Bernhard Peter
Azuchi (Präf. Shiga), Burg Azuchi-jo, Teil (1): Beschreibung und Pläne


Lage und Erreichbarkeit, Touristisches
Die Ruine der Burg Azuchi liegt auf einem dicht bewaldeten Hügel (Azuchi-yama) am Südostufer des Biwa-Sees, etwa auf halber Strecke zwischen Otsu und Hikone, ca. 6 km vom Ufer entfernt. Azuchi ist Bahnstation an der Tokaido-Hauptlinie; die Lokalzüge der Biwako Line halten hier. Vom Bahnhof sind es knapp 2 km bis zum ehemaligen Hauptturm der Burg, erst 300 m parallel zu den Gleisen nach Nordosten, dann am Ortsrand ca. 290 m nach Norden, dann schräg abbiegend 670 m durch die Felder bis zu einem Wassergraben, diesen auf der Brücke überqueren, und dann liegt jenseits der Straße der Eingang zum Burgberg, wo auch die ersten Mauern in Sicht kommen. Von da sind es noch ca. 450 m Waldweg den Berg hoch durch die Ruinen bis zur Stelle des Hauptturms, 100 m über dem Wasserspiegel des Biwa-Sees gelegen.

1926 wurde das Burggelände als national wichtige historische Stätte geschützt, und 1952 wurde sie noch einmal als spezielle national wichtige historische Stätte aufgewertet. Das Gelände ist eintrittspflichtig, das Kassenhäuschen steht am Fuß der großen Treppe 100 m nördlich der Straße (vielleicht noch zu erwähnen: Hier befindet sich die letzte Toilette, oben kommt keine mehr, und am Fuß des Berges ist die letzte Gelegenheit zum Kauf von Wasserflaschen). Burg Azuchi ist völlig untouristisch, hier finden nur Burgen-Enthusiasten hin. Es gibt auch wirklich nicht viel zu sehen, Ruinen im Wald und unendlich viele unregelmäßige Treppenstufen, dafür ist alles sehr geschichtsträchtig. Es ist kaum zu fassen, daß das hier für einige wenige Jahre die mächtigste Bergfestung in ganz Japan war. Die Faszination dieser Burg setzt sich zusammen aus der Kurzlebigkeit einerseits und der geschichtlichen Bedeutung andererseits, es war eine Eintagsfliege, die dennoch mit wichtigen Persönlichkeiten der japanischen Geschichte verbunden ist und ihrerseits eine Zeitenwende des japanischen Burgenbaus darstellte. Weite Bereiche des Berghangs sind in keiner Weise erschlossen und auch nicht zugänglich. Und dennoch ist es eine phantastische Burgruine mit ihrem ganz eigenen Reiz. Wer aber nach touristischen Schwergewichten wie Burg Hikone oder den Tempeln und Schreinen von Otsu Entspannung bei einer einsamen Waldwanderung sucht, wird hier durchatmen können - und müssen, denn es geht steil auf der Treppe nach oben. Es ist ein herrlicher Wald, Vögel machen sich bemerkbar und Zikaden lärmen, eine sanfte Brise weht durch die Bäume oben, die Einsamkeit tut gut, insbesondere, wenn man vor in den geschäftigen Städten wie Hikone oder Otsu war. Einsamkeit heißt aber auch, daß man nicht zu weit vom Weg abweichen sollte und genau hinschauen sollte, wohin man tritt (Stolperstellen und Schlangen). Großes Lob verdient die in den letzten Jahrzehnten durchgeführte sorgfältige Ausgrabung und Fixierung der Ruinen in einigen Bereichen.

Am Südausgang des Bahnhofs gibt es ein kleines Informationszentrum, das Azuchi-jo Burgmuseum mit einem Modell des Maßstabes 1:20, das eine der vielen bisher versuchten Rekonstruktionen darstellt. Ca. 900 m südöstlich des Burgeingangs, auf der anderen Seite der Bahnlinie, gibt es ein Archäologisches Präfekturmuseum (Shiga-ken Azuchi-jou Kouko Hakubutsukan), wo der Schwerpunkt weniger auf der Burg und mehr auf der Archäologie und der Kofun-Zeit liegt, aber auch ein paar Burgmodelle ausgestellt sind, und das Azuchi-jou Tenshu Nobunaga no Yakata Museum, in dem ein Nachbau der obersten Turmgeschosse des Hauptburgturmes ausgestellt wird, eine weitere Rekonstruktion, wie er ausgesehen haben könnte, zwar nur die obersten beiden Geschosse, dafür in Originalgröße, außerdem gibt es ein hervorragendes viertelstündiges Video zur Burg mit virtueller Realität, das sehr gut visualisiert, wie in jenen paar Jahren der Existenz diese Burg einmal ausgesehen haben könnte. In der Nähe des Bahnhofs gibt es einen Fahrradverleih, so daß man alles gut erreichen kann. Und wenn man schon auf Burgruinen-Exkursion ist, kann man auch noch die Burg Kannonji in den Tag einbauen; die Straße dahin nimmt südöstlich vom Hyotanyama-Kofun ihren Ausgang. Wer immer noch nicht genug Ruinen im Wald gesehen hat, findet eine weitere in 5,5 km Entfernung auf dem Hachimanyama, Bahnstation Omi Hachiman, dann zu Fuß 2,3 km in nordnordwestlicher Richtung bis zum ehemaligen Wassergraben, dann ist die Ruine bequem per Bergbahn erreichbar.


Geschichte: Bedeutung der Burg Azuchi
Heute liegt die Ruine auf dem Gebiet der Präfektur Shiga, früher war das die Provinz Omi. Die 1576-1579 erbaute Burg Azuchi ist aus mehreren Gründen wichtig: Erstens ist sie die erste moderne Burganlage, die Vorbildfunktion für nachfolgende Burgen hatte. Die Burg war ganz anders konzipiert als alle Burgen vorher, und sie war extravagant ausgestattet. Zweitens ist sie untrennbar mit einem der bedeutendsten Kriegsherren der japanischen Geschichte verbunden, mit Oda Nobunaga (23.6.1534-21.6.1582), zu ihm unten mehr. Oda Nobunaga lebte in der Sengoku-Zeit (Sengoku-jidai, Zeit der streitenden Länder, sen = Krieg, Feldzug, Gefecht, Schlacht, cave: nicht sen = 1000, gleiche Aussprache, aber anderes Kanji, koku = kuni = Land, jidai = Zeitalter, Epoche), als Japan militärisch und politisch völlig zersplittert war und die mächtigsten Fürsten untereinander in wechselnden Allianzen die Vorherrschaft zu erkämpfen suchten. Begonnen hatte diese Phase der japanischen Geschichte mit dem Onin-Krieg 1467-1477 und dem Ende der Ashikaga-Shogune, wodurch die zentrale Staatsgewalt verlorenging. In dieser Bürgerkriegszeit war Oda Nobunaga der erste von insgesamt drei Reichseinigern, die die Zeit der streitenden Länder beendeten. Die anderen beiden waren Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu, der das Shogunat der Edo-Zeit begründete. Und auch diesen beiden begegnen wir mittelbar bei der Beschäftigung mit Azuchi.

Drittens wird nach dieser Burg Azuchi ein Zeitalter der japanischen Geschichte und Kunstgeschichte benannt, die Azuchi-Momoyama-Zeit (Azuchi Momoyama jidai), die von 1568/1573 bis 1603/1615 währte. Es ist die Epoche der Reichseiniger Oda Nobunaga auf der Festung Azuchi und Toyotomi Hideyoshi mit der Burgstadt und Residenz Fushimi (Momoyama). Das Anfangsjahr wird unterschiedlich angegeben: Oda Nobunaga nahm im Jahr 1568 Kyoto ein, tauschte aber erst nur den dortigen Ashikaga-Shogun aus. Erst 1573 setzte er den Shogun ab. Das Ende dieser Zeit wird entweder durch die Ernennung von Tokugawa Ieyasu zum Shogun und der Verlegung des Regierungssitzes nach Edo 1603 oder mit der Eroberung von Osaka und dem Ende der Familie Toyotomi 1615 definiert. Ein alternativer Name für diese Ära ist Shokuho-Zeit (Shokuho jidai).

Oda Nobunaga war der Sohn von Oda Nobuhide und wuchs in der Burg von Nagoya auf. Er wurde 1551 nach dem Tod seines Vaters und dem Ausschalten rivalisierender Verwandter Daimyo. In Kyoto hatte er bereits 1559 eine Audienz bei Ashikaga Yoshiteru, dem 13. Muromachi-Shogun. Die Reichseinigung begann er ab 1560 mit militärischen Mitteln und mit wichtigen Bündnissen und politischen Heiraten voranzutreiben. Eines der wichtigsten Bündnisse wurde 1562 mit Matsudaira Motoyasu geschlossen, dem späteren Tokugawa Ieyasu. Ashikaga Yoshiaki, der 15. und letzte Shogun des Ashikaga-Shogunats, veranlaßte Oda Nobunaga 1568 zur Eroberung von Kyoto. Er tauschte aber erst nur den dortigen Ashikaga-Shogun aus. Erst 1573 setzte er den Shogun ab. Deshalb wird der Beginn der Azuchi-Momoyama-Zeit auch unterschiedlich angegeben, je nachdem, welches Ereignis von beiden man als Bezugspunkt nimmt. Nach der für ihn siegreichen Schlacht von Nagashino 1575 gegen seinen Hauptrivalen Takeda Katsuyori konzentrierte er sich ganz auf die militärische Reichseinigung und überließ seinem ältesten Sohn Nobutada, der auch etliche Feldzüge mitmachte, die Rolle als Familienoberhaupt. Seit 1575 war Oda Nobunaga der mächtigste Heerführer im ganzen Land, und er gab die Leitung seiner Provinzen Owari und Mino an seinen Sohn ab, weil sein eigenes Ziel die Einigung ganz Japans war.


Geschichte: die Burg Oda Nobunagas als Schauplatz wichtiger Ereignisse der Sengoku-Zeit
1576-1579 ließ Oda Nobunaga diese Burg Azuchi errichten. Er besaß zwar auch andere Burgen, wie z. B. Burg Komaki und Burg Gifu, aber diese Stelle für die neue Burg war strategisch von Bedeutung: Früher lag das Seeufer näher an der Burg, so daß man sie per Schiff erreichen konnte und seinerseits die Wasserwege zum Reisen nutzen konnte. Der Biwa-See mit seinen Uferseen umgab zu jener Zeit an drei Seiten den Burghügel; nur die Südseite des Berges war zugänglich. Die Landgewinnungsmaßnahmen und das Absinken des Wasserspiegels haben die Landschaft mittlerweile stark verändert. Und hier verlief mit dem Nakasendo (Nakasendou) eine wichtige Fernstraße zwischen Edo und Kyoto in nächster Nähe (der Tokaido (Toukaidou) zweigte früher ab und verlief weiter im Süden), außerdem war die Burg näher an der Kaiserstadt Kyoto als die bisherigen Burgen des Erbauers. Auch heute noch sind mehrere wichtige Verkehrswege in nächster Nähe, so die Trasse des Tokaido-Shinkansen zwischen Tokyo und Osaka, die Nationalstraße 8 und die Meishin-Autobahn. In Kyoto selbst zu residieren, war wegen der immer wieder vorkommenden Feuersbrünste im 16. Jh. wenig erstrebenswert. Und an dieser Stelle störte er jeden, der von Nordosten her ebenfalls Interessen in Kyoto wahrnehmen wollte. Seine ärgsten Feinde waren die Familien Mouri im Westen, Takeda im Osten und Uesugi im Norden. Und hier mittendrin zwischen deren Kommunikationswege eine mächtige Burg zu setzen, muß ihm großen Spaß gemacht haben. Und ein weiterer Grund war wohl einfach Demonstration von Macht und Wohlstand. Die örtliche Bauaufsicht bekam Niwa Nagahide (1535-1585), ein Samurai und Vasall der Familie Oda, der viele Schlachten gemeinsam mit seinem Herrn geschlagen hatte und der 1568 nach der Einnahme von Kyoto als einer der Verwalter der Stadt eingesetzt wurde. Azuchi war Großbaustelle, eine riesige Anzahl von Arbeitern aus den Regionen Kinai, Tokai und Hokuriku wurde zusammengezogen, und die besten Künstler jener Zeit wurden mit der repräsentativen Ausstattung beauftragt.

Jedenfalls war Burg Azuchi für die damalige Zeit modern und innovativ, und viele dort zum ersten mal gebaute Merkmale wurden später Standard im Burgenbau. Deshalb markiert diese Anlage einen Wendepunkt in der Art, Burgen anzulegen, zu bauen und zu nutzen. Nach Fertigstellung der Burg 1579 und dem Einzug des Burgherrn fand im nahen Tempel Jogon-in (ein Tempel der Jodo-shu, Amida-dera) die religiöse Debatte von Azuchi (Azuchi shuuron) statt, bei der Vertreter der wichtigsten buddhistischen Schulen, Joudo-shuu und Nichiren-shuu, miteinander über religiöse Auslegungen diskutierten. Oda Nobunaga war kein Freund von überheblichen Mönchen, die die Wahrheit für sich gepachtet hatten, das hatte er oft genug bewiesen. Diesmal stimmte er aber der geforderten Debatte zu. Im Ergebnis wurden die Nichiren-Anhänger deutlich in ihre Schranken verwiesen, einige Aufrührer hingerichtet, und eine höhere religiöse Toleranz wurde allgemein verordnet. Diese Burg hatte am 15.5.1582 einen illustren Gast, denn Tokugawa Ieyasu kam persönlich auf diese Burg, um Oda Nobunaga dafür zu danken, daß dieser ihm die Provinz Suruga überlassen hatte, wo er später Burg Sunpu erbaute. Akechi Mitsuhide nahm den Besuch entgegen, genau derjenige, der wenige Monate Verrat an seinem Herrn beging.

Seinen Tod fand der siegreiche Anführer Oda Nobunaga nicht in der Schlacht, sondern quasi durch Unachtsamkeit und Verrat. Einer seiner Generäle, der oben erwähnte Vasall Akechi Mitsuhide, der seine Machtbasis in Burg Sakamoto am gegenüberliegenden Ufer des Biwa-Sees hatte und der auch Burg Fukuchiyama und Burg Tanba Kameyama besaß, rächte sich für eine frühere öffentliche schlechte Behandlung und brachte den berühmten Feldherrn überraschend in seine Gewalt (Honnou-ji no Hen genannt nach dem südlich des Kaiserpalastes gelegenen Tempel in Kyoto, in dem er sich aufhielt), der daraufhin Seppuku beging. Sein Sohn Nobutada lehnte es ab, sich fliehend nach Azuchi zurückzuziehen, blieb in Kyoto, zog sich in die Burg Nijo Gosho in Kyoto zurück, doch die Leute von Akechi Mitsuhide umstellten ihn und zwangen ihn ebenfalls zum Seppuku. Akechi Mitsuhide versuchte, seine Stellung zu festigen und seine Territorien und Vasallen zu übernehmen. Er drang in Burg Azuchi ein und bemächtigte sich ihrer, plünderte anschließend die Burg, um seine Gefolgsleute zu belohnen und bei der Stange zu halten, und schickte Gesandte an den Kaiserhof. Er dachte, er könne einfach so die Position des Verratenen einnehmen und damit durchkommen.


Geschichte: Brand, Ringen um die Macht und Niedergang
Vater und Sohn wurden jedoch kurz darauf von Hashiba Hideyoshi gerächt, in der Schlacht von Yamazaki besiegt und auf der Flucht danach von Nakamura Choubei mit dem Speer getötet. Der den Verräter damit letztendlich zur Strecke brachte, war ein Anführer von lokalen Banditen. Kurz nach der Schlacht brannte Burg Azuchi, die geplündert worden war und während der chaotischen zwei Wochen nach Nobunagas Tod mehrfach von einer Hand in die nächste kam, bei den Kämpfen zwischen den Kriegern des Akechi Mitsuhide und dem zweiten Sohn des toten Odo Nobunaga, Oda Nobukatsu, nieder, wobei es über die letztendliche Ursache verschiedene Theorien gibt. Klar ist nur, daß es nicht Akechi Mitsuhide selbst gewesen sein kann, der die Burg in Brand gesteckt hat, auch wenn jeder es ihm zugetraut hätte. Nein, er wollte vielmehr Nobunagas Stelle einnehmen, und die Burg hätte ihm gut gefallen. Der Verrat ist klar, aber es gibt keinerlei Indiz, daß er selbst die Zerstörung der Burg befohlen hat. Am Tag des Brandes, dem, 15.6.1582, war der Verräter auch gar nicht vor Ort, sondern rannte um sein Leben nach verlorener Schlacht. Auch der oft verdächtigte Akechi Hidemitsu ist vermutlich unschuldig, denn als er am 14.6. von der Niederlage seines Verwandten erfuhr, floh er in die Burg Sakamoto. Als die Burg Azuchi in Flammen aufging, war das genau an dem Tag, als Oda Nobukatsu Azuchi wiedereingenommen hatte, und so leid es uns tut, er kommt durchaus als Schuldiger in Frage, und im Eifer der Rückeroberung könnte der Brand passiert sein, entweder absichtlich durch die Verteidiger oder versehentlich durch die Rückeroberer, oder auch vorsätzlich durch Nobukatsu, dem Luis Fróis Schwachsinn attestierte. Wie es genau lief, läßt sich nicht mehr feststellen, Theorien dazu gibt es viele.

Der Sieger von Yamazaki, Hashiba Hideyoshi, setzte den Einigungsprozeß Japans fort und wurde schließlich zum Kampaku (Regent) und Taiko ernannt. Oda Nobunaga wurde im Daitoku-ji in Kyoto beigesetzt. Bereits Hashiba Hideyoshi wollte eine Gedächtnisstätte auf dem Funaoka-yama in Kyoto erbauen lassen, und es gab auch die kaiserliche Erlaubnis dazu, doch es dauerte über 300 Jahre, bis dort der Kenkun jinja zu seinem Gedächtnis erbaut wurde. Takeisao oder Kenkun sind Namen für den zum Kami erklärten Oda Nobunaga. Oda Nobunaga, der zeitlebens den Shintoismus großzügig förderte und insbesondere dem Ise-jingu in Ise und dem Atsuta-jingu in Nagoya spendete, wird noch in einem anderen Schrein als Kami verehrt, dem Take-isao-no-yashiro in der Stadt Tendo in der Präfektur Yamagata, dieser Schrein wurde kurz nach 1582 errichtet. In der Burg Azuchi selbst gibt es auch ein kleines Mausoleum für ihn.

Die Blüte dieser Burg war damit sehr kurz, 1576-1582, und wenn wir von der fertigen Burg sprechen, stand sie nur drei Jahre, 1579-1582. Die Burg war abgebrannt, es mußte ein fürchterliches Feuer gewesen sein, die Ausgrabungen förderten Keramikfragmente zutage, die in einem solchen verbogenen Zustand waren, daß man von einer Brandhitze von rund 3000 °C ausgehen kann. Doch im wesentlichen brannte nur die Gipfelburg, die Kernburg innerhalb der inneren und der äußeren Umwallung, und außenherum konnte man noch wohnen und leben. Es war ja nicht der ganze Berg abgebrannt, und noch war die Zukunft der Burgruine völlig offen. Trotz Zerstörung wurde die ruinierte Burganlage erst von Nobunagas Sohn Nobukatsu, und seinem Enkel Sanboushi = Oda Hidenobu bewohnt und besetzt gehalten, um das Symbol aufrechtzuerhalten und um symbolisch als Nobunagas Erben wahrnehmbar zu sein und entsprechende Ansprüche zu untermauern. Das Ende von Burg Azuchi war vielmehr das politische Abseits.

Nobunagas Nachkommen und seine überlebenden Vasallen trafen sich 24 Tage nach Nobunagas Tod in Burg Kiyosu (Provinz Owari), um die Lage zu besprechen und die Nachfolge zu regeln. Dafür gab es drei sinnvolle Kandidaten, erstens Sohn Oda Nobutaka, zweitens Sohn Nobukatsu (s. o.) mit Vorbehalt und drittens Shibata Katsuie (1522-1583), einer der ältesten Vasallen. Man wählte aber den unsinnigsten Kandidaten zum neuen Familienoberhaupt, den dreijährigen Enkel Sanboushi = Oda Hidenobu. Das führte schnell zu einer Parteienbildung: Sanboushi und Nobukatsu mit Hashiba Hideyoshi, und Nobutaka mit Shibata Katsuie. Und die Parteienbildung resultierte bald in kriegerischen Auseinandersetzungen: Schon 1582 stellte Nobutaka eine Armee auf. Die Gegenpartei kam ihm zuvor und nahm Gifu ein und setzte das Kleinkind Sanboushi in Azuchi ein. Hideyoshi besiegte Nobutaka und Katsuie 1583 in der Schlacht von Shizugadake. Immer noch die Revitalisierung von Burg Azuchi eine Option, denn nach wie vor fand hier Leben statt.

Jetzt spalteten sich Nobukatsu und Hideyoshi untereinander auf. Schon 1584 versuchte ersterer, sich aufzulehnen (unterstützt von Tokugawa Ieyasu, das erste und einzige Mal, wo dieser sich gegen Hideyoshi stellte), gab aber dann klein bei. Sanboushi wurde in die Burg Sakamoto verlegt. Nobukatsu mußte sich nach der Schlacht von Komaki und Nagakute im Jahre 1585 Hashiba Hideyoshi ergeben, und das war das Ende des Regierungsanspruchs der Familie Oda und auch das Ende der Nutzung der Burgruine. Und damit gab es in Azuchi keine politisch bedeutende Person mehr. Hashiba Hideyoshi, der sich ab 1586 Toyotomi Hideyoshi nannte, gab 1585 seinem Neffen, Toyotomi Hidetsugu (1568-1595) das Lehen Hachimanyama. Das war das benachbarte Omi-Hachiman, und dort begann man von neuem, und hier erblühte die noch im selben Jahr neu erbaute Burg Hachimanyama-jou mit neuem Leben in 5,5 km Entfernung auf dem westlichen Nachbarhügel. Die verbliebene Bevölkerung von Azuchi zog um, und das verwertbare Baumaterial nahm man mit, und sehr viel Material aus Azuchi wurde in Burg Hachimanyama verbaut. Die neue Siedlung löste die alte ab. Das erst war das endgültige Aus der Burg Azuchi. Es sind also zwei häufig kolportierte Legenden um Burg Azuchi, die sich bei näherem Hinsehen als unrichtig erweisen, nämlich erstens, daß der Verräter Akechi Mitsuhide die Burg angezündet hat, und zweitens, daß sie unmittelbar danach aufgrund der Zerstörung verlassen und aufgegeben wurde. Beides stimmt so nicht.


Geschichte nach 1585: Tempel, Gedächtnisstätte, historische Stätte
Tatsache ist aber, daß die Kernburg Azuchi nach der Zerstörung 1582 nie wiederaufgebaut wurde und daß der gesamte Burgkomplex seit 1585 nicht mehr genutzt und ausgeschlachtet wurde. Die Burgstelle wurde danach komplett politisch bedeutungslos. Die ausgedehnte Anlage war bis auf den Tempel Souken-ji in den alten Mauern am Berghang nun unbewohnt, verfiel und wurde vom Bergwald überwuchert. Der Tempel bekam von Toyotomi Hideyoshi 1592 Land im Wert von 100 Koku zur Eigenversorgung. Tokugawa Ieyasu und Tokugawa Hidetada vermehrten das Land jeweils bis zu einem Wert von 227,5 Koku. Aber auch Burg Hachimanyama blieb nicht lange in Betrieb, denn nach dem Tod des Erbauers verlegte der Nachfolger, Kyougoku Takatsugu, seinen Sitz in die Burg Otsu (Outsu), und Hachimanyama wurde aufgegeben und ist nun ebenfalls eine Ruine im Wald mit einem Tempel auf dem Gelände, dem Murakumo Zuiryu-ji - Parallelität des Schicksals. Bei der Neuordnung der Lehen in der Provinz Omi nach 1600 spielte Azuchi keine Rolle mehr, weil der Berg als Tempelbesitz außen vor war.

Nach dem Brand des Tempels 1854 ging es bergab, etliche Gebäude wurden versetzt oder verfielen. Der Tempel konnte sich erst einmal nicht erholen. 1871 erklärte die Meiji-Regierung per Edikt allen Landbesitz von Tempeln und Schreinen zu Staatsbesitz (Jouchi-rei). Später in der Meiji-Zeit fand sich Azuchi im Gamou-Distrikt wieder. Der Tempel geriet dadurch in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es wurden weder Oda-Gedächtnisfeiern begangen noch die Anlage in Schuß gehalten. Auch die Burgruinen wurden in dieser Zeit vernachlässigt und wuchsen zu. Erst unter Abt Matsuoka Norimune (-1953), der 1914 ins Amt kam, gelang es, den Tempel zu revitalisieren und wieder das Interesse für die Burg zu wecken. Unter ihm wurden die Gebäude repariert, die Ruinen ausgegraben und gesichert, er positionierte erneut den Tempel als die für die Ruinen zuständige Institution, er gründete die Azuchi Hokatsukai = Gesellschaft für die Bewahrung von Azuchi, und er erlangte die Unterschutzstellung 1926. Unter diesem Abt wurde der Berg erstmalig für Besucher ausgeschildert, und er baute die Haupthalle neu, wenn auch an anderem Ort.

In der ersten Hälfte des 20. Jh. unternahm man erste Ausgrabungen: Erste Untersuchungen und Freilegungen erfolgten in den 1920er Jahren. 1932 beging man das 350. Gedächtnis von Nobunagas Tod. 1939-1941 grub man den Hauptturm und den Honmaru aus, die ersten archäologischen Ausgrabungen. In den 1960er Jahren folgten weitere Konservierungsarbeiten und die Freilegung des Kuroganemon. Ab 1989 führte die Präfektur Shiga eine 20 Jahre dauernde Ausgrabungsuntersuchung auf dem Berg durch. Dabei konzentrierte man sich auf die Bereiche rechts und links der hochführenden Haupttreppe, wo sich die sogenannten Residenzen von Hashiba Hideyoshi und Maeda Toshiie befanden, und auf den Honmaru-Palast, wo man die Grundsteine der Pfosten freilegte. Dabei wurden auch die Steintreppe und die Mauern repariert. 2009 wurde die Studie abgeschlossen. Bei den Ausgrabungen fand man auch großflächigh reichlich Material, das die Vernichtung der Burg durch einen großen Brand belegt. Das Projekt wurde wegen der Kosten nicht fortgeführt, obwohl bislang erst 20% (17 ha) der als historische Stätte deklarierten Fläche vermessen wurde. Umgekehrt kann man sagen, daß die vollständige Freilegung und Kartierung der Anlage bei gleichem Aufwand und gleichem Vorankommen wohl noch 50-100 Jahre in Anspruch nehmen würde. Somit bleibt die vollständige Erschließung des Burgareals genauso Utopie wie Hoffnungen auf Rekonstruktionen einzelner Aufbauten. Modelle gibt es dagegen im Museum zu bestaunen. Eine freie Nachbildung des Burgturms von Azuchi steht heute im Vergnügungspark Ise Azuchi-Momoyama Bunkamura (Präfektur Mie).


Rundgang und Beschreibung: Vordertor und Residenzen der Vasallen
Vom Typ her ist Azuchi eine Hügelburg (yama-jiro). Das Haupttor (Otemon) stand im Süden am Fuß des Berges, 80 m südlich des Beginns des Steinstufenweges; beiderseits der Straße sind mehrere Mauerzüge in den Wiesen freigelegt, in denen auch die Toranlage vom Masugata-Typ mit abknickendem Torweg und Zwinger nachvollziehbar ist. Interessanterweise wird dieses mächtige Tor von zwei kleineren Toren flankiert. Es wird angenommen, daß diese Anordnung, die etwa derjenigen im inneren Bereich des Kaiserpalastes entsprach, für bestimmte Zeremonien anläßlich eines kaiserlichen Besuches eine Rolle spielte, denn militärisch machte das wenig Sinn. Dahinter staffelten sich am vielfach terrassierten Hang die Häuser der Vasallen. Mitten durch die ehemaligen Häuser der Vasallen geht ein breiter Treppenweg (Otemichi = vordere Straße oder Oteguchi-michi = Vordereingangs-Straße) wie die Hauptstraße eines Bergdorfes nach oben. Die Breite dieser "Hauptstraße" variiert zwischen 3 und 9 m. Linkerhand lag die Residenz, die traditionell Hashiba Hideyoshi zugeordnet wird, dem späteren Toyotomi Hideyoshi (1537-1598). Dieser Bereich ist umfangreich ausgegraben, und alle Gebäude konnten identifiziert werden. Zur Straße hin gab es ein festes Tor, und auf der erhöhten Terrasse liegen die ganzen Grundsteine der Wohngebäude. Eigentlich umfaßte die Residenz zwei Terrassen, die durch einen 2 m breiten Weg miteinander verbunden waren. Beide Ebenen hatten ein Tor zur Straße, das deutlich größere und wehrhaftere, zweistöckige Tor von beiden führte auf die untere Terrasse mit einem Stallgebäude, die Wohngebäude lagen auf der oberen Terrasse, und das dortige Tor war nur einstöckig. Auf der oberen Terrasse gab es noch die Küche und einen Wehrturm. Gegenüber auf der rechten Seite der Straße lag die Residenz, die traditionell Maeda Toshiie (1538-1599) zugeordnet wird, der seine Karriere als Page von Oda Nobunaga begonnen hatte und schließlich Daimyo und Herr der Provinz Noto wurde. Diese Residenz erstreckt sich auf drei Ebenen bzw. Hangterrassen. Etwas höher am Hang lag rechts des Treppenweges eine Residenz, die traditionell Tokugawa Ieyasu (1543-1616) zugeordnet wird, dort steht die 1930 errichtete Haupthalle des Tempels Souken-ji. Innen besitzt sie 6 Sets bemalter Schiebtüren (Fusuma-e) mit Malereien des Nihongo-Künstlers Kosugi Houan (1881-1964). 1955 wurde ein neuer Glockenturm neben der Halle erbaut.

Die Namen der zugeordneten ehemaligen Bewohner lesen sich primär wie das Who's who der Sengoku-Zeit, und das ist auch die Absicht dahinter. Aber dennoch muß die traditionelle Zuordnung mancher Namen kritisch hinterfragt werden, denn z. B. war Tokugawa Ieyasu kein Vasall von Oda Nobunaga, sondern ein Verbündeter. Vasallen wurden zur Aufrechterhaltung eines Anwesens auf dem Burggelände verpflichtet, aber bei Verbündeten, also wenn auch nicht Gleichmächtigen, so doch Gleichrangigen, wäre das in höchstem Maße ungewöhnlich und unangemessen gewesen. Tokugawa Ieyasu als Nicht-Vasall hätte sich nicht darauf eingelassen, das wäre für ihn erniedrigend gewesen. Deshalb ist diese traditionelle Zuordnung schon mal ganz unwahrscheinlich. Tokugawa Ieyasu war zu Besuch in der Burg, korrekt. Aber bei diesem Besuch wohnte er, und das ist bei einem engen Verbündeten angemessen, im Honmaru-Bereich. Letztlich beruht die Zuschreibung der Residenzen zu bestimmten Persönlichkeiten auf einer historischen Karte aus der Zeit um ca. 1687 (aufbewahrt im Kashiwabara Geschichts- und Folklore-Museum der Stadt Tanba), deren Ziel die Darstellung des engen Verhältnisses der drei Reichseiniger war und deshalb alle Helden der Geschichte irgendwie einsortierte. Hashiba Hideyoshi, der seine Karriere als einfacher Soldat angefangen hatte, stand hingegen im Dienst von Oda Nobunaga und war sein Vasall. Oda Nobunaga machte ihn 1573 zum Daimyo von Nagahama. Da war Burg Azuchi noch nicht einmal angefangen worden. Und als Daimyo von Nagahama und engster Verbündeter des Burgherrn unterhielt er sicherlich kein Burgmannenhaus mehr in Burg Azuchi. Auch diese Zuordnung ist also unwahrscheinlich, wird aber aufrechterhalten, weil man "irgendeine Bezeichnung braucht". Die japanische Beschriftung trägt diesem Umstand Rechnung, indem sie jeder namentlichen Zuweisung von Residenzen die Silbe "den-" voranstellt, mit der Bedeutung "sogenannt...", "es wird gesagt, daß...".

Auch die Benennung der Zuwege zum Zentrum der Burg wie Otemichi etc., selbst die Begriffe Honmaru, Ninomaru, Sannomaru etc. sind eigentlich korrekterweise mit dem Präfix "den-" zu benutzen, denn die originale Benennung ist uns nicht bekannt, und die vergebenen Namen entstanden lange nach der Zerstörung sekundär und werden traditionell benutzt. Die Begriffe folgen durchaus üblicher Wortwahl und Bezeichnungen solcher Strukturen, doch sie entstanden erst nach den drei schönen Blütejahren von Burg Azuchi und werden dieser Burg rückwirkend zugedacht. Der Leser möge sich daher bitte vor jede Bezeichnung und vor jede Benennung irgendeiner Struktur dieser Burg "den-" dazu denken, auch wenn wir das wegen der Sperrigkeit der Konstruktion hier nicht konsequent durchhalten.


Rundgang und Beschreibung: der Tempelbereich
Das war der erste von insgesamt drei zu besichtigenden Bereichen. Danach geht der Weg weiter den Berg hinauf und gabelt sich. Nach links (Westen) kommt man an mehreren Ruinen ehemaliger Residenzen (die von des Erbauers Sohn Oda Nobutada Im Nordwesten des Weges, die des Militär-Anführers und Teemeisters Takei Sekian (= Takei Yuuan) im Südosten des Weges, beides traditionelle Zuordnung, s. o.) vorbei über eine Treppe zum Tempelgelände des Souken-ji. Beim Bau der Burg verlegte Oda Nobunaga einen Tempel von anderer Stelle hierhin in das Burggelände und machte ihn zum Familientempel, auch das ein Novum im Burgenbau: Das zeigt deutlich, daß diese Burg zum dauerhaften Leben, Wohnen, Residieren gedacht war, daß sich hier eine Burgstadt entwickeln sollte, deshalb wurde die nötige Infrastruktur der Siedlung gleich mit eingeplant. Der erste Abt des Souken-ji war Gyoushou Houin (-1586), ein Shingon-Mönch. Der größte Teil des Tempels ist ruinös, weil sieben Gebäude im Jahre 1854 durch einen durch Blitzschlag verursachten Brand zerstört wurden. Dieses Unglück löste erst den wirklichen Niedergang des Lebens auf dem Berg aus. Danach kümmerte man sich auch nicht mehr um die verschonten Gebäude, denn zu besten Zeiten hatte der Tempel 22 Gebäude, und nur 7 waren abgebrannt. Einige Gebäude wurden woanders hin versetzt, andere wie der Glockenturm verrotteten einsam im Wald. Erhalten haben sich neben der Terrassierung der Hügelkuppe mit Ishigaki-Wällen außenherum aber zwei historische Gebäude, die beide als wichtige Kulturgüter geschützt sind, die dreistöckige Pagode (San-juu-no-to) und das am unteren Ende der steilen Treppe (Ishidan) im Westen zu findende Niomon, vom Typ eines Romon (turmartiges Tor) mit oben umlaufender Galerie. Hier kommt der Weg aus dem Tal an, der von Westen her über die Brücke Dodo-bashi führt, dieser Zugangsweg wird Dodobashi-michi oder Dodobashiguchi-michi genannt; er führte in die einstige Burgstadt hinunter. Niomon und Pagode sind die beiden einzigen alten Gebäude auf dem Berg, und sie sind die beiden einzigen aus Holz gebauten Zeugnisse aus der Glanzzeit der Burg Azuchi. Ironie der Geschichte, daß es sich um Tempelgebäude und nicht um Wehr- oder Repräsentativgebäude handelt. Alle anderen Gebäude der Burganlage stehen nicht mehr, und der Baubestand ist auf Wälle, Grundplatten für Pfosten und Treppen reduziert.

Die dreistöckige Pagode stammt aus dem Jahr 1454 und ist damit Muromachi-zeitlich. Sie soll vorher im Choju-ji in Konan gestanden haben, ehe Oda Nobunaga sie ca. 1576 hierhin versetzen ließ. 1604 wurde sie von Toyotomi Hideyori, dem Sohn von Toyotomi Hideyoshi, repariert. 1886 kam es erneut zu Reparaturen. Zu Beginn des 20. Jh. brachen einige Teile des Daches und die dritte Ebene ganz weg, das wurde aber zügig repariert. In der Pagode wird Dainichi Nyorai (Vairocana Buddha) verehrt.

Es lohnt sich, zum Tor herunterzusteigen, auch wenn man alle Stufen nachher wieder hinauf muß, denn auch die beiden Nio-Figuren auf der Vorderseite (Westseite) sind alt und als wichtige Kulturgüter eingestuft (1911 waren sie sogar als Nationalschatz eingestuft, wurden aber später heruntergestuft). Das ziegelgedeckte Niomon wurde nicht für diese Stelle gebaut, sondern 1571 woanders errichtet (Datierung auf dem Firstbalken) und dann um 1576 hierhin versetzt. Das Niomon ist das unterste von einst drei Toren, denn wenn man die Treppe wieder hinaufsteigt, kommt man kurz vor der Pagode an den Ruinen des Vordertors (Omotemon ato) vorbei. Das Niomon wurde ebenfalls 1886 repariert.

Linkerhand (im Nordosten der Pagode) liegt die große Plattform, wo sich bis 1854 die zweistöckige Haupthalle befand. 1930 wurde an anderer Stelle die provisorische Haupthalle auf den Ruinen der sogenannten Residenz von Tokugawa Ieyasu errichtet. Und wie es so ist, Provisorien halten ewig, fast 100 Jahre später leben die Mönche immer noch im Provisorium, und die Haupthalle am originalen Standort wurde nie wieder aufgebaut.

Der Tempel gehört zur Rinzai-Zen-Schule und innerhalb dieser zur Myoushin-ji-Schule. Begonnen hatte der Tempel allerdings als Shingon-Tempel, und der Wechsel fand vermutlich um 1600 bis spätestens 1668 statt. Toyotomi Hideyoshi setzte nach dem Tod des Gründungsabtes Gyoushou (Shingon) als Nachfolger Chouchuu Gouka (-1611) ein, einen Rinzai-Mönch. Das ging einher mit dem Bedeutungswandel des Tempels, der nun der Pflege der Erinnerung an Oda Nobunaga verpflichtet wurde. Entsprechend wurde spätestens seit 1636 zur bis zum Ende der Meiji-Zeit gültigen Regel, daß nur Familienangehörige des Hauses Oda Abt dieses Tempels werden konnten. Entsprechend wurde später der Shingon-Gründungsabt aus der offiziellen Geschichte getilgt, weil er nicht zu dieser Regel paßte. 1668 wurde der Souken-ji ein Zweigtempel des Myoushin-ji in Kyoto.

Von dort oben, wo einst der Hondo stand, hat man einen schönen Blick auf den See Sainoko. Wenn man weiter nach Osten geht, liegt südlich des Weges etwas tiefer das Fundament des ehemaligen Glockenturms (Shourou ato). Nach 1854 ließ man den Glockenstuhl einfach verrotten. Die anderen nördlichen Bereiche neben der Haupthalle wurden von Kuri (Wohn-, Küchen- und Lebensbereich der Mönche) und Shoin bzw. Houjou (Abtsresidenz) eingenommen, weiterhin gab es noch einen kleinen Schrein (Miya) mit Andachtshalle (Haiden). Der östliche Abschluß ist das Hintertor (Uramon ato). Dieses Uramon überlebte die Feuersbrunst und wurde in der Meiji-Zeit abgebaut und in den Tempel Choukou-ji (Minamisuda-cho, Higashiomi-shi, Präfektur Shiga) versetzt, nun als Vordertor. Es existiert noch heute als drittes überlebendes Gebäude vom alten Souken-ji. Und das Eingangstor (Genkan-mon) wurde nach 1854 in den Koutaku-ji versetzt.

Dieser Tempel begann seine Geschichte als Familientempel der Familie Oda. Nach deren Ende wandelte sich seine Rolle grundlegend: Toyotomi Hideyoshi ließ 1583 auf dem Burggelände ein Mausoleum für Oda Nobunaga errichten, und er stattete den Tempel 1592 mit Landbesitz im Wert von 100 Koku zur Eigenversorgung aus, und Tokugawa Ieyasu und Tokugawa Hidetada gaben ihrerseits jeweils noch etwas dazu, außerdem bekam der Tempel die Rechte am Wald des Berges (Holz und Bambus). Damit war abgegolten, daß der Tempel sich um den Erhalt des Mausoleums kümmert und das Andenken an einen der größten Warlords der japanischen Geschichte pflegt. Dadurch war der ganze Berg zur Oda-Erinnerungsstätte geworden, und der kleine und unbedeutende Tempel hatte eine singuläre Rolle: Er war zwar jetzt ohne betreuende Familie, war aber zugleich finanziell abgesichert und aufgrund des eigenen Grundbesitzes und der ihm zugestandenen Rechte wie ein kleiner Feudalherr positioniert, der direkt dem Tokugawa-Shogunat unterstand. Bis zum Ende des Edo-Shogunats war dieser Tempel quasi eigenständig und unabhängig. Das Tempel-Areal ist für Burgbesucher eine Sackgasse, wir müssen wieder zurück zur letzten Abzweigung, biegen aber am Treffpunkt von Dodobashi-michi und Otemichi innerhalb der sogenannten Residenz von Oda Nobutada nach links ab in Richtung Gipfel.


Rundgang und Beschreibung: Hauptburg, Kuroganemon und Raum zwischen innerem und äußerem Bering
Ganz oben am Berg folgte als drittes der herrschaftliche Bereich. Der heutige Besucher kommt über die Onemichi hoch (wörtlich: Straße auf dem Hügelkamm), dem letzten Stück des von Nordwesten kommenden und im Zickzack den Hang hinaufführenden Weges Nanamagari-michi (siebenmal abknickender Weg, Weg der sieben scharfen Kurven), und betritt nach einem weiteren steilen Treppenweg das Gelände der Hauptburg über das Tor Kurogane-mon (Eisen-Tor, eisenbeschlagenes Holztor, auch: Nurotetsu-mon). Dieses Tor ist vom Masugata-Typ mit einem durch abknickende Wälle gebildeten Zwinger und zwei rechtwinklig zueinander stehenden Einbautoren. Solche Tore waren in Friedenszeiten eine Schleuse, deren Tore beim Hinein- und Herausgehen nacheinander geöffnet und geschlossen wurden, und in Kriegszeiten eine Falle. Hier wird der äußere Bering betreten. Der Weg ins Innere geht nach dem Tor rechts ab. Wenn man dagegen nach links geht, kommt man zur Stelle der ehemaligen sogenannten Residenz der Familie Hasegawa (zu Oda Nobunagas Vasallen gehörte Hasegawa Hidekazu (1594)), dort stehen heute vier Gedenkgrabtürme (Gorintou) der Familie Oda in einer Reihe. Seit 1695 sind diese vier Gorintou bezeugt; sie sind für Oda Nobukatsu (1558-1630) und seine Abkömmlinge, seinen fünften Sohn Oda Takanaga (1590-1674), seinen Enkel Oda Nagayori (1620-1689) und seinen Großenkel Oda Nobutake (1655-1694). Deren Gräber wurden 1695 hierhin überführt. Hinter diesen Grabpagoden nimmt ein Weg seinen Ausgang, der im Norden um den Ninomaru und die Basis des Hauptturmes herumführt, bis zum nördlichen Koguchi. Zurück zum Kuroganemon: Wenn man nach rechts (Osten) geht, kommt man zunächst zu einer Engstelle zwischen den Wällen, wo sich einst das zweite Tor befand, dann zu einer breiten Treppe, die zwischen den Wällen hindurch nach oben führt, das ist der westliche Koguchi, und am oberen Ende stand das dritte Tor. Diese beiden bildeten zusammen wiederum eine Schleuse vom Masugata-Typ. Von dort gelangt man in den inneren Bering und rechterhand in den Honmaru.


Rundgang und Beschreibung: ehemaliger Hauptturm
Das Zentrum der Anlage bildete der ehemalige Hauptturm auf der höchsten Kuppe. Die steinerne Basis, die anders als bei künstlich aufgeschütteten Sockeln hier Rücksicht auf das Gelände nimmt und einen unregelmäßig achteckigen Umriß besitzt, hat ca. 11 m Höhe. Eine im Zickzack geführte Treppe leitet den Besucher im Osten des Sockels ins Innere, das dem ehemaligen Kellergeschoß entspricht. In der eingesenkten Fläche der steinverkleideten Basis sind noch die Grundplatten der tragenden Pfosten regelmäßig ausgelegt; das Raster ist weitestgehend vollständig und intakt. Diese Steinplatten trugen einst den größten und innovativsten Burgturm seiner Zeit.

Der ganz aus Holz errichtete Aufsatz hatte früher eine Höhe von ca. 30-33 m und besaß außen fünf Ebenen, innen sechs Stockwerke und ein zusätzliches Kellergeschoß in der Sockelvertiefung. Insgesamt erreichte der Turm damit ca. 46 m Höhe. Die untersten Geschosse folgten im Umriß dem unregelmäßigen Verlauf der Basis und waren nicht quadratisch. Innen gab es ein Atrium, das vom Keller bis ins zweite Obergeschoß reichte - ein Grundstein in der Mitte fehlt daher konsequenterweise im archäologischen Befund. Ein Charakteristikum ist ein achteckiges Geschoß am Übergang zwischen dem dreistöckigen palastartigen Unterbau mit einem weiteren Geschoß im Dach und dem wiederum zweistöckigen Turmaufsatz. Über dem Achteckgeschoß erhob sich das oberste quadratische Stockwerk mit großen seitlichen Fenstern und umlaufender Galerie. Dieser Turm, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte und dessen Rekonstruktion viele Forscher zu verschiedenen Modellen inspiriert hat, war der Prototyp eines Tenshu, der für die danach entstandenen Burgen so charakteristisch wurde und seitdem nicht mehr aus der japanischen Burgenarchitektur wegzudenken ist. Vermutlich war er ein Vorläufer des Borogata-Typs, also palastartige große Geschosse unten, und darauf aufgesetzt ein Ausguck-Turm. Es war damals das höchste mehrstöckige Gebäude im Land. Angeblich waren die einzelnen Stockwerke außen jeweils bunt angestrichen, rot, blau, weiß, und das oberste Geschoß sogar golden. Tiger und Drachen verzierten die Außenseite.

Der Turm enthielt auf mehreren Ebenen Prunkräume im Shoin-zukuri, die von Kanou Eitoku ausgemalt waren. Daneben waren auch andere erstklassige Künstler aus Kyoto und Osaka an der Ausstattung tätig. Bis dahin waren auf Bergen errichtete Burgen rein militärische Objekte, jetzt kam ein repräsentatives Element hinzu, denn der neue Burgentyp hatte nicht nur militärische, sondern auch politische Aufgaben. Dieser Hauptturm sollte wie die ganze Burg Freunde beeindrucken und Feinde einschüchtern. Unsere Kenntnis vom früheren Aussehen basiert auf Berichten von Menschen, die in den wenigen Jahres des Bestehens dieser Burg hier zu Gast waren, wie z. B. der portugiesische Jesuitenpater Luis Fróis (1532-1597), Autor der "Historia de Japam", der ein enges Verhältnis zu Oda Nobunaga hatte - letzterer sah in den Missionaren des Ordens ein Gegengewicht zu den Mönchskriegern buddhistischer Schulrichtungen, die sich in den Hegemonialkämpfen gegen ihn gestellt hatten und die er wie z. B. auf dem Enryaku-ji heftig bekämpfte. Luis Fróis wurde sogar zum Augenzeugen des Todes von Oda Nobunaga, weil er sich zu dem Zeitpunkt in einer gegenüberliegenden Kirche in Kyoto aufhielt.

Im gesamten Turmsockel und im Honmaru und den angrenzenden Bereichen bis zur äußeren Walleinfassung wurde bei den Ausgrabungen eine einheitliche Brandschicht gefunden, die das Ende der Burg wie beschrieben bezeugt. Von den höchsten Ruinen, also von dem etwa mannshohen Wall rings um die Vertiefung des Kellergeschosses, aus hat man einen guten Blick auf das Biwa-See-Ufer. Früher muß dieser Blick noch viel freier und großartiger gewesen sein, denn 1.) ging der Biwa-See bis an den Bergfuß und umfloß ihn auf drei Seiten, 2.) wären wir auf der obersten Aussichtsebene noch 30 m höher, und 3.) würde der Bergwald fehlen, denn dort war überall Bebauung am Hang, außerdem hatte man die Bäume als Bauholz gebraucht. Nochmal zum mannshohen Wall rings um die unregelmäßig sechseckige Vertiefung mit den Grundsteinen: Dieser Wall ist nicht so erhalten geblieben. Die ursprüngliche Höhe der Sockelwände ist unbekannt, im Laufe der Zeit lösten sich die Steinverkleidungen, Steine stürzten herab, und das Erdreich erodierte. Bei den Ausgrabungen im 20. Jh. versuchte man, so etwa den Eindruck von Wänden wiederherzustellen und schüttete den umlaufenden Rand in nennenswertem Umfang wieder auf. Das ist also nicht Originalbefund, und die ursprüngliche Höhe des Sockels ist nur ungefähr zu bestimmen. Wir stehen bei den Grundsteinen quasi im Keller des Turmes, und das erste Wohngeschoß laß den seitlichen Wänden auf. Wie sehr das ein Prototyp war, läßt sich auch daran erkennen, daß ein unregelmäßig sechseckiger Kellerraum in einem unregelmäßig achteckigen Sockel liegt - alle späteren Haupttürme waren viereckig innen und außen und bildeten innen den Außenumriß ab.


Rundgang und Beschreibung: umwallte Bereiche um den Hauptturm herum
Um diesen Burgturm herum gruppierten sich die einzelnen Wallbereiche: Im Süden des Hauptturmes lag der Honmaru mit dem Honmaru-Palast, der möglicherweise zum Empfang des Kaisers gebaut wurde und dem Seiryoden nachgebildet wurde, wofür es nach Ausgrabung und Freilegung der Grundsteine einige bauliche Indizien wie Pfostenabstände und hufeisenförmige Anordnung der drei Gebäude gibt. Im Waldboden sind noch etliche der bei Ausgrabungen freigelegten Grundsteine gut sichtbar. In der Rekonstruktion ergibt sich ein nach Norden offenes Hufeisen mit dem Hauptgebäude im Westen, in teilweiser Analogie zum postulierten Vorbild mit Joudan, westlichem und östlichem Chuudan, Gedan und Gijou-no-ma im Norden und Osten, dem Schlafraum Michou-no-ma im Zentrum und den kleineren Räumen Oni-no-ma, Ochouzu-no-ma, Asagarei-no-ma und Daiban-no-ma im Süden. Eine breite Veranda umgab alles ringsum. Auf der anderen Seite des Gartens lagen die Küche und der Warteraum (Jodaibu-no-ma. Im Verbindungsbau lag der Versammlungsraum für die höheren Anführer (Denjou-no-ma). Ziegel wurden hier bei den Ausgrabungen keine gefunden, vermutlich waren die Dächer mit Schindeln aus Zedern- oder Zypressenrinde gedeckt.

Im Osten des Hauptturmes und im Norden des Honmaru gab es einen Honmaru-Annex (Honmaru toritsuke-dai), über den man heute zum Turmsockel hochgeht. Von Norden her führt ebenfalls eine Treppe hoch, dieser Eingang ist der nördliche Koguchi. Im Westen grenzte der Ninomaru (zweiter Wallbereich, wörtlich: zweiter Kreis) an den Hauptturmsockel und den Honmaru an, in einen oberen und einen unteren Bereich aufgeteilt, durch ein doppeltes Tor vom Rest der Burg abgetrennt. Im Ninomaru befindet sich ein kleines Mausoleum für Oda Nobunaga innerhalb eines ummauerten Gevierts. Natürlich ist er nicht hier begraben, sondern in Kyoto im Daitoku-ji-Gelände, dieses hier ist eher ein symbolisches Grab, ein leerer Kenotaph. Der Weg zum Mausoleum wird von zwei Steinlaternenpaaren flankiert.

Im Osten lag der Sannomaru (dritter Wallkreis), und im Süden des Ninomaru lag der südliche Zugang (Koguchi) zum inneren Wallbereich. Der Hauptweg Otemichi führte an den südlichen Wällen entlang bis zum südlichen Koguchi am Sannomaru. Zwischen dem Honmaru-Annex und dem Sannomaru führt von Norden her eine Treppe hoch, das ist der östliche Koguchi. Außen vor dieser Treppe lagen im Norden die Küchen (Daidokoro) und im Südosten die Lagerhäuser, für Reis (Komekura), Munition und Schießpulver (Shouenkura) - auch das sind eher symbolische Funktionsbenennungen, die auf einer historischen Karte mit ihren Beschriftungen fußen und nicht im geringsten durch Ausgrabungsbefunde belegt sind. Diese Fundamente wurden in den 1920er Jahren ausgegraben. Tiefer als der Sannomaru lag in dessen Südosten die sogenannte Residenz der Familie Hori (unter Bezugnahme auf Hori Hidemasa). Im Norden gab es jenseits der Stelle, wo der östliche Weg den Berg hinauf (Karamete-michi, rückwärtiger Weg) mündete, noch einen separat umwallten Bereich (Hachikaku-daira, wörtlich: achteckiges Plateau), wo sich die sogenannte Residenz der Familie Sugaya befand (unter Bezugnahme auf Sugaya Nagayori, -1582), das ist aber alles unzugänglich und abgesperrt. Dieser Bereich wurde noch nie ausgegraben, und auch hier ist die Zuordnung zu einem spezifischen Bewohner völlig spekulativ und eher symbolisch, also ohne Beleg. Von innen nach außen lassen sich also folgende "Zwiebelschalen" feststellen: 1.) Ganz innen: Hauptturm. 2.) Innerer Bereich: Honmaru, Ninomaru, Honmaru-Annex und Sannomaru. In diesen inneren Bereich führten insgesamt 4 Koguchi mit Toren. 3.) Äußerer Bereich: alles hinter dem Kuroganemon, also innerhalb, sogenannte Hasegawa-Residenz, sogenannte Küchen, sogenannte Lagerhäuser für Reis und Munition, sogenannte Sugaya-Residenz. 4.) Außerhalb des äußeren Wallbereichs: sogenannte Hori-Residenz, sogenannte Takei-Residenz, sogenannte Residenz von Oda Nobutada. 5.) Unten rechts und links der Straße Otemichi: sogenannte Hashiba-Residenz, sogenannte Maeda-Residenz und sogenannte Residenz von Tokugawa Ieyasu. 6.) Weit außerhalb und jenseits des Otemon: sogenannte Shigenao-Residenz am Berg Etou im Südosten, traditionell Aoki Shigenao (1528-1614) zugeordnet. Insbesondere im wenig durch Wege erschlossenen und abgesperrten Ostteil des Südhangs sind noch recht viele Mauern im Wald zu entdecken, aber man kommt nicht hin.

Es sei hier noch einmal daran erinnert, daß die Bezeichnungen Honmaru, Honmaru-Annex, Ninomaru und Sannomaru von späterer Burgenarchitektur abgeleitete Begriffe sind, die zum Zeitpunkt des Baus von Burg Azuchi noch nicht geprägt waren. Wir verwenden hier in Ermangelung von Originalbezeichnungen später entstandenes Vokabular, das aber seinerseits für diese Burg in einer historischen Karte mit ihren Beschriftungen bereits angewandt und damit etabliert wurde. Es ist einfach, bei diesen Begriffen zu bleiben, aber es ist eigentlich nicht richtig, und wir sollten sie stets nur als "Mangels-Besseren-Begriffe" bzw. als Platzhalter-Begriffe verwenden. Es gibt eine einzige zeitgenössische Quelle, die den Honmaru als "Honjou" (Hauptburg) und den Ninomaru als "Nimaru" bezeichnet, ziemlich nahe dran jeweils, aber doch unterschiedlich. Und trotzdem ist nicht einmal sicher, welche Bereiche damals mit diesen Begriffen definiert waren. Es wäre durchaus im Bereich des Möglichen, daß mit "Honjou" der gesamte innere Bereich gemeint war und sich "Nimaru" auf den Hachikaku-daira bezog - wir wissen es nicht und folgen daher in Ermangelung dieses Wissens den narrativen späteren Zuordnungen in besagter Karte immer noch als Standard. Auch die Bezeichnung Sannomaru läßt sich nirgends belegen. Sie ist das Ergebnis neuzeitlichen Empfindens, wenn es einen Ninomaru gibt, muß es einen Sannomaru geben. In keiner Weise ist diese Wahrnehmung für das Jahr 1579 belegt. Der Begriff Sannomaru taucht noch nicht einmal in der historischen Referenzkarte auf, dort wird der Bereich mit der inhaltlich unklaren Bezeichnung "Nasaka yashiki" bezeichnet, Yashiki = Residenz, Nasaka hingegen ist ungeklärt.

Auch das letztaufgeschlüsselte Merkmal dieser Burg war innovativ, erstmals gab es innere geschlossene Wehrbereiche, irregulär geformt zwar aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten, aber separat zu verteidigen. Wenn ein Feind außen eindrang, war er noch lange nicht am Ziel, sondern stand vor dem nächsten Problem. Aber diese Walleinheiten folgen noch nicht der später üblichen Höhenstaffelung und Ineinanderschachtelung, hier in Azuchi lagen z. B. der Ninomaru und  der Sannomaru höher als der Honmaru, überragten ihn quasi. Auch das verbietet eigentlich die Verwendung der später entstandenen Begriffe. Zugleich ist das das Besondere und das Aufregende an der Burg hier: Es wird erstmals mit separat verteidigbaren Bereichen experimentiert, und unter Rücksichtnahme auf das natürliche Relief entsteht eben die gegebene Höhenstaffelung. Allen diesen Bereichen gemeinsam ist die konsequente Verwendung steinverkleideter Wälle anstelle von Erdwällen. Auch dies ist innovativ für die damalige Zeit: Die Burg war nicht nur eine kurzfristig aufgeworfene Verschanzung aus Graben außen und Aushub auf der Innenseite, um mit möglichst geringem Aufwand möglichst große Wirkung zu erzielen, jetzt waren die Wälle beeindruckend, stark, dauerhaft. Die Wälle waren 5,5 bis 6,5 m dick. Das vorherrschende Baumaterial war nun Stein, große Granitbrocken, die ohne Mörtel zusammengefügt wurden, so sorgfältig, daß sich die Steine maximal gegeneinander verkeilten und kaum Lücken ließen. Diese Wälle strahlten Stärke, Macht und Behauptungswillen aus. Diese Burg war durchgeplant und gebaut, um zu bleiben, eigentlich. Und die planmäßige Einbindung von Tempeln (Jougon-in, Souken-in) und Burgstadt zu Füßen war ebenfalls innovativ: Es gab nun ein sorgfältiges Gefälle von innen nach außen, vom Burgherr im Zentrum über die Anführer und die höheren Vasallen in den unteren Festungsbereichen zu den niederen Vasallen in den Außenbereichen und der Stadt. Die Burgarchitektur bildete die Gesellschaftspyramide ab und war zugleich in ihr verwurzelt, wuchs quasi aus ihr heraus. Mit Privilegien wurden Bewohner angelockt, um die Stadt zu besiedeln, und 1582 hatte die Burgstadt ca. 5000 Bewohner, eine florierende Entwicklung in den wenigen Jahren. Vor dem Zusammenschluß mit anderen Gemeinden hatte Azuchi zum Vergleich im Jahre 2003 ca. 12200 Einwohner, wobei aber schon zwei weitere Dörfer eingemeindet waren.


Literatur, Links und Quellen
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@35.1556245,136.139121,18.12z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@35.1556245,136.139121,389m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Mark Karl Erdmann: Azuchi Castle - Architectural Innovation and Political Legitimacy in Sixteenth-Century Japan, Doctoral dissertation, Harvard University, Graduate School of Arts & Sciences, 2016
https://dash.harvard.edu/handle/1/33493525 - https://dash.harvard.edu/bitstream/handle/1/33493525/ERDMANN-DISSERTATION-2016.pdf
Burg Azuchi auf JCastle:
https://www.jcastle.info/view/Azuchi_Castle
Oda Nobunaga:
https://en.wikipedia.org/wiki/Oda_Nobunaga - https://de.wikipedia.org/wiki/Oda_Nobunaga - https://wiki.samurai-archives.com/index.php?title=Oda_Nobunaga
Oda Nobutada:
https://en.wikipedia.org/wiki/Oda_Nobutada - https://wiki.samurai-archives.com/index.php?title=Oda_Nobutada
Honno-ji-Vorfall:
https://en.wikipedia.org/wiki/Honn%C5%8D-ji_Incident
Akechi Mitsuhide:
https://en.wikipedia.org/wiki/Akechi_Mitsuhide
Maeda Toshie:
https://de.wikipedia.org/wiki/Maeda_Toshiie
Burg Azuchi auf Japanese Castle Explorer:
https://www.japanese-castle-explorer.com/castle_profile.html?name=Azuchi
Debatte von Azuchi:
https://en.wikipedia.org/wiki/Azuchi_religious_debate - https://www.japanesewiki.com/Buddhism/Azuchi%20Shuron.html
Burg Azuchi auf JCastle:
https://www.jcastle.info/view/Azuchi_Castle
Burg Azuchi auf den Seiten von ANA Travel Planner:
https://www.ana.co.jp/en/es/japan-travel-planner/shiga/0000021.html
Burg Azuchi auf Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Azuchi_Castle - https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Azuchi - https://ja.wikipedia.org/wiki/%E5%AE%89%E5%9C%9F%E5%9F%8E
Webseite der Präfektur Shiga zur Burg Azuchi:
https://www.pref.shiga.lg.jp/ippan/bunakasports/bunkazaihogo/312330.html
Jennifer Mitchelhill, David Green: Castles of the Samurai - Power and Beauty, 112 S., Verlag: Kodansha International 2013, ISBN-10: 1568365128, ISBN-13: 978-1568365121, S. 65, 66, 74, 80, 89, 91
Stephen Turnbull, Peter E. Davies: Japanese Castles AD 1540-1640, Osprey Publishing 2003, ASIN: B00QNZV75S
Miura Masayuki, Chris Glenn: Samurai Castles, Bilingual Guide to Japan, Uchida Kazuhiro/Shogakukan, 2017, ISBN 978-4-09-388543-0, S. 54-57
Stephen Turnbull: Strongholds of the Samurai: Japanese Castles 250-1877, 272 S., Verlag: Osprey Publishing 2009, ISBN-10: 1846034132, ISBN-13: 978-1846034138
Toshitaka Morita, Takahiro Miyamoto: Castles in Japan (Landscapes of the Japanese Heart), 304 S., Verlag: Mitsumura Suiko Shoin, 2018, ISBN-10: 4838105606, ISBN-13: 978-4838105601, S. 256-259
Masao Yamada: The Anatomy of Castles in Japan, revealed by an Urban Design Expert, jap. und engl., Nitto Shoin Honsha Co. Ltd., Japan 2017, 288 S., ISBN: 4-528-02011-4, intl. 978-4-528-02011-5, S. 160
Burg Azuchi:
https://ittekuru.com/2017/12/16/field-report-azuchi-castle-ruins-and-museums-shiga-japan-part-one-03-may-2017/


Azuchi-jo, Burg Azuchi, Teil (2): Photos - Azuchi-jo, Burg Azuchi, Teil (3): Photos

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