Dieter
Seifert
Wayang-Kulit-Figuren
aus Indonesien
Figuren-Datenbank: Indrajit (Raden)
Mythologie:
Raden Indrajit (Megananda), ein mächtiger Krieger und einer der
Antagonisten im Ramayana-Epos, gilt zum einen als Sohn von Prabu
Dasamuka (Rahwana), und er ist in seiner Grausamkeit die
Hauptstütze für seinen Vater. Seine Herkunft ist kompliziert:
Sein Schöpfer soll Rahwanas Bruder Wibisana sein. So hat das
Kind, das Rahwanas Frau Tari zur Welt bringt, eine starke
Ähnlichkeit mit der Ehefrau Wisnus (Dewi Sri), und Wibisana
befürchtet, dass der gerade abwesende Rahwana das Kind sexuell
begehren könne. Er entführt das Kind und setzt es dann auf dem
Fluß Yamuna aus. Das Baby wurde von der Strömung in das
Königreich Mantili getragen, wo es von dessen König Janaka
gefunden wurde, der das Mädchen Sita (Shinta) nennt und
adoptierte; es handelt sich um die spätere Ehefrau Ramas.
An ihrer Stelle erschafft Wibisana (mit einem Zauber der Götter)
aus einer Wolke ein männliches Kind, das Rahwana später
Indrajit nennt. Zunächst will Rahwana das ihm nicht ähnlich
sehende Kind umbringen, das aber in diesem Moment zu einem
erwachsenen Krieger wird. Mit jedem Schlag des enttäuschten
Vaters wurde er größer. Schließlich änderte
Rahwana seine Meinung und erkannte ihn als seinen Sohn an. Das
gilt für die javanische Version, die indische Version ist
anders, dort ist er der leibliche Sohn Rahwanas.
Väterlicherseits sind die Geschwister von Indrajit
Pratalamariyam (von Mutter Dewi Urangrayung), Yaksadewa, Trisirah
und Trimuka (alle drei von Mutter Dewi Wisandi) und Trimurda.
Von magischer Seite her ist Indrajit gut ausgerüstet: Er besitzt
Naga-Pasa-Pfeile, Kettenwaffen und den Zauber Aji-Sirep
Megananda. Zu seinen Besitztümern zählte auch ein von einem
löwenköpfigen Riesen namens Yaksasinga gezogener Streitwagen.
Die indische Version besagt, daß sein eigentlicher Name
Megananda (Meghanada) gewesen sei, weil sein erster Schrei nach
seiner Geburt von Donner begleitet wurde. Das wurde als ein
Zeichen dafür gedeutet, dass er zu einem großen Krieger
heranwachsen würde. Der Name Indrajit hingegen bedeutet
Sieger über den Gott Indra oder Bezwinger
Indras, und er käme daher, daß er einst, als er seinem
Vater im Kampf gegen die Götter des Himmels half, den Gott Indra
(Betara Endra) in seine Gewalt gebracht und gefangen genommen
hatte und ihn erst dann wieder in die Freiheit entließ, als die
Götter ihm Unsterblichkeit verliehen hatten. Indrajit war mit
Dewi Sumbaga verheiratet, Prinzessin des Königreichs Kotawindu.
Indrajit wird charakterlich als hitzig und grausam beschrieben.
Er will stets gewinnen, und zwar alleine. Für Prabu Dasamuka war
er ein äußerst wichtiger General, dessen Dauerauftrag die
Eroberung der umliegenden Länder war.
Wie sehr Wibisana damals mit seiner Befürchtung Recht hatte,
sieht man am Fortgang der Geschichte: So raubt Rahwana später
Sita von Rama, um sie zu ehelichen, und es kam zum Alengka-Krieg.
Auch hier dient Indrajit, nun Kronprinz in Alengka, dem bösen
König Dasamuka als wichtiger und oberster General, als es um den
Abwehr des Angriffs der Affenarmee ging.
Im Verlauf dieses Krieges kommt es zu einem denkwürdigen Duell
zwischen Indrajit und seinem Cousin Jaya Anggada, den Sohn von
Resi Subali und Dewi Tari. Beide Enkel von Betara Indra waren
hinsichtlich Macht und Stärke auf Augenhöhe. Der Kampf zwischen
den beiden war erbittert. Anggada gelang es, Indrajits
Streitwagen zu zerstören. Indrajit hat einen magischen Pfeil
(Naga Pasa), der von ihm jetzt im Krieg gegen die
Vanara-Streitkräfte entfesselt wurde und der Tausende von
giftigen Schlangen freisetzte und damit im Kampf das Affenheer
stark dezimierte. Rama und Laksmana waren für einen Moment
hilflos gefangen in den Schlangen, nach einer anderen Version
hilflos in tiefen Schlaf versetzt. Da erschien plötzlich Garuda
und vertrieb die Schlangen, die die Brüder gefangen hatten. Die
Wiederauferstehung von Rama und Lakshmana (Lesmana) verschärfte
den Kampf. Immer mehr von Alengkas Kommandanten wurden getötet.
Indrajit war nahezu unbesiegbar im Krieg von Alengka.
In einer ersten Version tötet schließlich Wibisana (Rahwanas
jüngerer Bruder, der auf Ramas Seite stand) Indrajit mit dessen
magischen Pfeil, Indrajit kehrt zurück in die Wolke, aus der er
ursprünglich stammte, bzw. verwandelt sich wieder in diese.
In einer anderen Version stirbt Indrajit - obgleich eigentlich
unsterblich - im Kampf gegen Anoman (Hanuman), als dieser ihm -
auf dessen Schulter sitzend - den Kopf abbeißt. Nach einer
dritten Version will Indrajit Anoman auf einem Scheiterhaufen
verbrennen, mit Hilfe Togogs kommt dieser aber frei und verbrennt
seinerseits Indrajit. In einer vierten Version ist es Surawijaya,
der Indrajit mit seinem eigenen magischen Pfeil besiegt. Und in
der indischen Version wird er nach einem erbitterten Kampf
schließlich von Lakshmana, Ramas Bruder, mit dem Pfeil Indrastra
getötet, als Indrajit ein Ritual zur Machterlangung
durchführte.
Literatur,
Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo:
Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen,
Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13:
978-3950321470, S. 134
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava,
Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren
selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN
10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 153
Indrajit (Raden) in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/3909869
Indrajit im British Museum, London: https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-732 - https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1939-04-58
Indrajit, Museum Folkwang Sammlung Online: https://sammlung-online.museum-folkwang.de:443/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=12774&viewType=detailView
Indrajit: https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/01/indrajid.html
Eintrag in der Wikipedia: https://id.wikipedia.org/wiki/Indrajit - https://en.wikipedia.org/wiki/Indrajit
National Heritage Board: https://www.roots.gov.sg/Collection-Landing/listing/1114536?taigerlist=collections
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