Bernhard Peter
Wayang-Kulit-Figuren aus Indonesien


Figuren-Datenbank: Arjuna Sasrabahu (Prabu)

Mythologie: Abstammung
Cave, Verwechslungsgefahr: Nein, das ist nicht DER Arjuna, der Sohn von Pandu und Held des Epos Mahabarata! Prabu Arjuna Sasrabahu hat vielmehr Prabu Kartawirya (= Prabu Sasrawirya), König von Maespati, zum Vater und Dewi Hagnyawati zur Mutter. Sein Großvater väterlicherseits ist Prabu Errya (Heriya), welcher erster König von Maespati wird und das Reich aus den Trümmern des vorigen Reiches erschuf. Und sein Urgroßvater in väterlicher Linie ist Hyang Dewasana. 

Weitere Namen
Arjuna Sasrabahu ist noch unter den Alias-Namen Arjunasasra, Arjuna Wijaya (Jugend-Name) und Kartawirya-Arjuna bekannt. Ein weiterer Name ist Wingsatibahu, wörtlich „1000 Schultern“, eine bewundernde Bezeichnung für seine Stärke und seine übernatürlichen Kräfte.

als König von Maespati
Arjuna-Sasrabahu wird schließlich selbst König im Königreich Maespati. Er gilt als geschickt in Staatskunst und Regierungsführung. Daneben war er ein ausgezeichneter Krieger, sowohl im Duell Mann gegen Mann als auch als Heeresführer. Unter seiner Herrschaft entwickelte sich das von seinem Großvater geschaffene Königreich Maespati zu einem riesigen Reich, das zahlreiche Vasallenreiche unter seine Kontrolle brachte. Er hatte Bambang Sumantri zu seinem Premierminister gemacht, nun unter dem Namen Patih Suwanda. 

eine Triwikrama-fähige Wiedergeburt von Wisnu
Arjuna Sasrabahu ist eine der vielen Inkarnationen des Gottes Betara Wisnu. Wie dieser ist auch er fähig, durch Triwikrama in den Brahala-Zustand überzugehen (siehe Kapitel „Brahala“) und zu einer gigantischen und gigantisch mächtigen und kraftvollen Version seiner selbst zu werden, was immene Kräfte freisetzt. Der Name Arjuna Sasrabahu spielt genau auf diese Fähigkeit an, denn er bedeutet „der Arjuna mit den 1000 Händen“, und als Brahala-Version ist er nicht nur riesig wie ein Hügel, sondern er besitzt auch hundert Köpfe und tausend Arme, die alle unterschiedliche Waffen trugen. Als Inkarnation von Wisnu darf er auch die Chakra-Waffe führen.
Arjuna Sasrabahu wurde im Ramayana ein erstes Mal wütend, als er von Bambang Sumantri, nun seinem Patih Suwanda, Premierminister im Königreich Maespati, herausgefordert wurde und er gegen ihn kämpfte. Er konnte seinen Feind nicht besiegen und suchte Beistand bei den Göttern. Diese offenbarten ihm, daß er über außergewöhnliche Kräfte verfügte, die noch nicht zum Einsatz gekommen waren. Daraufhin verwandelte er sich in Brahala (Brahalasewu) und besiegte schließlich Patih Suwanda. Er verwandelt sich ein zweites Mal während seines Kampfes mit Dasamuka, dem König von Alengka, durch Triwikrama in Brahala. 
Arjuna Sasrabahu versetzte sich erneut in den Brahala-Zustand, als er den Fluß Yamuna staute, ebenso, als er den Fluß Ganges staute, damit seine Königin, Dewi Citrawati, darin baden, schwimmen und Vergnügen haben konnte. Die große Überschwemmung durch den Stau trifft auch das Lager von Dasamuka, der sich auf die Invasion des Königreichs Maespati vorbereitete. 

Ehe und Nachkommen
Arjuna Sasrabahu heiratete Dewi Citrawati, nach einer Version eine Prinzessin aus dem Königreich Magada und die Tochter von Prabu Citradarma, König von Magada, und seiner Gemahlin Dewi Citraresmi (plausible Version), nach einer anderen Version die Tochter von Prabu Citrawirya, König von Tunjungpura (das trifft vermutlich auf eine andere Frau zu). Sie ist jedenfalls die Schwester von Prabu Citragada. Sie zu bekommen, war nicht leicht. Er schickte Sumantri als Werber nach Magada, um für sich Prinzessin Citrawati (eine Inkarnation von Dewi Sri) zu gewinnen. Citrawati will Beweise dafür sehen, daß Arjuna-Sasrabahu wirklich eine Inkarnation Wisnus sei. Eine der ihm auferlegten Prüfungen ist, daß der Bräutigam in spe nun gegen Sumantri kämpfen muß, siehe voriger Abschnitt. Eine andere Prüfung ist, daß er den berühmten Park Sriwedari von Magada (oder nach einer anderen Version vom Himmel Untarasegara) nach Maespati versetzen muß, natürlich unversehrt. Auch das gelingt, wobei Sumantri und sein Bruder Sukrasana das bewerkstelligen. Daneben gibt es noch eine andere Version, wie die Hochzeit eingefädelt wurde. Der Sohn aus dieser Ehe ist Ruryana.

späte Regierungszeit
Nachdem Patih Suwanda von Prabu Dasamuka getötet worden war, und nachdem Arjuna Sasrabahu Prabu Dasamuka besiegt und gefangengenommen hatte, verließ den König sein Geschick. Er ernannte Bambang Kartanadi zum neuen Premierminister des Königreichs Maespati, der nun den Namen Patih Surata trug. Der König traf unüberlegte Entscheidungen, und er reagierte inadäquat. So tötete er Begawan Jamadagni wegen einer Nichtigkeit. Des Königs Soldaten hatten Jamadagnis Vieh getötet, und der Besitzer bat um Gerechtigkeit. Statt diese walten zu lassen, befahl der angenervte König seiner Leibwache, den aketisch lebenden Bewgawan zu töten. Dieser und ähnliche Vorfälle führten dazu, daß sich Betara Wisnu nicht mehr wohl in der Haut seiner Inkarnation fühlte und den Körper verließ, um in den Himmel zurückzukehren.

Das selbstgewählte Ende von Arjuna Sasrabahu
Arjuna Sasrabahu fiel nach dem Tod von seiner Frau Dewi Citrawati und seinem Berater Patih Suwanda in ein tiefes Loch und zog umher auf der Suche nach dem Tod. Arjuna Sasrabahu wird schließlich von Rama Bargawa getötet, dem Sohn von Begawan Jamadagni (s. o.). Dieser befand sich gerade wegen seines Vaters Tod auf einem Rachefeldzug gegen die Ksatrias, von denen er jeden zum Kampf forderte, bislang stets siegreich, aber im Grunde suchte auch er den sühnenden Tod. Nur ein Kämpfer, der Wisnu verkörperte, konnte ihn töten. Zunächst traf er auf Prabu Arjuna Sasrabahu, welcher eigentlich eine Inkarnation von Wisnu war, und kämpfte gegen ihn, erneut siegreich. Zu diesem Erfolg trug wesentlich bei, daß Arjuna Sasrabahu selber den Tod suchte, und daß Betara Wisnu nicht länger in König Maespatis Körper inkarniert war, womit Prabu Arjuna Sasrabahu das Triwikrama nicht mehr durchführen konnte. Rama Bargawa (= Rama Parasu) feuerte seinen Pfeil Bargawastra (= der Pfeil des Bargawa) auf ihn, mit durchschlagendem Erfolg. Die Soldaten Maespatis versuchten, Rama Bargawa zu töten, doch alle Angreifer starben, die Armee des Königreichs wurde vernichtet, die Dynastie wurde ausgelöscht, und das riesige Königreich Maespati brach schließlich in sich zusammen. Sterbend hatte Arjuna Sasrabahu Rama Bargawa vorausgesagt, daß er eine von ihm gesuchte Wiedergeburt von Wisnu treffen würde, nämlich Rama, Prinz von Ayodya. Und dieser beendete den Amoklauf von Rama Bargawa. Arjuna Sasrabahu ging ins Nirwana ein und verschmolz wieder mit seinem Alter Ego, Betara Wisnu. 

Wayang-Figur
Arjuna Sasrabahu taucht in den Geschichten „Sumantri Ngenger“, „Arjuna Sasrabahu Tambak“, „Arjuna Sasrabahu Lena“ und „Sumantri Lena“ auf. Prinzipiell ist er vom Typ der Edlen mit feinen Zügen, schmalen Augen und schmaler Nase. Er trägt das ballonförmige Hüfttuch Kain Bokongan. Die hohe Krone namens Mahkota stellt ihn als regierenden König dar. Er trägt den Nackenschmuck hinter dem Ohr, Sumping sekar kluwih genannt. Er ist eine der wenigen Figuren, die den Selendang tragen dürfen, den einmal gefalteten Schal, der über die Schulter nach hinten geworfen wird und ein Kennzeichen göttlicher Figuren ist. Da er eine Inkarnation Wisnus ist, darf er ihn tragen. Im Yogyakarta-Stil wird Arjuna Sasrabahu in vier unterschiedlichen Wanda dargestellt, Sedet, Padasih, Kanyut und Panuksma. Im ostjavanischen Stil wird Arjuna Sasrabahu als königlich gekrönte Figur mit einem „Sapit Urang“ (heiliges Stirnband) zu offenem, bis zu seinen Schultern reichenden Haar dargestellt. Sein Spitzname „1000 Schultern“ wird durch eine Form dargestellt, bei der die Arme von wie ein Randornament dargestellten tausend Schultern mit Händen gesäumt sind, seine Triwikrama-Version. Arjuna Sasrabahu trägt ein kariertes Poleng-Tuch ähnlich dem von Bima.

Literatur, Links und Quellen:
Thomas Moog, Hardjowirogo: Java - Wayang Kulit, Göttliche Schatten: 1300 Namen, Mackinger-Verlag, 2013, 301 S., ISBN-10: 3950321470, ISBN-13: 978-3950321470, S. 50
Christiane Franke-Benn: Schattenspielfiguren aus Mitteljava, Versuch und Anleitung, die Individualität einzelner Figuren selbst zu bestimmen, Verlag: Harrassowitz, Wiesbaden 1981, ISBN 10: 3447022051, ISBN 13: 9783447022057, S. 137
Arjuna Sasrabahu:
https://tokohpewayanganjawa.blogspot.com/2014/01/arjunasasrabahu.html 
Eintrag in der Wikipedia:
https://en.wikipedia.org/wiki/Kartavirya_Arjuna - https://jv.wikipedia.org/wiki/Arjuna_Sasrabahu - https://id.wikipedia.org/wiki/Kartawirya_Arjuna 
Britisches Museum:
https://www.britishmuseum.org/collection/term/AUTH228884 - https://www.britishmuseum.org/collection/object/A_As1859-1228-648 
National Heritage Board:
https://www.roots.gov.sg/Collection-Landing/listing/1069825
Museum of International Folk Art:
https://collection.internationalfolkart.org/objects/24791/arjuna-sasrabahu-also-known-as-harjuna-sasra 
Arjuna Sasrabahu:
https://blvckshadow.blogspot.com/2010/03/arjuna-sasrabahu-prabu.html 


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