Bernhard
Peter
Datong:
Neundrachenwand
Die Neundrachenwand in Datong befindet sich nahe des Stadtzentrums. Von dem Punkt aus, wo sich die durch die jeweiligen Stadttore markierten Nord-Süd- und West-Ost-Achsen treffen (Da Dongjie und Da Beijie), sind es nur wenige Meter in Richtung des Osttores, bis der unscheinbare Eingang zur Anlage erreicht wird.
Die Neundrachenwand (Jiu Lóng Bì) entstammt der frühen Ming-Zeit. Sie wurde im 25. Regierungsjahr von Hong Wu erbaut, also 1392 AD. Sie ist alles, was von einer weitläufigen Palastanlage dieser Zeit übrigblieb. Der Eigner dieses Palastes war der 13. Sohn von Zhu Yuan Zhang (reg. 1368-1398), des ersten Kaisers der Ming-Dynastie (1368-1644). Der Name des Prinzen war Zhu Gui. Damit ist die Neundrachenwand von Datong die älteste erhaltene dieser Art, und nach über 600 Jahren ist sie immer noch in hervorragendem Zustand.
Eine Neundrachenwand findet sich typischerweise in kaiserlichen Palästen und Gärten. Die Zahl Neun ist eine wichtige Anzahl, denn da die Drei bereits für "viele" steht, ist 3 x 3 so viel wie "unendlich". Die Zahl Neun an sich ist auch stark mit dem Drachen verbunden. Auch ist wegen ähnlichen Klanges der Aussprache die Zahl Neun mit Langlebigkeit assoziiert. Der Drache ist ein kaiserliches Symbol und steht für die Macht und Stärke seiner Herrschaft, daher traucht er als Dekoration kaiserlicher Anlagen auf. Die typische Darstellung des Fabelwesens ist ein langer, fischartig geschuppter Rumpf, der sich schlangenähnlich windet, Pranken mit langen Krallen, gehörnter Kopf mit stacheligen Auswüchsen und mit großen, hervorquellenden Augen, und ein langes, weit aufgerissenes Maul mit beeindruckenden Zähnen fast wie bei einem Krokodil.
Die Wand besteht aus der Sockelzone, der Figurenzone und einem vorspringenden Dach darüber. Diese Neundrachenwand (Jiu Lóng Bì) ist die größte in China, sie ist 45.50 m lang, 8 m hoch und am Sockel 2,02 m breit. Die Schauseite zeigt in glasierten plastischen Fliesen auf blauem Untergrund neun chinesische Drachen in drei verschiedenen Grundfarben in unterschiedlichen, individuellen Stellungen, oft begleitet von einer Himmelsperle. Die Komposition besteht aus über 400 glasierten Fliesen in mehreren Farben. Der Hintergrund besteht aus Blau für den Himmel und Grün für die Wasserwogen, und die Drachen selbst sind weiß, dunkelviolett, goldgelb und braungelb gehalten. Die Drachen haben hier durchgehend jeweils vier Krallen an den Pranken. Der ca. 2 m hohe Wandsockel hat einen Fries mit weiteren figürlichen Darstellungen, Elephant, Tiger, Löwe, Hirsch, Ratte, Pferd, Qiling (mythologisches Einhorn) etc., dazu viele weitere kleine Drachendarstellungen.
Die Funktion einer Neundrachenwand ist Schutz und Schmuck zugleich. Sie wurde gegenüber einem Eingangstor errichtet, um als Barriere hinter oder vor dem Durchlaß das Durchkommen von Geistern zu blockieren. Auch kann der Besucher wegen dieser Sichtblende nicht gleich durch die zentrale Achse den ganzen Hof erblicken und kontrollieren, sondern muß erst eintreten, damit sich ihm der Inhalt des Hofes erschließt. Alternativ wird eine solche Mauer auch als Feng-Shui-Mauer bezeichnet, weil sie im Einklang mit dessen geomantischen Prinzipien eine schützende Funktion hat. Eine weitere funktionelle Bezeichnung wäre Spiegelwand, weil sie Geister und schlechte Einflüsse wieder nach draußen reflektiert. Da Paläste in der Regel eine Nord-Süd-Ausrichtung hatten und der Hauptzugang im Süden lag, steht so eine Neundrachenwand traditionell quer in West-Ost-Richtung. Die Schauseite ist daher die dem ehemaligen Palast zugewandte Nordseite.
Es gibt in China mehrere erhaltene Neundrachenmauern (Jiu Lóng Bì), wovon nur die ersten vier von vergleichbarer Qualität und Größe sind:
Daneben gibt es auch Mauern mit weniger Drachendarstellungen, ein gutes Beispiel einer solchen Wand mit nur fünf Drachen steht ebenfalls in Datong, vor dem Shan Hua Kloster, zwischen dem Südeingang zur Klosteranlage und der südlichen Stadtmauer.
Gesamtansicht der Neundrachenmauer von Nordnordwest.
Kollage der Zone mit den neun Drachendarstellungen
linke, östliche Dreiergruppe
mittlere Dreiergruppe
rechte, westliche Dreiergruppe
Erste Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Zweite Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Dritte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Vierte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Fünfte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Sechste Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Siebte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Achte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt.
Neunte Drachendarstellung, von links (Osten) nach rechts (Westen) gezählt. Rechts unten eine nicht passende Flickstelle.
Literatur,
Links und Quellen:
Hinweistafel vor Ort
Anke Kausch, China, DuMont Kunstreiseführer, 5. Auflage 2008,
ISBN 978-3-7701-4313-9, S. 221
Der chinesische Drache: http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_dragon
Neundrachenwände: http://en.wikipedia.org/wiki/Nine-Dragon_Wall
Die Zahl 9 in der chinesischen Mythologie: http://en.wikipedia.org/wiki/9_%28number%29#Chinese_culture
Die Zahl 9 in der chinesischen Mythologie: http://de.wikipedia.org/wiki/Chinesische_Zahlen#Zahlensymbolik
Beihai-Park: http://de.wikipedia.org/wiki/Beihai-Park - http://www.maps-of-china.net/tourism_map/b_beihai_map.html
Neundrachenwand in Datong: http://www.chinadelightours.com/Stadtfuhrer/Die-Neun-Drachen-Wand.html
Neundrachenwand in Datong: http://www.chinazztt.com/DE/TravelGuide/ScenicInfo.aspx?sid=176
Neundrachenwand in Datong: http://www.travelchinaguide.com/attraction/shanxi/datong/9dragon.htm
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Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2012
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