrine - http://uji-jinja.com/
Ojin: https://de.wikipedia.org/wiki/%C5%8Cjin
Nintoku: https://de.wikipedia.org/wiki/Nintoku
auf JPManual: http://jpmanual.com/en/ujigami-shrine
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