Bernhard
Peter
Traditionelle
Kleidung auf Bali 2002
Wie geht man zu einem
Tempelfest? Über traditionelle Kleidung Balis
Welche Kleidungsstücke sollte der männliche
Tourist kennen?
Traditionelle balinesische Kleidung ist ein Muß
für jeden Tempelbesuch, je nach Anlaß mehr oder weniger
komplett. Im einzelnen sind für den männlichen Touristen von
Bedeutung:
Tempelschärpe (Selempot): Das ist ein
beliebiges Stück Stoff, lang und schmal, das um die Hüften
geschlungen wird und vorne verknotet wird. Im einfachsten Fall
bindet man sich das über den Bund seiner Jeans drüber. Farbe:
Eigentlich beliebig, aber mit steigender Wichtigkeit des Anlasses
sollte man die heiligen Farben, gelb oder weiß, wählen.
Kamben: Oberbegriff für alle Kleidung für
die untere Hälfte des Menschen. Für den Mann ist das der
Sarong.
Sarong: Baumwollstoff, meist javanischer
Batik-Druck mit unendlichem Rapport. Die Farbe des Sarong bleibt
dem persönlichen Geschmack überlassen. Man legt sich den Stoff
so von hinten um die Hüften, daß rechts eine Ecke ist und der
lange Rest irgendwo in der linken Hand ist. Besagten langen Rest
knickt man an der linken Hüfte, so daß man ein verknotbares
Ende hat. Die rechte Ecke ziehe man ebenfalls bis zur linken
Hüfte und verknote sie mit der links gerade gemachten Falte,
bitte mit Kreuzknoten! Das übriggebliebene Stück Stoffbahn
ziehe man nach rechts bis über die Mitte hinaus. Dann faltet man
sie in Serpentinen vor seiner Mittellinie zu einer Ziehharmonika,
deren oberes Ende man von oben in den neu entstandenen Bund
steckt und damit die ganze Fältelung fixiert. So ist garantiert,
daß auch beim Ausschreiten genügend Stoff immer die senkrechte
Schrittspalte schließen kann. Darüber kommt dann die Schärpe.
Zweiter Sarong: Bei festlichen Anlässen wird
über dem ersten Sarong ein zweiter Schmucksarong getragen, wenn
man nicht gleich zum Saput greifen will. Der zweite Sarong ist
meist ein hellglänzender Stoff mit Damaststruktur (Blattmotive,
Ranken o.ä.) und breiter Zierborte am unteren Rand, insgesamt
weniger lang (oder breit) als ein Sarong, so daß er den Körper
gerade einmal umschließt. Er ist für festliche Anlässe weiß
oder gelb (sakrale Farben). Die Elite leistet ihn sich aus Seide,
das Volk trägt die Polyester-Version. Wie wird er gebunden? Erst
wird der Sarong wie oben angelegt. Man legt sich dann nR. 2 von
hinten um die Hüften, verknotet die linke Ecke mit der Schärpe,
führt die Schärpe im Uhrzeigersinn um sich herum und verknotet
das freie Ende der Schärpe mit der rechten vorderen Ecke des
Übersarongs. Die Spalte sollte genau in der Körpermitte liegen
Saput: Hochzeremonielles Kleidungsstück! Man
bindet Sarong und Schärpe wie gewohnt. Darüber kommt der Saput.
Das ist wie der Sarong auch ein Wickelrock, nur daß er
normalerweise nicht um die Hüfte fixiert wird, sondern unter den
Achseln. Er ist aus schwerem Glanzstoff, meist in den Farben
chamois, beige, hellgelb, früher aus Seide, heute meist aus
Polyester. Stets zart gemustert (Damast oder Druck) zeigt er
florale Motive etc. Korrekt wickelt man ihn sich wie einen Sarong
um den Körper, meist ist eine Schärpe oder ein Band angenäht,
die oder das man mit einem Knoten schließt. Dann kann man von
oben nach unten den Wickel aufrollen zu einem Bund bis an die
Stelle, wo er einem am bequemsten sitzt. Der Saput ist häufig
ein wenig kürzer als der Sarong, so daß dieser unter seinem
Rand hervorsieht.
Hemd: Wird traditionell über der Hose und
über sämtlichen Lagen der Wickelröcke getragen. Für den
Touristen o.k. ist jedes weiße Hemd mit Kragen (Hemdkragen oder
Stehkragen), der Balinese trägt alles Mögliche, Hemd oder
Sakko, immer weiß oder chamois, die gesellschaftliche Elite
sogar in Seide. Muster oder Damaszierung sind bei Männern hier
unüblich. Für legere Anlässe ist dagegen das Batikhemd
angemessen.
Udeng: Das ist die korrekte Kopfbedeckung, in
Form eines Wickels um die Stirn, mit einem Knoten vorn
geschlossen, oben von zwei herausragenden, mehr oder weniger
kunstvoll gefalteten Zipfeln bekrönt.
Die Farbe ist wichtig:
Weiß: Für alle Zeremonien und Tempelfeste
geeignet.
Schwarz: Für Verbrennungsriten geeignet
Farbig und mit goldenen Brokatfäden: Zeichen
bestimmter Gruppenzugehörigkeit, z. B. haben alle Musiker eines
Gamelan-Orchesters einheitliche Udengs aus blauem Brokat o.ä.
Das heißt, als Tourist sollte man einen weißen und
einen schwarzen Fertig-Udeng haben und ist damit für jede
Situation vorbereitet.
Es gibt den Udeng in mehreren Qualitäten:
Fertig-Udeng: Maschinell vorgenäht, ist er
das ideale Utensil für den Touristen, der vor einem
ad-hoc-Tempelbesuch nicht so lange vor einem Autospiegel
herumhüpfen will, bis das Spektakel, das er besuchen wollte,
längst vorbei ist. Ganz einfach: Man legt die Stirn in die
Mitte, so daß der Punkt zwischen den beiden Zipfeln leicht
asymmetrisch liegt, dann führt man die beiden Bänder möglichst
horizontal nach hinten, schlägt das untere Band mittels eines
Bruches entlang des Randes des oberen Bandes nach oben, führt
beide Enden vorne über der Stirn wieder zusammen und macht dort
einen Knoten. Ein solcher Fertig-Udeng genießt bei gepflegten
Leuten das Ansehen wie bei uns die Krawatte mit dem Clip, die man
sich vorgebunden in den Kragen einclipt. Dennoch ist es für den
Touristen eine gute Lösung, zumal auch viele Balinesen zu dieser
praktischen Variante greifen.
Selbstgebundener Udeng: Man nehme ein
Seidentuch, Brokat etc., quadratisch, ca. 1 m Seitenlänge,
halbiere es in der Diagonalen und rolle das Tuch so von dem Bruch
ausgehend ein, daß ein ca. 4-5 cm breiter Bund entsteht. Man
rolle das Tuch nicht ganz auf, sondern lasse ein Dreieck von ca.
10-20 cm Höhe ausgerollt. Dann legt man sich das Gebilde so um
Stirn und Kopf, daß besagtes Dreieck vor der Stirn senkrecht
nach oben zu liegen kommt. Dann führt man die beiden seitlichen
zusammengerollten Teile möglichst horizontal nach hinten,
schlägt das untere Band mittels eines Bruches entlang des Randes
des oberen Bandes nach oben, führt beide Enden vorne über der
Stirn wieder zusammen und macht dort einen Knoten. Dann greift
man mit zwei Fingern das senkrecht hochstehende Dreieck
asymmetrisch, also nicht an der Spitze, sondern ein paar
Zentimeter rechts daneben und drückt diese Spitze nach unten in
das Kopfband, so daß zwei ungleich große Bögen entstehen, der
größere mit Ecke. Beide Bogenzipfel werden so in radiäre
Ziehharmonikafalten gelegt, daß es den persönlichen Geschmack
zufriedenstellt.
Art des Bindens: Der Udeng ist der Spiegel der
Persönlichkeit des Trägers. Was sagt die Qualität des
Stoffes bei dem betreffenden Anlaß über die Stellung des
Trägers aus? Ist es ein praktisch denkender Mensch oder ist es
ein Mensch, der kulturelle Verfeinerung zelebriert: Fertig-Udeng
oder selbstgebunden? Man betrachte die Art des Bindens: Ist es
ein introvertierter, zurückhaltender oder ein extravaganter, zur
Selbstdarstellung neigender Mensch? Der Künstler unter den
Udeng-Bindern bevorzugt ausgefallene Brokate oder Damaste, mit
weit ausladenden Zipfeln, der phantasielose Durchschnittsbürger
bindet dagegen wie ein Minimalist.
Wie weit man allerdings seine Garderobe an
balinesische Verhältnisse anpaßt, hängt vom betreffenden Anlaß
ab. Für den Touristen heißt das:
Stufe 1: Absolutes Minimum. Ein Muß für
jeden Tempelbesuch: Die Hüftschärpe. Stoff und Farbe
sind egal, wichtig ist allein, daß etwas Stoffartiges um die
Hüfte gewunden und mit einem Knoten geschlossen wird. Geeignet
für Besuche von Tempeln außerhalb größerer Feste und
Zeremonien. Prinzipiell ist der Balinese ein freundlicher,
allverzeihender Mensch. Deshalb: Auch wenn man allein mit einer
Schärpe unangefochten durchaus ins Allerheiligste eines Odalan
feiernden Tempels gelangen sollte - damit ist man absolut
underdressed.
Stufe 2: Sarong, Hemd und Schärpe.
Geeignet zum Besuch wichtigerer Tempel (Muttertempel z. B.) von
besonderer Heiligkeit oder überregionaler Bedeutung, aber
außerhalb wichtiger Feste und Zeremonien. Wer höflich sein
will, wählt dieses Outfit für einen beliebigen touristischen
Tempelbesuch. Für Feste und Zeremonien zu wenig.
Stufe 3: Sarong, zweiter Sarong, Schärpe,
Hemd und Udeng: bzw.
Stufe 4: Sarong, Saput, Schärpe, Hemd und
Udeng: Klassische balinesische Komplett-Ausstattung, wird
sehr gerne gesehen beim Besuch von wichtigen Festen und
Zeremonien. Damit kann der Tourist selbst unter kritischsten
Augen bestehen. In so einem Aufzug wird der Tourist von
begeisterten Balinesen überall hineingeführt und bereitwillig
in die obersten Höfe hineinkomplimentiert. Wird so aber ein
stinknormaler Tempel besichtigt, kann es sein, daß erstaunte
Balinesen den Kopf hineinstecken und den Touristen fragen,
welches Fest denn hier wäre, sie wüßten von keinem. Auch auf
der Straße ist dieses Outfit deutlich overdressed. Also am
besten den Sack mit den Sakro-Klamotten mitnehmen und sich
irgendwo in Tempelnähe ein dezentes Plätzchen suchen und dort
umziehen!
Mögliche Probleme beim Einkleiden:
Lange Hosenbeine, die unter dem Sarong
herausschauen, sind besonders bei Stufe 4 ein Anlaß großer
Belustigung. In Pejeng hatte ich einmal nicht darauf geachtet.
Arglos schloß ich Bekanntschaft mit einer Gruppe Jugendlicher
und setzte mich zu ihnen auf eine Steintreppe. Es begann das
übliche gegenseitige "Wie geht es Dir? Wo kommst Du her?
Wie heißt Du? Wie gefällt es Dir?" Und dann ging man zum
Wesentlichen über: "Wo hast Du den Sarong gekauft? Was war
das für ein Verkäufer, der Dir nicht erklärt hat, wie man das
trägt?" Und schon knieten zwei, drei, vier, fünf Jungs vor
mir auf den Stufen und rollten mit Eifer meine Hosenbeine hoch,
bis sie sicher nicht mehr zu sehen waren. Und nach
abschließender Begutachtung strahlte alles breit und hieß mich
doppelt willkommen! Also ganz ohne Hosen? Und wohin mit den
Schlüsseln und dem Geldbeutel? Ideal sind hier Shorts, die
gehören unbedingt ins Gepäck! Und Autan für die nackten Beine
unter dem Sarong, wenn abends die Mücken ebenfalls am Tempelfest
teilnehmen wollen.
Ein Saput ist eigentlich so geschnitten, daß
er, wenn ihn ein Balinese trägt, unter den Achseln durch
geschlungen und fixiert wird und dann so lang ist, daß er ca.
5-10 cm des Sarongs sichtbar läßt. Wenn ein
Durchschnittseuropäer das macht, endet der Saput in den
Kniekehlen. Also Bund in die Hüfte. Fehlanzeige, man tritt
ständig darauf. Also am besten: In der Hüfte knoten, dann unter
Hochziehen aufrollen, bis Normlänge erreicht ist, Hemd drüber
fallen lassen.
Der Udeng sitzt meistens falsch, wenn er
nicht von einer zweiten Person kontrolliert wird. Ein Udeng sitzt
nicht wie ein Turban hoch in der Stirn und tief im Nacken,
sondern tief in der Stirn und hoch am Hinterkopf, also fast
waagerecht in Seitenansicht! Ein Udeng sitzt auch nicht wie ein
Kopfverband aus sichtbaren Wicklungen, aus denen die Haare wie
Borsten herausstehen, sondern liegt fein säuberlich Windung auf
Windung. Nicht nachträglich hochschieben, sonst geht der Halt
verloren und die Haare stehen als wilder Schopf hoch, reizt jeden
Balinesen zum Lachen!
Ganz wichtig: Im Zweifelsfall fragen! Die Balinesen
haben größte Freude daran, wenn sich jemand ernsthaft für
einen gegebenen Anlaß korrekt kleiden will. Die
Hilfsbereitschaft kennt keine Grenzen. Ich bin z. B. auf dem
Markt in Ubud an allen touristischen Sarongständen vorbei
gegangen, bis ich zu einem kleinen Laden von 2-3 Quadratmetern
Fläche mit Haushaltswaren kam, in dem sichtlich nur Einheimische
kauften. Das war die richtige Adresse. Der Verkäufer rannte nach
den ersten Worten davon, um einen Dolmetscher zu organisieren,
denn Touristen kommen nur selten zu ihm. Und dann habe ich ihm
einfach klargemacht, zu welchem Tempelfest ich gehen wollte, und
er möge mir doch bitte zeigen, wie er selbst dorthin gehen
würde. Die beiden waren ca. 1 Stunde lang damit beschäftigt,
mir alles zu erklären, bis sie sicher waren, ich würde ihrem
Geschäft keine Schande machen! Denn Bekleidungsfehler fallen
auch auf den Verkäufer oder Verleiher zurück, wenn die Frage
von neu gefundenen Freunden im Tempelbezirk kommt: "Wo hast
Du das her?". Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft ist
unendlich, wenn die Balinesen merken, daß man ihrer Kultur mit
echtem Interesse begegnet. Eine weitere gute Quelle ist immer der
Vermieter eines Homestays, häufig haben sie sogar selbst
Kleidung zum Verleihen. Vor allem kontrollieren sie beim
Nachhausekommen, ob man korrekte Preise bezahlt hat oder auf dem
Markt übertölpelt worden ist. Und jedesmal rutschte mir ein
Stein vom Herzen, wenn ich hörte: "Ja, das zahlen wir
auch." Genehmigt!
Tabus bei Kleidung:
Kleidung kann mit Tabus belegt sein. Der
Grundgedanke ist: Unterwäsche oder Hosen, so sauber gewaschen
sie auch sind, sind unrein und dürfen niemals über Personen
positioniert sein. Daraus ergeben sich folgende Tabus:
Diese Tabus haben z. B. zur Folge, daß man höchst
ungern jemanden über sich wohnen hat und am liebsten einstöckig
baut und wohnt. Umgekehrt kann man sich diese Tabus zu nutze
machen: Um unerwünschte Personen abzuhalten (Felder etc.),
hänge man eine mit zerlumpter Unterwäsche bestückte Leine
drumherum auf!
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