Bernhard Peter
Die Herrschaft der Moghulen bzw. Großmoghulen in Indien

Herrscher und Fakten:
Bâbur: geb. 1483 in Fergana, reg. 27.04.1526-26.12.1530
Humâyûn: 28.12.1530-17.05.1540, 23.07.1555-27.01.1556
Sher Shâh: 1540-1545 (Afghanischer Herrscher)
Islam Shâh: 1545-1555
Adil Shâh: 1554-1555
Akbar I: 14.02.1556-26.10.1605
Jahângîr: 03.11.1605-28.10.1627
Dâwar Bakhsh: 11.1627-31.12.1627
Shâh Jahân I Khusraw: 24.02.1628-26.06.1658, gest. 1666
Aurangzîb 'Âlamgîr I: 26.06.1658-02.03.1707
Shâh 'Âlam I = Bahâdur I: 27.04.1707-28.02.1712
Jahândâr Mu'izz ud-Dîn: 1712-1713
Farrukh-Siyar: 21.01.1713-13.02.1719
Shams ud-Dîn Râfi' ud-Darajât: 01.03.1719-08.06.1719
Shâh Jahân II Râfi' ud-Dawla: 08.06.1719-07.09.1719 und 1759
Nîkû-Siyar Muhammad: 08.09.1719-28.09.1719
Muhammad Shâh Nâsir ud-Dîn: 29.09.1719-23.04.1748
Ahmad Bahâdur Shâh I: 1748-1754
'Azîz ud-Dîn 'Âlamgîr II: 1754-1759
Shâh Jahân III: 1759
Shâh 'Âlam II = Jalal ud-Din Abu´l Mozaffar Muhammad Shâh `Alam Padshâh "Ham-ud-Din": 1759-1788, 1788-10.11.1806
Bîdâr-bakht: 1788
Mu'în ud-Dîn Akbar II = Mu'în ud-Dîn Abu´n Nasr Muhammad Akbar Padshâh Saheb Qiran-e Sani: 10.11.1806-29.09.1837
Sirâj ud-Dîn Bahâdur Shâh II = Sirâj ud-Dîn Abu´l Mozaffar Muhammad Bahadur Shâh Padshâh: 29.09.1837-23.03.1858, gest. 1862

Moghulen?
Moghul ist eigentlich ein persisch-arabisches Wort und bedeutet “Mongole”, obwohl die Moghulherrscher Indiens weit eher turkstämmig waren als von den Mongolen abstammten. Die Kultur der Moghulen war sehr stark von der höfischen Kultur Persiens beeinflußt, Sprache und Sitten standen unter persischem Einfluß. Das spiegelt sich schon sprachlich in den Namen der Herrscher: Klingende Attribute in bester arabisch-persischer Tradition:

Aufstieg zum Großreich und Blüte unter Akbar dem Großen:
Die Gründung des Moghul-Reichs 27.05.1526 von Babur, einem der zahlreichen Urenkel von Timur Lenk oder Tamerlan, der 1526 von Kabul aus den letzten Sultan von Delhi (Ibrahim) bei Panipat besiegte. Der Schwerpunkt des Staates lag in Nordindien. Man bemühte sich aus Sicherheitsgründen um eine Kontrolle des Hindukusch bis hin zum afghanischen Balkh. Wesentliche Züge der frühen Moghul-Herrschaft waren religiöse Toleranz und Synkretismus. Obwohl selbst dem muslimischen Glauben angehörig, bestand eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Hindus, ja sogar synkretistische Elemente lassen sich in der damaligen Kultur finden. Akbar der Große ist einer der bedeutendsten Herrscher der Weltgeschichte. Er schuf ein glanzvolles Imperium, eines der drei islamischen Großreiche der frühen Neuzeit neben dem Osmanen- und dem Safawidenreich. In den fünf Jahrzehnten (!) seiner Regierungszeit wandelte er ein nordindisches Territorialfürstentum in die Führungsmacht des ganzen indischen Subkontinents um. Die gewaltigen Stromgebiete des Indus und des Ganges wurden Teil von Akbars Imperium. Am Ende seiner Regierung reichte sein Machtbereich von Afghanistan und Kashmir im Norden bis in den Dekkan im Süden und von Belutshistan im Westen bis Bengalen und Orissa im Osten. Aufgebaut und gefestigt hat Akbar dies alles mit einer klugen Mischung aus militärischer Durchsetzungsfähigkeit einerseits und kluger Diplomatie andererseits, und Bestand verliehen hat er diesem Riesenreich durch weitsichtige Reformen im Inneren und den Aufbau einer tüchtigen militärischen und zivilen Organisation. Vor allem aber bemühte er sich um Versöhnung der Rassen und Religionen seines Reichs und um Förderung von Wissenschaft und Kunst. Seinen Erben hinterließ Akbar ein Staatswesen, das drei Generationen lang die Vormacht Indiens blieb.Viele für die damalige Zeit revolutionäre kulturübergreifende synkretistische Projekte wurden in Angriff genommen, z. B. die Kalenderreform, manchmal sehr zum Mißfallen des orthodoxen muslimischen Klerus. Akbar schaffte ungeachtet seiner Schatzkammern 1564 die religiösen Steuern für Nicht-Moslems ab und erlaubte Teile der Hindu-Riten bei Hofe, außerdem fanden Heiraten mit Hindu-Prinzessinnen statt, allen voran heiratete 1562 Akbar selbst die Hindu-Prinzessin Padmini aus Rajputana. Hindus wurden mehr als jemals zuvor als Staatsbeamte eingesetzt. Der Mogul-Staat wurde dadurch stark stabilisiert.

Niedergang ab Aurangzîb
Mit dieser Stimmung, die erheblich zur Blüte des Landes unter den frühen Moghulherrschern beitrug, war es unter dem religiösen Eiferer Aurangzîb vorbei. Er ermordete seinen Bruder und steckte seinen eigenen Vater ins Gefängnis. Unter ihm erreichte das Moghulreich zwar seine größte Ausdehnung (erst Aurangzîb eroberte Südindien), aber seine Intoleranz gegenüber Sikh und Hindus brachte den Staat um seinen sozialen Frieden und schwächte das Staatswesen. Aurangzîb ließ Hindutempel zerstören und 1679 die religiösen Steuern wieder eintreiben. Das Ergebnis war der langsame, aber unaufhaltsame Auseinanderbruch seines Reiches. Seine Nachfolger waren so schwach und stetig in interne Machtkämpfe verwickelt (die Morde unter seinen Nachkommen führten zu einem raschen Zerfall ihrer verbleibenden Machtposition in Nordindien), so daß die Perser im Jahre 1739 unter Nâdir Shâh Delhi plündern konnten, ohne daß Muhammad Shâh viel dagegen unternehmen konnte.

Eine leichte Beute für imperiale Sehnsüchte Großbritanniens
Äußerlich und innerlich angeschlagen, trieb das Moghulreich wie ein leckes Schiff, eine willkommene Beute für beutehungrige Großmächte wie das koloniale Großbritannien. Scheibchenweise wurde die alte Moghul-Herrschaft abgelöst, English löst 1828 das Persische ab, die Autorität der Moghul-Herrscher wird durch britische Macht ersetzt, nach dem großen Sepoy-Aufstand von 1857-1858 wird der letzte Moghul-Herrscher abgesetzt, und es beginnt die Zeit britischer Herrschaft über und Unterdrückung von Indien, die bis 1947 währte. Nach 332 Jahren Moghulherrschaft wird 1876 Königin Viktoria als Kaiserin von Indien proklamiert.

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
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