Bernhard Peter
Takahashi (Präf. Okayama), Burg Bitchu-Matsuyama-jo, Teil (1): Beschreibung und Photos von Omotemon, Sannomaru und Umaya-guruwa


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Die Stadt Takahashi läßt sich gut mit der Eisenbahn erreichen, denn sie liegt an der Strecke zwischen Okayama und der nördlichen Küste am Japanischen Meer. In Okayama gibt es Anschluß an das Shinkansen-Netz. Zwischen Okayama und Takahashi verkehren die Lokalzüge der Hakubi Line, mit denen man eine knappe Stunde braucht, aber auch der viel bequemere Ltd. Express Yakumo in Richtung Izumo-shi, der fast doppelt so schnell ist. Der Yakumo ist ein durchgehend reservierungspflichtiger Zug. Wenn man von Kyoto aus eine Tagestour nach Takahashi macht, ist die sinnvollste Verbindung der Ltd. Express Haruka um 6:21 bis Shin Osaka, dann der Shinkansen Kodama um 6:59 in Richtung Hiroshima bis Okayama, dann ist man mit dem Lokalzug um 9:13 in Bitchu Takahashi. Oder man nimmt in Kyoto um 7:20 den Shinkansen Hikari in Richtung Hakata bis Okayama und 9:05 den Ltd. Express Yakumo in Richtung Izumo-shi, dann ist man um 9:41 am Ziel. Wer früh da sein will und den Tag voll ausnutzen will, kann um 5:45 den Haruka Express bis Shin Osaka nehmen, Ankunft 6:15, weiter um 6:25 mit dem Shinkansen Sakura nach Kagoshima, Ankunft Okyama 7:14, weiter um 7:25 mit der Hakubi Line nach Niimi, Ankunft in Takahashi um 8:18 Uhr. Es ist also gut als Tagestour von Kyoto aus machbar, und im Zug kann man ja noch ein bißchen nachschlafen, erstens ist es sicher, zweitens machen es die Japaner auch. Vom JR-Bahnhof sind es bis zum Beginn des Fußweges zur Burg 1,8 km (Adresse: 1 Uchisange, Takahashi-shi, Präfektur Okayama). Das ist in einer halben Stunde machbar, besser nimmt man am Westausgang des Bahnhofs gleich linkerhand am Takahashi basusentaa (Bus-Center) den Takahashi City Loop Bus in Richtung Kibi International University, Ausstieg an der Endhaltestelle direkt am Fluß gegenüber der High School, Kosten 170 Yen. Es empfiehlt sich, den Bus nur für den Hinweg zu nehmen und den Rückweg zu laufen, denn in der Stadt selbst liegen zwei Samurai-Residenzen, die man innen besichtigen kann, dazu eine Handvoll Tempel, die entlang des Weges wie Perlen auf einer Schnur liegen, und dafür sollte man ausreichend Zeit einplanen. Eine Zugverbindung zurück nach Okayama gibt es ganz grob dreimal pro Stunde.

Zurück zum Fuß des Burghügels: Im Osten der Takahashi High School (dort letzter Getränkeautomat!) folgt man ab der Kreuzung, wo 5 kleine Straßen aufeinandertreffen, der Straße entlang des Baches 140 m nach Nordosten. Vier Brücken führen nach links zu Wohnhäusern, die fünfte Brücke ist die richtige: Direkt am Halteverbotsschild steht auch schon ein Schild mit einem Photo der Burg und einem dicken schwarzen Pfeil nach links. Von hier startet ein 1,5 km langer Fußweg durch den Wald bis zur Burg. Und dieser Weg ist in sommerlicher Schwüle kein Spaziergang, sondern äußerst schweißtreibend, denn im Durchschnitt hat der Weg 20% Steigung und unzählige Stufen. Eine halbe bis Dreiviertelstunde sollte man dafür rechnen. Wie immer in Japan ist der Übergang von der städtischen Siedlung in den Bergwald abrupt, und fast übergangslos umfängt einen sofort dichter, feuchter Wald mit hohen Bäumen, gedämpftem Licht und unzähligen Zikaden. Ein Vorbote auf das nahende Ziel ist das Erreichen des Kamitaiko-maru mit einem rechteckigen Turmfundament. In einer großen S-Kurve geht es am Endpunkt der Verkehrsstraße vorbei, und ab da sind es noch 200 m bis zum Erreichen der ersten Torruinen. Von dort sind es noch 230 m Fußweg bis zum Hauptturm. Man kann auch ab Bahnhof ein Taxi nehmen bis zum Parkplatz am Ende der den Berg hochführenden Fahrstraße, das dauert eine runde Viertelstunde und ist nicht ganz billig (Hinweg 1250 Yen, Rückweg u. U. 500 Yen mehr, wenn es eigens anfahren muß, um den Besucher oben abzuholen), außerdem beraubt es einen des Gefühls, es alleine geschafft zu haben. Zudem ist der letzte Parkplatz nicht ganz oben, es verbleibt noch eine Viertelstunde Weg.

Die Anlage gehört zu den besten und schönsten Burgen Japans. Vom Typ her ist die Burg interessant, weil es eine reine Berg-Burg (Yama-jiro) ist und alle Verteidigungsstrukturen Rücksicht auf das Gelände nehmen. Der Sattel, auf dem die Burg liegt, gehört zum 480 m hohen und fast vollständig bewaldeten Berg Gagyuu-san (ga = liegen, gyuu = Kuh, also "Berg der liegenden Kuh"), der von Norden nach Süden vier markante Erhebungen hat: O-matsu-yama, Tenjin-no-maru, Ko-matsu-yama und Mae-yama (Vor-berg). Wenn man diese Abfolge von Gipfeln von Westen her von der anderen Flußseite aus betrachtet, sieht das angeblich aus wie eine liegende Kuh, mit den Erhebungen für Hüfte, Buckel, Schultern und etwas niedriger der Kopf. Ein anderer Name ist Ro-gyuu-fukuso ("alte Kuh auf dem Gras liegend"). Die heutige Burganlage liegt auf dem 430 m hohen Ko-matsu-yama (= kleiner Kiefern-Berg), dem zweiten Gipfel von Süden her gezählt, aber historische Ruinen erstecken sich über das ganze Massiv. Nach diesen Namen der Bergerhebungen heißt die Burg Matsuyama-jou, also Kiefern-Berg-Burg. Nur zur Unterscheidung der gleichnamigen Burg auf Shikoku (Präfektur Ehime) wird sie Bitchuu Matsuyama genannt, nach der historischen Provinz Bitchuu. 

Von der Erhaltung her haben wir hier sehr gute historische originale Bausubstanz bei drei Gebäuden, also Aufbauten. Es handelt sich um Japans einzige erhaltene Burg vom reinen Berggipfeltyp. Der Hauptturm ist klein, aber fein: Er ist einer der 12 Haupttürme, die sich aus der Edo-Zeit erhalten haben, die anderen elf sind Himeji-jo, Inuyama-jo, Marugame-jo, Uwajima-jo, Matsue-jo, Kochi-jo, Maruoka-jo, Matsumoto-jo, Hikone-jo, Iyo-Matsuyama-jo und Hirosaki-jo. Er ist jedoch nur als wichtiges Kulturgut klassifiziert und gehört nicht zu den fünf Tenshu, die den Status als Nationalschatz haben, das sind Inuyama-jo, Himeji-jo, Matsumoto-jo, Hikone-jo und Matsue-jo. Die Haupttürme mit einem Status "nur" als national wichtiges Kulturgut sind die anderen sieben, dieser hier, Marugame-jo, Uwajima-jo, Kochi-jo, Maruoka-jo, Iyo-Matsuyama-jo und Hirosaki-jo. Die Burg ist weiterhin seit 1956 als nationale historische Stätte klassifiziert.

Dafür haben wir andere Extreme: Es handelt sich um die höchstgelegene erhaltene Burg Japans, sie liegt auf 430 m Höhe über dem Meeresspiegel (selbst die berühmte Bergfestung in den Wolken, Takeda, genannt "das Machu Picchu Japans", liegt "nur" auf 350 m Höhe). Eine andere nur in Ruinen erhaltene Höhenburg vergleichbarer Art ist Iwamura in der Präfektur Gifu (auf 721 m), eine weitere ist Takatori in der Präfektur Nara. Da die Stadt Takahashi selbst in ca. 50 m Höhe liegt, muß man beim Aufstieg zur Burg 380 Höhenmeter schaffen, es ist also die Burg, deren Besichtigung den höchsten Fitneß-Faktor hat und in sommerlicher Schwüle und Hitze die beste Kondition erfordert. Es ist eine der am spätesten gebauten Burgen. Und sie wurde nie erobert. Und - ein Gegen-Superlativ: Es ist der kleinste Tenshu von allen, und es ist der einzige nur zweistöckige Tenshu unter den erhaltenen, also im Grunde kleiner als so mancher originale Eckturm anderer Burgen. Dieser Hauptturm paßt locker in eine Ecke des Seihoku sumi yagura, des dreistöckigen nordwestlichen Eckturms der Burg Nagoya, hinein.

Die Burg ist von allen Burgen mit historischem Hauptturm die mit den wenigsten Touristen, was an der Lage abseits der Touristenströme und auf dem hohen Berg liegt; selbst wenn man ein Auto (Taxi) zum letzten Parkplatz nimmt, ist man immer noch eine Viertelstunde durch den Wald unterwegs. Es ist eine überschaubare Handvoll Besucher, die hierher findet. Die Atmosphäre ist wunderschön, weil die Burg weitab von allen modernen Zivilisationserscheinungen im Wald steht und keine modernen Bauten die unverfälschte Wahrnehmung stören. Die moderne Stadt liegt tief im Tal. Drei historische Gebäude sind erhalten, weitere sind auf vorzügliche Weise historisch getreu rekonstruiert, viele andere weder das eine noch das andere, so daß jede Menge Raum für Spurensuche und eigene Rekonstruktion in der Vorstellung bleibt. Deshalb ist die Burg trotz ihrer Kleinheit ein äußerst lohnenswertes Ziel, ein Juwel aus der Blütezeit des japanischen Burgenbaus, das auf keinem Itinerar eines Burgeninteressierten fehlen darf. Besonders schön ist, wenn es die Zeit zuläßt, eine Wanderung auf den nordöstlichen Nachbarhügel, von dem aus (bzw. von einer dort gebauten hölzernen Aussichtskanzel) man einen schönen Blick auf die Burg hat und bei vorausgesetzten entsprechenden Witterungsverhältnissen im Herbst die Burg auch mal inmitten tief hängender Wolken oder Nebelschwaden in malerischer Weise photographieren kann.

Das alles macht die Burg zu einem der lohnendsten Ziele für den Burgenliebhaber, zu einer geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Kostbarkeit abseits des Massentourismus, zu einem der "versteckten Juwelen". Kein Photo kann das Gefühl wiedergeben, diese Burg in dieser atemberaubenden Lage selbst zu "erobern" und zu erleben, wie sie sich hoch über der Stadt auf den Felsen aus dem Wald schält. Die Burg selbst kostet 500 Yen Eintritt. Es gibt ein attraktives Kombiticket für 4 Sehenswürdigkeiten: Burg, zwei Samurai-Residenzen und der Tempel Raikyu-ji für zusammen 1000 Yen. Wer dazu auch noch das Yamada-Hokoku-Museum und das Takahashi-Heimatmuseum besuchen will, kann ein großes Kombiticket für 1500 Yen lösen. Die Burg hat von 9:00-17:30 Uhr geöffnet, im Winterhalbjahr von Oktober bis März nur bis 16:30 Uhr, letzter Einlaß eine halbe Stunde vor Schließung.


Geschichte: die erste Burg bis zur Bürgerkriegszeit
Während der Kamakura-Zeit herrschte hier die Familie Akiba über den Ort (1240-1330). Akiba Saburo Shigenobu wurde zum Verwalter (Jito) der Siedlung Ukan-go (heute als Ukan-cho in der Stadt Takahashi aufgegangen) ernannt und baute 1240 eine erste Befestigung auf dem zum Berg Gagyuu gehörenden Omatsu-yama. Das war der Anfang. Später wurde die Burg auf den Komatsu-yama verlegt; 1331 baute Takahashi Muneyasu die erste Burg an der heutigen Stelle. Deshalb wird die Burg auch gerne als älteste Burg des Landes bezeichnet, was man genauer und korrekter anders formulieren müßte: Jüngste erhaltene Burg an der Stelle und auf den Resten einer der ältesten Burganlagen. In der Muromachi-Zeit folgten aufeinander die Familien Takahashi (1331-1355), Ko (1355-1362), Akiba (1362-1509), Ueno (1509-1533), Sho (1533-1561), Mimura (1561-1566, Mimura Iechika), wieder Sho (1566-1571) und erneut Mimura (1571-1575, Mimura Motochika) aufeinander. Mimura Motochika machte sich mit Rückendeckung der Mori (Mouri) die Provinz Bitchuu untertan. Im 1574 ausgebrochenen Bitchuu-hei-ran wurde unter dem letztgenannten Burgherrn der ganze Berg Gagyuu befestigt, nach historischer Überlieferung sollen es insgesamt 21 einzelne Befestigungsanlagen gewesen sein ("Toride-ni-juu-ichi-gan"). Damals waren Burgen aber noch ganz anders konzipiert als zur Edo-Zeit, es waren rein militärische und bedarfsgerechte Verschanzungen und noch nicht die repräsentativen und dauerhaft bewohnten Verwaltungs- und Machtzentren späterer Zeit, die vorzugsweise in der Ebene oder um einen isolierten Burghügel als Kern herum angelegt wurden. Mimura Motochika hatte offensichtlich geheime Verhandlungen mit Oda Nobunaga geführt, und als das den Mori (Mouri) zur Kenntnis kam, schritten diese zur Belagerung als Bestrafung für den Verrat. Erobert wurde die Burg durch eine 80000 Mann starke Armee der Familie Mori (Mouri), die die Verteidiger erfolgreich aushungerte. 1575 fiel die Burg, und Mori Terumoto wurde neuer Burgherr. Die Familie Mimura wurde ausgelöscht.

Mit dem Fall der Familie Mimura erlangte somit die Familie Mori (Mouri) die Kontrolle über die Burg und nutzte sie als Basis für Vorstöße nach Osten. Von hier aus stieß man in die Interessenssphäre der Familie Oda vor und suchte den Konflikt mit dieser. Mit dem Erstarken der Mouri-Gegner zog sich die Familie auf die Lehen Suo und Nagato zurück. Endgültig wurden die Mori (Mouri) zusammen mit den anderen Mitgliedern der Westallianz in der Schlacht von Sekigahara besiegt. Während der Azuchi-Momoyama-Zeit waren hier die Familien Amano und Katsura als Verwalter eingesetzt (1575-1600). Alle genannten Befestigungen wurden in den kriegerischen Auseinandersetzungen zerstört. Wer im Wald nördlich der heutigen Burg auf Spurensuche geht, wird noch einige Wälle dieser alten Anlagen finden. Als die heutige Burg ausgebaut wurde, hatten diese Vorgängerbefestigungen längst ausgedient. Diese Vorgeschichte zeigt aber die strategische Bedeutung der Burg in jener Zeit an der Grenze zwischen den beiden Chuugoku-Teilregionen San-you (Yang-Bergseite im Süden zur Inlandsee hin) und San-in (Yin-Bergseite im Norden am Japanischen Meer) und an der West-Ost-Verbindung zwischen Tsuyama in der Provinz Mimasaka und Miyoshi im Herzen von Chuugoku.


Geschichte: die Burg der Edo-Zeit
Nach dem Sieg von Tokugawa Ieyasu in der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 wurde das bisher den Mori (Mouri) gehörende Land beschlagnahmt und zu Tenryou gemacht, Land des Shogunats. Vor Ort wurde ein Verwalter eingesetzt, zunächst Kobori Masatsugu. Er amtierte 1600-1604 als Gouverneur (Daikan) in Bitchuu. Nach ihm folgte 1604-1617 sein Sohn, Kobori Masakazu (= Kobori Enshu), der ein berühmter Teemeister und Gartengestalter war. Weil die Burg durch die vorangegangenen Kriegswirren zerstört war, lebte er im Tempel Raikyu-ji, wo er auch den berühmten Garten anlegte. Erst 1619 war die Burg soweit wiederhergestellt, daß man sie wieder beziehen konnte. Als Verwalter mußten sich die beiden Kobori-Vertreter mit 14460 Koku Jahreseinkommen zufriedengeben, der Rest des Ertrages floß in die Kasse des Shoguns.

Im Jahre 1617 wurde das Tenryou-Land zu einem Lehen gemacht, unter dem Namen Bitchuu-Matsuyama-han und mit 65000 Koku Jahreseinkommen. Es umfaßte den größten Teil der Provinz Bitchuu. Als erstes kam das Lehen an die Familie Ikeda, die zu den Tozama-Daimyos gerechnet wurden, also zu denen, die erst nach Sekigahara zu Vasallen der Tokugawa wurden. Es folgten aufeinander Ikeda Nagayoshi (1587-25.5.1632, Daimyo 1617-1632, zuvor auf dem Lehen Tottori) und sein Sohn Ikeda Nagatsune (1609-10.10.1641, Daimyo 1632-1641). Letzterer starb ohne Nachkommen, 1641-1642 war die Familie Mizuno als Kastellan eingesetzt, dann wurde das Lehen neu vergeben an die Familie Mizunoya, und seitdem war das Lehen in den Händen von Fudai-Daimyos. Das Jahreseinkommen sank etwas auf 50000 Koku. Es folgten aufeinander Mizunoya Katsutaka (1597-26.6.1664, Daimyo 1642-1664, zuvor auf dem Lehen Nariwa, ebenfalls mit 50000 Koku), Mizunoya Katsumune (1623-8.4.1689, Daimyo 1664-1689) und Mizunoya Katsuyoshi (1663-3.11.1693, Daimyo 1689-1693). Unter Katsutaka wurde der Wiederaufbau der Verwaltung, der Burg und der Burgstadt in der Flußebene durchgeführt. Sein Fokus galt der Wiederherstellung der Bootsrouten und Reisfelder, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen und Wohlstand für die Siedlung zu erzeugen. Sein Sohn Katsumune widmete sich dem Ausbau der Bewässerungskanäle. Und jetzt war auch Zeit zur ausgedehnten Renovierung und Erneuerung der Burg, was 1681 in Angriff genommen wurde. Der gegenwärtige Tenshu entstand bis 1683 unter Mizunoya Katsumune. In diesen Zeiten erhielt die Burg ihr heutiges Gesicht. Deshalb ist das die am spätesten gebaute Burg des Landes. Der erstgenannte und der dritte, sein Enkel, haben ihre Grabstellen beim Tempel Jorin-ji.

Katsuyoshi war der letzte der Familie auf dem Lehen, und da er vor der Ernennung eines Nachfolgers starb, kam das Lehen 1694-1695 unter Verwaltung durch Asano Naganori und seinen obersten Vasallen, Oishi Kuranosuke, als Kastellan der Burg - ja genau, die beiden von Burg Ako (Akou) und der Geschichte der 47 Ronin (siehe ausführlich im Kapitel zur Burg Ako). De facto war das ein Einzug des Lehens, das bisherige Lehen, das zwar klein war, war immerhin eine Art Fürstentum wie die anderen auch, und es hätte ja jemand Verwandtes nachfolgen können, aber die Familie wurde mit der fadenscheinigen Begründung der versäumten rechtzeitigen Nachfolgeregelung herabgestuft auf Hatamoto-Status, also ohne Anspruch auf ein Fürstentum. Nach 2 Jahren Verwaltung wurde der Besitz wieder auf 65000 Koku hochgestuft und als Lehen an die Familie Andou vergeben, mit den beiden Vertretern Andou Shigehiro (1640-12.9.1698, Daimyo 1695-1698, zuvor 1657-1695 Inhaber des Lehens Takasaki) und Andou Nobutomo (1671-13.9.1732, Daimyo 1698-1711, danach 1711-1732 Inhaber des Lehens Kanou). Wegen der Versetzung kam nun Ishikawa Fusayoshi (31.12.1704-28.7.1764, Daimyo 1711-1744) nach Matsuyama; er hatte zuvor das Lehen Yodo im Südwesten von Kyoto inne.

Dann kam es 1744 zu einem Tausch zwischen zwei Daimyos: Ishikawa Fusayoshi wechselte auf das Lehen Ise-Kameyama, wo er bis 1764 Daimyo war und wo die Familie Ishikawa bis zum Ende der Feudalzeit Herr blieb. Dafür wechselte der bisherige Herr von Ise-Kameyama, Itakura Katsuzumi (13.8.1719-6.6.1769), der 1724-1744 dort Daimyo gewesen war, nach Bitchuu Matsuyama, wo er 1744-1751 Daimyo war. Beim Tausch blieben beide Daimyos auf ihrer Einkommensstufe, d. h., Itakura Katsuzumi bekam in Bitchuu Matsuyama die 50000 Koku, die er vorher auch hatte, und Ishikawa Fusayoshi hatte zuvor 60000 Koku und hatte es auch weiterhin auf dem anderen Lehen. Danach blieb das Leben Bitchuu Matsuyama bis zum Ende der Feudalzeit 1871 bei der Familie Itakura. Diese Familie führt ein außergewöhnliches Wappen (Kamon), ein großes Tomoe-Symbol (Mitsu-domoe, bestehend aus drei kommaartigen Einheiten) in der Mitte innerhalb eines Kreises von acht kleinen Mitsu-domoe. Auf den Genannten folgte sein Sohn Itakura Katsutake (1.2.1736-30.6.1769, Daimyo 1751-1769), dann dessen Bruder Itakura Katsuyori (29.4.1750-7.3.1778, Daimyo 1769-1778), dann dessen Stiefbruder Itakura Katsumasa (17.4.1759-4.4.1821, Daimyo 1779-1801), dem wiederum dessen Sohn Itakura Katsuaki (24.9.1784-13.8.1804, Daimyo 1801-1804) nachfolgte, dann kam dessen Sohn Itakura Katsutsune (17.8.1803-9.10.1849, Daimyo 1804-1849) an die Reihe, der vorletzte war sein von ihm adoptierter Schwiegersohn Itakura Katsukiyo (14.2.1823-6.4.1889, Daimyo 1849-1869, der politisch bedeutendste Daimyo, der als einer der Roujou eines der höchsten Verwaltungsämter des Shogunats innehatte und der im Boshin-Krieg auf der pro-Tokugawa-Seite kämpfte), und der letzte Daimyo dieses Lehens war Itakura Katsusuke (1846-1896, Daimyo 1869-1871), ein Neffe von Itakura Katsuaki. Unter Itakura Katsukiyo kam es beinahe zum Bankrott des Lehens, weil um 1850 die Verschuldung einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. Der Gelehrte Yamada Hokoku stand in Diensten des Daimyos, unterrichtete an der örtlichen Schule (Yushukan) und verhinderte durch seine administrativen Maßnahmen das Schlimmste, den finanziellen Kollaps. In nur 7 Jahren gelang es ihm, den Schuldenberg abzubauen und am Ende sogar in ein Plus zu verwandeln. Die klare politische Positionierung von Katsukiyo auf der Seite des Shogunats führte dazu, daß die pro-kaiserlichen Kräfte des Lehens Okayama in sein Lehen eindrangen, welches auf Anraten von Yamada Hokoku kampflos übergeben wurde (das rettete die Burg!), daß 1868-1869 die Ikeda-Familie das Lehen führte, und daß der vorletzte Daimyo 1869 endgültig aufgeben mußte. Zur Strafe wurde das Einkommen des Lehens von 50000 Koku auf 20000 Koku reduziert, und er wurde gezwungenermaßen in den Ruhestand geschickt. Statt seiner wurde sein Neffe zum neuen und letzten Daimyo bestimmt. Insgesamt stellte diese Familie also acht Daimyos dieses Lehens. Gegen Ende der Feudalzeit wurde das Lehen noch für eine kurze Zeit in Takahashi-han umbenannt, um eine Verwechslung mit Iyo Matsuyama auf Shikoku zu vermeiden.

Nach der Auflösung der Lehen und mehrfacher Neuordnung der Territorien kam das Lehensgebiet schließlich zur Präfektur Okayama. 1873 wurde die Burg aufgegeben. Der Befehl zum Schleifen der alten Burgen erging auch nach Takahashi, aber dort zerstörte man nur die Onegoya-Residenz als maßgeblichen Sitz des Lehnsherrn, nicht aber die unbenutzte Burg. An der Stelle des altes Regierungspalastes baute man die Okayama Prefectural Takahashi Junior High School. Die schwer zu erreichende Burg oben auf dem Hügel hingegen war unwichtig, es lohnte den Aufwand nicht, die Zerstörungswut nach oben zu tragen, man überließ sie einfach dem Verfall.

Etliche Gebäude kollabierten in den nächsten Jahrzehnten von selber durch Wind und Wetter. Daß der Rest erhalten blieb, verdanken wir dem örtlichen Geschichtslehrer Shinano Tomoharu. Er erkannte den historischen Wert der Burg und dokumentierte das noch Vorhandene. Nachdem er ein Buch über seine Forschungen publiziert hatte, wurde 1929 ein Verein zur Erhaltung gegründet. Eine erste Renovierung erfolgte 1939-1941. Unter Mithilfe der Bevölkerung und insbesondere der Schüler wurden alleine rund 20000 Ziegel auf den Berg geschleppt, um die Dächer zu erneuern. Im Jahre 1941 wurden die noch existierenden historischen Bauten unter Schutz gestellt. Eine weitere Renovierung erfolgte 1957-1960. 1997 wurden Honmaru-minami-go-mon, Honmaru-higashi-go-mon, Udegi-go-mon, Roji-mon, die einstöckigen Yagura Nr. 5 und 6 sowie 6 Dobei nach historischer Evidenz rekonstruiert. Das erhaltene Stück Dobei im Sannomaru diente den rekonstruierten Abschnitten als Vorbild. Der schwer beschädigte Hauptturm wurde 2003 umfassend restauriert.


Rundgang und Beschreibung
Die Burg Matsuyama folgt als Berggipfelburg mit ihren Wällen den naturräumlichen Gegebenheiten und dem Geländerelief. Der anstehende Granit wurde geschickt in die aufgemauerten Befestigungen integriert, so daß etliche der Ishigaki-Wälle natürlich anstehenden Fels als unterste Schicht besitzen. Die Burg hat einen langgestreckten Grundriß mit mehreren deutlich voneinander zu unterscheidenden und individuell umwallten Bereichen, die treppenförmig als Terrassen die Zentraleinheit umgeben. Die Kernburg (Honmaru) ist ca. 90 m lang und im Bereich des auf einem Felsen stehenden Hauptturms bis zu 35 m breit, sonst schmäler. Sie erstreckt sich von Südwesten nach Nordosten. Auf drei Seiten wird die Kernburg von äußeren Walleinheiten umgeben, im Süden vom Ninomaru, im Südosten und im Nordosten von weiteren Wallbereichen. Auf der nordwestlichen Rückseite der Kernburg ist wegen des steil abfallenden Geländes kein Außenbereich nötig und auch nicht sinnvoll anzulegen. Die Strukturen des Ninomaru erreichen eine Gesamtlänge von ca. 165 m bei stark wechselnder Breite. Im Süden weitet sich der Ninomaru auf; dort ist heute ein Rastplatz mit hölzernen Tischen und Bänken eingerichtet. Entlang der Honmaru-Wälle ist der Ninomaru genauso breit wie der dort entlangführende Weg. Im Nordosten weitet sich der zweite Bereich erneut auf.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt den Grundriß der Burg Bitchu Matsuyama, dunkelblau sind die historischen Originale unterlegt.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt den beschrifteten Grundriß der Burg Bitchu Matsuyama (modifizierte Graphik).

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt den Grundriß des Honmaru-Bereichs der Burg Bitchu Matsuyama mit angrenzenden nördlichen Verteidigungsanlagen, blau unterlegt sind die erhaltenen historischen Originale.

Vom Ninomaru aus führen insgesamt drei Treppen zum Honmaru hinauf. Die wichtigste, die der heutige Besucher nimmt, befindet sich an der Südecke (Honmaru-minami-go-mon, restauriert). An der Westseite befindet sich unterhalb des dortigen Wehrturmes das restaurierte Hintertor Roji-mon (kleines Tor mit nur einer einzelnen Schiebetür, auch: Uzume-mon). Es ist in die Lehmmauer integriert, überragt diese nicht und besitzt kein eigenes Dach. An der Ostseite führt eine zweite Treppe von dem schmalen Bereich zwischen oberem und unterem Wall hinauf; auch sie mündet in dem Bereich unterhalb des Felsens, dem der Tenshu (original, national wichtiges Kulturgut) aufsitzt. Dort endet die Treppe am Honmaru-higashi-go-mon (restauriert), ein Tor mit einer interessanten Schiebetür anstelle von klappbaren Torflügeln. Es diente nur als Hinter- oder Nebentor. Und eine dritte Treppe führt vom nördlichen Vorbereich an dem dortigen zweiten, zweistöckigen Turm (Ni-ju-yagura, original, national wichtiges Kulturgut) vorbei hinauf, wo der Felsen spitz zuläuft und alles extrem beengt ist. Der Turm sitzt direkt dem natürlich gewachsenen Monolithen auf. Der Turm hat vorne und hinten eine Tür, die eine zum Honmaru, die andere zur in den nördlichen Wallbereich hinunterführenden Treppe, die früher direkt entlang der Wehrmauer verlief und durch diese gedeckt war. Diese Janusköpfigkeit des Turmes konnte extrem nützlich sein, wenn man aus dem Honmaru etwa zur Rückseite der Burg hinaus fliehen wollte. Neben diesem Turm liegt das besagte Udegi-go-mon (restauriert). Wie das vorgenannte Tor ist sein Dach mit Ziegeln gedeckt, es besitzt aber zwei Torflügel mit seitlichen Angeln. Auch die umlaufende Wehrmauer (Dobei) mit Schießscharten rings um den Honmaru wurde restauriert. An den wiederaufgebauten Türmen gibt es an den Ecken Wurferker, damit sich niemand unbehelligt am Mauerfuß zu schaffen machen konnte. Etliche Schießscharten durchbrechen die schwarzgestrichene Verbretterung der Außenhaut.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt die Rekonstruktion der Burg Bitchu Matsuyama (modifizierte Graphik).

Der Honmaru hat also einen Höhenversatz mit einer Hof-Zone unterhalb des Felsens und einem Felsplateau, dem Gipfel des Komatsu-yama, dem der Tenshu und der Ni-ju-yagura aufsitzen. Neben dem Südaufgang befindet sich rechterhand der einstöckige Go-no-hira-yagura (5. flacher Turm, rekonstruiert). An der Südwestecke verteidigte der Shichi-no-hira-yagura (7. niedriger Turm), und zwischen Südaufgang und diesem verteidigte der Roku-no-hira-yagura (6. niedriger Turm, rekonstruiert, linkerhand des Tores) den Zentralbereich. Etwa in der Mitte des unteren Honmaru-Levels gab es auf der Westflanke den Hachi-no-hira-yagura (8. niedriger Turm); zu diesem führte eine Steintreppe hinauf, und da man nur so weiter zum Tenshu kam, kontrollierte dieser 8. Turm den Zugang zum Hauptturm effektiv. Die Plattform ist vorhanden, der Turmaufbau selbst ist vergangen. 

Der auf dem Sockel zweistöckige Tenshu vom Fukugo-shiki-Typ (Anbau direkt anstoßend) besitzt auf der ersten Wohnebene den Wohnbereich des Burgherrn im Belagerungsfall und eine Küchenzone mit eingesenktem Herd (naga-irori), letzterer ca. 1,90 m x 0,90 m groß, mit flachen Steinplatten ausgekleidet, eine seltene Einrichtung in einem Burgturm; er diente auch zum Heizen in der kalten Jahreszeit. Unter den Dielen des Fußbodens der ersten Etage liegt eine Lage Steine, um ein Hindurchbuddeln von Eindringlingen und ein Erobern von unten her zu verhindern. In der oberen Etage gibt es im Alkoven einen Hausaltar (go-shadan) für die Schutzgottheit der Burg. Der Altar wurde bereits 1683 unter dem Burgherrn Mizunoya Katsumune aufgestellt, um die Gottheiten für den Umbau der Burg günstig zu stimmen. Eigentlich werden hier sogar 10 verschiedene Gottheiten verehrt und mit Wünschen nach Ruhe und Frieden der Burg bedacht, nicht nur Sanshin-no-Hoken als Schutzgott des Lehens, sondern auch die Sonnengöttin Amaterasu und Haguro Daigongen und weitere. Hier wurde ein Set heiliger Schwerter (Hoken-koshirae) als Opfer dargebracht. Wer die Balken des Tenshu in den Innenräumen genauer betrachtet, entdeckt etliche Werkzeugspuren der Zimmerleute. Einige Balken wurden offensichtlich bei Renovierungen ersetzt.

Das ganze Gebäude besteht aus Holz; die Dächer sind mit Ziegeln gedeckt. Der Aufbau entspricht dem Typ Sotogata, auch wenn das bei nur zwei Etagen eine etwas hochgegriffene Klassifizierung ist. Der Zugang erfolgt von der Westseite über einen Anbau (Shimoya), in dessen Innerem eine steile Holztreppe auf das untere der beiden Tenshu-Niveaux hinaufführt. Der Sockel enthält keine Räume. Große, vertikal gestäbte Fenster vom Typ Mushamado ("Krieger-Fenster") erlauben in den beiden Wohn-Etagen das breitgefächerte Beobachten nach draußen bei gleichzeitigem Schutz vor Gesehenwerden im Inneren. Das nach Süden gerichtete Hauptfenster der ersten Etage springt wie ein Erker vor, in der Tat ist es unten unterhalb der Degoshi als Wurferker gestaltet, um Feinde am Ishigaki-Wall-Fuß bewerfen zu können (Ishi-otoshi-mado), und es wird von einem geschweiften Giebel (Karahafu) gedeckt. Das Dach des Tenshu ist vom Irimoya-Typ; an den Giebelseiten sind oben im Dreieck Gegyo angebracht. Die Außenwände des Tenshukaku sind eine Kombination aus schwarzem Holz in Form vertikaler Paneele (Tateitabari) und weißem Putz.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt die Rekonstruktion des Honmaru und der nördlichen Walleinheiten (modifizierte Graphik).

Wer den Aufstieg auf den Berg hinter sich hat und die Lage der Burg mit eigener Wahrnehmung erfährt, sieht sofort, daß man hier keinen höheren oder größeren Hauptturm braucht: Die Sicht auf die Talsohle ist von hier oben phantastisch, und zum Verteidigen reicht die Höhe vollkommen aus, zumal noch der Felsen darunter zusätzliche Höhe bringt. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß der ganze Zentralbereich die meiste Zeit seines Bestehens leer und unbenutzt war; der meistgenutzte Verwaltungs- und auch Herrschaftssitz war die Onegoya-Residenz am Fuße des Burgberges (historische Stätte auf Präfekturebene), die de facto die Funktionen der Burg übernommen hatte. Die Burg oben wurde unterhalten, aber nicht gebraucht, und das ist der Grund für ihre Erhaltung ohne spätere Umbauten.

Eine Zwiebelschale weiter außen bildet der Ninomaru im Süden die zweite Verteidigungseinheit, das ist dort, wo sich heute der große Picknick-Platz mit Bänken und dem besten Blick auf die Burg erstreckt. Flächenmäßig ist der Ni-no-maru die größte separat umwallte Einheit der Burg. Hier gab es nur einen wichtigen Riegel an der Einmündung des Treppenaufgangs, dort stand das zweistöckige Ni-no-yagura-mon (Kurogane-mon), mit dem Tordurchlaß im Erdgeschoß und der Verteidigungsebene im Obergeschoß. Ansonsten waren hier die Felsen so steil abfallend, daß man keine weiteren Türme brauchte. Bis man allerdings hierhin kam, war ein gut verteidigter Aufstieg zu bewältigen. Das äußerste Tor war das Ote-yaguramon, das vordere Tor mit einem Verteidigungskorridor quer über dem Tordurchlaß. Nur noch die Ruinen sind zu sehen, die Wälle und Fundamente (Otemon-ato). Nach Passieren desselben fand man sich in einer zwingerartigen Zwischenebene wieder, aus der heraus eine rechtwinklig abgeknickte Treppe nach oben führte, während man vom Ashigaru-Bansho (Bansho = Gebäude für eine Wachmannschaft, Ashigaru = Infanteriesoldaten) und vom Kami-Bansho aus unter Beschuß genommen werden konnte, ehe man den San-no-maru erreichte. 

Der dritte Bereich wurde durch zwei einstöckige Türme verteidigt, den Ni-no-hira-yagura und den San-no-hira-yagura, den 2. und 3. niedrigen Turm. Der ganze Bereich wird von einer Lehmmauer (Dobei, östlicher Teil mit dem San-no-hira-yagura-higashi-dobei original, national wichtiges Kulturgut, westlicher Teil rekonstruiert) mit Schießscharten umgeben, die den Wällen aufgesetzt ist. Es gibt zwei Typen von Schießscharten, rechteckige für Bogenschützen und runde für Musketen. Nach hinten verließ man den San-no-maru durch eine Treppe, die am nächsten flachen Wachturm (Shi-no-hira-yagura, 4. niedriger Turm), an einer Zwischenebene, dem von einem Dobei mit Schießscharten umgebenen Umaya-guruwa (Pferdestall-Walleinheit, uma = Pferd, -ya = Gebäude, kuruwa = umwallte Einheit), zur Rechten und an dem Gozendana (früher ein Küchenbereich, heute befinden sich hier sanitäre Anlagen) benannten Bereich zur Linken vorbei zur nächsten Treppe und dem Kuro-mon-ato führte, wobei dieser Aufgang schließlich zum genannten Ni-no-yagura-mon (Kurogane-mon) hinaufführte. Um zum Tenshu zu gelangen, mußte man also zwei mächtige Yagura-mon und viele weitere Verteidigungseinheiten passieren, mal ganz zu schweigen vom steilen Aufstieg selbst. Insgesamt bildet die einzeln umwallten Bereiche eine Burg vom Typ Renkaku-shiki. Immer wieder fällt auf, wie geschickt Ishigaki und natürlich anstehender Fels miteinander kombiniert werden, sodaß die Wälle und Turmsockel direkt aus dem Felsen zu wachsen scheinen.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, zeigt die Rekonstruktion des Sannomaru und der südlichen Verteidigungsanlagen (modifizierte Graphik).

Auch die Nordseite war gut verteidigt. Auf Ni-no-maru-Ebene kommt man beim Gang um den Honmaru herum zunächst zu einem zweiten Aufgang zur Burg und dem Tor Karamete-mon (mit daneben am Hang liegenden Karamete-mon-kuruwa) und dann nach Passieren des einstöckigen Ju-no-hira-yagura (10. niedriger Turm) im Norden zum dritten Tor, dem Mizunote-mon. Diese Ebene wurde überragt von einer höher gelegenen Walleinheit, dem Ato-guruwa, in dessen Außenecke eine Treppe zu einem hohen Steinfundament führt, das früher den Ku-no-hira-yagura trug, den 9. niedrigen Turm. Von dieser oberen Ebene führte eine Treppe hart an der Felskante entlang weiter hoch zum zweistöckigen Turm (Ni-ju-yagura). Am Übergang zwischen unterer und oberer Ebene stand ein weiterer Bansho. Wer aus dem Nordtor heraustritt, kommt zu den Resten weiterer äußerer Befestigungsanlagen, darunter eine Do-bashi (Erd-Brücke), eine Holzbrücke, die zwei gegenüberliegende kurze Wallstücke mit steinverkleideten Außenseiten verbrückt, sowie den Fundamenten eines weiteren Bansho. Wer hier im Wald auf die Suche geht, findet noch jede Menge historischer, wenn auch wenig spektakulärer Ruinen der früheren Befestigungsanlagen (Bansho-kuruwa, Aihatanokido-ato, Tenjin-no-maru, O-Matsuyama-jou, letzteres sind die Reste der 1240 erbauten Burg). Es gibt dort u. a. ein rechteckiges, vollständig ausgemauertes Wasser-Reservoir.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, verändert zur Markierung der verschiedenen Wege in die Burg hinein (modifizierte Graphik).

Wer mitgerechnet hat, vermißt in der Beschreibung den 1. Hira-yagura, der stand noch außerhalb des beschriebenen Areals. Und noch weiter unten am Hang sind wir auf dem Hinweg an einem großen Fundament des Trommelturms vorbeigekommen, dort war der Naka-taiko-no-maru. Der Bereich heißt Wallkreis des mittleren Trommelturms, weil er sowohl mit der Burg selbst als auch mit einem Trommelturm tiefer (Shimo-taiko) und schließlich mit der Ebene des Onegoya-Palastes kommunizierte. Die einst hier angeschlagene Trommel (Fuji-no-do) wurde dem Yaegaki-Schrein gespendet, als sie nicht mehr gebraucht wurde. Vom Turmfundament aus hat man jedenfalls einen hervorragenden Blick über die Stadt.

Wir summieren also die Verteidigungsanlagen: Von Süden nach Norden folgen aufeinander San-no-maru, Umaya-kuruwa, Gozendana, Ni-no-maru, Honmaru und nördliche Wallbereiche mit dem Karamete-mon-kuruwa und dem Ato-guruwa. Zwischen all denen schlängelt sich der einzige Weg mit unzähligen Treppenstufen hindurch - ein typischer Nawabari einer Burg des Typs Yama-jiro. Das gesamte Areal mißt ca. 100 m in der Breite und 220 in Nord-Süd-Richtung, die weniger spektakulären Außenbereiche nicht mitgerechnet. An Aufbauten schützten die Burg 1 zweistöckiger Hauptturm, 1 zweistöckiger Nebenturm, 10 einstöckige Walltürme, 3 Bansho, 2 Yagura-mon, mindestens 8 kleine trennende Tore und unzählige laufende Meter an Dobei. Im Vergleich zu einer Burg in der Ebene ist das wenig und insgesamt eher von kleiner Einzeldimension, doch addieren sich die Berglage und die geschickte Ausnutzung des Geländes zu einer mehr als hinreichenden Verteidigungsfähigkeit der Anlage, die als uneinnehmbar galt und auch nie erobert wurde, auch wenn das daran lag, daß sie nach ihrer Fertigstellung 1683 nie in ernste Konflikte hineingezogen wurde.

Schautafel auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, verändert zur Markierung der historischen Aufbauten, die als national wichtige Kulturgüter eingestuft sind (modifizierte Graphik).

Ein Bewohner der Burg verdient noch Erwähnung; er ist sogar auf manchen Kanaldeckeln der Stadt dargestellt: Es handelt sich um den ikonischen Kater namens Sanjuro, seit 2018 der "wahre Herr der Burg". Der Kater, der nach sintflutartigen Regenfällen im San-no-maru-Bereich der Burg aufgefunden wurde und seitdem hier ein festes Zuhause und eine Rolle als Maskottchen der Burg hat, wurde nach Tani Sanjuro (-1866) benannt, dem Anführer der siebten Einheit der Shinsengumi, die aus dem Lehen Bitchu Matsuyama kamen. Auch die drei Tani-Brüder kamen aus der Stadt.


Naka-taiko-no-maru


Omotemon

 

 


Sannomaru und Umaya-guruwa


Weg hinauf zwischen den Kuruwa und Yagura-Sockeln


letzter Aufstieg zum Ninomaru


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google maps: https://www.google.de/maps/@34.8091692,133.62245,18.75z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@34.809022,133.6218928,100m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Burg Bitchuu Matsuyama auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Bitch%C5%AB_Matsuyama_Castle
Das Lehen Bitchuu Matsuyama auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Bitch%C5%AB-Matsuyama_Domain - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%82%99%E4%B8%AD%E6%9D%BE%E5%B1%B1%E8%97%A9
Die ersten 8 Daimyos auf Wikipedia:
https://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B1%A0%E7%94%B0%E9%95%B7%E5%B9%B8 - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B1%A0%E7%94%B0%E9%95%B7%E5%B8%B8 - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B0%B4%E8%B0%B7%E5%8B%9D%E9%9A%86 - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B0%B4%E8%B0%B7%E5%8B%9D%E5%AE%97 - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E6%B0%B4%E8%B0%B7%E5%8B%9D%E7%BE%8E - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%AE%89%E8%97%A4%E9%87%8D%E5%8D%9A - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%AE%89%E8%97%A4%E4%BF%A1%E5%8F%8B - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E7%9F%B3%E5%B7%9D%E7%B7%8F%E6%85%B6
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Besucherfaltblatt der Stadt Takahashi zur Burg Bitchu Matsuyama
Burg Matsuyama auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Bitch%C5%AB_Matsuyama_Castle - https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Matsuyama_(Bitch%C5%AB)    
Webseite der Burg:
https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/ - Geschichte: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/history/ - Sehenswürdigkeiten: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/seeing/ - Hauptturm: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/seeing/seeing_1/ - Honmaru: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/seeing/seeing_2/ - Ninomaru und Sannomaru: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/seeing/seeing_3 / - Kater Sanjuro: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/sanjuro - Natur am Berg und äußere Ruinen: https://www.bitchumatsuyamacastle.jp/en/enjoy/
Burg Bitchu Matsuyama auf JCastle:
https://www.jcastle.info/view/Bitchu_Matsuyama_Castle
Seite der Stadt:
http://takahasikanko.or.jp/modules/spot/?content_id=1
Seite der Stadt:
https://www.city.takahashi.lg.jp/site/explore-takahashi/bitchu-matsuyama-castle.html
Auf Japan-Guide:
https://www.japan-guide.com/e/e5777.html
Auf Japan Travel:
https://japantravel.de/reiseziele/sehenswuerdigkeiten/burg-matsuyama-bitchu-8278/
Auf den Seiten des JNTO:
https://www.japan.travel/en/spot/904/
Webseite von Okayama:
https://www.okayama-japan.jp/de/spot/949
Geschichte des Lehens und der Burg auf Tabi-Samurai-Japan:
https://www.tabi-samurai-japan.com/de/story/han/379/https://www.tabi-samurai-japan.com/de/story/han/379/2/ - https://www.tabi-samurai-japan.com/de/area/chugoku/okayama/bicchumatsuyama/
Jennifer Mitchelhill, David Green: Castles of the Samurai - Power and Beauty, 112 S., Verlag: Kodansha International 2013, ISBN-10: 1568365128, ISBN-13: 978-1568365121, S. 80,93, Abb. 12, fig. 7 Stephen Turnbull, Peter E. Davies: Japanese Castles AD 1540-1640, Osprey Publishing 2003, ASIN: B00QNZV75S, S. 35, 56
Jennifer Mitchelhill, David Green: Samurai Castles - History / Architecture / Visitors Guides, 128 S., Verlag: Tuttle Pub. 2018, ISBN-10: 4805313870, ISBN-13: 978-4805313879, S. 86-89
Toshitaka Morita, Takahiro Miyamoto: Castles in Japan (Landscapes of the Japanese Heart), 304 S., Verlag: Mitsumura Suiko Shoin, 2018, ISBN-10: 4838105606, ISBN-13: 978-4838105601, S. 208-213
Masao Yamada: The Anatomy of Castles in Japan, revealed by an Urban Design Expert, jap. und engl., Nitto Shoin Honsha Co. Ltd., Japan 2017, 288 S., ISBN: 4-528-02011-4, intl. 978-4-528-02011-5, S. 164-177
zwei Schautafeln auf dem Burggelände, öffentlich aufgestellt von der Verwaltung der Burg, Zeichnung datiert auf 2009, a) Grundriß beschriftet, b) Aufriß invertiert, in Graustufen umgewandelt und modifiziert


Bitchu Matsuyama-jo, Burg Bitchu Matsuyama, Takahashi (Präf. Okayama), Teil (2): Photos vom Honmaru - Bitchu Matsuyama-jo, Teil (3): Photos vom Tenshu, Außenansichten - Bitchu Matsuyama-jo, Teil (4): Photos vom Tenshu, innen, erste Ebene - Bitchu Matsuyama-jo, Teil (5): Photos vom Tenshu, innen, zweite Ebene - Bitchu Matsuyama-jo, Teil (6): Photos vom Niju-yagura und von den nördlichen Befestigungen

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Der Grundriß und der zeichnerische Rekonstruktions-Aufriß sind zwei öffentlich auf dem Burggelände aufgestellte Schautafeln der Burgverwaltung, die wurden ergänzt und für erläuternde Zwecke modifiziert
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