Bernhard Peter
Buddhismus: Der Edle Achtgliedrige Pfad

Der edle achtfache Pfad ist im Grunde eine detaillierte Ausarbeitung der vierten Wahrheit und gibt acht Richtlinien für menschliches Denken und Handeln, die Kernbestand der buddhistischen Lehre sind. Zum Erlöschen des Leidens führt der "Edle Achtfache Pfad" (Ariya Atthangika Magga in Sanskrit, Ariya Atthangika Marga in Pali). Wer ihn beschreitet, wird früher oder später durch die Befolgung desselben erleuchtet. Im einzelnen umfaßt er:

1. Rechte Sicht/Anschauung/Erkenntnis, Sanskrit: Samyag Drishti, Pali: Samma Ditthi.
Darunter fällt, daß die vier edlen Wahrheiten als solche erkannt und anerkannt werden. Dazu gehört ferner die Erkenntnis, daß unser Selbst keine unsterbliche, für sich selbst unabhängig existente Substanz ist und daß jede Ich-Verhaftetheit ein Hindernis auf dem Weg zur Befreiung von Leid ist. Weiterhin gehört dazu die Einsicht, daß es dauerhaftes Glück im Leben nicht gibt und wir deshalb nicht am Glück festhalten sollen, um der Anhaftung zu entgehen. Das Erlangen der rechten Erkenntnis durch den Einzelnen ist das Ziel des Buddhismus. Sowohl Materie als auch Geist sind einem ständigen Wandel unterworfen – nichts ist endgültig und ultimativ beständig. Sie sind beide unbeständig und flüchtig.

2. Rechte Gesinnung, Absicht, Entschlossenheit, Sanskrit: Samyag Samkalpa, Pali: Samma Sankappa.
Wichtig ist im Buddhismus, daß vor der eigentlichen Tat die gedanklichen Vorbereitungen für die Tat stehen. Vor der Ausführung steht die Absicht, und die ist es eigentlich, die es zu bewerten gilt. Rechte Absicht bedeutet, gemäß der erkannten Einsichten (s.o.) zu handeln, indem man allen Lebewesen Barmherzigkeit, Mitgefühl und Wohlwollen statt Haß und Gewalt entgegenbringt. Rechte Absicht bedeutet die Reinigung des Geistes von allen negativen Gedanken und Taten, die nicht mit dem Buddhismus vereinbar sind. Im einzelnen werden unterschieden:

3. Rechtes Reden, Sanskrit: Samyag Vac, Pali: Samma Vaca.
Lieber ein paar überlegte Worte sprechen als viele überflüssige und nutzlose. Rechtes Reden heißt vor allem, nichts zu sprechen, was jemanden verletzen kann. Rechtes Reden regt andere Menschen zum rechten Handeln an. Sikkhâpada, die Enthaltung, meint in diesem Zusammenhang die Enthaltung von Beleidigungen, Lügen, übler Nachrede, Hinterträgerei, Denunziation, Schimpfen, Fluchen, verbalen Grobheiten sowie Klatsch und Geschwätz.

4. Rechtes Handeln, Sanskrit: Samyag Karmanta, Pali: Samma Kammanta.
Das Handeln folgt aus der Absicht. Auch das Handeln hat so zu erfolgen, daß niemand unterdrückt oder verletzt wird und daß man niemandem etwas ihm Zugehöriges nimmt. Rechtes Handeln bedeutet im Detail ein Leben nach den Tugendregeln des Buddhismus, den Pancasilas. Sikkhâpada, die Enthaltung, meint in diesem Zusammenhang die Enthaltung von Töten von Lebewesen, von Diebstahl, Ehebruch etc. Die fünf Silas (Pancasila) zählen zu dem Kerngut der buddhistischen Lehre. Pancasila bedeutet "Fünf-Lehre" (Panc = Fünf, Sila = Sittlichkeit, Tugend in Pali, Shila im Sanskrit) und besteht aus fünf grundlegenden Orientierungspunkten für die Sittlichkeit:

Für Novizen gelten noch mehr Tugendregeln, die Dasasila (10 Tugendregeln): Neben den oben schon erwähnten gelten folgende weitere bzw. erweiterte Regeln:

5. Rechter Lebensunterhalt/-erwerb, Sanskrit: Samyag Ajiva, Pali: Samma Ajiva.
Hierbei wird zwischen Laien und Mönchen unterschieden. Mönche und Nonnen leben von Almosen, dabei sollen sie sich aller Tricks enthalten, sondern sich an die klaren Regeln halten. Rechter Lebensunterhalt bedeutet dagegen für Laien, daß ihr Broterwerb keinem anderen Lebewesen Leid zufügen sollte. So kommen für einen Buddhisten keine Berufe wie Soldat, Waffenhändler, Dealer, Zuhälter, Rüstungsfabrikant, Metzger, Fischer, Scharfrichter o. ä. in Frage. Ebenso würde ein Buddhist nie sein Geld mit der Herstellung von Giften oder Rauschmitteln, Jagd oder dem Handel mit Produkten, die dem Leid von Lebewesen entspringen, verdienen.

6. Rechtes Streben, Bemühen, Üben, Sanskrit: Samyag Vyayama, Pali: Samma Vayama.
Das bedeutet Engagement und Motiviertheit auf dem Pfad, Förderung aller guten und Vermeidung aller unglückseligen Gemütsregungen. Wichtig ist, die Emotionen und Affekte wie Begierde, Hass, Zorn, Ablehnung usw. bei Wahrnehmungen und der Reaktion auf diese zu kontrollieren. Gemeint sind vor allem die vier rechten Anstrengungen (Padhâna).

7. Rechte Aufmerksamkeit/Achtsamkeit, Sanskrit: Samyag Smriti, Pali: Samma Sati.
Bewußtwerdung gegenüber allen Sinnesreizen, Affekten und Gedanken ist die Voraussetzung, um sie kontrollieren zu können. Auch hier gibt es eine Tetrade, die vier Satipatthâna (Achtsamkeiten).

8. Rechte Konzentration, rechtes Sichversenken, Sanskrit: Samyag Samadhi, Pali: Samma Samadhi.
Samadhi ist notwendig, um dem Geist Stärke und Reinheit zu verleihen. Rechtes Sichversenken meint die Verwirklichung der vier Versenkungszustände (Jhâna). Erst durch Versenkung kann das Leiden schließlich überwunden werden, erst durch Versenkung kommt es zur Erleuchtung und damit zur Freiheit, Befreiung und Erlösung. Zur Versenkung gibt es je nach Schule viele Methoden und Techniken. Bei der Meditation werden neun aufeinanderfolgende Stufen unterschieden:

Das Wort Samyag oder Samyak (Sanskrit) bzw. Samma (Pali) bedeutet soviel wie „vollkommen, gut, recht“ und meint ein angemessenes Ausführen des jeweiligen Teiles des Pfades, weder zu viel, noch zu wenig, die Extreme meidend, weder einseitig noch zwiespältig, vor allem nicht ich-bezogen, sondern auf das Ganze und Vollständige bezogen.

Es gibt viele Diskussionen, ob es eine aufeinander aufbauende Reihenfolge ist oder ob alle Teile des achtgliedrigen Pfades nebeneinander gleich große Bedeutung haben und ihnen keine Entwicklung innewohnt. Einigkeit herrscht jedenfalls darin, daß alle Teile von einem Buddhisten gleichzeitig geübt werden sollen, denn die einzelnen Pfadglieder sind voneinander abhängig.

Die einzelnen Glieder des Pfades werden gerne zu größeren Einheiten wie folgt zusammengefaßt:

Weisheits-Pfade (Panna in Pali, Prajna in Sanskrit)
Prajna oder Panna bedeutet die große umfassende Weisheit, die alle Dinge im Universum durchdringt. Prajna ist etwas Ur-Existentes. Prajna ist vor allem schon lange vorhanden, ehe die Dinge ins menschliche Bewußtsein eindringen und vom Menschen wahrgenommen werden und mit einer begrifflichen Zuordnung versehen werden. Prajna wird intuitiv und unmittelbar erfahren, wenn Körper und Geist im Zustand des Gleichgewichts sind. Zu den Weisheitspfaden gehören:

Sittlichkeits-Pfade, Ethik-Pfade (Sila)
Zu den Sittlichkeitspfaden gehören:

Vertiefungs-Pfade (Samadhi)
Zu den Vertiefungspfaden gehören:

Andere Artikel über den Buddhismus
Andere Reiseberichte lesen
Home

© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2005
Impressum