Bernhard Peter
Tempel auf Bali, 2002

Hindu-Tempel in Bali - Merkmale

Der Tempel in Bali hat nur sehr wenig gemeinsam mit einem hinduistischen Tempel in Indien. Eher als dieser ist ein polynesischer Megalithtempel als Vorfahr anzusehen. Indische und balinesische Tempoel sind ganz wesensverschieden, so wie auch Hindu Dharma große Unterschiede zum Hinduismus indischer Prägung aufweist.

Typisch für balinesische Tempel sind folgende Merkmale oder Bauelemente:

Keine Dächer. Der Tempel ist nach oben offen, damit die Götter herabsteigen und ihren ihnen zugedachten Sitz einnehmen können.

Wichtiger Unterschied zum indischen Tempel: Es gibt keine Götterbilder. Abbildungen von Göttern reichlich vorhanden, aber keine Götterbilder im engeren Sinne. Die Götter selbst kommen und nehmen auf ihren Sitzen Platz, wenn sie gerufen und durch Tempelfeste erfreut werden sollen.

Die Tore und Mauern dienen zum Abhalten des Bösen und Unreinen, sie begrenzen aber nicht einen heiligen Raum. Der heilige Teil umfaßt lediglich die inneren Schreine.

Ein Tempel ist stets dreigeteilt. Er hat stets drei Höfe oder Bereiche, von außen nach innen immer sakraler werdend.

Verschiedene Tore verbinden die Höfe untereinander und mit der Außenwelt.

Candi Bentar: Gespaltenes Tor, symbolisiert den Weltenberg Meru, in der Mitte aufgeschnitten und in zwei Hälften (Gut und Böse) auseinandergerückt. Form der Außentore in Südbali. Wenn ein böser Geist eintritt, prallen die in der Laibung glatt polertern Hälften zusammen und zermalmen den Geist zwishen sich.

Kori Agung: Gedecktes Tor, verbindet Höfe untereinander. Symbolisiert die Trennung zwischen der Welt der Götter und der Welt der Menschen. Eine typische Verzierung ist ein Kopf der Bhoma zur Geisterabwehr.

Aling-aling: Eine niedrige Quermauer hinter einem Tor, auch in Wohnhäusern zu finden. Freistehend hinter einer Türöffnung den geraden Durchgang blockierend, dient es der Abwehr von Dämonen. Böse Geister können nur geradeaus laufen, deshalb werden sie durch eine solche Quermauer wirkungsvoll nach draußen gebannt.

Padmasana: Thronsessel. Symbolische Repräsentation des dreiteiligen Universums: Zuunterst die Schildkröte, auf deren Panzer die Welt getragen wird, durch zwei Drachenschlangen fixiert, denn wenn sich die Schildkröte bewegt, gibt es Erdbeben und viel Unheil. Die Drachen repräsentieren auch die irdischen Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Die mittlere Zone gebührt dem Menschen, die oberste Zone Gott (leerer Thron).

Schreine: Pavillons mit verschleißbarem Aufbau. Dienen der Aufbewahrung von heiligen Reliquien oder Masken von Barong und Rangda oder Durga.

Merus: Typisch für südbalinesische Tempel sind diese pagodenartigen Türme, deren charakteristischstes Element die in immer ungerader Anzahl übereinandergesetzten Dächer aus schwarzem reetartigen Material (Palmenfasern) sind. Es gibt bis zu 11 Dächer je nach Gott, dem er zugedacht ist. 11 für Vishnu, 9 für Brahma und Shiva, 7 oder 5 für weniger mächtige Götter, ganz niedrige Merus für Bhataras, vergöttlichte Ahnen.

Bales: Offene Hallen oder überdachte Podeste, dienen je nach Anlaß oder Position als Sitz für Priester, als Podest für Gamelan-Orchester (Bale gong), zum Zusammensitzen und Besprechen untereinander oder zum Abstellen von Opfergaben.

 

Tempel in Südbali und in Nordbali

Südbalinesischer Tempel: unbemalt, 3 Höfe auf meist 3 Ebenen, strengerer Dekor, immer Candi bentar als äußersten Eingang, Schmuck streng mythologisch, Merus mit einer bestimmten Anzahl von Dächern

Nordbalinesischer Tempel: bemalte Reliefs, zwei Höfe, letzter Hof in ein massiver Bauwerk umgewandelt, barockerer Dekor, äußerster Eingang auch mal ein gedecktes Tor, dafür Candi bentar hinten, Schmuck auch schon mal etwas ausgefallener und phantasievoller (Radfahrer, Flugzeuge), ohne Merus, Schreine haben einfache Dächer

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