Bernhard Peter
Wer wird zum Nat und warum?

Ein Menschenschicksal mit einem ungesühnten gewaltsamen oder überhaupt einem „unnatürlichen“ Tod – das ist die sicherste Voraussetzung, um ein Nat zu werden.

Beispiele sind zwei Brüder, Lieblingspagen von König Anawratha namens Min Gyi und Min Lay, die hingerichtet wurden, weil sie nicht wie befohlen jeder einen Stein zum Bau einer Pagode in Taungbyon beigetragen hatten. Sie gehören zu den wichtigsten und mächtigsten Nats.

Auch ihre Mutter Mae Wanna bzw. bekannter als Popa Maedaw, die aus Gram verstarb, wurde zum Nat.

Auch die Geschichte von Byat-ta, der zum Nat wurde, ist eng mit den Zwillingen verknüpft. Er war ein Bediensteter von König Anawratha und verliebte sich beim Blumenholen in Mae Wanna, die in den Wäldern des Berges Wanna Thanegi zurückgezogen und von den meisten unerkannt lebte. Als Byat-ta deswegen mal wieder zu spät zum Palast in Bagan zurückkehrte, wurde er hingerichtet und postwendend zum Nat.

Ein weiteres tragisches Paar sind Maung Tinde (Herr Stattlich) und seine Schwester Shwe Myethna, die beiden Mahagiri-Nats: Maung Tinde war ein Schmied des 6. Jahrhunderts im Königreich Tagaung. Wegen seiner gewaltigen Kraft, seiner Beliebtheit beim Volke und seines guten Körperbaus zog er sich den Neid und die Furcht des Königs zu, der ihn deswegen töten lassen wollte. Doch dem Schmied, rechtzeitig gewarnt, gelang die Flucht. Darauf heiratete der tückische Herrscher die Schwester des Schmieds Shwe Myethna (Goldgesicht) und ließ diesem ausrichten, er wolle ihn nun als seinem Schwager mit seiner Gunst überhäufen. Als sich der Schmied am Hof einstellte, ließ der Herrscher ihn statt dessen unter einem Jasminstrauch/Sagabaum lebendig verbrennen. Seine Schwester warf sich vor Kummer und Verzweiflung mit in die Flammen. Beide wurden zu Schutzgeistern des Jasmins, und als Mahagiri Nat wacht der Schmied hinfort über Birmas Häuser. Sein Symbol ist die Kokosnuß, deren Flüssigkeit Brandwunden heilt, die den Schmied noch immer schmerzen. In vielen Privathäusern hängt eine mit bunten Bändern verzierte und mit kleinen Opfergaben umgebene Kokosnuß für den Mahagiri Nat, damit der rachsüchtige Geist sieht, daß man ihn besänftigen will. Auch hier in diesem Natschrein stehen verschiedene Behälter mit Kokosnüssen zu seinem Gedenken. Der Mahagiri Nat dankt die Gaben zwar nicht, aber er richtet seine finstere Energie vornehmlich auf jene, die sich unbefugt in einem Haus aufhalten und ihm nichts darbringen, z. B. Diebe oder insbesondere Brandstifter.

Aber auch in unserer Zeit können Menschen noch zu Nats werden: Zwei der jüngeren Nats sind ein Student, der während einer Demonstration 1962 getötet wurde, und seine Freundin, die ihm aus Liebeskummer in den Tod folgte.

Viele Nats sind auch ehemalige Angehörige von birmanischen Königshäusern, die gewaltsam umkamen:

Auch durch einen Tod vor der Zeit durch Krankheit kann man zum Nat werden:

Es gibt ferner unter den Nats Territorialgeister wie z. B.

Auch Naturgeister finden sich unter den Nats:

Sogar Hindu-Gottheiten finden Eingang in das Natwesen:

Neben den offiziell im ganzen Land verehrten 37 Nats gibt es noch jede Menge regional verehrte Nats, wie z. B.

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© Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2004 und 2005
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