Bernhard Peter
besondere Unterkünfte in Japan


Japanische Tempelherbergen:
Es müssen nicht immer Hotels oder Gästehäuser sein. In Japan kann man auch in vielen Tempeln und Schreinen übernachten. Das Spektrum reicht von tempelseits betriebenen Hotels bis zu echter Eingliederung in die religiösen Tagesabläufe. Eine solche Unterkunft in religiösen Stätten nennt sich Shukubo. Der Vorteil ist, daß man Zugang zum täglichen Leben in den religiösen Stätten auch außerhalb der Öffnungszeiten hat, daß man an religiösen Verrichtungen (Meditation, Kalligraphie, Tee-Zeremonie, Malen buddhistischer Bilder, Anfertigung handgeschriebener Sutras, Morgenzeremonien) partizipieren kann, daß man in Kontakt mit den Bewohnern kommt. Der Nachteil ist, daß nur wenige Unterkünfte englischsprachig sind, und manche Tempelherbergen machen Japanischkenntnisse zur Bedingung eines Aufenthaltes. In einigen Tempeln kann man auch Shojin Ryori, die berühmte traditionelle vegetarische Küche der buddhistischen Mönche, genießen. Die Unterkünfte sind meist schlicht, dafür preiswert, ganz grob um die 50 € pro Nacht.

In Kyoto wird eine solche Übernachtungsmöglichkeit beispielsweise offeriert von folgenden Tempeln:

Einige dieser Tempelherbergen sind sogar über Buchungsplattformen wie booking.com verfügbar, z. B. Shukubo Koya-san Eko-in oder Koyasan Saizen-in und Koya-san Joki-in. Eine Übersicht über individuelle Angebote gibt http://templelodging.com/.

Seit neuestem gibt es eine zentrale Anlaufstelle. Man muß sich nicht mehr direkt bei den Tempeln und Schreinen informieren, wo und zu welchen Bedingungen ein solcher Tempel-Aufenthalt angeboten wurden, und man muß nicht mehr bei jedem Tempel einzeln per E-Mail-Anfrage buchen. Die neue Plattform heißt Tera-haku (Tempelaufenthalt) https://terahaku.jp/ - über das Projekt: https://terahaku.jp/about/ - teilnehmende Tempel mit Karte: https://terahaku.jp/temple/. Zu den ersten teilnehmenden Tempeln gehören der Mii-dera (Onjo-ji) in Otsu am Biwa-See, der Natisan Shoureki-ji in Ayabe und der Reiho-san Nyogan-ji in Osaka. Eine stetige Erweiterung des Angebots in den nächsten Jahren ist zu erwarten.


Ryokan:
Das sind traditionelle japanische Gästehäuser. Ein Aufenthalt in einem solchen Hotel ermöglicht ein traditionelles japanisches Leben, in traditionell eingerichteten Räumen, mit überwältigender Gastfreundschaft und Betreuung durch die Betreiber. Man wechselt quasi von der modernen Stadt in eine völlig andere Welt. Das heißt aber auch, sich an gewisse Regeln anzupassen, sich in den Ablauf einzufügen, sich zu benehmen. Ein Ryokan ist ideal zum Eintauchen in die traditionell geprägte Gastfreundschaft, um in fast musealer Umgebung zu leben. Ein Tag in einem Ryokan ist viel zu kostbar (und zu teuer), um ihn mit touristischem Pflichtprogramm zu füllen. Man gibt sich einfach mal dem Erleben hin, lernt und genießt. Wenn es geht, sollte man sich wenigstens einen Tag in einem Ryokan leisten, denn ein Ryokan ist eine Unterkunft mit sehr hohem Erlebnis- und Erholungswert.


Kapselhotels:
Das ist das totale Gegenteil, das Antiprogramm zum Ryokan. Eine Schlafkapsel besteht aus einem Bett in einer 2 m langen, 1 m breiten und wenig über 1 m hohen Kapsel aus Kunststoff. Diese werden zu Batterien zusammengestellt, die oberen Etagen erreicht man über Trittstufen. Das große Gepäck kommt in Schließfächer. In den Kapseln ist alles da, was man erwartet, selbst ein Fernseher. Sanitäre Anlagen werden natürlich gemeinsam genutzt. Die Unterkünfte sind vor allem eines: Billig und praktisch. Entsprechend sind Kapselhotels eine Alternative, wenn man wirklich nur ein preiswertes Dach über dem Kopf braucht. Das denken sich auch viele Japaner, wenn sie nach der letzten Nominication (dem abendlichen Trinken mit der Büromannschaft) keinen Zug mehr nach Hause bekommen - deshalb geht es um Mitternacht noch einmal hoch her, weil dann noch einmal viele späte Gäste eintreffen, meist in "vorgeglühtem" Zustand. Keine falschen Vorstellungen, auch billige Quartiere sind in Japan immer blitzblank sauber. Ohrenstöpsel sollte man bei so vielen Leuten auf engem Raum jedoch dabei haben. Ein Kapselhotel ist eine Unterkunft mit hohem Erlebnis- und geringem Erholungswert.


Minshuku:
Dieser Begriff bezeichnet eine japanische Familienpension. Das hat einige Vorteile: In der Regel übernachtet man hier günstig. Man übernachtet vor allem authentisch. Der Kontakt zu den Gastgebern ist sehr persönlich und bestens geeignet, Sprachkenntnisse anzuwenden und zu vertiefen. Meistens gibt es nur wenige Zimmer und Gäste. Es gibt Minshuku mit moderner oder mit traditioneller Einrichtung. Bei traditioneller Einrichtung sollte man sich an die Regeln halten und morgens seinen Futon selber zusammenrollen und wegräumen, wie es auch die anderen Hausbewohner machen. Auch hinsichtlich der Ausstattung gibt es Kompromisse zu machen, man darf z. B. kein schnelles WLAN etc. oder andere Annehmlichkeiten erwarten, die in Hotels Standard sind. Da man auf Zeit im Haus selbst mit den Besitzern wohnt, sollte man auch die nötige Rücksichtnahme einkalkulieren - 5 Uhr morgens duschen, um früh am Bahnhof zu sein, das wird nicht gerne gesehen. Auf der anderen Seite sind im Preis oft Frühstück und Abendessen inbegriffen, und Sozialkontakte mit der Familie sind auch ein Erlebnis, bei dem man viel voneinander lernen kann. Es ist eben Geschmacksache, ob man sich auf so engen Gastgeberkontakt einläßt oder lieber abends nach einem anstrengenden Besichtigungstag seine Ruhe hat. Wie immer sind die Grenzen fließend, mal ist es mehr wie ein privat geführtes kleines Hotel, mal ist es mehr wie Gast in der Familie.


Love Hotel:
Ja, das ist, wonach es klingt: Ein Stundenhotel. Viele Japaner leben noch zu Hause bei den Eltern, und es wird bei den engen undd hellhörigen Wohnverhältnissen schwierig, Rückzugsmöglichkeiten zu zweit zu finden und Spaß zu haben, ohne Rücksicht auf andere nehmen zu müssen. Dann mietet man sich eben ein Love Hotel. So ein Love Hotel besitzt meistens etwas auffallende Fassadengestaltungen und bestimmte Schlüsselbegriffe in der Beschriftung wie "Rest and Stay". Das erste Hotel dieses Typs entstand 1968 in Osaka, und von diesem haben alle anderen Hotels dieses Geschäftsmodells den Begriff "Love Hotel" übernommen. Es ist aber auch ein Hotel, das man für Übernachtungen als Reisender nutzen und buchen kann, sogar spontan, im Gegensatz zu anderen Hotels, die oft langfristig ausgebucht sind, weil Japaner ausgiebig reservieren. Die Lage ist meistens top, die Betten sind groß. Nur die Gestaltung der Zimmer ist eben - zweckdienlich und für den "normalen" Reisenden mal was anderes :-) Übrigens können hier nur volljährige Personen einchecken. Ja, wer Lust am Ausprobieren verschiedener Hoteltypen hat, warum nicht auch mal so eines? Es ist KEIN Puff, sondern man kann hier ganz normal übernachten.


Touristensteuer:
Im einigen von Touristen sehr stark frequentierten Städten wird eine Touristensteuer oder Übernachtungssteuer erhoben. In Europa ist das schon lange gang und gäbe und nennt sich "Kurtaxe". 2002 preschte Tokyo vor und führte als erste Stadt eine solche Übernachtungssteuer ein, die separat auf der Hotelquittung aufgeführt werden sollte.Die Regeln sind folgende: Wer wenuiger als 10000 Yen für die Nacht zahlt, zahlt keine Übernachtungssteuer. Wenn der Preis pro Nacht 10000-14999 Yen ist, zahlt man 100 Yen, also 80 ct. Kostet die Nacht über 15000 Yen, zahlt man 200 Yen. Im Grunde sind diese Beträge vernachlässigbar. Die Präfektur Osaka führte 2017 die Übernachtungssteuer ein, mit den gleichen Regeln wie zuvor, und der zusätzlichen Regel, daß ab einem Hotelpreis von 20000 Yen 300 Yen pro Nacht zahlt. Seit 2018 ist diese Sondersteuer auch in kyoto fällig, mit folgender Preisstaffelung: Eine Übernachtung unter 20000 Yen kostet 200 Yen, von 20000-49999 Yen kostet es 500 Yen, und wer sich den Luxus einer Übernachtung zum Preis von 50000 Yen und mehr gönnt, zahlt 1000 Yen. Aber rechnen wir mal nach: Wer zwei Wochen Kyoto normalpreisig und nicht im Luxussegment bleibt, zahlt 2800 Yen = 17,50 €. Es ist also nicht wirklich etwas, was ins Gewicht fällt, gemessen an allen anderen Kosten: Es ist der Gegenwert eines schlichten Abendessens. Wer beim Vorabbuchen nur die Unterkunft bezahlt hat, bekommt bei der Ankunft diese Übernachtungssteuer noch einmal extra vom Hotel oder Vermieter in Rechnung gestellt. Die Einnahmen werden der touristischen Infrastruktur zugute kommen. Denn Kyoto hat z. B. ca. 55 Mio Besucher und ca. 16 Mio Übernachtungen im Jahr, und Kleinvieh macht auch Mist, da kommt eine hübsche Summe im Jahr an Einnahmen für den Stadtsäckel zusammen. Kyoto rechnet mit ca. 4,5 Milliarden Yen pro Jahr an Mehreinnahmen. Vielleicht reicht das irgendwann für eine neue U-Bahn-Linie.


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